Moderieren sollte jeder lernen

Moderationstrainings sind nicht nur für (zukünftige) Moderatoren wertvoll. Schließlich lernt man dort unter anderem, Gespräche zu leiten und verschiedene Wortmeldungen zu einem gemeinsamen Ziel zu bringen – und das sind Fähigkeiten, von denen auch Führungskräfte, Trainer und viele andere profitieren können.

Wir haben einige Anbieter von Moderationstrainings eingeladen, ein paar Fragen zu beantworten und so ihre Sicht auf das Thema mit uns zu teilen. Einig sind sich die befragten Experten bei der Zielgruppe: Führungskräfte, Projektleiter, generell alle Personen, die Gruppen führen müssen, aber auch Berater, Trainer, Coaches und HR-Mitarbeiter. Da viele der Inhalte und Techniken auch im Privatleben umsetzbar sind, gibt es kaum jemanden, der von einem Moderationstraining nicht profitieren kann.

Was sind die wichtigsten Inhalte von Moderationstrainings?

Corinna Ladinig, Geschäftsführerin der CTC Academy OG (www.ctc-academy.at) zählt auf:

Aufbau von unterschiedlichen Moderationen – wichtig ist die Zielsetzung und die Auftragsklärung; wir arbeiten mit dem »Kite-Modell« – es unterstützt den passenden Aufbau und die Methodik

Methodik – umfangreich und modern – strukturgebend – zielgerichtet

Medieneinsatz & Visualisierung (Pinnwände, Flipcharts, Umgang mit Moderationsmaterialien etc.)

Moderationsschrift & Visualisierungstechniken (Icons, Männchen, Skizzen, Farbgestaltung etc.)

Rolle des Moderators

Gruppendynamik, hilfreiche Regeln

Ursula Güntner, Geschäftsführerin von der -bildungszone (www.bildungszone.at) nennt eine ähnliche und doch ergänzende Liste:

der souveräne Umgang mit dem Publikum

die professionelle Handhabung von Moderationskarten

die richtige Technik mit den verschiedenen Mikrofonen

Inhalte verständlich vermitteln

fürs Hören schreiben

Körpersprache und die Wirkung auf andere

die Stimme optimal einsetzen

Umgang mit Stress und Lampenfieber

Vorbereitung für ein sicheres Auftreten

Ronny Hollenstein, geschäftsführender Gesellschafter vom auf Kommunikation spezialisierten Trainingsanbieter ic2 (www.ic2.at), konzentriert sich in seiner Antwort auf die Prozesse: »Um moderieren zu können, braucht man zunächst einen Fokus auf den Prozess. Dabei müssen verschiedene Phänomene erkannt werden und Interventionen beherrscht werden, die den Prozess lösungs- und zielorientiert beeinflussen. Konkret heißt das beispielsweise: Wie führt man eine Gruppe in einen kreativen Prozess? Wie werden Entscheidungen getroffen? Wie werden Konflikte gelöst? Wie geht man mit Störungen um?«

Birgit Fischer-Sitzwohl, Geschäftsführerin der Coverdale Managementberatungs und -trainings GmbH (www.coverdale.at) schildert, was die Moderationstrainings von Coverdale zum Inhalt haben: »Wir vermitteln in Moderationstrainings, wie man eine Moderation aufbaut, wie die Zielklärung mit dem Auftraggeber im Vorfeld abläuft, wie man einen strukturierten Prozess zur Zielerreichung zur Verfügung stellt und die dazwischen passierenden Eventualitäten gut managen kann. Unsere Teilnehmer lernen auch die wichtigsten Methoden aus der praktischen Anwendung heraus. Wir erhöhen dabei von Moderation zu Moderation den Schwierigkeitsgrad. Zu Beginn geht es eher nur darum, die Methoden richtig anzuwenden (z. B: Brainstorming – Clustern – Einpunktabfrage – Weiterarbeit mit dem Ergebnis etc.). Im Mittelteil konfrontieren wir die Teilnehmer mit ›Hidden Agendas‹ vom Moderator oder von Teilnehmern, die erst während der Arbeit sichtbar werden – oder bringen Teilnehmer mittels ›Nonsensmoderationen‹ dazu, mit Vielrednern umzugehen, aktive Störer in Griff zu bekommen, oder ›Regelverstöße‹ so zu ahnden, dass trotzdem die Zielerreichung möglich bleibt. Gegen Ende des Trainings lösen die Teilnehmer sehr komplexe Aufgaben, wie zum Beispiel ein Ergebnis, mit dem alle leben können, aus bis zu 20 verschiedenen Positionen herauszufiltern etc.«

