Gesundheitsdaten und Covid-19

Welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber im Zusammenhang mit Gesundheitsdaten bei Covid-19 haben, beschreibt Rechtsanwältin Birgit Vogt-Majarek.

Die Covid-19-Pandemie hat aus rechtlicher Sicht teilweise ganz neue Verpflichtungen für Arbeitgeber hervorgebracht und gleichzeitig zu Ausnahmen von bisher geltenden Rechtsvorschriften geführt. Ein anschauliches Beispiel dafür ist der Umgang mit Gesundheitsdaten von Dienstnehmern. Waren diese bisher als sensible Daten de facto unantastbar und durch höchstpersönliche Rechte der Dienstnehmer geschützt, sind diese nunmehr (auch) von größtem Interesse, um die Ausbreitung der Erkrankung einzudämmen bzw. Cluster zu definieren und damit auch den Corona-bedingten Ausfall von Mitarbeitern oder gar die Schließung von Betrieben so weit wie möglich zu vermeiden.

Rechte und Pflichten zur Information über Infizierung mit Covid-19

Die Covid-19-Pandemie verstärkt das Spannungsverhältnis zwischen der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sowie der Treuepflicht der Arbeitnehmer und dem Schutz der (Gesundheits-)Daten der Arbeitnehmer. Grundsätzlich sind Gesundheitsdaten durch die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) besonders, auch vor dem unbefugten Zugriff durch Arbeitgeber, geschützt; gewisse Datenverarbeitungen können jedoch aufgrund rechtlicher Pflichten bzw. wegen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt sein.
Arbeitnehmer sind bereits aufgrund der sie treffenden arbeitsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich über ein positives Covid-19-Testergebnis zu informieren, sodass dieser seiner Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Arbeitnehmern nachkommen und entsprechende Schritte setzen kann. Fraglich ist jedoch, wie der Arbeitgeber nach einer solchen Information weiter vorgehen darf und muss. Grundsätzlich dürfen Gesundheitsdaten (das wird auch von der Datenschutzbehörde in einer aktuellen Mitteilung bestätigt), in dem Ausmaß verarbeitet und gespeichert werden, das notwendig ist, um die Verbreitung des Covid-19-Virus einzudämmen und Mitmenschen zu schützen. So haben Arbeitgeber Gesundheitsdaten auf Verlangen der örtlich zuständigen Behörden bzw. aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben an die Behörden weiterzuleiten.
Weiters ergibt sich aus der erwähnten Fürsorgepflicht, dass Arbeitgeber zumindest jene Arbeitnehmer über die Infektion eines Arbeitnehmers oder dessen Quarantäne/erhöhte Gefahr einer Infektion informieren dürfen und müssen, die mit diesem im Rahmen des Arbeitsverhältnisses direkt bzw. regelmäßig Kontakt hatten. Der Name eines Arbeitnehmers, der seit Wochen im Home-Office war und positiv getestet wurde, wird vom Arbeitgeber gegenüber Kollegen idR nicht genannt werden müssen.
Auch weitere Daten von AN dürfen zur Wahrung der Fürsorgepflichten vorübergehend gespeichert werden. Das umfasst z. B. private Telefonnummern zur Kontaktaufnahme in dringenden Fällen (wenn AN z. B. Covid-19-bedingt kurzfristig nicht in den Betrieb kommen sollen); eine Verpflichtung zur Mitteilung privater Kontaktdaten besteht nicht. Auch diese Daten dürfen nur so lange als notwendig gespeichert werden, also idR nur so lange, als behördliche Anfragen erwartet werden können oder noch nicht alle in Kontakt mit dem Infizierten stehenden AN informiert wurden. Die Datenspeicherung ist nur mit Zustimmung der jeweiligen Dienstnehmer möglich, die jederzeit widerrufen werden kann.
Bei Information des AG über die positive Testung eines AN mit Covid-19 kann abhängig von den räumlichen Gegebenheiten und Kontakten der Mitarbeiter im Betrieb die Quarantäne einzelner Mitarbeitergruppen oder die vorübergehende Schließung des Betriebes eine notwendige Konsequenz zur Erfüllung der Fürsorgepflichten oder auch der Covid-19-bezogenen rechtlichen Vorgaben sein. Viele Unternehmen sind daher dazu übergegangen, die Belegschaft in Schichten ohne Kontakt zueinander zu teilen, um einen reduzierten Betrieb auch bei Infektionen aufrecht erhalten zu können.

Vorgehen betreffend Risikogruppen

Um einem erhöhten Gesundheitsrisiko unterliegende AN besonders zu schützen, sieht die Risikogruppen-VO vor, dass bei Zuordnung zu einer Risikogruppe ein entsprechendes ärztliches Attest auszustellen ist. Anspruch auf Kenntnis der Diagnose hat der AG nicht. Legt der AN das Attest dem AG vor, so hat dieser geeignete Schutzmaßnahmen zu setzen (z. B. nach Möglichkeit kein direkter Kundenkontakt o. ä.), um eine Ansteckung mit größtmöglicher Sicherheit auszuschließen, oder der AN hat – soweit dies aufgrund der Art der Tätigkeit möglich ist – Home-Office-Arbeit zu verrichten. Andernfalls ist der AN bis zur jeweiligen Frist laut VO gegen Entlohnung vom Dienst freizustellen und es werden Entgelt, Abgaben und SV-Beiträge für diese Zeit vom Staat erstattet.

