Schluss mit Nervosität

Warum gibt es schlechte Vorträge? Weil die Vortragenden schlecht sind! Meistens mangelt es an Zeit und Wille, sich gut für eine Präsentation vorzubereiten. Seminare helfen, besser zu werden. In diesem Artikel lesen Sie, wie moderne Präsentationsseminare ablaufen.

»Die Angst, vor Gruppen zu präsentieren, ist bei den meisten Menschen höher, als die Angst vor dem eigenen Tod«, behaupten seit Jahren Experten und Medien. Die Quelle zu dieser Aussage geht zurück auf eine Umfrage im »The Book of Lists« aus dem Jahre 1973. Demnach hätten 41 % der Menschen Angst vor einer öffentlichen Rede und nur 19 % vor dem Tod. Die Interpretation ist in dieser Form natürlich nicht zulässig, die Art der Fragestellung der damaligen Umfrage ist stark umstritten, und demnach ist die Aussage schlichtweg falsch. Es wurde damals eine Liste von Ängsten zum Ankreuzen ausgeteilt (z. B. öffentliche Vorträge, Schlangen, Insekten, Tod etc.) und keinerlei Wertung vorgenommen (ich habe mehr Angst vor x als vor y).
Wovon wir aber ausgehen können, ist der Umstand, dass sich nur ein geringer Anteil an Menschen auf der Bühne wohlfühlt. Diejenigen, die gerne vor Menschen sprechen, sind vor allem diejenigen, die das beruflich machen – Trainer und Speaker. Eine Führungskraft, die regelmäßig vor Kunden/Kollegen/Vorstand etc. präsentieren muss, denkt hier vielleicht anders.
In Präsentationstrainings wird man dahin gehend geschult, sich besser und zielgruppengenau vorzubereiten. Dadurch verliert man an Nervosität und schon allein dadurch wird die Präsentation besser. Ein Vortrag, der eine Stunde lang spannend und interessant bleibt, ist zwar selten, aber wenn es gelingt, die Zuhörer zu begeistern, ist er im Regelfall eine Bereicherung. Es spricht also alles dafür, sich in diesem Metier fortzubilden und zu verbessern, wenn man regelmäßig vor Gruppen präsentiert. Dabei spielt es keine Rolle, ob man vor kleinen oder großen Gruppen spricht. Wenn ein Referent gut vorbereitet ist und eine perfekte Präsentation liefert, gewinnt er. Immer, egal wie groß die Gruppe ist.

Nervosität

Bleiben wir noch bei der Nervosität. Selbst professionelle Redner (Keynote-Speaker) erzählen laufend, dass sie vor einem Auftritt immer eine gewisse Anspannung spüren. Es lässt also scheinbar auch die Profis nicht kalt, vor Hunderten von Menschen zu sprechen.

Birgit Fischer-Sitzwohl (Geschäftsführerin Coverdale) unterscheidet hier jedoch zwischen Lampenfieber und echter Nervosität: »Nervosität hat meist damit zu tun, dass ich mich im Thema nicht fit fühle. Das ist über Training lösbar. Lampenfieber vor einem Auftritt dagegen hat etwas mit gesunder Spannung zu tun, die es zu managen gilt. Auch dafür gibt es einige Übungen, die wir den Leuten beibringen. Es ist vergleichbar mit dem Einsingen oder Einsprechen von Sängern und Schauspielern.«

Zu nervös zu sein ist tatsächlich kontraproduktiv. Wenn Menschen sehen, dass der Vortragender zittert, weiche Knie hat und sich häufig verspricht, wirkt er auf sie inkompetent, auch wenn er ein sehr profundes Wissen hat.