Erich Kolenaty, Geschäftsführer von Transformation Unternehmensentwicklung (www.transformation.at) unterscheidet: »Das kommt drauf an mit welchem Anspruch man an eine Moderation herangeht und welche Ziele man erreichen möchte. An der klassischen Kärtchenmoderation sollte man nicht vorbeigehen, da steckt viel Klugheit und Alltagstauglichkeit drin, aber heutzutage ist das nicht wirklich das Ende der Fahnenstange.

Es muss uns klar sein, dass auf bunte Kärtchen schreiben ziemlich kopflastig ist und bei Weitem nicht Körper, Geist und Seele der Menschen erreicht. Da kann man so viele Konfliktpfeilchen hinkleben wie man will, die Wirkung in den Herzen der Menschen wird damit nicht erzielt. Da braucht es kraftvollere Zugänge: Erfahrungsgeschichten erzählen, Open Space und World Café sind nur einige Beispiele dafür.

Traditionelle Moderationstrainings vernachlässigen beispielsweise völlig innovative Entscheidungsverfahren wie ›systemisches Konsensieren‹ und ›Konsent-Entscheidung‹. Entscheiden ist das eine, die Schöpfung von Umsetzungsenergie das andere. Genau das kriegt man mit Punkte kleben halt oft nicht hin.«

Was sind die Lernziele? Welche Methoden kommen zum Einsatz?

Ursula Güntner: »Primäres Lernziel ist das Erlernen des Moderationshandwerks, um eine Moderation selbstständig vorbereiten und durchführen zu können. Weitere Ziele sind das Selbstvertrauen zu kräftigen und das Bewusstsein für die eigenen Stärken und Potenziale zu erlangen. Neben fachlichen Inputs ist gerade die Methode der Videoanalyse ein geeignetes Mittel, um eingelernte Verhaltensweisen aufzuzeigen. Häufig kommt es dabei zum sogenannten ›Aha-Effekt‹, der dabei hilft, die eigene Außenwirkung wahrzunehmen und diese gegebenenfalls zu verändern.«

Birgit Fischer-Sitzwohl: »Nach unseren Moderationstrainings sind Teilnehmer in der Lage, eine eigene Moderation zielorientiert zu planen, durchzuführen und einen Prozess so flexibel zu gestalten, dass er auf plötzlich auftretende Veränderungen flexibel adaptierbar ist.

Wir nutzen praktisch immer das Instrument der Coverdale-Zielscheibe – zur Zielklärung mit dem Auftraggeber, dann anschließend auch mit der Gruppe. Die Teilnehmer lernen einen strukturierten Ablauf kennen, der auf viele Themen anwendbar ist. Bei längeren Prozessen verwenden wir auch gerne sogenannte ›Problem-Analyse-Schematas‹, die sicherstellen, dass bei mehreren parallel arbeitenden Kleingruppen das gleiche strukturierte Ergebnis rauskommt.«

Ronny Hollenstein: »Ein Ziel ist es, sich eine Haltung zu erarbeiten, die es erlaubt, sowohl die eigene Meinung einzubringen als auch den Prozess neutral zu steuern. In den Unternehmen, für die wir Moderatoren ausbilden, ist es meist nicht ökonomisch, für jede Moderation einen externen Moderator zu buchen. Deswegen muss man mit diesem Rollenkonflikt umzugehen lernen. Wichtig sind dann konkrete Methoden, die die Moderation für unterschiedliche Situationen und Ziele anwenden kann.

