Kennen Sie den schon? Ein Lobbyist, eine Ministerin und ein Trainer … Nein, stopp! Ganz falsch! Humor im Unternehmen zu etablieren, bedeutet nicht, Witze zu erzählen, auch wenn das natürlich erlaubt ist. Es geht um etwas ganz anderes. Es geht um viel mehr.
Dem Humor werden für das berufliche Umfeld wundervolle Kräfte nachgesagt. Er erhöht die Leistungsfähigkeit einzelner Personen und ganzer Teams, macht Menschen gesünder und glücklicher, reduziert Krankenstandstage, verhindert Burn-out, verbessert die Fehlerkultur, kurbelt das Wachstum an und vieles mehr. Ein echter Wunderwuzzi, dieser Humor – und: Er kostet nichts! Es wäre ja geradezu verrückt, ihn nicht ins eigene Unternehmen zu holen. Aber wie stellt man das an?
»Am besten top down«, ist Roman -Szeliga überzeugt. Er ist Mediziner, Mitgründer der -CliniClowns, Inhaber der Agentur Happy&Ness (www.happyundness.at) und bezeichnet sich als Humorbotschafter. Von oben nach unten also. Als Vorgesetzter kann man da viel tun, man muss es nur wollen – und sich ein bisschen etwas trauen. Manche Führungskräfte haben Angst, der Einsatz von Humor könnte ihre Kompetenz untergraben. Das ist aber nicht der Fall, im Gegenteil: »Durch Humor untergräbt man als Chef seine Kompetenz nicht, man fügt neue Kompetenzen hinzu!«, sagt Roman Szeliga.
Brigitte Schaden, Vorstandsvorsitzende von pma (www.p-m-a.at) und GAPPS Chairwoman betont ebenfalls, wie wichtig die Einstellung der Vorgesetzten in Sachen Humor ist: »Das Wichtigste ist meines Erachtens, dass Führungskräfte einen humorvollen Zugang zur (Arbeits-)Welt vorleben. Denn wie man in den Wald hineinruft, so hallt es heraus – ein altes, aber wahres Sprichwort. Außerdem sollten Führungskräfte offen zeigen, dass sie es gut finden, wenn ihre Mitarbeiter lachen und Spaß auch während der Bürozeit haben. Natürlich ist darauf zu achten, dass es ein ›gesunder‹ Humor ist, der nicht auf Kosten anderer geht. Lachen aus Schadenfreude hat nichts mit Humor zu tun!«
Es geht nicht einfach nur ums Lachen, es geht darum, über die richtigen Dinge zu lachen. Roman Szeliga: »Humor kann z. B. Konflikte entschärfen, aber nur wenn man über den Konflikt und nicht über die Beteiligten lacht.« Man darf auch über Fehler lachen, das hat eine verbesserte Fehlerkultur zur Folge, was sich wiederum positiv auf die Leistung aller Mitarbeiter auswirkt.
Wenn einer lacht, lachen alle mit. Jumi Vogler, Expertin für Humor als Erfolgsstrategie (www.jumivogler.de) sagt übers Lachen: »Dabei werden Endorphine ausgeschüttet und Endorphine machen glücklich. Und sie machen nicht dick, wenn man lacht.« Lachen ist also viel besser als Schokolade essen. »Wenn man viel lacht, nimmt man dabei sogar ab!«
Worüber lachen wir Menschen eigentlich, was finden wir lustig? Roman Szeliga: »Die Humorarten, die uns zum Lachen bringen, sind auf der ganzen Welt gleich und lassen sich in 8 Gruppen bzw. Mechanismen unterteilen:
a.) Peinlichkeit
b.) Schadenfreude
c.) Wiedererkennung
d.) Skurrilität
e.) Überraschung
f.) Überforderung
g.) Spiel
h.) Schönheit
Da gibt es nun einerseits am oberen Ende der Methoden die Rubriken Peinlichkeit und Schadenfreude, welche das kleine, laute Lachen als Resultat haben, das aber nicht glücklich macht und am anderen Ende der Mechanismen das leichte, verspielte Lachen, das glücklich macht, diese feine, oft subtile Form des Humors, der auch nachhaltig wirkt.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, jede Form hat zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Dosis, ihre Berechtigung, wenn sie authentisch und kreativ eingesetzt wird. Übrigens: Glaubt man der Statistik, dann praktizieren deutsche Künstler und Humoristen vornehmlich die Rubriken a.) und b.), verstärkt durch laute und kraftvolle Performance, die Österreicher d.) und f.), verstärkt durch teils charmante, teils morbide und selbstironische Elemente und die Schweizer eher g.) und h.), mit Fokus auf subtilen Zwischenbemerkungen, die erst am zweiten Blick komisch sind.« Aha, danke. Jetzt weiß ich, warum ich die Witze in deutschen Comedy-Shows nicht so lustig finde.
