»People & Culture« statt »HR«

Unternehmen sind mehr denn je mit Ungewissheit und Disruption konfrontiert. HR muss sich dieser Veränderung bewusst werden und völlig neue Strategien entwickeln.

Bereits zum 15. Mal fand Mitte April die »PoP – Power of People«, das Jahresforum für die Personalwirtschaft, im Seehotel Rust am Neusiedlersee statt. Rund 200 HR-Experten diskutierten rund um das heurige Motto »Pragmatisch und disruptiv: Wir setzen um!«.
Die Gastgeberin der PoP und Geschäftsführerin von Business Circle, Romy Faisst, sagte zur Begrüßung: »In den kommenden beiden Tagen begeben wir uns gemeinsam auf eine Reise durch die Arbeit zahlreicher Pioniere, Vorreiter, Vor- und Querdenker und öffnen damit Perspektiven einer Learning Journey auf höchstem Niveau und Klarheit.«
Damit hatte sie nicht zu viel versprochen. Inspirierende und unterhaltsame Vorträge, spannende Best-Practice-Beispiele (unter anderem von Google) – und ein Vorstandsvorsitzender musste heikle Fragen »auf dem heißen Stuhl« beantworten. Generell wurden neue Sichtweisen rund um HR in spannenden Präsentationen geboten.
In seinen Begrüßungsworten stellte Markus Tomaschitz (AVL List und Sprecher des PoP-Advisory Board) klar: »HR wird sich in den nächsten 5 Jahren mehr verändern als in den letzten 30 Jahren.«
Bei dieser Veranstaltung gab es wieder viele Neuerungen: So wurde z. B. ein eigener Speaker-Corner eingerichtet, wo die Teilnehmer nach den jeweiligen Keynotes mit den Vortragenden weiter diskutieren konnten. Es gab außerdem zum ersten Mal keine interaktive Großveranstaltung, sondern mehrere kleine, interaktive Sessions, in denen die Teilnehmer selbst praktische Erfahrungen sammeln konnten. Als weitere Neuheit erwähnte Romy Faisst die »PoP PLUS«, ein aktives Element der Community-Arbeit, das über die zwei Tage der PoP hinausreicht, um die dort gesammelten Impulse zu vertiefen.
In allen Pausen der Konferenz konnten die Teilnehmer an einer Eye-Tracking-Studie von StepStone teilnehmen. Dabei konnten die HR-Verantwortlichen ihre eigene Wahrnehmung testen, worauf sie bei einem Bewerbungsschreiben als erstes und am längsten hinschauen.
Die erste Keynote des »Omnisophen« Gunter Dueck war witzig, schräg und provokant und galt als Weckruf für die teilnehmenden HR-Verantwortlichen. »Es ist die Verantwortung der Personalabteilung, die Unternehmen und die Mitarbeiter auf die Digitalisierung vorzubereiten und zu wissen, was auf sie zukommt, statt Angst vor dem Unbekannten zu haben«, betonte Dueck. Und weiter: »Viele Positionen werden in den nächsten Jahren nicht mehr vorhanden sein, HR muss darauf vorbereitet sein.« Statt Motivationssprüche auf Kaffeetassen zu drucken müsse HR jetzt alles tun, um die besten Köpfe zu bekommen und zu halten.
Auf den heißen Stuhl (ebenfalls eine Neuerung bei der PoP) begab sich danach der Vorstandsvorsitzende von RHI Magnesia, einem Konzern mit weltweit 14 000 Mitarbeitern, der Feuerfestprodukte herstellt. Auf die Frage, wie er denn HR in Zukunft sehe, antwortete er gelassen: »Wir müssen den Begriff Human Resources abschaffen. Viel sinnvoller wäre es, die Abteilung ›People & Culture‹ zu nennen. Denn die gesamte Personaladministration wird in naher Zukunft von Robotern übernommen werden. Was wir brauchen, ist jemand, der sich um die Kultur kümmert. HR muss ›raus‹ zu den Mitarbeitern und nicht länger im Büro sitzen.«
Nach der Netzwerkpause wurden die Teilnehmer für den interaktiven Hotspot in mehrere Kleingruppen geteilt. Das übergeordnete Thema für jede Gruppe lautete: »Future Talents für die digitale Zukunft«. In einer der Kleingruppen stellte André Blom (Talents for Talents) ein »Talent Game« vor. Dabei handelt es sich um ein Spielkarten-Set mit Talentkarten, das für all jene Personen geeignet ist, die sich gerne mit ihren eigenen Talenten beschäftigen. Jeder Teilnehmer bekam ein Set geschenkt und konnte es gleich am nächsten Tag im Büro verwenden.