Die wichtigste Intervention sind Fragen. Die unterschiedlichsten Fragearten und -techniken sind ein wesentlicher Inhalt jeder Toolbox.«

Erich Kolenaty: »Wenn Moderation ›die Kunst ist, einen natürlichen Fluss des Gespräches auf ein Ziel hin zu begleiten‹, ist das relativ klar. Das Ziel jedes Moderationstrainings ist dann grundsätzlich immer gleich: Lernen, wie man Dialoge aufbereitet, damit mehr raus kommt und es mehr Spaß macht.«

Corinna Ladinig: »Je nachdem, welche Art der Moderation erlernt werden soll, ist es das Lernziel, Teams moderieren zu können (vor allem für Führungskräfte, Teamleiter etc.) oder Gruppen moderieren zu können. Das kann intern wie extern sein – Lernziel ist es immer, Moderationen durchführen zu können – das bedeutet, dass man Moderationen auch üben muss!

Die Methoden können von ganz sachlich nüchtern bis zu sehr kreativen Methoden reichen – das kommt auf Auftrag und Ziel für die Moderation an. Je mehr entwickelt werden soll, desto kreativer sollten die angewandten Methoden sein.«

Was sind jeweils die Vor- und Nachteile von Einzeltrainings bzw. Trainings in Gruppen?

Ursula Güntner: »Der große Vorteil von Einzeltrainings besteht darin, dass individuell gearbeitet wird. Das heißt, dass je nach Vorkenntnissen, Erfahrungen und Potenzialen genau dort angesetzt wird, wo es benötigt wird. Der Kunde wird dort abgeholt, wo er gerade steht. Unterschiedliche Voraussetzungen bedeuten auch unterschiedliche Bedürfnisse.

Der Vorteil bei Gruppentrainings liegt darin, dass auch von den Fehlern oder den Techniken der anderen Teilnehmer gelernt wird. Außerdem ist das Feedback der anderen sehr wertvoll. Nachteil ist, dass nicht jeder gleich schnell lernt und es so zu Leer- bzw. Wartezeiten kommen kann.«

Auch Ronny Hollenstein sieht für beide einen Einsatzbereich und somit eine Berechtigung: »Im Einzeltraining können individuelle Fragestellungen besprochen werden und konkrete Moderationen vorbereitet werden. Der Vorteil von Gruppen ist, dass diese Lerngruppe auch gleichzeitig als die Übungsgruppe für konkrete Moderationen dienen kann.«

Erich Kolenaty hingegen setzt hauptsächlich auf die Gruppe: »Moderation ist die gelungene Verbindung einer inhaltlichen Dramaturgie mit dem emotionalen Fluss einer Gruppe. Moderationstraining ohne eine sinnliche Erfahrung durch eine Demonstration in der Gruppe und ohne eigene Übung im Training, d. h. Planen, Tun und Reflektieren, ist daher für mich völlig sinnlos. Moderation ist ein Kunsthandwerk und das kommt von Werken.

Was ich aber oft mache, sind Moderationscoachings. Da arbeite ich mit meinen Kunden anlassbezogen gemeinsam Abläufe im Detail durch. Eine genau durchdachte Dramaturgie, die den emotionalen Flow intuitiv bereits vorweg nimmt, kann auch von relativ unerfahrenen Menschen gut moderiert werden.«

Corinna Ladinig sieht das ganz ähnlich: »Moderation kann man nicht im Einzeltraining lernen – siehe Lernziel – dafür braucht es immer eine Gruppe, sonst kann man das theoretisch Gelernte nicht erproben – man lernt am meisten durch mehrere Übungsmoderationen (sowohl als Moderator als auch als Teilnehmer) und das entsprechende Feedback von Gruppe und Trainer.«

Birgit Fischer-Sitzwohl: »Bei uns basiert ein Moderationstraining auf Erfahrungslernen – damit brauche ich eine Gruppe, die der jeweilige Moderator ›moderieren‹ kann. Das heißt, aus unserer Sicht macht ein ›Einzeltraining‹ keinen Sinn. Die Fähigkeit zu moderieren benötigt unseres Erachtens die Interaktion mit einer Gruppe, was in einem Einzeltraining nicht abbildbar ist. Was wir schon anbieten, ist, während einer Moderation als Coach anwesend zu sein und dem Moderator im Anschluss an die Moderation Feedback zu geben.«

Einmal muss das erste Mal sein. Wie kann man sich konkret auf die erste Moderation vorbereiten?

