Was braucht es, um im Ausland beruflich erfolgreich zu sein?
Sind Vorbereitung und Training wichtiger oder das Auswählen der richtigen Personen? Welche Bedeutung hat die Sprache des Gastlandes?
Es ist zu einem überwiegenden Teil nicht die fachliche Qualifikation, die über den Erfolg oder Misserfolg von Expatriates entscheidet. Sabine Weiss (Berlitz Austria, Leiterin des Standortes Graz) sieht »3 Schlüsselbereiche, die für erfolgreiche Auftritte im Ausland entscheidend sind: Kommunikation, Kulturverständnis und Leadership-Skills.«
Interkulturelle Kompetenz
und interkulturelles Wissen
Dabei geht es sowohl um Faktoren, die leicht trainier- und erlernbar sind als auch um solche, die in der Persönlichkeit des Einzelnen liegen und daher nicht oder nur sehr mühsam zu ändern sind. Christian Fuchs (Geschäftsführer CEF) definiert interkulturelle Kompetenz so: »Es müssen die Akzeptanz und Bereitschaft vorhanden sein, mit den Augen des Anderen zu sehen, mit dem Herz des Anderen zu fühlen, mit dem Kopf des Anderen zu denken und mit der Sprache des Anderen zu sprechen.«
Das ist größtenteils eine Einstellungssache. Darüber hinaus benötigt man auch spezifisches Wissen. Walter Grubanovitz (Geschäftsführer von mind & more) beschreibt das so: »Es braucht interkulturelles Wissen, denn damit ist eine gewisse Sensibilität für das Land und seine Kultur gekoppelt sowie das richtige Know-how, um erfolgreich im Ausland agieren und arbeiten zu können. Es ist auch ganz wichtig, sich seiner eigenen kulturellen Prägung bewusst zu sein, um die Mentalität im Gastland zu erfassen.« Die Geschäftsführerin von biz.talk Language Consulting Gabriele Frömel nennt Beispiele für Persönlichkeitsmerkmale (»Flexibilität und Einfühlungsvermögen in andere Kulturen, Menschen und deren Denk- und Arbeitsweise«) und für länderspezifisches Wissen: »Es ist hilfreich, sich mit den interkulturellen Unterschieden zum Land und zur Kultur zu beschäftigen. Welcher Führungsstil ist vorherrschend? Gibt es bestimmte Machtstrukturen zu berücksichtigen, benötigt man Empfehlungen, um Geschäftskontakte zu knüpfen, welche Rolle spielt der Faktor Zeit etc.«
Es geht also um Wissen und Kompetenzen, Karin Schreiner (Inhaberin Intercultural Know How – Training & Consulting) beschreibt die Zusammenhänge: »Erfolg hängt grundsätzlich von den Kompetenzen und der Persönlichkeitsstruktur der jeweiligen Person ab, wie Kenntnisse und Wissen auf der Handlungsebene umgesetzt werden.« Zum Wissen gehören laut Karin Schreiner »Landeskenntnisse wie Geschichte, Wirtschaft und Politik und Kenntnisse über die Kultur und kulturelle Erscheinungsformen. Meiner Meinung nach ist es wichtig zu wissen, welche Wertehaltungen im Vordergrund stehen, die generell das Geschäftsleben bestimmen.«
Die Person des Expatriates
Neben Einstellung, Akzeptanz und Bereitschaft spielen laut Sabine Weiss auch Flexibilität, Neugierde und Offenheit für Neues eine entscheidende Rolle. Die Flexibilität hängt aber z. B. auch von der Familiensituation ab, man denke nur an Kinder im schulpflichtigen Alter oder die berufliche Situation des Partners. Wenn sich die Familie des Expatriates nicht wohlfühlt, wird sich auch der Expatriate auf Dauer nicht wohlfühlen. Sabine Weiss: »Oftmals scheitern Auslandsentsendungen, weil die Partner und Kinder extrem unglücklich sind. Sie müssen den Alltag im neuen Land sprachlich und kulturell von morgens bis abends meistern, während der eigentlich ›Entsandte‹ in einem meist bekannten beruflichen Umfeld in englischer Sprache kaum mit den Alltagsproblemen konfrontiert wird.« Das sieht auch Christian Fuchs so: »Wenn die Familie mitreist, bitte danach trachten, dass sich diese wohl fühlt. Wenn die Familie im neuen Land nicht ankommt, ist dies der Anfang vom Ende!« Im Idealfall wird also die Familie in die Vorbereitung miteinbezogen.
