Wie Sie durch den Einsatz von gezielten Humortechniken Ihre Zuhörer zum Zuhören bringen, beschreibt der Humorexperte Roman Szeliga.
Sie stehen als Seminarleiter oder Vortragender vor Ihrer Zuhörergruppe und haben drei Ziele:
- Sie wollen eine Botschaft vermitteln.
- Sie wollen das Interesse Ihrer Zuhörer für diese Botschaft wecken und sie im besten Falle überzeugen.
- Sie wollen mit Ihren Inhalten UND mit Ihrer Persönlichkeit positiv in Erinnerung bleiben.
Das ist nicht einfach, also legen wir los!
In einer Umfrage des US-amerikanischen Meinungsinstituts »Harris Poll« gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie während der Präsentation eines Vortragenden etwas anderes tun als zuzuhören. Am häufigsten genannt wurden: das Versenden einer SMS (28 %), das Lesen von E-Mails (27 %) und ein Schläfchen halten (17 %).
Eine bestens bewährte Methode ist jene, mit der ich mich seit vielen Jahre intensiv beschäftige: Mit gezielt eingesetztem Humor haben Sie gute Chancen, Ihre Teilnehmer, Ihr Publikum nicht nur zu erreichen, sondern auch emotional zu berühren. Von der ersten Minute an!
Denn: Humor spricht positive Emotionen an, die wiederum der Schlüssel zum Verständnis und Gedächtnis sind. Sollen Ihre Zuhörer Ihre Inhalte also verstehen und sich merken, reichen objektive Informationen alleine nicht aus. Ihre Zuhörer also auch auf einer fröhlichen, emotionalen Ebene anzusprechen, ergibt Sinn, Spaß und ist beMERKENswert!
4 Erfolgsfaktoren
Erfolgsfaktor 1: Der richtige Humor für die richtige Zielgruppe: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Humor nicht heißt, dass Sie plakative Witze erzählen sollen. Humor ist wesentlich vielschichtiger! Die schlechte Nachricht: Das Publikum merkt sofort intuitiv, ob Sie eine Humorkultur ehrlich leben, ihn als wichtigen Part ihrer Kommunikation sehen oder ob es nur Mittel zum Zweck ist, wie andere Seminartools und Methoden auch. Die gute Nachricht: Das Publikum merkt sofort intuitiv, ob Sie eine Humorkultur ehrlich leben, ihn als wichtigen Part ihrer Kommunikation sehen oder ob es nur Mittel zum Zweck ist, wie andere Seminartools und Methoden auch.
Wer sind Ihre Zuhörer? Welche Nationalität? Welcher/n Branche/n gehören die Teilnehmer an? Ist es eine homogene oder heterogene Zielgruppe (Altersschnitt, soziale Levels, …), wie ist die Verteilung zwischen Frauen/Männern? In jedem Briefinggespräch stelle ich vorab all diese Fragen. Das gibt mir die Möglichkeit, erstens die richtige Humor-Dosis zu finden, zweitens den besten Humor-Anker zu finden, um damit drittens von Beginn an durch eine Aktion, ein Zitat, oder eine Geschichte eine sympathische Verbindung zu den Teilnehmern herzustellen. Finden Sie den Witz in den Gemeinsamkeiten. Die meisten Leute können tendenziell besonders gut über Dinge lachen, die einen Bezug zu ihrem eigenen Leben haben, etwa ihrem Wertesystem oder ihrer Herkunft.
Nutzen Sie dafür z. B. Situationskomik, Überraschungen, die gekonnte Provokation mit einem Augenzwinkern, Übertreibung in der Körpersprache, oder den humorvollen Umgang mit Missgeschicken, um Ihren Vortrag oder Ihr Seminar mit Humor zu »würzen«. Im Ausland starte ich z. B. immer wieder, in dem ich mich frech und ironisch SELBST über die kleinen, klassischen Unterschiede und bekannten Klischees Österreichs lustig mache. Hier eines meiner Openings in Deutschland: »Wie Sie an meinem Dialekt sofort erkennen können, komme ich aus … Holland.« (1. Pointe) »Nein, natürlich nicht, ich komme aus Österreich, dem Land des zukünftigen Fußballweltmeisters.« (2. Pointe). »… Sie sehen: Der Mann hat Humor! Obwohl – bei der letzten Weltmeisterschaft haben wir kein einziges Spiel verloren … (kurze Pause) Gut, wir waren auch nicht dabei!« (3. Pointe).
Diese Technik beruht darauf, dass ich derjenige bin, der dieses konkrete Feld besetzt und es nicht anderen überlässt. Ich entscheide also: Als Österreicher schmunzel ich gemeinsam mit Euch über die kleinen Rivalitäten, charmanten Unterschiede usw., die wir alle kennen und damit ist dieser konkrete Part aus dem Fokus. Welche Reaktion zeigt das Publikum, wie viele Feedbacks bestätigen? »Der ist humorvoll, der ist sympathisch, der kann über sich (und sein Land) lächeln, dem hör ich jetzt mal zu!« Bingo!
