Die Veränderungen im Coaching

Was sich in den letzten 20 Jahren im Coaching und Training verändert hat, und wohin die Reise geht, lesen Sie in diesem Interview mit Paul Lürzer.

Herr Lürzer, Sie feiern heuer ebenfalls (so wie das Magazin TRAiNiNG) ein großartiges Jubiläum: 20 Jahre Paul Lürzer KG. Wie fühlt sich das an?

Feierlich und sehr beschwingt. Es macht zufrieden, zurückzublicken auf das, was alles erreicht, geklärt und geschaffen wurde. Viele großartige Menschen und Themen haben mich auf diesem Weg begleitet. Ich habe Interessantes lernen dürfen, mich weiterentwickeln können und mich von einigem verabschiedet, das nicht mehr meines war.

Wie hat sich der Bereich Coaching und Training in den 20 Jahren verändert?

Es hat sich allerhand getan, manch’ Vertrautes ist geblieben und vieles ist rasant schnelllebiger geworden.

Im Training sehe ich zwei große Entwicklungen. Einerseits die Implementierung elektronischer Medien, die zur Selbstlernverbreitung (E-Learning) und Online-Seminaren (Webinaren) beigetragen haben. Andererseits begegnet mir die immer knapper werdende Ressource Zeit, z. B. in Form reduzierter Präsenzzeit mit mehr Teilnehmern im Seminar. Das geht eindeutig zu Lasten von Übungs- und Reflexionssequenzen und schadet damit letztendlich der Nachhaltigkeit.

Im Coaching geht es nach wie vor um betriebliche und persönliche Fragen. Teilweise wird mehr in den Bereich der Einstellungen und Werte fokussiert. In Betrieben erlebe ich mehr Themen in Bezug zu Generationenebenen. Da werden Unterschiede vielerorts deutlich spürbar. Werte und gute Gepflogenheiten werden unterschiedlich ge- und erlebt. Wissen scheint das Maß aller Dinge. Das Thema Sozialarmut wird lauter.

Sie sind sowohl Trainer als auch Coach. Hand aufs Herz: Was macht Ihnen mehr Freude?

Coaching, also das Begleiten von Menschen zu ihren beruflichen und persönlichen Anliegen, führe ich nach wie vor mit großer Freude, Respekt und Wertschätzung durch. Dabei liegt der Fokus z. B. auf unterschätzten Ressourcen, hinderlichen Bewertungen, zu geringer Selbsteinschätzung (Stichwort: innerer Richter) oder zu hohen Idealvorstellungen und verborgenen Lösungswegen.

Anders läuft es im Training. Da sind die Fachthemen die bestimmenden Elemente. Es gilt, zu recherchieren, sich thematisch zu vertiefen (z. B. die neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnisse einzubinden, die immer wieder bahnbrechende Ergebnisse hervorbringen). Da fühle ich mich voll in meinem Entdecker-Element. Was beide Bereiche verbindet, ist die Freude an der Arbeit mit Menschen. Das ist es, was mich letztendlich am meisten erfüllt.

Welche Herausforderungen sehen Sie für das Coaching in der Zukunft?

Markt: Immer mehr Personen mit fragwürdiger Kompetenz treten als Experten auf den Markt, tragen damit zu einer steigenden Marktverwirrung bei und erzeugen ein Gefühl der Marktsättigung.

Themen: Generationenmanagement (beide Seiten kennen und verstehen), Führung mit geringer werdenden Ressourcen, Umgang mit rasantem Veränderungstempo, weiter steigendes »Shareholder-Value-Denken« zu Lasten eines abflachenden »Customer-Value-Denken« und fehlende Vorbilder zur Persönlichkeitsentwicklung.

Nachdem die Entwicklung der Menschen von der Kindheit zum Erwachsenen immer mehr von Wissen und Computer geprägt ist, fehlt zunehmend die persönliche Reifung durch soziale Kontakte. Bewusstsein zu schaffen für die eigenen Werte, Einstellungen und Glaubenssätze als Basis für Motive und Ziele, geht verloren. Wissen allein hilft uns nicht weiter, weder zur Entscheidungsfindung noch zur Krisenbewältigung. Das zu lösen, wird zunehmend eine Herausforderung, die im vertrauensvollen Coaching gelöst werden kann.

Danke für das Gespräch.  

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luerzer0716

Paul Lürzer

ist Trainer und Coach sowie Lektor an der
FH Salzburg und der
FHWien. Seit 2008 ist er außerdem im Vorstand der ICF Austria (International Coach Federation)

www.luerzer-training.at

www.coachfederation.at