Vorbereitung
Karin Schreiner hält die Vorbereitung für einen entscheidenden Erfolgsfaktor: »Ich denke, eine gute und profunde Vorbereitung auf den Zielort ist sehr wichtig. Je konkreter und vielfältiger das Vorwissen ist, desto eher kann man sich auf das Neue, mit dem man konfrontiert sein wird, einstellen. «
Wie kann man sich nun darauf vorbereiten? Karin Schreiner: »Trainings und Seminare können konkrete Inputs geben, die helfen, gerade im kulturellen Bereich komplexe Zusammenhänge zu sehen und Perspektiven zu erweitern sowie sich weiter zu informieren und tieferes Wissen aufzubauen. Die Vorbereitung erfolgt natürlich immer auf freiwilliger Basis in interkulturellen Trainings oder Coachings. Kultursensibilisierungs-Trainings oder kulturspezifische Trainings bereiten auf die Besonderheiten in einer Kultur vor, aber nicht nur in kultureller Hinsicht, auch gegenwärtige Entwicklungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik werden ausführlich behandelt. Denn Kulturen sind nicht statisch, sie verändern sich permanent. Ein Training sollte deshalb den neuesten Entwicklungen und Trends im Zielland Rechnung tragen.«
Gabriele Frömel rät dazu, in der Vorbereitung »so viele Informationen wie möglich zu sammeln, sich von interkulturellen Coaches auf die jeweilige Kultur vorbereiten zu lassen und sich mit Kollegen auszutauschen, die aus diesem Land kommen oder die bereits in diesem Land gelebt haben.«
Walter Grubanovitz sagt über die Vorbereitung: »Von großer Bedeutung sind fundierte Sprachkenntnisse und die Einführung in die Mentalität des Gastlandes; beides sind optimale Voraussetzungen für einen guten Kommunikationsverlauf. Ein Einblick in landestypische Verhaltensmuster und landeskundliche Informationen ist natürlich auch von Vorteil für einen erfolgsversprechenden, kommunikativen Aufenthalt. Die Vorbereitung ist auch abhängig davon, in welchem Arbeitsumfeld man sich bewegt – brauche ich die neue Sprache nur im Business-Kontext oder auch im Alltag?«
Sprache
Die Sprache des Gastlandes gehört zweifelsohne zu den hervorragend trainierbaren Faktoren. Aber ist das Erlernen überhaupt notwendig – vor allem, wenn die Arbeitssprache eine andere, z. B. Englisch, ist? Die kurze Antwort darauf ist: ja, aus mehreren Gründen.
Gabriele Frömel erklärt: »Einerseits ist es wichtig, über einfache Grundkenntnisse der Landessprache zu verfügen, um zu zeigen, dass man sich für die Kultur und das Land interessiert. Zum Aufbau einer guten Beziehungsebene öffnet eine Begrüßung in der Landessprache schon das Herz vieler Menschen (vielleicht sogar gepaart mit speziellen Begrüßungsritualen – je nach Kultur). Andererseits bewegt man sich oft außerhalb der großen Städte oder ist in Kontakt mit Mitarbeitern, die nicht Englisch sprechen. Dann wird es fast zur Überlebensfrage, die Landessprache zumindest in Grundzügen zu beherrschen.«
Christian Fuchs hebt die emotionale Ebene hervor: »Denken Sie nur, wie es uns geht, wenn wir im Ausland in Deutsch angesprochen werden. Es fließen sofort unbezahlbare Sympathiewerte! Eine Perfektion ist nicht vonnöten; vielmehr sollte der fremdsprachige Gesprächspartner das Bemühen und die Bereitschaft erkennen und schätzen. Das Erlernen der Sprache ist auch ein Zeichen der gewünschten Nachhaltigkeit. Keiner wird eine Sprache lernen, wenn nur ein schnelles Geschäft geplant ist!«
Sabine Weiss sieht das genau so: »Wenn man mit dem Business-Partner zumindest auf einfachem Niveau in der Landessprache kommunizieren kann, zeigt das, dass man sich bemüht bzw. anstrengt und hebt damit die Wertigkeit des Geschäftspartners. Außerdem entsteht dadurch eine persönlichere Atmosphäre, die eine bessere Ausgangssituation schafft. Die Geschäfte können dann natürlich in Englisch abgewickelt werden, da man in dieser Sprache üblicherweise sicherer auftreten kann.«
Das Erlernen einer (zusätzlichen) Fremdsprache ist natürlich keine Kleinigkeit, vor allem wenn es schnell gehen soll. Es gibt aber Methoden und Instrumente, die zumindest Basiskenntnisse in relativ kurzer Zeit trainieren lassen. Sowohl mind & more als auch Berlitz setzen dazu auf »Total Immersion« Trainings bzw. Seminare. Sabine Weiss: »In nur einer Woche erlernen die Teilnehmer kompakt in realen Situationen, interaktiv und ausschließlich in der Zielsprache mit muttersprachlichen Trainern den Sprachgebrauch für die Basis-Alltagskommunikation.« Walter Grubanovitz: »Man taucht dabei für mehrere Stunden bzw. Tage in eine Sprache ein. Auf diese Weise beschäftigt man sich intensiv mit der Sprache und erzielt einen anhaltenden, tief gehenden Lerneffekt. Außerdem gibt es spezielle Expat-Einzel- und Gruppentrainings, in denen gezielt auf die Anforderungen des Teilnehmers eingegangen wird und nach einem speziellen maßgeschneiderten Trainingsprogramm unterrichtet wird.«