Erfolgsfaktor 2: Der erste Eindruck und Überraschungen: Wirken Sie nervös oder souverän, sympathisch oder griesgrämig? Der Eindruck, den Sie gleich zu Beginn erwecken, ist entscheidend dafür, ob Ihre Zuhörer Ihnen von Anfang an gespannt zuhören werden. Sie gewinnen die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer am besten, indem Sie sie überraschen. Brechen Sie Regeln, setzen Sie auf das Unorthodoxe. Überlegen Sie, was die Zuhörer von Ihnen und Ihrem Thema erwarten und machen Sie dann etwas komplett anderes. Je mehr ich Humor nicht erwarte, desto stärker wirkt er. Wenn ich ins Kabarett gehe, dann erwarte ich mir, dass der Comedian lustig ist. Wenn ein IT-Manager oder ein Hochschulprofessor vorträgt, erwarte ich mir primär »trockenen« Fachcontent. Wenn diese allerdings gleich am Beginn kreativ, humorvoll und überraschend agieren, so wird meine Erwartungshaltung positiv übertroffen.
Eine andere Idee: Starten Sie Ihr Seminar/Ihren Vortrag doch einmal mitten im Publikum. Gehen Sie durch den Raum und stellen Sie kurze, coole Fragen, die noch NICHTS mit Ihrem Thema zu tun haben. »Ist der Sitz hier bequem? Und wie finden Sie Ihren Nachbarn?« Um dann an den Danebensitzenden die Frage zu stellen: »Und Sie, wie finden Sie wiederum den Ihren?« »Worauf freuen Sie sich heute besonders?« usw.
Es geht hier viel mehr um Aufmerksamkeit, Entspannung und Leichtigkeit.
Erfolgsfaktor 3: Interaktion und Improvisation:
Die Aufmerksamkeitsspanne Ihrer Zuhörer lässt schnell nach. Das ist ganz normal. Daher empfehle ich, die fachlichen Inhalte Ihres Seminars/Vortrags regelmäßig durch kreative Interaktionen zu unterbrechen. Glaubt man den Empfehlungen der Wahrnehmungspsychologie, so braucht es in einem Training alle 15 bis 20 Minuten einen »irritierenden Anders-Denk-Impuls« und in einem Vortrag spätestens nach 7 Minuten! Statt einer reinen Wissensvermittlung in Ihrem Seminar können Sie z.B. Ihre Zahlen-Daten-Fakten auch wie eine Quiz-Show präsentieren. Geben Sie auf einer PowerPoint-Folie drei mögliche Antworten vor und lassen das Publikum abstimmen, welche Lösung wohl die richtige ist. Arbeiten Sie mit Buzzern, spielen Sie Showmusik ein usw.
Haben Sie bitte keine Angst, sich phasenweise von Ihrem »seriösen« Wissen und Ihrer Kompetenzpersönlichkeit zu lösen, um gemeinsam mit Ihren Teilnehmern Spaß zu haben, verrückt zu sein, neue schräge Sichtweisen zu eröffnen.
Erfolgsfaktor 4: Üben, Üben, Üben
Seien wir ehrlich: Wir beschäftigen uns bei der Gestaltung von Seminaren und Vorträgen vorranging mit dem Was und viel seltener mit dem Wie. Dabei ist das Wie ausschlaggebend dafür, dass das Was nachhaltig wirkt. Ich sehe im Rahmen meiner Vortragstätigkeit sehr viele Kollegen. Größtenteils hervorragende Experten und interessante Persönlichkeiten. Schade ist es jedoch, dass sich einige davon zwar viel mit dem Inhalt, aber nur wenig bis gar nicht mit der Inszenierung und der Dramaturgie ihres Themas auseinandersetzen.
Wenn Sie also ehrlich überzeugt sind, mit gezielt eingesetzten humorvollen Parts Ihr Thema und den Transfer aufzuwerten, dann empfehle ich folgende Strategie:
Überlegen Sie sich, was Sie persönlich humorvoll und originell finden (Geschichten, Sprüche, Texte …), sprich worüber Sie selbst lachen können.
Werden Sie zum Messie und sammeln und archivieren Sie alles, was zu dieser Humorphilosophie UND zu Ihren Vortrags-/Seminar-Themen passt.
Probieren Sie nun auserwählte Teile an bestimmten Stellen Ihres Seminars/Vortrags aus und nehmen Sie ein Video davon auf. (Am besten auch mal mit einer zweiten Kamera, um die Zuschauerreaktion zu testen!)
Je nach Reaktion optimieren Sie Ihre humorvolle Aktion in Bezug auf Länge, Timing, Positionierung im Programm usw. oder – und das fällt manchmal echt schwer – suchen Sie sich andere Pointen, die wirklich lustig sind!
Und dann üben, fine-tunen, üben, fine-tunen, üben … und Lust am Scheitern haben!