Corona hat die Art, wie wir in Zukunft berufliche Weiterbildung erleben, verändert. Der Trend, digitale Lernformen einzusetzen, wurde schnell zum Standard in Unternehmen. Dabei muss jedoch auf einiges geachtet werden, damit diese Form zielführend funktioniert.
Die allermeisten von uns haben in den letzten Monaten einige Video-Calls oder -Meetings absolviert und dabei verschiedene Tools kennengelernt. Vielleicht haben Sie auch an sogenannten Live-Online-Trainings bzw. Webinaren teilgenommen. Hier haben sich übrigens einige falsche Begriffe durchgesetzt. Details dazu lesen Sie im Artikel ab Seite 8 in dieser Ausgabe.
Es war zu beobachten, dass viele Trainer und Weiterbildungsinstitute ihr Angebot auf eine digitale Form umgestellt haben und damit teilweise gute Umsätze generieren konnten. Bei diesem Thema heißt es jetzt, viel zu lernen:
- Wie führt man Online-Schulungen durch?
- Was ist anders als bei Präsenzseminaren?
- Welche Honorare sind angemessen?
- Wie lange sollten Online-Seminare dauern?
Auf all diese Fragen werden derzeit Antworten gesucht. Trial and Error ist häufig das Prinzip, denn derzeit werden Fehler noch leichter verziehen. Klar war schon immer, dass ein Seminar online durchzuführen etwas völlig anderes ist, als im Seminarraum präsent zu sein, für Teilnehmer wie auch für Trainer. Es benötigt andere Kompetenzen des Trainers, technisches Know-how auf beiden Seiten und eben auch Erfahrung, an der es derzeit mangelt. Seminare ausschließlich online durchzuführen, ist schwierig, denn z .B. 2 Tage konzentriert vor dem Rechner zu sitzen, halten nur wenige aus und ist auch nicht sehr nachhaltig. Daher braucht es neue Formen, um nach der Corona-Krise gute Lernmodelle zu etablieren.
Manche haben in den letzten Wochen festgestellt, dass Video-Konferenzen oder Online-Trainings um einiges anstrengender sind als Präsenzmeetings oder -seminare.
Woran das liegt, beschreibt Gianpiero Petriglieri, Professor der Insead Business School, in einem BBC-Artikel: In einem Video-Meeting zu sein, erfordert mehr Konzentration und mehr Fokus als ein persönliches Gespräch. Es ist anstrengender, den nonverbalen Signalen zu folgen, die auch zum gesprochenen Wort eine sehr kurze, kaum wahrnehmbare Dissonanz zeigen, also zeitlich verzögert sind. Das ist für unser Hirn schwieriger zu verarbeiten und das gibt das Gefühl, nicht so entspannt zu sein wie in persönlichen Gesprächen. (Quelle: https://www.bbc.com/worklife/article/20200421-why-zoom-video-chats-are-so-exhausting)
Anna Langheiter (Expertin für Trainingsdesign) hat sich in letzter Zeit sehr intensiv mit Online-Schulungen auseinandergesetzt: »Drei Welten werden in Zukunft nebeneinanderstehen und auch bestehen können: Präsenztrainings, digitale Trainings und Blended-Learning-Varianten. Die Trainer, Teilnehmer und die Unternehmen werden mehr Know-how erworben haben, welche Art von Trainings sich für welches Thema eignet. Manche Themen wie z. B. Compliance werden über E-Learning abgewickelt werden. Für andere Trainings wird es eine klarere Entscheidung geben können, was digital abgebildet werden kann und was nach wie vor im Präsenztraining verbleibt. Je mehr digitale Trainings in den Unternehmen stattfinden, desto mehr muss auf die Lernkultur geachtet werden: Hat der Lernende ausreichend Zeit, an den Live-Online-Trainings teilzunehmen, an kooperativen Gruppenaufgaben zu arbeiten, selbst zu lernen und das Gelernte umzusetzen? Das Aufzeigen der Learner Journeys, also der gesamten Lernstrecke, hilft allen Beteiligten, sich über diesen Gesamtaufwand klar zu werden.«
An dieser Stelle bietet sich eine grobe Einteilung der Weiterbildungsformate an. Im ersten Schritt kann zwischen Präsenzschulung und digitalem Training unterschieden werden. Der Bereich digitales Training wird in der Literatur und auch in der Praxis in drei Felder eingeteilt:
- Online-Selbstlernen: Darunter versteht man klassisches E-Learning, das on demand erfolgt (also nicht live), wie z.B. Lernvideos, Apps, Podcasts etc.