Auch Gabriele Frömel schlägt ein »komplettes Eintauchen in die Sprache« vor und erklärt, was das bedeutet bzw. wie man das erreichen kann: »Die Sprache mit allen Sinnen in sich aufnehmen: sie nicht nur zu lernen, zu lesen, zu hören, zu sprechen, sondern auch zu schmecken, sich durch Filme oder Videoclips (mit authentischer Musik!) mit dem bestimmten Flair zu beschäftigen. Sich regelmäßig Hörtexte anhören, auch wenn man noch nicht alles versteht, dadurch wird der Klang der Sprache vertrauter, man hört sich viel schneller ein, was dann auch ein Vorteil für das konkrete Erlernen der Sprache ist.«
Selbstverständlich hat auch CEF ein Angebot für das schnelle Erlernen von Basiskenntnissen. Christian Fuchs: »Sollten die Sprachkenntnisse ganz rasch benötigt werden, empfiehlt sich eine halbtägige oder ganztägige Crash-Ausbildung. Mehrere Sprachcoaches bringen dann die Teilnehmer in 2 bis 3 Wochen in Top-Form und einem Einsatz steht nichts mehr im Wege. Die von uns entwickelten Just-in-time-Ausbildungsmodelle sind dafür ein Garant.« Er fügt aber hinzu: »Ohne Fleiß kein Preis! Ständige Wiederholungen und ein abgestimmtes, praxisorientiertes Training sind die Basis für ein rasches Fortkommen.«
Auswahl vs. Vorbereitung
Wenn es also einerseits schwer zu verändernde Persönlichkeitsmerkmale und andererseits erlernbares Know-how sowie Länder- und Sprachwissen sind, die über den Erfolg entscheiden – was ist dann wichtiger: die Auswahl der richtigen Personen für eine Auslandsentsendung oder deren Training und Vorbereitung? Die Antwort auf die Frage ist nicht so einfach und kann durchaus unterschiedlich ausfallen. Karin Schreiner denkt z. B. so darüber: »Auf den Punkt gebracht ist die Auswahl künftiger Expatriates wichtiger, denn für Auslandsentsendungen ist ein konkretes Persönlichkeitsprofil eine Voraussetzung. Die fachlich Besten sind nicht immer die besten Expatriates. Auslands-Kandidaten sollten über folgende Eigenschaften verfügen: soziale und interkulturelle Kompetenzen, emotionale Stabilität, Führungskompetenz, Kommunikationskompetenz, Teamfähigkeit. In der Vorbereitung vor einem Auslandsaufenthalt findet dann ein sogenanntes ›Fein-Tuning‹ statt, bei dem vor allem die Erweiterung interkultureller Kompetenz im Vordergrund steht. Idealerweise wird versucht, auf den vorhandenen Stärken aufzubauen und an den Schwächen zu arbeiten. Eine gute Vorbereitung ist immer maßgeschneidert und an die Persönlichkeit der vorzubereitenden Person angepasst.«
Sabine Weiss hingegen sieht – unter der Voraussetzung, dass die Person generell geeignet ist – das etwas anders: »Wenn die Grund-Faktoren stimmen, ist die Vorbereitung weitaus wichtiger. Dabei sollten unbedingt die Partner und Kinder miteinbezogen werden, um den Kulturschock für alle zu vermeiden.«
Walter Grubanovitz möchte das eine nicht über das andere stellen: »Ich würde sagen, dass sowohl Auswahl als auch Vorbereitung ganz wesentlich für einen erfolgreichen, effizienten Einsatz im Ausland sind. Selbstverständlich ist die fachliche Kompetenz des Mitarbeiters eine ganz wesentliche Komponente; aber der richtige Umgang mit den Kollegen im Gastland, ein optimales interkulturelles Training gepaart mit effizientem Sprachunterricht sowie die Lernwilligkeit und Lernkompetenz des Mitarbeiters sind entscheidende Faktoren.«
Für die Auswahl des für einen Auslandsaufenthalt geeigneten Personals stehen mehrere Instrumente zur Verfügung, wie Karin Schreiner erklärt: »Neben ausführlichen Interviews, bei denen vor allem die Motive für einen Auslandsjob abgeklopft werden sollten, gibt es eine Reihe von Tests, die sinnvoll und geeignet sind, ein Profil der Kandidaten zu erstellen. Einige Tests prüfen die vorhandene interkulturelle Sensibilität (IDI – Entwicklungsmodell interkultureller Sensibilität) oder die interkulturelle Bereitschaft (IRC – Intercultural Readiness Check). Andere fokussieren auf der eigenen kulturellen Orientierung im Vergleich zum Zielland (COI – Cultural Orientation Indicator). Diese Tests geben neben ausführlichen Interviews gute Basisinformationen, ob die Kandidaten grundsätzlich geeignet sind oder nicht.«
Fazit
Es sind vor allem folgende Faktoren, die über den Erfolg eines Auslandsengagements entscheiden:
die Auswahl der richtigen Personen
deren interkulturelle Kompetenz
eine gute Vorbereitung
Wissen um die Kultur des Gastlandes
Sprachkenntnisse
das Einbinden der Familie.