Urlaub in Zeiten von Covid-19

Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Urlaub 2021 aus arbeitsrechtlicher Sicht achten müssen, lesen Sie in diesem Artikel.

Aufgrund der mehrmaligen Lockdowns in Österreich und der damit einhergehenden Beschäftigung im Home-Office sehnen sich viele Arbeitnehmer nach Urlaub und nach einem Tapetenwechsel. Gerade bei Auslandsreisen sind jedoch weiterhin bestehende Reisebeschränkungen und instabile Infektionsgeschehen in die Planung des Urlaubs und der pünktlichen Wiederaufnahme der Tätigkeit nach dem Urlaub miteinzubeziehen. Andernfalls erwarten die Arbeitnehmer bei Reisewarnungen aufgrund steigender Infektionszahlen möglicherweise arbeitsrechtliche Konsequenzen.
Welche Möglichkeiten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Verfügung stehen, um auf die erwähnten Unwägbarkeiten in puncto Urlaub zu reagieren, und ob und wie im Rahmen der Covid-19-Pandemie Urlaubsvereinbarungen abgeschlossen werden können, die beiden Seiten gewisse Flexibilität gewähren, wird im folgenden Artikel zusammengefasst.

Urlaubsvereinbarungen

Grundsätzlich gebührt Arbeitnehmern ein bezahlter Urlaub im Ausmaß von 25 Arbeitstagen (bzw. 30 Arbeitstagen ab einer Dienstzeit von 25 Jahren) bei einer Beschäftigung an fünf Tagen in der Woche; Teilzeitbeschäftigte haben – je nach Verteilung der vereinbarten, wöchentlichen Normalarbeitszeit auf die jeweiligen Arbeitstage – einen aliquoten Urlaubsanspruch. Der Zeitpunkt des Urlaubsantritts ist grundsätzlich immer zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu vereinbaren. Die Urlaubsvereinbarung ist an keine besonderen Formerfordernisse gebunden, zu Beweiszwecken empfiehlt sich jedenfalls eine schriftlich oder sonst dokumentierte Urlaubsvereinbarung (z.B. auch per E-Mail oder durch Eintrag in ein Personalverwaltungssystem). Das Urlaubsgesetz sieht vor, dass Urlaube möglichst bis zum Ende des Urlaubsjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, verbraucht werden. Dadurch soll das Horten von hohen Urlaubsguthaben verhindert werden. Um dies und hohe Urlaubsrückstellungen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber regelmäßig zum Urlaubsverbrauch im jeweiligen Urlaubsjahr und zur frühzeitigen Einteilung auffordern und dies auch entsprechend dokumentieren. Sollte ein Verbrauch aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Gründen nicht möglich sein, kann der Urlaub grundsätzlich bis zur Verjährung des Anspruchs (zwei Jahre nach dem betreffenden Urlaubsjahr) verbraucht werden.

Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung/einseitiger Urlaubsantritt

Ist der Antritt einer geplanten Reise nach Abschluss der Urlaubsvereinbarung für ein1 Arbeitnehmer nicht mehr möglich oder bloß nicht mehr gewünscht, steht ein Rücktritt von der Vereinbarung an sich nur dann offen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die das Arbeitnehmer oder seine Familie betreffen, und die Aufrechterhaltung der Vereinbarung im Hinblick auf den Erholungszweck des Urlaubs unzumutbar machen. Vorstellbar wäre in diesem Zusammenhang z. B. die (schwere) Erkrankung eines mitreisenden Familienmitgliedes, die vor Antritt des Urlaubs auftritt und laut ärztlichen Prognosen länger andauern wird, wodurch auch der geplante Urlaub des Arbeitnehmers ins Wasser fällt.