Monika Herbstrith-Lappe, Geschäftsführerin von Impuls & Wirkung (www.impuls.at), sagt über das Lachen: »Gelotologie heißt die schulmedizinische Forschung zur Gesundheit des Lachens. Lachen ist das wirkungsvollste Mittel, um aus Stress auszusteigen, weil es unsere Muskeln entspannt. Darum ›zerkugeln‹ wir uns vor Lachen. Miteinander zu lachen ist höchst gesund und entspannend. Sich auf Kosten anderer lustig zu machen, der toxische Doppelgänger.«
Und darüber, wie man das Lachen bzw. Humor in ein Unternehmen bringen kann, sagt sie: »Am effektivsten impft man ein Unternehmen mit Humor-Keimen, indem eine breite Basis gemeinsam erlebt, wie ein inhaltlich-fundiertes, humorvoll-verpacktes Infotainment lustvoll-intensive Energie und Aufbruchstimmung erzeugen kann. So können viele freudvoll-lustige Anker gesetzt werden, die tiefgründig zum Nachdenken anregen. Gemeinsam zu lachen ist einerseits befreiend und andererseits verbindend. Pointen, die man teilt, eignen sich hervorragend als teambildende Insider. Gegenseitig kann man sich dann auch aus der Stressfalle helfen, indem man an heiter Gelerntes auch in stürmischen Situationen erinnert.«
Und auch sie hebt die Rolle der Vorgesetzten hervor: »Humor ist etwas, das entsteht, wenn wir es zulassen. Den Führungskräften kommt auch diesbezüglich eine wesentliche Vorbildwirkung zu. Der Grundsatz ›Lasst uns arbeiten wie Kinder spielen‹ verdeutlicht, dass Spaß, Begeisterung und Freude die Grundlage für nachhaltig gesunde High Performance sind. Es ist nicht artgerecht, dass in unserer Kultur so wenig gelacht und gelächelt wird. In unserem von militärischen Führungsprinzipien geprägten Bildungssystem wird uns Humor abtrainiert.«
Sabine Prohaska, Inhaberin von seminarconsult (www.seminarconsult.at), definiert Humor und wie man ihn etablieren kann so: »Für mich bedeutet Humor eine Einstellung zum Leben und den Menschen im Allgemeinen. Ich verstehe somit Humor nicht als Sammelbegriff für alles Komische. Humor ist eine Kombination von Ernst und Heiterkeit. Er ermöglicht, wichtige Dinge ernst zu nehmen, aber sie dennoch heiter distanziert zu betrachten.
Natürlich kann auch jeder Einzelne mehr Humor ins Unternehmen, seine Abteilung, sein Team bringen. Ich möchte hier aber kurz die Vorgangsweise bei den umfassenden Humorprojekten erläutern.
Um eine Einstellungsänderung -herbeizuführen, müssen die 3 Ebenen Unternehmensleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter miteinbezogen werden.
