Die eigene Ethik verändern

Alles spricht von Industrie 4.0 und dem smarten Zeitalter. Wie reagiert die Projektmanagementbranche darauf? TRAiNiNG im Gespräch mit Brigitte Schaden.

Ist die Projektmanagementbranche für die Zukunft 4.0 gerüstet?

Wir arbeiten daran. Die reale und die virtuelle Welt wachsen zusammen und vernetzen sich. Über alle Branchen hinweg. Die Produktions-, Arbeits- und Kommunikationsprozesse verändern sich dadurch massiv. Und sehr schnell. Das hat auch Auswirkungen auf die Tätigkeit von uns Projektmanagern. Wir beleuchten das Thema u. a. deshalb heuer im Oktober ausführlich bei unserem jährlichen PM-Kongress pma focus.

Studien warnen, dass die Automatisierung in den nächsten Jahren sehr viele – auch hoch qualifizierte – Jobs vernichten wird. Wird es den Beruf Projektmanager treffen?

Ich bin überzeugt davon, dass es gut qualifizierte und reale Projektmanager gerade in der smarten Zukunft braucht. Denn der zwischenmenschliche Faktor als Erfolgsgarant für gelungene Projekte ist enorm. Die BBC bietet auf ihrer Website einen Jobrechner an (www.bbc.com/news/technology-34066941), der anzeigt, wie wahrscheinlich es ist, dass es gewisse Jobs auch noch in 15 – 20 Jahren geben wird. Für Projektmanager wird die Wahrscheinlichkeit sehr hoch angesetzt Die Berechnungen beruhen auf einer Studie der Universität Oxford und dem Beratungsunternehmen Deloitte. Aber natürlich werden auch wir unsere Kompetenzen anpassen müssen.

Welche Kompetenzen sehen Sie in Zukunft besonders gefordert?

Vor allem die persönlichen Fähigkeiten, wie z. B. Resilienz, um in diesem neuen, sich ständig ändernden Umfeld gesund zu überleben. Und jedenfalls auch der Umgang mit Ethik.

Können Sie Letzteres bitte konkretisieren?

Projektmanagement hat oft Einfluss auf die Lebensqualität von Menschen und auf gesellschaftliche Veränderungen. Projektmanager haben somit häufig weitreichenden Einfluss. Und gerade in Zeiten, in denen technisch fast alles möglich ist, wird man sich öfters fragen müssen: Soll auch alles umgesetzt werden, was umsetzbar ist – und vor allem in welcher Form? Was ethisches Handeln bedeutet, hängt doch auch sehr stark von der jeweiligen Kultur und den gesellschaftlich akzeptierten Werten ab.

Wie wird das in einer sich immer stärker vernetzenden, globalen Welt funktionieren? Und wie kann man diese Kompetenzen aus- und weiterbilden?

Es gibt kein weltweit gültiges Regelwerk. Da haben Sie vollkommen Recht. Es gibt nicht nur eine Wirklichkeit und Wahrheit. Was ethisch und was unethisch ist, ist oftmals sehr subjektiv. Man sollte daher niemals als Projektmanager davon ausgehen, dass alle Stakeholder, Teammitglieder und sonstige Umwelten das gleiche Ethikverständnis haben. Jeder Mensch entwickelt im Lauf seines Lebens sein eigenes Regelwerk, seine eigene Ethik. Die Grundlagen und Werte, auf denen dieses persönliche Regelwerk besteht, sollte aber jeder kennen. Sie hängen sowohl von dem jeweiligen Charakter als auch von der eigenen Identität ab und werden von der Umwelt mitgeprägt. Aber nur, wenn man seine eigenen ethischen Werte kennt, kann man sich jene Grenzen setzen, bis zu denen man zu gehen bereit ist. Natürlich ist die eigene Ethik auch veränderbar und sie adaptiert sich auch laufend unbewusst. Regelmäßige und kritische Reflexion ist daher wichtig. Professionelles Coaching kann dabei hilfreich sein. Ein externer Coach ist auch sehr unterstützend, die unterschiedlichen Werte in einem Projektteam sichtbar zu machen und kann bei notwendigen Adaptions- und Anpassungsschritten vermitteln. Denn wenn die Ethikwelten innerhalb des Teams zu weit auseinanderklaffen, ist eine gute Zusammenarbeit schwer möglich. Deshalb müssen Spielregeln erstellt und gelebt werden.

Danke für das Gespräch.  

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schaden0716

Brigitte Schaden

ist Vorstandsvorsitzende von Projekt Management Austria (pma).

www.p-m-a.at