Facebook? Xing? Wie erreicht man die junge Generation? Welche Erwartungen stellen sie an den Arbeitgeber? Und wollen sie überhaupt noch arbeiten?
Wie viele Branchen unterliegt auch die Personalberatung grundlegenden Änderungen, sowohl in den technologischen Möglichkeiten der Personalsuche als auch im Suchverhalten potenzieller Kandidaten am Arbeitsmarkt. TRAiNiNG hat sich über die Änderungen und vor allem über die Wünsche und Anforderungen der jungen Generation mit Martin Röhsner unterhalten.
Was sind die momentanen Herausforderungen für die Personalsuche?
Durch die verlängerten Lebensarbeitszeiten sind heute vier völlig unterschiedliche Generationen parallel am Arbeitsmarkt tätig. Interessant ist dies deshalb, weil diese Generationen den technologischen Wandel unterschiedlich erlebt haben. Wenn wir heute von Digitalisierung und den Folgen für den Arbeitsmarkt sprechen, müssen wir auch diesem Umstand Rechnung tragen. Hier geht es nicht mehr nur ausschließlich um Skills, sondern auch um Wertvorstellungen, Ansprüche an einen zukünftigen Arbeitgeber und um das Image des Unternehmens. Im Recruiting sind wir daher gefordert, sämtliche Zielgruppen anzusprechen und zu erreichen. Es geht eben nicht um ein Auseinanderdividieren der Altersgruppen und auch nicht um Einsparungen bei den Personalkosten. Mag schon sein, dass dies manchmal auch als Beweggrund mitschwingt und Klischees bedient werden. Aber wenn gewisse Parameter nicht erfüllt sind, reicht der monetäre Aspekt nicht mehr aus. Das Gesamtpaket muss stimmen! Hier lassen sich grundlegende Unterschiede in den Generationen feststellen.
In der Personalsuche geht es vorrangig darum, wie ich mich als Arbeitgeber am Arbeitsmarkt präsentiere und wie ich die besten Arbeitskräfte für mein Unternehmen bekomme. Betrachten wir nun die geänderten Wertvorstellungen und Ansprüche, so ergeben sich zwangsläufig Problemstellungen im Recruiting. Wo und vor allem wie erreiche ich meine gewünschte Zielgruppe? Das ist eine der größten Herausforderungen für das HR und die Personalberatungen. Verschärft tritt dies immer in Zeiten wirtschaftlicher Hochkonjunktur auf, wodurch es traditionell zu einer guten Wettbewerbssituation für veränderungswillige Arbeitskräfte kommt. Geeignete Suchstrategien sind wesentlich, um auch Personen zu erreichen, die bis dato gar nicht an einen Wechsel gedacht haben.
Sie haben als CATRO viel Erfahrung mit jungen Talenten. Wie tickt diese Generation?
Wir sprechen hier von den Young Professionals (YP), die selbstbewusst am Markt auftreten und zum größten Teil konkrete Vorstellungen von ihrem zukünftigen Arbeitsplatz haben. Wurde in den letzten Jahren von der Work-Life-Balance gesprochen, so stimmt dies in der ursprünglichen Form heute nicht mehr. Arbeit muss vor allem Sinn ergeben und die YP wollen stolz auf ihr Unternehmen sein. Dazu gehören dann auch Themen wie CSR oder Umweltbewusstsein im Unternehmen. Jobangebote werden stark nach diesen Werten hinterfragt. Den größten Wert stellt die Möglichkeit nach flexiblen und selbstbestimmten Arbeiten dar. YP sind gerne bereit, auch viel zu arbeiten, wenn sie genügend Freiraum in der Arbeit bekommen. Es geht nicht um 9-to-5-Jobs im herkömmlichen Sinn, sondern um das Erbringen der Performance. Der Output ist entscheidend und nicht die Arbeitszeit.
Die Young Professionals sind mit der Digitalisierung aufgewachsen bzw. in jungen Jahren damit bereits konfrontiert worden. Sie gehen mit einer anderen Selbstverständlichkeit an die Digitalisierung heran. Die größte Herausforderung im Recruiting liegt nun darin, die jeweiligen High Potentials der einzelnen Generationen gezielt anzusprechen und die Suchstrategien darauf abzustimmen. Soziale Netzwerke spielen hier eine immer stärkere Rolle und werden noch weiter an Bedeutung zulegen. Vielleicht ist für viele Facebook, Xing oder andere Plattformen nicht der einzige Suchkanal, aber sie sind mit Sicherheit jene Kanäle, die für Backgroundrecherchen herangezogen werden. Young Professionals recherchieren Informationen generell primär im Netz.