Dort, wo Arbeitnehmer aus den erwähnten oder anderen Gründen eine Verlegung des bereits vereinbarten Urlaubs wünschen, wird eine neue Urlaubsvereinbarung notwendig (die Vereinbarung kann nicht einseitig abgeändert werden). Laut OGH sind Arbeitgeber zwar verpflichtet, dem (neuen) Urlaubsantrag des Arbeitnehmers zuzustimmen, sofern die erwähnte Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausfällt. Arbeitnehmer können den Urlaub aber auch in solchen Fällen nicht einseitig antreten, weil dem Urlaubsbegehren vom Arbeitgeber erst zugestimmt werden muss. Die Inanspruchnahme ihres Urlaubs zu einem bestimmten Termin kann von Arbeitnehmern nur dann erzwungen werden, wenn die Arbeitnehmer (i) in einem Betrieb, in dem ein für sie zuständiger Betriebsrat errichtet ist, (ii) den von ihnen gewünschten Zeitpunkt für den Antritt ihres Urlaubs oder eines Urlaubsteiles in der Dauer von mindestens 12 Werktagen dem Arbeitgeber mindestens drei Monate vorher bekannt gegeben haben und (iii) eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zustande kommt. Diesfalls sind die Verhandlungen über den Urlaubsverbrauch unter Beiziehung des Betriebsrates fortzusetzen. Kann auch mit dessen Hilfe keine Einigung erzielt werden, dürfen Arbeitnehmer den Urlaub zum gewünschten Zeitpunkt antreten, sofern vom Arbeitgeber keine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht wurde. Bei fristgerechter Klagsführung haben die Arbeitnehmer damit verbundene (finanzielle) Konsequenzen ihres einseitigen Urlaubsantritts zu tragen, sofern sie im Gerichtsverfahren unterliegen. Besteht kein Betriebsrat im Unternehmen, können die Arbeitnehmer auf Erteilung der Zustimmung zum Urlaubsbegehren klagen. Aufgrund der erwähnten Vorlaufzeit und der Verfahrensdauer schaffen die erwähnten einseitigen Maßnahmen aber regelmäßig keine rechtzeitige Abhilfe.

Anordnung von Urlaub und bedingte Urlaubsvereinbarung

Auch während der Covid-19-Pandemie können Arbeitgeber ungeachtet der wirtschaftlich möglicherweise schwierigen Situation den Urlaubskonsum der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht einseitig anordnen. Die Aufforderung des Arbeitgebers zum Verbrauch einer gewissen Anzahl an Urlaubstagen in einem bestimmten zeitlichen Rahmen ist zunächst als Anbot für eine Urlaubsvereinbarung zu verstehen, das insbesondere bei Inanspruchnahme von Covid-19-Kurzarbeit durch Unternehmen auch rechtlich vorgegeben ist und von Arbeitnehmern schon im Rahmen ihrer Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber tunlichst angenommen werden sollte, auch wenn Reisepläne aus den erwähnten Gründen unsicher sein können oder sogar wieder umgeworfen werden müssen. Eine Klage des Arbeitgebers auf Erteilung der Zustimmung zum Urlaubsverbrauch, die zudem wichtige Gründe (z. B. Überwiegen betrieblicher Interessen des Arbeitgebers aufgrund der zugesagten Fertigstellung wirtschaftlich ganz entscheidender Aufträge) benötigt, schafft aus den oben bei den Arbeitnehmern erwähnten Gründen in aller Regel auch keine rechtzeitige Durchsetzungshilfe für Arbeitgeber.
In der Praxis haben sich in der Corona-Pandemie vielmehr Gespräche mit den Mitarbeitern unter Hinzuziehung des Betriebsrats bewährt, die den raschen und möglichst vollständigen Abbau von Urlauben, vor allem von Alt-Urlauben aus vorangehenden Urlaubsjahren, durch alle Mitarbeiter als gemeinsames Ziel festlegen, das einschneidendere Maßnahmen (wie insbesondere einer Personalreduktion) wesentlich entgegenwirken kann. Dabei ist wiederum an die Treuepflicht der Arbeitnehmer zu appellieren, wobei ein Arbeitgeber umgekehrt im Zuge seiner Fürsorgepflichten und Maßnahmen zur Sicherheit der Gesundheit seiner Mitarbeiter seinen gesetzlichen Beitrag leistet.