Der erste Schritt ist dabei, ein einheitliches Verständnis von Humor zu schaffen. Um diese Haltung zu definieren, mit Beispielen zu belegen und daraus Schritte abzuleiten, eignen sich Vorträge und Workshops zum Thema. Diese Veranstaltungen und Diskussionen sind wichtig, da es gegen Humor auch immer ernsthafte Bedenken gibt. Etwa die Furcht, dass Humor und Lachen zu oberflächlich sind. Oder die Sorge, dass der Humor in der zwischenmenschlichen Kommunikation missverstanden wird und jemanden beleidigt und verletzt.
In einem nächsten Schritt können Arbeitsgruppen gebildet werden, die sich mit konkreten Ideen für den Einsatz von Humor in ihrem Unternehmen beschäftigen. Dies ist wichtig, da die Interventionen zur jeweiligen Unternehmenskultur passen müssen. Von der Etablierung fixer ›Humorteams‹ über Clownaktionen an den Arbeitsplätzen bis zur ›Humorrubrik‹ in der Mitarbeiterzeitung reicht da die Bandbreite.
Evaluierung und Erfahrungsberichte nach einiger Zeit runden den Prozess ab.«
Konkrete Erfolge
Es sprudelt nur so aus Roman Szeliga heraus, wenn man ihn nach konkreten Beispielen für den erfolgreichen Einsatz von Humor in Unternehmen fragt. So erzählt er z. B. von einer Mitarbeiterbefragung, die mit Humor gestaltet wurde und prompt nicht nur eine viel höhere Response-Rate erzielte, sondern auch viel wertvollere Antworten hervorbrachte. Generell steigt die Mitarbeiterzufriedenheit, wenn im Unternehmen Platz für Humor ist. Denn Humor hat etwas mit Leichtigkeit zu tun. Wenn man die Dinge leicht nimmt, mit einer gewissen Leichtigkeit an sie heran tritt, dann fällt die Arbeit auch leichter, dann wird mit auftretenden Problemen besser umgegangen usw. Kein Wunder also, dass »Sinn für Humor« in manchen Umfragen bereits an dritter Stelle der Dinge steht, die sich Recruiter von neuen Mitarbeitern wünschen (nach Fachkompetenz und wirtschaftlichem Denken).
Die wachsende Bedeutung von Humor sieht auch Sabine Prohaska: »Als Wirtschaftspsychologin interessieren mich die neuen Entwicklungen in der Psychologie und dort kam es mit der ›Positiven Psychologie‹ zu einem Paradigmenwechsel, mit dem auch das Thema Humor mehr in den Fokus gerückt ist. Dies wiederum führt dazu, dass im Business-Kontext Humor und Spaß einen anderen Stellenwert bekommen haben.
Ich erlebe immer wieder, dass Humor eine wichtige Voraussetzung für Perspektivenwechsel darstellt. Damit hilft er, eine Situation neu zu strukturieren und anders zu betrachten. Dies kann für kreative Arbeit z. B. in einem Brainstorming aber auch als Problemlösestrategie genützt werden. Eine humorvolle Einstellung ist eine bewährte Bewältigungsstrategie am Arbeitsplatz, um mit Stress umzugehen. Humor kann Angst reduzieren.
Was wir alle schon erlebt haben – gemeinsames Lachen fördert die Zusammengehörigkeit. Das Betriebsklima kann positiv fördernd gestaltet werden. Glückliche Menschen sind flexibler, kreativer, kooperationsbereiter. Durch ein humorvolles Klima können die Art und Qualität z. B. der Kundenberatung, oder auch das Engagement gesteigert werden.«
Diese und weitere positive Eigenschaften des Humors sind mittlerweile bestens erforscht. Roman Szeliga: »Es ist wissenschaftlich bewiesen: Unsere Gesundheit hängt von unseren Gefühlen ab. Wer sein Leben mit Humor nimmt, lebt länger – und hat so mehr Zeit zum Genießen und noch mehr Spaß am Tun.«
Natürlich gibt es auch im Business-Kontext Momente, in denen man nicht lachen darf, laut Roman Szeliga gehören da z. B. Krisensitzungen und Entlassungsgespräche dazu.