Helga Steiner (Geschäftsführerin bei STEINER Consulting) über die Auswirkungen zu hoher Nervosität: »Ein gewisses Maß an Lampenfieber ist durchaus notwendig, um überzeugend zu präsentieren. Ist jedoch die Nervosität zu hoch, sinkt die Leistungskurve rapide ab. Eine Tatsache ist, dass das Publikum nur ca. 25 % der Nervosität wahrnehmen kann. Eine gute Vorbereitung ist – wie so oft – die Basis. Ein Vortragender sollte nur Inhalte ansprechen, die er selbst versteht und hinter denen er auch persönlich steht.«

Was können Trainings konkret dazu beitragen, die Anspannung vor Vorträgen oder Präsentationen zu reduzieren?

Martin Frohn (Geschäftsführer AVL Institut): »Trainer können vieles tun, um die Nervosität der Teilnehmer zu verringern. Mit dem Motto ›Im Seminar kann nix passieren, außer dass wir lernen und uns entwickeln‹ und ›Machen wir alle möglichen Fehler jetzt und nicht später‹ geben wir den Teilnehmern das Gefühl, sich auf das Training einlassen zu können und dass Fehler zu machen kein Problem darstellt. Kleine, schnelle Präsentationsübungen helfen, die Nervosität beim Sprechen vor Gruppen abzulegen und die Präsentationssituation wird von Mal zu Mal vertrauter und verliert an Drama. Und das beste Mittel gegen die Nervosität sind die 3 Vs: Vorbereitung, Vorbereitung, Vorbereitung. Gute Vorbereitung und ein Probedurchgang mit einem Kollegen geben Sicherheit.«

Schien Ninan (Creative Director und Gesellschafter von HPS Training): »In einem guten Training erleben Teilnehmer, dass sie mit den richtigen Energieventilen ihre Nervosität abbauen können und in souveräne Wirkung übertragen. Der Schlüssel hierfür liegt einerseits im Know-how der Ventile, anderseits vor allem im Üben. Idealerweise tritt der Teilnehmer dazu 10-mal mit Videokontrolle auf.«

Gruppengröße im Seminar

Die meisten Experten und Präsentationstrainer sind sich über die Gruppengröße im Seminar einig. Zwischen 8 und maximal 10 Personen ist sinnvoll. So kommt jeder relativ häufig beim Üben dran, und es ist nicht zu langweilig für die gerade nicht präsentierenden Teilnehmer. Und der große Vorteil dabei ist, dass man verschiedene Präsentationsstile kennenlernt und so besser seinen eigenen Stil findet.

Birgit Fischer-Sitzwohl: »Wir versuchen, unsere Präsentationstrainings in kleinen Gruppen durchzuführen, um möglichst oft dranzukommen (ca. 9 Personen ist ideal) – vor allem, wenn es darum geht, die eigene Performance in Präsentationen zu üben. Wir arbeiten immer mit einem Trainer und nutzen die Gruppe als Feedbackgeber. Wenn es darum geht, zu lernen, wie man gute Präsentationen baut, kann die Gruppengröße bei rund 10 – 12 Personen liegen.«

Schien Ninan: »Entscheidend sind die Übungs- und Betreuungsintensität für die Teilnehmer. Für ein typisches Training ist meine Empfehlung daher 2 Trainer für 6 bis 10 Teilnehmer. Nur dann ist gewährleistet, dass Teilnehmer und nicht der Trainer intensiv trainieren.«

Ablauf im Seminar

Ein typisches Präsentationsseminar gibt es nicht. Die unterschiedlichen Anbieter am Markt haben verschiedene Settings geschaffen. Daher raten wir dazu, sich intensiv mit dem Aufbau des Trainings auseinanderzusetzen, bevor ein Seminar gebucht wird. Der eine setzt ausschließlich auf Videofeedback und lässt die Teilnehmer immer vor der Kamera präsentieren, der andere ausschließlich vor der Gruppe. Bei dem einen Training kommen Sie dreimal dran, um zu präsentieren, beim nächsten 20-mal. Das ist schlichtweg Geschmackssache. Doch eines ist ziemlich klar: Je öfter im Seminar präsentiert wird, umso höher der Lerneffekt für die Praxis. Ob jemand vor der Videokamera nervös wird oder nicht, sinnvoll ist der Einsatz allemal. Denn nichts ist Augen öffnender, als sich selbst als Vortragender zu sehen, und dann die Präsentation mit dem Trainer zu besprechen.

