TRAiNiNG war beim Kompaktlehrgang »Rhetorik Praxis« von Arno Fischbacher dabei. Wie und was dort trainiert wird, lesen Sie in diesem Seminarbericht.
»Spreche im Stehen, denke im Gehen!« ist einer der ersten und auch einprägsamsten Sätze von Arno Fischbacher (Wirtschafts-Stimm-coach, Rhetoriktrainer, Redner und Autor) zu Beginn des 2 x 2 Tage dauernden Kompaktlehrganges »Rhetorik Praxis« in Salzburg. Wichtig ist dies, da das (Zuschauer-)Gehirn das Gesagte im Raum verortet und abspeichert. Als Redner und Vortragende sind wir mit unserem Standpunkt somit der wesentlichste Teil der Visualisierung unserer fachlichen Inhalte, die natürlich durch eine ausdrucksvolle Gestik noch unterstützt werden können.
Und damit sind wir – eine exklusive Gruppe von 5 Personen – bereits mitten im Intensivtraining und können direkt erleben, wie Arno Fischbacher ganz anders als üblich an das Thema Rhetorik herangeht. Was gleich mal entfällt, ist eine – ohnehin oft langwierige – Vorstellungsrunde, denn dazu ist ja in den Pausen noch genügend Zeit. So üben wir lieber gleich unseren Standpunkt, indem wir uns ein Surfbrett vorstellen, auf dem wir mit leicht gebeugten Knien ausbalanciert stehen und dabei Schultern, Kaumuskulatur und auch die Magengegend entspannen. Das fühlt sich schon etwas komisch an und bringt Arno Fischbacher gleich zu der Erklärung, warum so wenig dessen, was in Seminaren gelernt wird, in der Praxis dann tatsächlich umgesetzt wird. Wir alle haben unseren »Autopiloten«, also Mechanismen, die automatisch abgerufen werden. Wenn wir nun etwas anders machen, fühlt sich das zu Beginn ungewohnt an und wir hören oft rasch wieder auf zu üben, da wir uns dabei nicht authentisch fühlen. Um neue neuronale Verbindungen zu schaffen, bedarf es etwa 30 000 bis 50 000 Wiederholungen. Uff, das ist ganz schön viel. Es ist also wichtig, sich einerseits bewusst zu sein, dass es sich anfangs einfach komisch anfühlt und sich andererseits Anker zu setzen, um Neues wirklich regelmäßig zu üben und so einen neuen »Autopiloten« zu schaffen.
Unsere Erwartungen an den Lehrgang dürfen wir in einer ersten kurzen Rede präsentieren und erhalten im darauf folgenden Feedback bereits eine erste Bestandsaufnahme. Wie ist meine Körpersprache? Wie wirkt meine Stimme und Sprechweise? Welche Sprachmuster sind zu erkennen?
Aufmerksamkeit zu bündeln und zu überzeugen ist ein wesentliches Ziel bei jeder Rede bzw. jedem Vortrag. Wie kann dies aber gelingen, nachdem wir lernen, dass von 11 Mio. Bit/Sek. an Information in die bewusste Wahrnehmung der Zuhörer nur 50 Bit/Sek. (!) gelangen? Mehr Aufmerksamkeit erzielen wir, wenn wir bereits zu Beginn kurz innehalten, Präsenz zeigen (Standpunkt) und damit dem Stammhirn der Zuhörer Sicherheit signalisieren. Durch eine angenehme – nicht zu hohe – Stimme/Tonalität stellen wir über das limbische Gehirn Beziehung her. »Das Auge misst Distanzen. Das Ohr schafft Nähe. Das ist auch ein Grund, warum wir ›die Köpfe zusammenstecken‹. Da man sich so besser hört«, erklärt uns Arno Fischbacher. Zu guter Letzt ist es wichtig, über den hypnotischen Trichter (wenn Sie, … angenommen Sie, …), strategische W-Fragen und mit einer guten Argumentation, den Verstand, der seinen Sitz im Kortex hat, zu überzeugen. Und das alles mit ausreichend Sprechpausen, damit der Sinn des Gesagten auch verstanden und verarbeitet werden kann.