Sabine Prohaska ergänzt: »Es braucht bestimmte Voraussetzungen für Humor in der Wirtschaft. So z. B. ist Humor sehr individuell vom Charakter und auch von der momentanen Befindlichkeit abhängig. Das muss man beim Einsatz bedenken. Wie deftig der Humor ausfallen darf, muss jeder für sich entscheiden.
Weiters ist unter anderem die Hierarchie nicht unwesentlich. Unter Kollegen kann eine humorvolle Aussage erfrischend wirken. Wenn dieselbe Aussage von einer Führungskraft an einen Mitarbeiter gerichtet wird, bekommt sie einen anderen Charakter.«
Brigitte Schaden erzählt: »Humor hilft, sich mit den eigenen ›blinden Flecken‹ leichter auseinanderzusetzen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, aber auch aus Beobachtungen bei unseren pma-Veranstaltungen. Die Kabarettisten, die beispielsweise im Rahmen unseres Projektmanagement-Kongresses aufgetreten sind, haben uns Projektmanagern durchaus heftig den Spiegel vorgehalten – z. B. zu den Themen Zeitplanung, sich zu wichtig nehmen, nicht abschalten können/wollen. Aber eben in einer Form, die man annehmen kann, die einen zum Reflektieren und Diskutieren anregt.
Ein anderes Beispiel: Im Rahmen eines Projektstarts wurde beim Kick-off-Meeting gemeinsam ein Rap geschrieben. Sowohl die Erarbeitung als auch die anschließende gemeinsame Performance des Rap-Songs haben viel gute Stimmung gemacht. Und einzelne Sätze daraus wurden auch immer wieder während des Projekts von den Teammitgliedern eingeworfen. Das hat für so manchen Schmunzler und geistige Erholung im Projektteam gesorgt – gerade auch in mühsamen Phasen.«
Monika Herbstrith-Lappe berichtet aus ihrem Berufsalltag: »In allen Trainings, Keynotes und Coachings, die ich gestalte, ist Humor ein zentrales Element. Nur wenn wir mit aktivem Lustzentrum lernen, können wir das Gelernte nachhaltig und kreativ nutzen. Das ist die neurobiologische Erklärung für die auch im Volksmund bekannten Eselsbrücken. Viele haben in unserer Kultur verlernt, Humor ernst zu nehmen. Er scheint im Widerspruch zu Seriosität und Ernsthaftigkeit zu stehen. Um mir das Vertrauen zu holen, in humorvoll-provokanter Weise nachhaltige Veränderungen von Sichtweisen, Einstellungen und Verhalten zu bewirken, sorge ich dafür, dass in meiner Ankündigung darauf hingewiesen wird, dass meine Ausführungen einerseits neurowissenschaftlich fundiert und andererseits ›merk-würdig‹ verpackt sind.«
»Ich bin aber nicht lustig«
Was kann man als Führungskraft machen, wenn man von der positiven Wirkung von Humor überzeugt ist, sich aber selbst nicht als »lustige« Person sieht bzw. Schwierigkeiten mit der Umsetzung humorvoller Maßnahmen hat? Sich verstellen und »auf lustig tun« kann ja nicht die Lösung sein, denn – das wurde schon gesagt: Nichts ist in Sachen Humor wichtiger als Authentizität. Was krampfhaft oder aufgesetzt wirkt, ist zum Scheitern verurteilt. Man könnte damit beginnen, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. »Die höchste Stufe des Humors ist es, über sich selbst zu lachen«, sagt Roman Szeliga. Man könnte auch Humor-Berater engagieren. Diese kommen ins Unternehmen, analysieren den Ist-Zustand und zeigen dann auf, was möglich wäre und wie die Umsetzung ablaufen könnte. So oder so: Der Einsatz von Humor lohnt sich auf Fälle!