Helga Steiner: »Bei unseren Präsentationsseminaren geht es vor allem um Praxis, Praxis, Praxis. Wissensinputs in einer intensiven Workshop-Atmosphäre und Fallstudien & Übungsbeispiele helfen, konkrete Situationen aufzuarbeiten. Durch Mikro-Präsentationen inklusive Videoanalyse werden Stolpersteine aufgezeigt und individuellen Lösungen, die direkt in der Praxis umgesetzt werden können, erarbeitet. Checklisten, Werkzeuge und Instrumente unterstützen das Lernen und aktive, kurze Pausen lockern auf und fördern die Konzentration. Handouts, begleitende Literatur und eine Seminarnachbereitung ergänzen das Gelernte.«

Präsentationstraining ist nicht gleich Präsentationstraining. Je nach Thema könnten unterschiedliche Schwerpunkte im Vordergrund stehen. Interessierte sollten daher im Vorfeld genau darüber nachdenken, was sie tatsächlich lernen wollen. Storytelling, Foliengestaltung, freies Sprechen etc. sind mögliche Themen.

Schien Ninan: »Es gibt bei uns nicht nur ein Training für Präsentationen. Das Thema Präsentation ist sehr breit gefächert, von der Präsentation vor der großen Gruppe, der kleinen Gruppe, Präsentationen mit oder ohne PowerPoint, aber auch Themen wie Kampfrhetorik und modernes Storytelling. Grundsätzlich gilt immer: Die Teilnehmer und nicht der Trainer üben. Alle Inhalte, die vermittelt werden, werden von den Teilnehmern intensiv geübt und durch zwei Trainer bekommen sie Feedback.«

Wie nun die Dramaturgie eines Seminars ganz konkret aussehen könnte, beschreibt Martin Frohn: »Präsentationstrainings werden bei uns stufenweise aufgebaut. Das heißt, dass die Teilnehmer mit kurzen Präsentationsübungen beginnen und sich dann Schritt für Schritt bis hin zur langen Präsentation entwickeln. Dabei werden einzelne, später zu verwendende Bausteine der Präsentation herausgegriffen, wie eine Analogie oder das ›Storytelling‹ zum Beginn einer Präsentation. Oder auch ein Visualisierungsbeispiel. Oder die Kernargumentation für das vorzustellende Produkt. Diese Elemente setzen sich dann zur ganzen Präsentation zusammen, wobei die Teilnehmer eben diese unterschiedlichen Teilbereiche schon einmal präsentiert haben und sich somit sicherer sein können. In Ergänzung wird ein strukturierter Ablaufplan für eine Präsentation den Teilnehmern an die Hand gegeben, den sie dann je nach Präsentationsanlass individuell ›füllen‹ können. Vorzugsweise wird an Präsentationen geübt, die im Berufsalltag häufig angewendet werden. Somit gewöhnen sich die Teilnehmer an das Präsentieren und legen gleichzeitig ihre Nervosität ab. Und haben erprobte Lösungen für den Alltag. Die Kamera ist auch immer dabei. Im Zuge eines 3-tägigen Trainings werden die Teilnehmer bis zu fünfmal aufgenommen und erleben dabei beim Videostudium unmittelbar ihre persönliche Entwicklung und Verbesserung.«

Moderne Präsentationen

Noch vor ca. 20 Jahren gab es DEN richtigen Stil von Präsentationen. In jedem Seminar wurden die gleichen Methoden (Stichwort z. B. Touch/Turn/Talk) durchgemacht, und jeder hat nach einem Seminar mehr oder weniger gleich präsentiert. Jeder hatte Overhead- bzw. PowerPoint-Folien und ist diese mehr oder weniger professionell durchgegangen.