- Kooperatives Online-Lernen: Online lernen mit anderen Lernwilligen, aber ohne Trainer, also z. B. Foren, Chats, WhatsApp-Lerngruppen etc.
- Live-Online-Lernen: Wie der Name schon sagt, hier geht ein Trainer/Vortragender live und bietet den Teilnehmern sein Wissen an, darunter fallen Webinare, Webcasts etc.
Martin Röhsner (Geschäftsführer die Berater©): »Die wesentlichsten Fragen vor Beginn von Wissenserwerb sind: Warum will ich etwas lernen und welche Kenntnisse und Fähigkeiten möchte ich nach diesem Lernprozess erworben haben? Diese Output- und Kompetenzorientierung sind seit vielen Jahren gerade in der Erwachsenenbildung wesentliche Komponenten in den Lehr- und Lernkonzepten der Bildungseinrichtungen. Zukünftig werden sich Teilnehmer von Seminaren und Ausbildungen wohl auch selbst stärker mit dieser Frage im Vorfeld beschäftigen. Damit verbunden stellt sich natürlich auch die Frage der Methodik. Binnen Wochen haben viele gelernt, Online-Meetings abzuhalten, Ablaufstrukturen neu zu denken und die Vor- und Nachteile von digitalisierten Abläufen kennengelernt. Daher gehe ich davon aus, dass zukünftig Teilnehmer noch stärker zwischen Präsenz-Unterricht und Online-Lernen switchen werden.«
Das digitale Lernen bietet auch im offenen Seminarmarkt Chancen wie nie zuvor. Laut einer Umfrage des WIFI-Weiterbildungsbarometers aus dem Jahr 2019 stimmen 93 % der Aussage zu, dass kontinuierliches Weiterbilden für den beruflichen Erfolg wichtig ist. Dennoch gab bei der gleichen Befragung nur rund ein Drittel an, das auch zu tun. Wenn es sich in unserer Kultur zeitnah etablieren wird, online zu lernen, kann dies durch die Skalierbarkeit auch zu günstigeren Angeboten im offenen Bildungsmarkt führen. So erleben Lernplattformen wie Coursera oder edX auch im deutschsprachigen Raum Zuspruch. Diese Angebote stellen natürlich auch eine Gefahr für Trainer dar. Wissen ist im Internet häufig zu sehr günstigen Preisen oder gar kostenlos abrufbar. Wenn ein kostenpflichtiges Online-Seminar es nicht schafft, einen massiven Mehrwert zu generieren, werden Trainer ein Problem bekommen.
