Wie HR in einem mittelständigen und internationalen Unternehmen funktioniert, und wie dort die Führungskräfte trainiert werden, lesen Sie in diesem HR-Interview.
Was macht Schiedel und wie sind Sie organisiert?
Renate Mayr: Wir haben uns vor allem als Kaminhersteller einen Namen gemacht. Da sind wir auch der Marktführer in Europa, aber unsere Kompetenzen reichen wesentlich weiter. Auch Lüftungssysteme und Öfen gehören in unser Produktportfolio. Schiedel ist europaweit tätig mit 1 200 Mitarbeitern in 19 Ländern, davon rund 80 in Österreich. Die Zentrale ist in Österreich, viele Top-Manager sind aber auch in Deutschland angesiedelt.
Wie suchen Sie neue Mitarbeiter?
Mayr: Wir haben Gott sei Dank eine sehr geringe Fluktuation und müssen demnach nicht allzu oft am freien Markt nach neuen Talenten suchen. Bei Bedarf schauen wir natürlich primär im Unternehmen intern nach möglichen Mitarbeitern, die wir z. B. zur Führungskraft weiterentwickeln können. Dazu sind wir, das Executive Committee und die Regional Directors, sehr nahe an den einzelnen Landesorganisationen. Falls wir niemanden Passenden im Unternehmen finden, verlassen wir uns bei Führungspositionen auf die langjährige Zusammenarbeit mit Personalberatern. Wir bekommen dann eine kleine Auswahl an Kandidaten präsentiert und treffen unsere Entscheidung.
Was ist Ihnen an neuen Mitarbeitern wichtig?
Mayr: Fachliche Qualifikationen werden vorab bereits abgetestet, sodass wir im Gespräch viel Zeit dafür aufbringen, um herauszufinden, ob der Kandidat in unsere Kultur passt, was aber nicht heißt, dass wir uns keine Diversifikation wünschen. Wir sind international tätig und daher sehr offen, wenn es z. B. um andere Nationalitäten geht, die ja auch den Horizont der Stamm-Mannschaft erweitern können.
Woran erkennen Sie, ob er in das Unternehmen passt?
Mayr: Ein gutes Bauchgefühl ist wichtig, das Gespür entwickelt man im Laufe der Jahre. Wir legen Wert auf eine gewisse Hands-on-Mentalität, weil wir damit flexibel, spontan, lösungsorientiert und schlussendlich auch profitabel bleiben. Wir sind in der Baubranche tätig, das ist auf den ersten Blick für junge Menschen nicht unbedingt so ein Magnet wie der größte Energy-Drink-Hersteller. Bei uns darf man sich für nichts zu schade sein, das fragen wir schon auch ab. Dafür wird man andererseits auch bis in oberste Management-Ebenen keine Berührungsängste verspüren.
Johannes Kistler: Es sind vorwiegend pragmatische Leute, die anpacken und Probleme selber lösen. Darauf schauen wir besonders.
Wenn die Branche nicht attraktiv ist, was tun Sie, um für potenzielle Arbeitnehmer interessant zu sein? Stichwort Employer Branding?
Kistler: Zu wenig!
Mayr: Zu wenig!
Das steckt bei uns noch in den Kinderschuhen, vielleicht, weil der Schmerz noch nicht so groß ist, keine geeigneten Mitarbeiter zu finden. Wir erkennen vor allem in ländlichen Gebieten tatsächlich einen Mangel an qualifizierten Kräften. In den Großstädten finden wir noch genügend. Schiedel hat in der Branche in Österreich einen bekannten Namen. Das ist natürlich attraktiv für potenzielle Mitarbeiter.
Gibt es bei Ihnen vorgegebene Karrierewege?
Mayr: Wir können den Bewerbern nicht versprechen, was in 3 Jahren sein wird. Aber aus Erfahrung wissen wir, dass es immer wieder Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg gibt. Wenn ein Mitarbeiter Potenzial mitbringt, ehrgeizig und bereit ist, die »extra Meile« zu gehen, dann gibt es durchaus Chancen.
Was bieten Sie Ihren Mitarbeitern, damit Sie bei Ihnen bleiben?
Mayr: Das ist bei uns ein »Paket« aus vielen Kleinigkeiten. Natürlich gibt es unterschiedliche Sozialleistungen und eine faire Bezahlung. Besonders wichtig ist uns auch das Thema Arbeitssicherheit. Hier bieten wir umfangreiche Programme an. Was für unsere Mitarbeiter auch relevant ist, ist die Tatsache, dass wir auf unserem Markt die Nummer 1 sind. Es ist schön, für den Marktführer zu arbeiten. Die gegenseitige Wertschätzung sowohl innerhalb des Teams, als auch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, ist bei uns ganz wichtig.