Am ersten Nachmittag konnten die Teilnehmer aus verschiedenen Themen »ihres« wählen. Im »philosophischen Café« sinnierte der Bestsellerautor, Psychiater und Philosoph Michael Lehofer über Klarheit und Wärme als Führungskompetenz. Er sprach über Ziele im Unternehmen und darüber, warum es gar nicht möglich ist, sinnvoll über Ziele zu führen. Besser wäre es, »Rahmenbedingungen zu schaffen, bei denen jeder Mitarbeiter sein Bestes geben kann, denn mehr ist ohnehin nicht möglich.« Und auch Veränderung sei nur dann möglich, wenn sich Mitarbeiter wohlfühlen. Es sei daher die wichtigste Aufgabe von Führungskräften, für positive Stimmung im Unternehmen zu sorgen, der Rest folge ganz automatisch.
Parallel dazu liefen mehrere hochinteressante Präsentationen: 4 Start-ups zeigten ihre HR-Lösungen: TeamEcho, die ein Stimmungsbarometer für Führungskräfte erstellt haben, MyVeeta mit ihrem Talentnetzwerk, die Headhunting-Plattform JobRocker und die Plattform Sheepblue, die bei der Erstellung von Arbeitszeitplänen durch künstliche Intelligenz hilft. Bei der Abstimmung über den besten Pitch und das interessanteste Produkt gewann TeamEcho.

Nach der Podiumsdiskussion, bei der u. a. Hannah Whitney-Steele von Google Deutschland einige Prinzipien für Innovation darstellte (u. a. »Innovation comes from everywhere«, »Fail well!«, »Mitarbeitern Zeit einräumen, um kreativ sein zu können«), sprach die Philosophin Natalie Knapp über Zeiten der Unsicherheit, und warum diese so wertvoll sind. Natalie Knapp: »Sicherheit und Unsicherheit sind wie zwei Pole bei einer Batterie. Fehlt einer, fließt keine Energie mehr.«

Legendär alljährlich die Pop-Party, bei der gut gegessen, viel geplaudert, gefachsimpelt und getanzt wird. Der Abend verging schnell, manche Teilnehmer dehnten ihn daher bis in die frühen Morgenstunden aus.
Am zweiten Konferenztag sprach der HR-Leiter der Erber Group, Heinz Flatnitzer, über die Unternehmenskultur in einem rasant wachsenden Unternehmen. Die Gruppe wächst jährlich um 12 bis 15 % und Flatnitzer weiß, dass die Kultur zu den Unternehmenszielen passen muss.

Christoph Weissenböck von karriere.at hielt danach einen Spitzenworkshop zum Thema »Was HR von Marketing lernen kann«. Kernaussage: »Lernen Sie Ihre Zielgruppe kennen und richten Sie darauf Ihr Employer Branding aus!«

Zum Abschluss berichtete Christoph Schnedlitz (CEO von HiMoment) über die Rolle des »Chief Happiness Officer« im Unternehmen. Glück am Arbeitsplatz besteht nicht aus einem hohem Gehalt und tollen Benefits, sondern entsteht durch gemeinsames, tugendhaftes Schaffen. Dazu muss es einerseits gelingen, den Mitarbeitern zu vermitteln, zu welchem »höheren Zweck« sie ihre Arbeit verrichten und andererseits muss ihnen ein hohes Maß an Selbstmanagement eingeräumt werden.

Fazit
Eine inhaltlich sehr starke Konferenz, die den Teilnehmern unterschiedliche Themen bietet. So kann sich jeder das herausnehmen, was er gerade braucht. TRAiNiNG freut sich schon, gemeinsam mit den meisten Teilnehmern, auf die Konferenz im nächsten Jahr.

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