Welche konkreten Tipps zur Suchstrategie können Sie Recruitern mitgeben?
Wichtig ist es, zu hinterfragen, inwieweit das eigene Unternehmensimage nach außen den Wertvorstellungen der angesprochenen Zielgruppe entspricht. Trifft es die Erwartungshaltung potenzieller Kandidaten? Wie gestaltet sich der Auftritt im Netz? Die schlichte Transformation von früheren Hochglanzbroschüren in die Online-Welt ist zu wenig. Die meisten Websites werden heutzutage von unterwegs aufgerufen. Das heißt ein rascher Seitenaufbau mit klaren übersichtlichen Strukturen ist ein absolutes Muss. Die Entscheidung auf einer Seite zu bleiben wird innerhalb Sekunden getroffen. Die meisten Untersuchungen sprechen dabei von maximal sieben Sekunden. Daher stellt sich die Frage, wie lange ein Kandidat benötigt, um die für ihn relevanten Informationen auf der Website zu bekommen.
Der Auftritt in den sozialen Netzwerken sollte einerseits authentisch sein und andererseits ebenfalls der Zielgruppe entsprechen. Sollte dies vordergründig einen Widerspruch darstellen, ist dringend eine Überarbeitung der Strategie anzuraten. Die gute Nachricht ist dabei, dass Unternehmen – und hier auch kleinere Unternehmen – mit einem gezielten Auftritt im Netz großartige Erfolge feiern können. Die Kehrseite dieser Entwicklung liegt auf der Hand und spiegelt sich in sinkenden Imagefaktoren und Bewerbungen wider.
Was wollen Young Professionals? Benefits? Gehalt? Traineeprogramme?
Young Professionals suchen Herausforderungen und vermehrt den Sinn in der Arbeit. Gleichzeitig haben sie vielfach einen sehr pragmatischen Zugang zur Arbeitswelt. Materielle Vergütungen stellen nicht mehr den absolut ausschlaggebenden Faktor dar. Sie hinterfragen Entwicklungsmöglichkeiten für die eigene Persönlichkeit und überprüfen die gesellschaftspolitische Verantwortung des Unternehmens. Da wir heutzutage von kürzeren Verweilzyklen am jeweiligen Arbeitsplatz ausgehen, planen YP in aller Regel keine Karriereleiter in einem Unternehmen. Eines Tages werden sie weiterziehen. Dieser Zeitpunkt hängt stark von den oben genannten Faktoren ab. Viele haben von ihren Eltern Auswirkungen von »Arbeiten rund um die Uhr« auf Familie und Freundeskreis erlebt. Das dient vielen als Abschreckung. Aber es darf keinesfalls der Fehler gemacht werden, den YP im Umkehrschluss Trägheit oder keine Lust am Arbeiten zu attestieren. Das ist aus meiner Sicht einer der Hauptgründe von Verständnisproblemen zwischen Generationen. Junge Mitarbeiter definieren Arbeit schlichtweg anders. Sie wollen frei entscheiden, wann und wo sie arbeiten. Das heißt aber keineswegs, dass sie ziellos durchs Leben gehen oder den Leistungsgedanken ablehnen. Ganz im Gegenteil artikulieren sie stärker als frühere Generationen ihre Bedürfnisse und Ansprüche. Sie sind bereit, diesen steten Wandel im Zuge der Digitalisierung mitzutragen und mitzugestalten und haben keine Angst davor. Das zeigt sich auch bei der hohen Anzahl an Jungunternehmen: Noch nie gab es eine derartige Fülle an innovativen Start-ups mit engagierten Mitarbeitern. Sicherheitsdenken ist bei Weitem nicht mehr so ausgeprägt wie in früheren Zeiten. Verstehen wir im Recruiting diesen Wertewandel und diesen geänderten Blick auf die Arbeitswelt, finden wir den Zugang zu den jungen High Potentials.