Birgit Fischer-Sitzwohl: »Jedem Neuling empfehle ich, zuerst genau mit dem Auftraggeber zu klären, was dieser als Endergebnis erreichen will. In weiterer Folge geht es um die Spielregeln bzw. Freiräume für die Moderatoren. Mir ist immer wesentlich: Die Teilnehmer sollten bis zum Schluss motiviert sein, am Endergebnis mitzugestalten. Rein praktisch sollte jeder Moderator wissen: Welche Methoden setze ich ein? Eine alte Moderatorenspielregel, die auch bei uns intern gilt: Wenn man die Anzahl an Pinnwänden, die zum Einsatz kommen soll, gut kalkuliert, schlagt man immer noch mindestens 2 drauf – unverhofft kommt in der Moderation praktisch immer. Moderatoren sollten auch die Örtlichkeit gut kennen: Wie viel Platz ist zum Aufhängen? Was steht an Medien überhaupt zur Verfügung? Moderationskoffer vorhanden oder nicht? Und so weiter.«

Corinna Ladinig: »Es braucht eine gute und intensive Auftrags- und Zielklärung; dann eine gute Vorbereitung, welche Moderationsmethoden verwendet werden (am besten mehrere im Talon haben) – Visualisierungen überlegen und eine mentale Vorbereitung, dass es auch ganz anders kommen kann und man als Moderator sehr flexibel auf das, was von der Gruppe kommt, reagieren muss – frei nach dem Spruch: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.«

Erich Kolenaty: »Das klingt jetzt hochmütig: Die beste Vorbereitung ist ein Besuch der Moderationswerkstatt. Spätestens dann wird einem durch die Übungen klar, dass ohne gediegene Planung, einem Gesamtverständnis, wie man einen Prozess mit mehreren Schritten aufbaut, ohne gut sortiertes Werkzeug und eine gewisse Fertigkeit in der Umsetzung, nur Mittelmaß rauskommen kann. Man geht reich beschenkt weg und vor allem: Man kennt den Unterschied von der ›Normalität‹ zu Gesprächen, die leicht und flüssig den Ergebnissen zuströmen. Den Schock, beim ersten Mal gleich im Löwenkäfig zu stehen, hat man sich nebenbei auch erspart.«

Ronny Hollenstein: »Sie können sich folgende Fragen stellen:

  • Was ist das Ziel der Moderation?
  • Welche Rolle soll die Moderation bei der Zielerreichung spielen?
  • Was braucht es, damit die Moderation ihre Rolle gut erfüllen kann?
  • Welche Teilnehmer sollten eingeladen werden?
  • Was könnten die Teilnehmer im Vorfeld schon vorbereiten/bedenken?
  • Wie lange werden wir für die Moderation brauchen?
  • Welche technische und räumliche Anforderungen werden gebraucht?
  • Welche Fragen, Themen sind zu diskutieren, um das Ziel zu erreichen?
  • Welche Kriterien sollte das Ziel erfüllen?
  • In welcher Reihenfolge sollten die Themen, Fragen besprochen werden?
  • Welche Methode kann bei welchem Tagesordnungspunkt am besten zum Ziel führen?
  • Welche Rollen könnten für die Moderation verteilt werden?
  • Wie kommen wir zu Entscheidungen?
  • Wie werden die Ergebnisse festgehalten?«

Ursula Güntner: »Klären Sie für sich die wichtigsten Fragen, z. B. was der ›rote Faden‹ der Moderation sein soll. Dann heißt es üben, üben, üben. Am besten vor kleinem Publikum – vor dem Partner, der Familie oder Freunden. Je mehr Übung Sie haben, desto sicherer wird Ihr Auftritt und umso natürlicher und klarer werden Ihre Formulierungen.«

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