Befragungen zu Covid-19-Risiken

Über das bereits erwähnte positive Testergebnis hinaus gibt es auch andere Bereiche, zu denen der AG sich aufgrund von Covid-19 und dessen weltweiten Auswirkungen, anders als sonst, informieren darf und der AN zur Auskunft verpflichtet ist. So wird es Arbeitgebern u. U. auch gestattet sein, AN über Kontakt mit infizierten Personen oder angesichts der aktuellen Urlaubszeit über den Aufenthalt in einem Risikogebiet zu befragen, um ihrer Fürsorgepflicht voll nachkommen zu können. Wie auch sonst, ist dabei auf eine Interessenabwägung und auf die Datenminimierung zu achten, um sich auch datenschutzrechtlich korrekt zu verhalten. Eine solche Befragung wird daher idR nur bei Vorliegen eines begründeten Anfangsverdachts oder, in Form einer Aufforderung zur selbstständigen Mitteilung durch AN, sollten diese sich (rückblickend) einem Infektionsrisiko ausgesetzt haben, möglich sein. Konkrete gesetzliche Vorgaben gibt es dazu bislang nicht.
AN sind bereits aus der sie treffenden arbeitsrechtlichen Treuepflicht dazu angehalten, den AG über den Betrieb bzw. andere AN möglicherweise (mit einer Ansteckung) gefährdende Umstände und sohin wohl auch über eine erhöhte Gefährdung (auch außerhalb einer behördlich angeordneten Quarantäne, über die der AG jedenfalls zu verständigen ist) zu informieren. Weisen AN in Kenntnis eines erhöhten Risikos nicht auf ein solches hin und stecken Kollegen an, könnten Erstere auch haftbar sein, wenn sie grob fahrlässig oder vorsätzlich vorgehen, und dem AG daraus ein Schaden erwächst. Für die Prüfung des Vorliegens der erwähnten Kriterien wird allerdings ein strenger Maßstab anzulegen sein.
Bei der Umsetzung kann es für zusätzliche Struktur sorgen, wenn der AG in Form einer Richtlinie allgemein festschreibt, in welchen Situationen er welche Maßnahmen (Vermeidung von Kontakten, Klärung betreffend Home-Office etc.) setzen möchte und ab wann AN daher angehalten sind, Informationen über Reisen, Kontakte etc. zu teilen. Es obliegt dem AG, zu entscheiden, ab wann er einem AN die Weisung erteilt, z. B. wegen indirektem Kontakt mit einem Infizierten vorläufig nicht in den Betrieb zu kommen. Zur Vermeidung von Willkür sollte möglichst vorab evaluiert und auch kommuniziert werden, wann welche Schritte gesetzt werden.

Körpertemperaturmessungen

Viele AG überlegen im Zuge von vorbeugenden Maßnahmen im Betrieb, die Körpertemperatur der AN beim Betreten des Betriebes zu messen. Dies ist sowohl aus arbeits- als auch aus datenschutzrechtlicher Sicht problematisch. Die Messergebnisse dürften nicht gespeichert werden und es müsste dargelegt werden, dass es sich bei der Körpertemperaturmessung neben Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen u. a. um das gelindeste Mittel zur Vorbeugung von Covid-19-Infizierungen im Betrieb handelt.
Obgleich die Messung der Körpertemperatur einen wesentlich gelinderen körperlichen Eingriff als z. B. ein Covid-19-Abstrich bedeutet, wird die Wirksamkeit der Maßnahme zur Bekämpfung von Covid-19 vielerorts in Abrede gestellt. Auch aus arbeitsrechtlicher Sicht wird zumeist auf diese Argumentation verwiesen. Die Temperaturmessung kann daher anders als die oben genannten Erkundigungen dann nicht durch die Fürsorgepflicht des Dienstgebers gerechtfertigt werden, wenn sich durch das Vorliegen erhöhter bzw. nicht erhöhter Temperatur der AN kein ausreichender Indikator für weitere Maßnahmen ableiten lässt. Andererseits kann argumentiert werden, weil bei der Ein- und Ausreise aus vielen Ländern momentan die Körpertemperatur gemessen wird, liege der Anschein nahe, dass die Körpertemperatur sehr wohl als ernst zu nehmender Indikator für eine Covid-19-Erkrankung herangezogen werden könne. Letztendlich können hierzu nur Untersuchungen/Erfahrungswerte aus Studien miteinbezogen und eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Rechtsprechung gibt es dazu noch nicht. Gegenüber Dritten könnte man die Vorgabe i. S. Temperaturmessung u. U. auch mit dem Hausrecht begründen, das seine Grenze in der schikanösen Rechtsausübung findet. Auch hier wird eine Einzelfallprüfung, abhängig vom Tätigkeitsbereich des Unternehmens und der Notwendigkeit der Betretung vorzunehmen sein. Als Alternative zu empfehlen ist die Führung einer Liste aller Besucher von Büros/Betrieben o. ä., um im Infektionsfall rasch alle in einem bestimmten Zeitrahmen anwesenden Personen eruieren und verständigen zu können.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
birgit.vogt@sms.law
www.sms.law