Kistler: Durch relativ flache Hierarchien ist es üblich, Entscheidungen schnell zu treffen. So ist es bei uns möglich, sich selbst zu verwirklichen. Unsere Mitarbeiter sind kein »kleines Zahnrad in einem großen Werk«, sondern werden bei Entscheidungen mit einbezogen. Unser Führungsstil ist ein sehr partizipativer.
Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche durch?
Mayr: Es gibt einen klaren Prozess für ein jährliches Mitarbeitergespräch. Aber ich glaube, das wäre nicht genug, wenn wir es nur darauf beschränken würden. In diesem Gespräch werden typischerweise das Jahr reflektiert, Ziele festgelegt, der Bonus ausdiskutiert etc. Darüber hinaus gibt es einen regelmäßigen Austausch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Unsere Leute können relativ frei arbeiten, und wenn sie Hilfe brauchen, können sie jederzeit zu ihrem Vorgesetzten kommen – das wird auch wirklich gelebt.
Wie schaffen Sie diese offene Kultur?
Kistler: Indem wir bereits bei der Personalauswahl darauf viel Wert legen. Auch in der Einarbeitungsphase ist das immer wieder ein Thema. Daher bieten wir für Managementpositionen immer wieder Werksführungen in mehreren Ländern an. So verstehen die Führungskräfte auch das große Ganze.
Wie ist die Personalentwicklung organisiert und welche Möglichkeiten der Weiterbildung haben Ihre Mitarbeiter?
Mayr: Da wir, wie erwähnt, in 19 Ländern tätig sind, arbeiten im Bereich der Personalentwicklung alle Länder weitgehend selbstständig. Für diverse Ausbildungen sind jeweils die regionalen Geschäftsführer verantwortlich. Für die mittlere Managementebene gibt es aber auch internationale Programme.
Wie schaut ein internationales Programm konkret aus?
Mayr: Aktuell haben wir gemeinsam mit der LIMAK Austrian Business School in Linz das SMDP (Schiedel Management Development Program) im Programm. Die Auswahl der 9 Teilnehmer basierte auf Vorschlägen des Executive Committee. Aus einer Long-List mit 16 Kandidaten haben wir dann mit der LIMAK in einem mehrstufigen Auswahlverfahren die geeigneten Teilnehmer gefiltert. Im ersten Schritt gab es ein Online-Testing, bei dem Denk-, Arbeits- und Beziehungsstil bewertet wurden, gefolgt von einer Selbst-Präsentation der Kandidaten vor dem Executive Committee. Der dritte Schritt war eine moderierte Diskussionsrunde, im Zuge derer auch die sprachliche Eignung festgestellt wurde. Das Ausbildungsprogramm ist ja international und läuft daher in Englisch. Danach hatten wir gemeinsam mit der LIMAK und dem Leadtrainer ein klares Bild, wer am besten geeignet ist.
Kistler: Das ist jetzt mittlerweile das 6. Management-Programm, das wir durchführen. Ich selbst war damals vor vielen Jahren im ersten dabei.
Mayr: Die Abstimmung über den Inhalt haben wir gemeinsam mit der LIMAK erarbeitet. Es ist ein intensives Programm mit 3 ganzen Wochen Training, verteilt über mehrere Monate. In jeder Trainingswoche gibt es verschiedene Module und verschiedene Trainer.
Die Themen reichen von Leadership über strategische und konzeptionelle Kompetenzen, Projektmanagement, Betriebswirschaft, Organisation, Change Management und vieles mehr.
Die Wochen finden jeweils woanders statt: Die erste Woche in Wien, die zweite bei München und die dritte wird im September in Linz stattfinden. Zusätzlich zu dem Ausbildungsprogramm bekommen die Teilnehmer drei Projekte, die unmittelbar aus dem Geschäftsbereich von Schiedel kommen. Dafür gibt es einen »Lead-trainer«, der das komplette Programm begleitet und auch Hilfe zu den Projekten anbietet. Zusätzlich gibt es einmal pro Woche einen Kaminabend, bei dem ein Vorstandsmitglied dazukommt und sich den Fragen der Teilnehmer stellt.
Kistler: Das ist immer ein sehr lebhafter Dialog. Es geht um Entscheidungen der Vergangenheit und natürlich auch über strategische Ausrichtungen. Welche Schwerpunkte es in der Zukunft gibt etc.
Wie schauen die Praxisprojekte aus?
Kistler: Eine Gruppe hatte z. B. die Aufgabenstellung, über zukünftige Vertriebskanäle nachzudenken. Die konkrete Aufgabe war es, ein Szenario zu erarbeiten, wie Schiedel zukünftige Vertriebskanäle besser nutzen kann, ohne die traditionellen Wege zu vernachlässigen. Bei der Abschlussveranstaltung werden dann die Ergebnisse präsentiert und diskutiert.
Danke für das Gespräch.