Geheimnisschutz im Dienstverhältnis

Worauf Arbeitgeber im Zuge der neuen »Know-how-Richtlinie« zu Geschäfts­geheimnissen achten müssen, beschreibt Arbeitsrechtsexpertin Birgit Vogt-Majarek.

Mit mehr als einem halben Jahr Verspätung wurde am 28. Dezember 2018 die sogenannte »Know-how Richtlinie« (RL 2016/943/EU) in Österreich durch eine Novelle zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt. Die Novelle sieht nicht nur erstmals eine einheitliche Definition des Begriffs »Geschäftsgeheimnis«, Sanktionen bei deren Verletzung sowie die Wahrung von deren Vertraulichkeit im Rahmen von Gerichtsverfahren vor, sondern nimmt auch Arbeitgeber verstärkt in die Pflicht.

Das »Geschäftsgeheimnis«

Während nach der alten Rechtslage die Gerichte im Einzelfall zu entscheiden hatten, ob ein Geschäftsgeheimnis vorlag oder nicht, sieht das Gesetz nunmehr eine Legaldefinition des Begriffs vor. Demzufolge gilt als »Geschäftsgeheimnis« eine Information, die
geheim, also nicht allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist,
von wirtschaftlichem Wert ist, weil sie geheim ist und
Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen ist.

Diese, sich an Art. 2 der »Know-how-Richtlinie« orientierende, Definition – so begrüßenswert sie grundsätzlich ist – kann in der Praxis jedoch zu weitreichenden Problemen führen: Um den Geheimnisschutz künftig in Anspruch nehmen zu können, müssen nämlich alle drei genannten Voraussetzungen erfüllt sein, wobei der Nachweis des wirtschaftlichen Werts des Geheimnisses und die konkret getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen für Unternehmen von besonderer Bedeutung sein werden. Gelingt ein solcher Nachweis nicht, unterliegt das Geheimnis nämlich keinem Schutz als Geschäftsgeheimnis mehr.

Während der Nachweis des wirtschaftlichen Werts in der Praxis relativ leicht durch die aufgewendeten Kosten für die Beschaffung oder Entwicklung, oder den Wert der Vermeidung von Nachteilen aufgrund der Nicht-Offenlegung (z. B. Schadenersatz) zu erbringen sein wird, ist der Nachweis angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen verhältnismäßig schwierig zu erbringen.

Geheimhaltungsmaßnahmen

Wie erwähnt, fallen nur diejenigen Informationen, für die auch den Umständen entsprechende Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen werden, unter den Schutz für Geschäftsgeheimnisse. Welche Maßnahmen »den Umständen entsprechend angemessen« bzw. für einen effektiven Schutz am besten geeignet sind, hängt von der Branche und Größe des Unternehmens sowie der Art und individuellen Nutzung des Geschäftsgeheimnisses ab. Auch inwieweit dafür aktive Vorkehrungen erforderlich sind, oder ob sich die Geheimhaltungsmaßnahmen (auch) passiv aus den jeweiligen Umständen ergeben können, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Um einen umfangreichen Schutz von Geheimnissen zu gewährleisten und möglichen Argumenten, die Sicherungsmaßnahmen seien unzureichend gewesen, vorzubeugen, empfiehlt sich die Anwendung einer Kombination unterschiedlicher Geheimhaltungsmaßnahmen. Da­-
bei ist zwischen vertraglichen, organisatorischen und technischen Geheimhaltungsmaßnahmen zu unterscheiden. Die Erläuterungen zur UWG-Novelle 2018 erwähnen beispielhaft folgendeGeheimhaltungsmaßnahmen:

  • Erfassung der für das Unternehmen maßgeblichen Geschäftsgeheimnisse z. B. in einer gesonderten Liste o. ä.
  • Ermittlung der Geheimnisträger beim jeweiligen Arbeitgeber
  • Weitergabe der Geschäftsgeheimnisse nur an ausgewählte vertrauenswürdige Personen (»need to know«-Prinzip)
  • Bestehen einer »Unternehmenspolitik betreffend Geschäftsgeheimnisse und ihre nachvollziehbare Dokumentation«
  • IT-Sicherheitsmaßnahmen
  • Mitarbeitergespräche in puncto Wahrung von Geschäftsgeheimnissen
  • geübte Praxis