Aufgrund der schwankenden Infektionszahlen kann derzeit nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Erleichterungen bei der Einreise nach Österreich bis zum Sommerende aufrecht bleiben und daher keine Quarantäne anzutreten ist. Daher sind manche Unternehmen zum Abschluss bedingter Vereinbarungen bereit, wodurch die Urlaubsvereinbarung unter der Bedingung zustande kommen soll, dass eine Reise ins Ausland zum Antritt des vereinbarten Urlaubs tatsächlich und uneingeschränkt (d. h. ohne Quarantäne udgl). möglich ist. Gegen die Akzeptanz eines solchen Vorbehalts des Arbeitnehmers hinsichtlich des Antritts des Urlaubs spricht grundsätzlich nichts. Dem Arbeitnehmer wird dadurch im Ergebnis eine zusätzliche Rücktrittsmöglichkeit geschaffen und er dem Gesetz gegenüber bessergestellt. Die genauen Kriterien und der Zeitpunkt des möglichen Eintritts der Bedingung sind jedoch bei entsprechender Bereitschaft des Arbeitgebers zu einem solchen Entgegenkommen ganz genau festzulegen.

Die einseitige Einfügung einer Bedingung in eine Urlaubsvereinbarung durch Arbeitgeber ist dagegen unzulässig, es sei denn, es handelt sich um einen Grund, der sie ohnehin zum Rücktritt berechtigen würde. Dabei muss es sich um außerordentliche betriebliche Umstände handeln, die zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile eine dienstliche Inanspruchnahme gerade dieses Arbeitnehmers zur Zeit des vereinbarten Urlaubs unbedingt notwendig machen. Für die Beurteilung kommt es sowohl auf die Dringlichkeit der betrieblichen Umstände als auch auf die Position des betroffenen Mitarbeiters und dessen Ersetzbarkeit durch andere Mitarbeiter an.

Entgeltanspruch bei Reisen in Risikogebiete

Bei der Einreise nach Österreich nach einem Urlaub in einem »Risikogebiet« muss Arbeitnehmern bewusst sein, dass sie sich angesichts der Covid-19-Pandemie für zumindest fünf Tage in Quarantäne (mit anschließendem Freitesten) begeben müssen und – sofern Home-Office nicht möglich ist bzw. nicht mit dem Arbeitgeber vereinbart wurde – ihre Arbeit nach dem Urlaub unter Umständen nicht rechtzeitig antreten können. Ein mit der Dienstverhinderung verbundener Entgeltfortzahlungsanspruch von maximal einer Woche steht Arbeitnehmern bereits bei leicht fahrlässigem Verhalten, und somit einer Sorgfaltswidrigkeit, die in dieser Situation gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen passieren kann, nicht zu. Bei Bestehen von Einreisebeschränkungen bereits bei Antritt der Auslandsreise ist von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Die Beurteilung könnte unter Umständen anders ausfallen, wenn die Arbeitnehmer aus einem Land, das ursprünglich in Anlage A der aktuellen Einreiseverordnung gereiht war und während des Urlaubsaufenthalts in ein »Risikogebiet« umqualifiziert wird, einreisen und nach der Rückkehr in Quarantäne müssen. Ob Arbeitnehmer aufgrund der momentanen Pandemie damit rechnen müssen, dass eine Umqualifizierung in ein Risikogebiet jederzeit möglich ist, und daher im Reiseantritt bzw. der nicht rechtzeitigen Rückkehr (vor der Änderung der Beschränkungen) bereits leichte Fahrlässigkeit zu erblicken ist, ist in jedem Einzelfall zu prüfen und bisher nicht abschließend geklärt.

Fazit

Aufgrund der momentanen Covid-19-Pandemie sollten vor Abschluss von Urlaubsvereinbarungen die geltenden Reisebeschränkungen geprüft und die Möglichkeiten für einen Rücktritt bzw. eine bedingte Urlaubsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abgeklärt werden. Bei Auslandsreisen sollte zudem genau auf die aktuellen Entwicklungen der Infektionszahlen etc. geachtet werden, um bei Änderungen der Infektionslage und einem durch eine Quarantäne verspäteten Arbeitsantritt nach dem Urlaub keine bösen Überraschungen zu erleben.

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Vogt-Majarek

Gastautor
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partner der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
birgit.vogt@sms.law
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