Was haben der US-Wahlkampf mit Show und Schauspiel zu tun? TRAiNiNG hat mit dem Politologen und Trainer Michael Traindt darüber gesprochen.
Michael Traindt war im letzten Jahr fünf Monate in den USA, um sich mit dem US-Wahlkampf sowie mit Schauspiel zu beschäftigen. Er sprach mit Politikern und Wahlkampfmanagern und nahm Unterricht an der renommierten Academy for Dramatic Arts und dem Lee Strassberg Institut in Los Angeles.
Was haben der amerikanische Wahlkampf und Schauspiel miteinander zu tun?
Das Spannende ist, dass es in der Politik in den USA und immer mehr auch in Europa um die Show geht und auf der Theaterbühne um Wahrhaftigkeit sowie Glaubwürdigkeit. Für mich als Politologe und Trainer ist es faszinierend, diese Verschiebung zu beobachten und für meine Praxis Schlüsse zu ziehen.
Welche Schlüsse haben Sie gezogen?
Im US-Wahlkampf, also der Bühne in der sogenannten »realen Welt«, ging es diesmal um die härteste Provokation und ein kalkuliertes Spiel, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu bekommen und die Wahl zu gewinnen. Langfristig wird sich das aber rächen, wie man auch bei den BREXIT-Befürwortern in Großbritannien sieht, die sich nach der »Show« von der Verantwortung gedrückt haben oder sichtlich keinen Lösungsplan gehabt haben, wie es nach einem BREXIT weitergehen kann.
Sie meinen, Donald Trump wird seine Pläne nicht umsetzen?
Donald Trump wird keine Mauer an der mexikanischen Grenze bauen können und auch nicht wollen. Er wird auch keine Atombomben abwerfen, wie er angedeutet hat. Er ist ein gezielter Provokateur, der Menschen täuscht, aber sicher nicht dumm.
Ich glaube auch, dass seine Wähler nicht dumm sind, aber in unsicheren Zeiten ist es bequemer, sich täuschen zu lassen und einfachen Botschaften zu glauben, als sich ernsthaft der Realität zu stellen. Kurz gesagt: Die Bequemlichkeit oder härter ausgedrückt die Faulheit hat gesiegt.
Bauen Sie Ihre Erkenntnisse aus den USA in Ihre Trainings ein?
Ja natürlich. Bei Methoden aus dem Schauspieltraining geht es in erster Linie um Fertigkeiten: Improvisation verbessert die Schlagfertigkeit und Eloquenz. Schauspielübungen tragen zu einem besseren Selbstbewusstsein bei. Ich glaube jedoch, dass es im Training – sei es für Reden, Präsentationen oder Verhandlungen – um das Herausarbeiten von der Zielfrage »was will ich erreichen?« und der Glaubwürdigkeitsfrage »wo bin ich glaubwürdig?« geht. Denn in der täglichen Arbeit in der Politik oder in Unternehmen ist provokante Show zu wenig. Langfristig wirken Menschen überzeugend, die sich auch mit ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit auseinandersetzen und deren Aussagen auf einer inneren Einstellung und Werthaltung beruhen. Die Zeit der Blender geht dem Ende zu.
Und das sagen Sie gerade nach dieser Wahl?
Ja, weil ich auch überzeugt bin, dass Donald Trump nun andere Töne anschlagen muss oder er wird grandios scheitern, wie das BREXIT-Lager, das öffentlich seine Lügen zugeben musste. Jetzt muss er zeigen, dass er wirklich politische Themen umsetzen kann und dies auch will.
Wie wird sich das »Phänomen Trump« im Bereich Politiktraining in Österreich auswirken?
Ich glaube, dass die politische Rede und das Gespräch mit den Wählern mittelfristig wieder an Bedeutung gewinnen wird. Mit unseren Ängsten spielen, löst kein einziges Problem. Ich denke, Politiktraining und -coaching kann an den Fähigkeiten und Einstellungen arbeiten, um besser zu überzeugen. Komplexe Themenbereiche klar auf den Punkt zu bringen, ohne die wesentlichen Elemente wegzulassen – dies ist eine Kunst und kann trainiert werden. Jedoch: »Wer keine Visionen hat, braucht auch keinen Trainer« und Menschen mit Zukunftsideen für Österreich und Europa sind gefragter denn je. Fachkompetenz, Ideen und Mut sind das Fundament, rhetorische Fähigkeiten das Dach. Ein stabiles und ein schönes Haus braucht beides.