Michael Swoboda (Geschäftsführer ARS und ETC – Enterprise Training Center): »Modernes Lernen beinhaltet heutzutage auf jeden Fall auch digitales Lernen. Das zeigt uns die aktuelle Erfahrung, denn gerade jetzt war und ist die Bereitschaft zum Lernen im virtuellen Klassenraum ungleich höher als je zuvor – und bereits heute fragen zahlreiche Kunden, ob es ›auch in Zukunft diese Möglichkeit geben wird‹. Mitarbeiter konnten in den vergangenen Wochen so viel Erfahrung bei virtuellen Ausbildungen sammeln, wie zusammengenommen in acht Jahren davor nicht und haben erkannt, dass ein sinnvolles, digitales Gestalten der Wissensvermittlung einen großen Mehrwert bringt. Auch über die Krisenzeit hinausgehend wird diese Art der Wissensvermittlung einen besonderen Stellenwert bekommen. Nichtsdestotrotz haben klassische Präsenzveranstaltungen spezielle Vorteile und der Weisheit letzter Schluss liegt wie so oft in der Mitte. Woraus für Weiterbildungsanbieter resultiert, weiterhin Lernangebote zu entwickeln, die das Beste aus beiden Welten verbinden.«
Blended Learning
Die Erfahrung aus den letzten Jahren und besonders aus den letzten Wochen hat gezeigt, dass nicht jeder Online-Seminaren den Vorzug gibt. Studenten an den Universitäten und FHs sind dem Thema gegenüber grundsätzlich offen, vermissen aber eine gute Terminkoordination und erkennen einen großen Qualitätsunterschied der Vortragenden bei Online-Lehreinheiten. In der Erwachsenenbildung hat sich gezeigt, dass längere Ausbildungen im Bereich Persönlichkeit von den Teilnehmern auch weiterhin als Präsenzveranstaltungen gewünscht sind, die gerne zwischendurch mit kurzen Online-Reflixions-Einheiten angereichert werden können. Beim Trainerverband VBT (Vereinigung der Business Trainer Österreichs) kommen 1,5-stündige Webinare gut an und werden immer stärker besucht. Trainer berichten, dass Unternehmen häufiger nach Online-Lösungen suchen. Die Teilnehmer sind hier noch geteilter Meinung, ob sie es gut finden oder nicht. Coaching scheint online fast in gleicher Qualität zu funktionieren wie bei realen Treffen. Der Trend bei Seminaren zu Blended Learning, also einer Kombination aus Präsenztrainings und Online-Einheiten, wird noch klarer erkennbar. Auch wenn der Begriff häufig für Verwirrung sorgt, bzw. Menschen darunter Unterschiedliches verstehen.
Michael Swoboda: »Blended Learning ist mittlerweile ein eher veralteter Begriff, da hier oft noch klassisches ›click&read-E-Learning‹ kombiniert wird mit Präsenzschulungen. ›Digitales Lernen‹ oder ›Learning-as-a-Service‹ ist aber viel mehr als nur eine ›blended‹ Variante der Ausbildung. Wissensaufbau passiert heute in unterschiedlichen, kombinierten Kanälen und wird vom Ausbildungspartner optimal kombiniert. Hier werden z. B. on demand Videotrainings zur Verfügung gestellt, die mit Frage-Sessions erweitert werden und dann mit einer Präsenzveranstaltung als Prüfungsvorbereitung abschließen können – und die ganze Zeit durch sogenanntes ›Social Learning‹ auf Kommunikations-Plattformen begleitet werden. Relevant ist, dass der Lernende immer Unterstützung, Motivation und Begleitung spürt und anfordern kann – die richtige Betreuung (inkl. Reporting) und die richtige Art des ›User Engagements‹ (= Motivation) entscheidet schlussendlich darüber, wie erfolgreich ein Unternehmen diese Methode einsetzt.«
Interessanterweise hat sich in der akuten Krise beim Thema Online-Lernen ein Trend nicht wirklich durchgesetzt, nämlich das mobile Lernen, also das Lernen am Smartphone. Dabei werden kurze Wissensinputs (ca. 1 Minute) oder längere Videos an die Smartphones der Teilnehmer geschickt. Eigentlich etwas Sinnvolles und für den Trainer recht kostengünstig umsetzbar – dennoch war hier kein großer Erfolg erkennbar.
Martin Röhsner: »Blended Learning sollte idealerweise eine Kombination der Vorteile aus den unterschiedlichen Methodiken darstellen. Aus diesem Grund ist es wichtig, sowohl auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe einzugehen, als auch dem einzelnen Teilnehmer eine individuelle Entscheidungsmöglichkeit zu bieten. Ein praktisches Beispiel wären digitalisierte Zusatzmodule für die Vertiefung von speziellen fachlichen Inhalten für interessierte Teilnehmer. Je stärker ein Blended-Learning-Projekt individualisierbar aufgebaut ist, desto stärker bietet es direkten Nutzen für jeden Einzelnen.«
Tipps für das Online-Lernen
Jeder Mensch hat eine andere Art zu lernen. Im Seminarraum darauf eingehen zu können, stellt eine Kompetenz von guten Trainern dar. Und das Gleiche gilt auch für Online-Seminare. Doch das muss gelernt sein. Hier gibt es zahlreiche Tipps und Tricks, die das Lernen für die Teilnehmer, aber auch für den Trainer leichter und zielführender machen.