Auswirkung auf den Geheimnisschutz im Dienstverhältnis

Diverse arbeitsrechtliche Vorschriften verpflichteten die Arbeitnehmer bereits vor der UWG-Novelle 2018 zur Wahrung von ihnen dienstlich zugegangenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, zu denen Außenstehende keinen oder nur sehr erschwerten Zugang hatten, und an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein besonderes betriebliches oder geschäftliches Interesse hatte. Die Eigenschaft der Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis musste dem Arbeitnehmer allerdings erkennbar sein. Die Verschwiegenheitspflicht, d. h. die Pflicht zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, bildete somit schon vor Inkrafttreten der UWG-Novelle 2018 einen zentralen Kern der dienstlichen Treuepflicht, woran sich auch durch die UWG-Novelle 2018 grundsätzlich nichts änderte.
Während es vor der UWG-Novelle 2018 während eines aufrechten Dienstverhältnisses jedoch keiner besonderen vertraglichen Regelungen zur Absicherung der Verschwiegenheit bedurfte, weil sich die entsprechende Verpflichtung des Arbeitnehmers bereits aus der umfassenden Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber ergab, könnte das Fehlen einer entsprechenden vertraglichen Regelung zum Geheimnisschutz während des aufrechten Dienstverhältnisses künftig dazu führen, dass Geschäftsgeheimnisse ihren besonderen Schutz verlieren, wenn und weil für diese keine den Umständen entsprechende angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen werden.

Maßnahmen

Geheimhaltungsklauseln oder Verschwiegenheitsvereinbarungen bilden bereits bisher regelmäßig einen Bestandteil von Dienstverträgen; künftig wird jedoch von Arbeitgebern darauf zu achten sein, dass mit allen neu eintretenden Arbeitnehmern, die Zugang zu Geschäftsgeheimnissen haben oder haben könnten, wirksame Vertraulichkeitsvereinbarungen abgeschlossen werden. Diese sollten jedenfalls – wie dies in vielen Beendigungsvereinbarungen auch jetzt schon üblich ist – auch ein Verbot vorsehen, Informationen bzw. Unterlagen des Arbeitgebers zu vervielfältigen, zurückzubehalten oder weiterzugeben.
Auch mit dem Mitarbeiterbestand sollten jedoch (soweit nicht bereits vorhanden) der UWG-Novelle 2018 entsprechende Verschwiegenheitsvereinbarungen bzw. Geheimhaltungsklauseln abgeschlossen werden. Dafür wird es notwendig sein, bereits vorhandene Geschäftsgeheimnisse zu erfassen und bestehende »Geheimnisträger« zu ermitteln. Da die genaue Ermittlung bestehender Geschäftsgeheimnisse – aufgrund der Vielzahl potenzieller Geschäftsgeheimnisse – in der Praxis zu Problemen führen kann, ist durchaus empfehlenswert, mit jedem Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob dieser tatsächlich Zugang zu Geschäftsgeheimnissen hat oder nicht, eine entsprechende Verschwiegenheitsvereinbarung abzuschließen. Je nach »Bedeutung« der Geschäftsgeheimnisse, die dem Geheimnisträger bekannt sein könnten, können zusätzlich Konventionalstrafen vorgesehen werden, um die Erfassung von und die Zuordnung der Arbeitnehmer in unterschiedliche Geheimhaltungsstufen nachzuweisen, wie dies die UWG-Novelle 2018 indirekt fordert. Empfehlenswert für alle Mitarbeiter sind jedenfalls interne Schulungen, um die »Aufmerksamkeit« in puncto Geheimnisschutz zu stärken. Auch diese Maßnahme sollte entsprechend dokumentiert werden, um im Streitfall den Nachweis eines angemessenen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen leichter erbringen zu können.
Abschließend sollte – obwohl dies schon vor Inkrafttreten der UWG-Novelle 2018 gängige Praxis war   – mit den Arbeitnehmern jedenfalls vereinbart werden, auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses die Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers – zeitlich unbefristet – zu wahren. Auf diesen Umstand sollten Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Unternehmen erneut explizit hingewiesen werden.

Fazit
Durch Inkrafttreten der UWG-Novelle 2018 hat sich die Handhabung des Geheimnisschutzes im Rahmen des Dienstverhältnisses zwar nicht grundlegend geändert, sich diese jedoch deutlich erschwert. Aufgrund der UWG-Novelle 2018 wird künftig (auch) verstärkt Augenmerk auf die Dokumentation von Geschäftsgeheimnissen, deren Beschränkung auf einen kleinen Kreis von Geheimnisträgern und die routinemäßige Verwendung von Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsklauseln in Dienstverträgen sowie auf den Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen zu legen sein. Der damit verbundene administrative Aufwand für Unternehmen ist dabei nicht zu unterschätzen und ein entsprechend standardisiertes Prozedere bzw. der Einsatz von entsprechenden Tem­plates zu empfehlen.

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Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
birgit.vogt@sms.law
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