Die Zeit verfliegt mit zahlreichen Übungen und Experimenten wie im Nu, sodass Pausen vor lauter Begeisterung ein bisschen zu kurz kommen. Den Nachmittag des zweiten Seminartages verbringen wir fast zur Gänze im »Tonstudio«. Das ovale Treppenhaus des 4-stöckigen Gebäudes ist der ideale Raum, um mit geschlossenen Augen unsere eigene Stimme zu erleben und zu fühlen und zu hören, wie sich kleine Veränderungen auswirken und die Stimme raumfüllender machen. Die kleine Gruppe ermöglicht hierbei einerseits ein sehr intensives Üben und bietet andererseits einen geschützten Rahmen, in dem eigene Grenzen erweitert werden können.
Zum Abschluss geht jeder für sich das Gelernte nochmals durch und überlegt, was in den 5 Wochen bis zum zweiten Modul vorrangig geübt und umgesetzt werden soll. Als Unterstützung soll uns dabei ein Würfel dienen, auf den wir 5 Symbole, die jeweils für ein Thema wie z. B. Standpunkt, Gestik, Sprechpausen etc. stehen, zeichnen und eine Seite freilassen. Was aber tun mit diesem Würfel?
5 Wochen später treffen wir einander wieder und sind diesmal zu sechst. Und wie es sich für einen Rhetoriklehrgang gehört, erzählen wir nicht von unseren Erfahrungen, sondern präsentieren sie. Und der Unterschied zum ersten Modul ist so verblüffend, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr herauskomme. Ein Teilnehmer berichtet von seinen Mitarbeitergesprächen, die er anders als sonst mit einem hypnotischen Trichter begonnen hat, was zu viel besseren konstruktiveren Gesprächen geführt hat. Auch seine Körpersprache und Gestik ist viel lebendiger und damit ausdrucksstärker geworden, sodass er in Meetings leichter überzeugen kann. Ein anderer Teilnehmer hat intensiv mit dem Würfel gearbeitet und jeden Morgen durch das Würfeln ein Tagesthema fixiert, auf welches er sich fokussiert hat. Wieder ein anderer Teilnehmer hatte bei einer Tagung die Möglichkeit, eine Präsentation mehrmals zu halten und konnte sich so von einem zum nächsten Mal selbst wahrnehmen und dadurch verbessern. Die Entwicklung ist bei allen deutlich, wobei sich der Fokus auf 2 bis 3 Themen bewährt hat. So ist es beispielsweise einem Teilnehmer gelungen, durch längere Sprechpausen und eine bessere Gliederung mit Fragen, seine Zuhörer mehr einzubeziehen und so durch Fragen aus dem Publikum mehr über deren Beweggründe und Anliegen zu erfahren.
Im zweiten Modul lernen wir unter anderem noch, wie man die Zuhörer durch Storytelling emotional auf das Thema einstimmen kann. Wichtig ist dabei, dass man wirklich bei einer Geschichte bleibt, die einen klaren Anfang und ein klares Ende hat und in Ich-Form erzählt wird. Die Stimme ist natürlich auch wieder Thema. Diesmal erfahren wir, wie unterschiedlich die Stimme in verschiedenen Sitzpositionen klingt und in welchem Bereich unser Eigenton oder auch Vertrauens- und Beziehungston liegt, der Kompetenz und Sicherheit vermittelt.
Zum Abschluss darf natürlich auch der richtige Zielsatz nicht fehlen, der die Zuhörer genau das sagen bzw. tun lässt, was ich mit meiner Rede bezwecken wollte.
Fazit
Zusammenfassend kann ich sagen, dass es Arno Fischbacher mit seinem enormen Wissen und seiner Erfahrung gelingt, die Teilnehmer vom ersten Moment an, im positiven Sinne, zu fesseln. Die absolut praxistauglichen und sofort umsetzbaren Inhalte werden direkt vor den Teilnehmern perfekt und sehr einprägsam visualisiert. Es gibt keine vorgefertigten Flipcharts und keinen starren Seminarplan, sondern es wird individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingegangen. Und dennoch hat man als Teilnehmer immer den Eindruck, dass sich ein roter Faden durch den Lehrgang zieht. Der Seminarpreis ist mit 2.270,– € eine gewisse Investition, zahlt sich aber auf alle Fälle aus.