Anna Langheiter: »Aus Trainersicht müssen die Inputs noch kürzer werden und es ist noch mehr Interaktion gefragt. Eine Regel dazu besagt, dass alle 5 Minuten eine Interaktion stattfinden soll, damit der Griff zum Handy oder das Lesen von E-Mails vermieden wird. Wie sagte es ein Trainerkollege so schön: ›Digital trainieren heißt Klappe halten und die Teilnehmer beschäftigen.‹ Eine gute Software, mit der Lernen ermöglicht wird (nicht nur reines Präsentieren) und die auch Breakout-Rooms beinhaltet, ist hilfreich. Headset, gutes Licht, eine ruhige Lernumgebung und eine gute Internetverbindung sind nicht nur hilfreich, sondern eine Voraussetzung. Und Online-Lernen braucht Pausen, ganze Trainingstage kann man nicht einfach online abhalten. Bewegungsübungen als Energizer kann man auch vor dem Bildschirm machen – auch wenn es sich noch etwas schräg anfühlt. Und, sehr wichtig: Auch online darf das Socializing nicht fehlen: Es braucht Zeit zum Kennenlernen, man kann sich zum Kaffee verabreden und sich abends noch einmal online auf ein Gläschen treffen.«
Um einen ganzen Tag als Online-Seminar abzuhalten, empfiehlt sich, keinesfalls mehr als drei Blöcke zu je ca. 1,5 Stunden zu machen. Der Tag könnte zwei Blöcke am Vormittag beinhalten mit einer längeren, z. B. einstündigen Pause dazwischen. Nach dem zweiten Block eine zweistündige Mittagspause und dann im Anschluss an den dritten Block eben noch das angesprochene Socializing, was praktisch die Bar im Seminarhotel ersetzt. Dadurch ist untertags genug Zeit, um auch E-Mails abzuarbeiten und dann wieder mit Energie und voller Aufmerksamkeit am Thema des Seminars weiterzuarbeiten.
Martin Röhsner: »Bei der Konzeption genügt es bei Weitem nicht, wenn Curricula von bisherigen Präsenzveranstaltungen eins zu eins in digitaler Form angeboten werden. Lernkonzepte müssen für den digitalen Gebrauch adaptiert werden. Gleichzeitig genügt es nicht, über ausreichende technische Voraussetzungen zu verfügen, um Lernmodule am Markt anbieten zu können. Bei der Auswahl von Lernmodulen sollten Teilnehmer jedenfalls gut recherchieren, welchen Background die jeweiligen Anbieter aufweisen können. Lernen bedeutet, sich Zeit zu nehmen und darauf zu konzentrieren. Nebenbei funktioniert Online-Lernen genauso wenig wie im Präsenzbereich. Die Vorteile, sein eigenes Lerntempo bestimmen und einzelne Lernmodule öfters absolvieren zu können, sollten intensiv genutzt werden. Wenn Teilnehmer gerne zusätzlich den Austausch mit anderen Teilnehmern haben, sollten sie Lernmodule mit einem Chatroom bzw. wenn möglich mit Follow-ups in Präsenzform wählen. Diese Durchlässigkeit zwischen den Methodiken kann, muss aber nicht individuell von den Teilnehmern genutzt werden.«
Es gibt am Markt bereits gute Ausbildungen zum »Digital Trainer«. Hier werden genau die Kompetenzen trainiert, die ein Trainer zum Abhalten von Live-Online-Seminaren benötigt. Wie schaffe ich Interaktion? Wie kann ich Umfragen machen? Wie kann ich Breakout-Rooms nutzen? Aber auch: Welche Technik brauche ich? Was sind Dokumentenkameras? Wie behalte ich den Überblick über die Teilnehmer?
Denn es ist nun mal wirklich etwas anderes und für viele Trainer etwas Neues.