Von dieser Meinung sind Experten längst abgekommen. Es gilt heutzutage, den persönlichen Stil zu finden und zu perfektionieren.
Welche Punkte sind es heutzutage, die eine gute Präsentation auszeichnen?
Martin Frohn: »Folgende Fragen sollten Sie sich unbedingt vor jeder Präsentation beantworten: Wer sitzt vor Ihnen? Was sollen sie nach Ihrer Präsentation wissen? Wie können Sie Ihre Botschaft am besten verankern? Außerdem wichtig: Die Magie eines merkwürdigen Starts, der in Erinnerung bleibt sowie ein kraftvolles, eindrucksstarkes Ende dürfen bei keiner Präsentation fehlen.«

Auch bei Folien sind sich die meisten einig: Weniger ist mehr. Die Folien (bzw. die Visualisierungen) müssen dem Publikum einen Mehrwert liefern und nicht dem Vortragenden. Denn häufig werden sie einfach nur abgelesen und dienen dem Referenten als Gedächtnishilfe der Inhalte. Einfallsreiche Bilder, die für sich sprechen und im richtigen Zeitpunkt eingespielt werden, können das Publikum überraschen und so für die nötige Spannung und den Erinnerungswert sorgen. Folienschlachten mit bis zu 100 Folien pro Vortrag gehören in der freien Wirtschaft der Vergangenheit an und werden zum Glück auch bei den Vorlesungen an den Unis schon weniger.

Birgit Fischer-Sitzwohl gibt wertvolle Tipps aus ihrer Erfahrung:

  • Die Story ist der Schlüssel.
  • Die Visualisierung ist nur die Unterstützung und darf nicht ablenken und sollte so wenige Worte wie möglich beinhalten.
  • Die Präsentation muss eine Struktur haben, die einen Mehrwert für die Teilnehmer schafft.
  • Nach einer Präsentation muss ich als Zuhörer wissen, was ich als nächsten Schritt setze.

Helga Steiner ergänzt mit weiteren Hinweisen zur gelungenen Präsentation: »Jede Person muss ihren eigenen Weg gehen, um authentisch zu sein. Kurz zusammengefasst helfen folgende Tipps:

  • Aufbau eines Spannungsbogens (Augenkontakt, Eisbrecher, Visualisierung etc.)
  • Präsentationen auf Zielgruppen abstimmen (gleiche Sprache sprechen, Kleidung etc.)
  • Klar und verständlich ausdrücken (vor allem kein ›Fachchinesisch‹ verwenden)
  • Authentisch sein (Natürlichkeit, Ehrlichkeit, Charisma, Identität etc.)
  • Vorbereitung: Klare Struktur der Inhalte, Erlebnis schaffen und klare Ziele definieren

Voll im Trend ist auch das Storytelling. Hier geht es vor allem darum, mit spannenden Geschichten zu punkten.
Schien Ninan: »Das Problem dabei: Wenn Story­telling zu simpel gemacht wird, ist es für den Businesseinsatz nicht geeignet, man kann hier auch schnell an Glaubwürdigkeit einbüßen. Daher sollten moderne Storytelling-Techniken unbedingt auf den Einsatz im Business adaptiert werden. Hilfreich sind hier zum Beispiel Storyboard-Vorlagen, die den raschen Einsatz in der Praxis ermöglichen.«

Fazit
An und für sich ist es einfach: Das Publikum bei einer perfekten Präsentation schaut zu einem Vortragenden auf, schätzt ihn als kompetent und hat Respekt vor ihm. Ein schlechter Redner wird jedoch schnell als inkompetent angesehen (egal ob er es ist oder nicht).
Präsentationsfähigkeiten schlagen im äußeren Eindruck Fachkompetenz.
Es zahlt sich daher in jedem Fall aus, Zeit und Geld in ein gutes Präsentationsseminar zu investieren. Sehen Sie sich den Anbieter, den Trainer genau an, vergleichen Sie die Inhalte mit Ihren Erwartungen und sprechen Sie mit ehemaligen Teilnehmern, um für Sie selbst oder für Ihre Mitarbeiter das beste Seminar auszuwählen.

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