Michael Swoboda: »Man kann es nicht oft genug sagen, aber speziell bei Online-Learning ist es besonders wichtig, alle Akteure abzuholen und Informationen klar formuliert und strukturiert zur Verfügung zu stellen. Online-Lernen ist soviel mehr als nur YouTube schauen und hier zählt, dass der Lernende immer und jederzeit in bester, persönlicher Betreuung ist, eine bekannte Ansprechperson hat und immer zeitnahe Antworten auf Fragen und Herausforderungen bekommt – und manchmal auch den entscheidenden ›Stups‹, um den inneren Schweinehund zu überwinden.«
Was derzeit noch heiß diskutiert wird, sind die Honorare für Online-Trainings. Denn viele Kunden wollen dafür weniger bezahlen, obwohl es für den Trainer den gleichen, wenn nicht gar einen größeren Aufwand darstellt.
Messen von Trainingsmaßnahmen
Wie die Erfolge von Seminaren und anderen Weiterbildungsmaßnahmen sinnvoll gemessen werden können, war in den letzten Jahren immer wieder Thema. Auch das Magazin TRAiNiNG hat dazu in jüngster Zeit viele Artikel mit Methoden und Möglichkeiten publiziert. Und natürlich gilt das für Online-Seminare bzw. Blended-Learning-Konzepte genauso wie für Präsenzschulungen. Damit wir uns richtig verstehen, wir sprechen hier nicht vom klassischen Feedbackbogen, der grinsende und weinende Smileys beinhaltet. Sondern von einem durchdachten Ansatz, der von Anfang bis Ende die Transfermessung in die Konzeption der Maßnahme miteinfließen lässt.
Anna Langheiter erzählt von drei verschiedenen, konkreten Ansätzen, wie in Seminaren der Erfolg gemessen werden kann: »Aus dem Projektmanagement: Nach einem dreiwöchigen Training mussten zwei Projekte erfolgreich durchgeführt werden. Der Projekterfolg wurde nach der tatsächlich messbaren Prozessverbesserung festgestellt (Datenerhebung vorher und nachher inklusive).
Aus einem Trainingsdesignprojekt zum Thema ›Qualitäts-Projektmanagement‹: Die Teilnehmer wurden am Ende das Trainings und sechs Monate später nochmals befragt. Der Fokus des Transferfeedbacks lag auf unterschiedlichen Themen: Wie weit waren die Teilnehmer mit ihren Projekten? Wie viel Unterstützung hatten sie erhalten? Wovon hätte es mehr gebraucht: Motivation/besseres Training/bessere Unterstützung durch das Unternehmen (Kapazität, Coach, Führungskraft). Es zeigte sich, dass es nicht (wie häufig behauptet wurde) am Training lag …
Aus einer Train-the-Trainer-Ausbildung: Eine Personalentwicklerin hatte einen einfachen und feinen Vergleich gefunden: aus den Feedbackbögen kann man herauslesen, ob der Trainer an der Trainerausbildung teilgenommen hatte. Denn das Vorher-Nachher-Feedback zeigte eine eindeutige Verbesserung.«
Der Feedbackbogen bietet dem Trainer, dem Unternehmen und den Lernenden große Chancen – wenn er vernünftig eingesetzt wird. Es ist wirklich lohnend, sich damit zu beschäftigen und den Bogen zum Teil der Transfermaßnahmen zu machen. Fragen, wie kompetent der Trainer ist oder wie das Essen geschmeckt hat, sind kaum zielführend. Ina Weinbauer-Heidel empfiehlt in ihrem Buch »Was Trainings wirklich wirksam macht« im ersten Schritt folgende Maßnahme: Integrieren Sie Fragen und Items, über deren Antworten Sie Rückschlüsse auf die Transferwirksamkeit ziehen können. Dass die in der Praxis so verbreitete Zufriedenheitsfragen leider nichts über die Transferwirksamkeit aussagen, ist noch viel zu wenig bekannt. Fragen zur Nützlichkeit dagegen haben schon mehr Aussagekraft in puncto Transferwirksamkeit. Darüber hinaus senden sie völlig andere Signale. Zufriedenheitsfragen signalisieren: »Wir wollen, dass ihr glücklich und zufrieden seid.« Nützlichkeitsfragen dagegen signalisieren: »Wir wollen, dass ihr das Gelernte umsetzt und nützen könnt.«
Die Autorin gibt Beispiele:
- Statt: »Wie gut hat Ihnen das Training insgesamt gefallen?«Besser: »Wie nützlich war das Training für Ihre Arbeit?«
- Statt: »Wie zufrieden waren Sie mit den Inhalten des Trainings?« Besser: »Die Inhalte des Trainings sind in meiner Arbeit anwendbar (stimme voll zu – stimme nicht zu).«
- Statt: »Das Training hat meinen Erwartungen entsprochen (0 % bis 100 %).« Besser: »Ich werde das Gelernte umsetzen (0 % bis 100 %).«
Solche oder ähnliche Maßnahmen gelten gleichermaßen für Online-Seminare und Präsenzschulungen. In der Theorie zumindest. Praktisch gibt es bei Online-Webinaren derzeit kaum die Möglichkeit, Feedback abzugeben.
Michael Swoboda über das Messen von Lernerfolg: »Jede erfolgreiche Lernmessung benötigt ein klar definiertes Ziel, eine Zeitspanne bzw. gewünschte maximale Durchlaufzeit und schlussendlich natürlich Daten. Aus diesen Parametern lässt sich ein sogenanntes ›User-Engagement-Target‹ entwickeln, um den Teilnehmer zum gewünschten Lernerfolg zu führen. Der Lernerfolg kann dabei verschiedenst definiert werden. Es kann ein Zwischen- und Abschluss-Test sein, es kann eine offizielle Zertifizierungsprüfung angestrebt werden oder auch eine Themen-Ausarbeitung am Ende gemeinsam erstellt werden. Digitales Lernen bzw. Learning-as-a-Service bietet dazu noch die Option auf Fortschrittsdaten, Lernzielerreichungen und Durchlaufzeiten zuzugreifen, um dann anonymisiert Auswertungen und Maßnahmen zu erstellen. All das kann – natürlich immer DSGVO konform – dem Kunden und seinen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden – um klar zu sehen, wie erfolgreich und zeitsparend man das neue Wissen aufgebaut hat, neue Erkenntnisse erlangt hat und nun neue Wege beschreiten kann. Das Feedback darauf war bisher immer mehr als überragend, und es wird wohl auch in der Nach-Corona-Zeit so sein.«
Martin Röhsner: »Die Messung von Lernerfolgen liegt in der Kompetenzorientierung und ist per se unabhängig von der Lernform. Abgesehen von klassischen Abschlussprüfungen und unabhängig davon, ob in Präsenzform abgehalten oder über digitale Lernplattformen, zeigen sich die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse in der täglichen Anwendung am Arbeitsplatz. Nur wenn es den Teilnehmern gelingt, ihr neu erworbenes Wissen aktiv einzubringen, ist eine Nachhaltigkeit gegeben. Viele Unternehmen haben diesbezügliche Messinstrumentarien bereits implementiert und werten diese aus. Während der Aus- und Weiterbildungen kann der Lernerfolg online über Quiz und Lernzielkontrollen abgefragt werden. Eine eigene Lernplattform bietet hierbei vielfältige Möglichkeiten und ist mit Sicherheit einer der besten Möglichkeiten zur Messung des Lernerfolgs.«
Fazit
Seminare online durchzuführen, erfordert neue Kompetenzen des Trainers und die Bereitschaft der Teilnehmer, sich darauf einzulassen. Die Kompetenzen des Trainers werden zur Zeit gerade geübt und getestet. Eine Online-Schulung ist didaktisch und organisatorisch anders aufgebaut als ein Präsenzseminar. Es wird noch ein wenig Zeit vergehen, bis sich Teilnehmer besser darauf einlassen können. Präsenzseminare wird es auch in Zukunft in großem Ausmaß geben, da persönliche Kontakte für viele Menschen wichtig sind, und das Lernen so auch besser gefördert werden kann. Blended Learning hat sicher die besten Zukunftschancen in der Erwachsenenbildung.