Führen mit Humor

Gerade in Krisenzeiten ist ein humorvoller Führungsstil wichtig, um Mitarbeiter optimistisch und motiviert bei Laune zu halten.

Führung mit Humor ist weit mehr als Witze erzählen und »Blödsinn machen«. Es geht um wertschätzende Kommunikation und eine positive Einstellung zum Leben. TRAiNiNG hat zwei Experten zu diesem Thema befragt.

Was ist Humor?

Brigitte Schaden: Humor ist laut dem Duden »die Fähigkeit und Gabe eines Menschen, den Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu begegnen, sie nicht so tragisch zu nehmen und über sie und sich lachen zu können.« Humor ist also, wenn man trotzdem lacht – so soll es der deutsche Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865 – 1910) formuliert haben. Humor ist aber auch kontextabhängig. Um Humor zu verstehen, muss man die Sprache verstehen und sich in soziale Situationen hineindenken können.

Wie passen Lachen und Humor zusammen?

Monika Herbstrith-Lappe: Im Führungsalltag empfehle ich, den geistreichen Humor zu kultivieren, der häufig in einem herzhaften Lachen mündet. Ein feines Schmunzeln bei sich selbst oder anderen wirkt schon kreativitätsfördernd. Es wirkt peinlich, wenn sich Schauspieler auf der Bühne anbiedern und um die Gunst des Publikums buhlen. Wenn sie selbst beim Spielen Spaß haben, überträgt sich dieser und bewirkt dann in Folge Erheiterung und Lachen der Zusehenden. Wenn wir krampfhaft witzig sein wollen, machen wir uns zur lächerlichen Witzfigur. Pointen gehen auf, wenn wir hellwach im Hier und Jetzt in kreativem Austausch mit den anderen sind.

Was zeichnet humorvolle Führungskräfte aus?

Brigitte Schaden: Humorvolle Führungskräfte zeichnet aus, dass sie auch über sich selbst lachen können. In unseren Breitengraden kommt der Humor häufig zu kurz. Dahinter verbirgt sich oftmals die Sorge, nicht seriös zu wirken. Zielführender ist aber eine gesunde Portion Selbstironie. Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, kann das eigene Leben und jenes der Mitmenschen durchaus erleichtern. Über die eigenen Fehler zu lachen, statt sie mit Plattitüden zu rechtfertigen, wirkt oft Wunder.

Was bedeutet es, mit Humor zu führen?

Monika Herbstrith-Lappe: Führen mit Humor braucht und fördert Leadership kraft authentischer Persönlichkeit und Vertrauen. Über Situationen – und in der hohen Schule des Humors auch über sich selbst – schmunzeln zu können, macht uns menschlich. Im Humor spiegeln sich in markanter Weise unsere Denkmuster. Von daher unterstreicht es unsere Authentizität und damit unser Charisma. Schon Sokrates hat gemeint: »Nichts charakterisiert Menschen mehr, als was sie lächerlich finden.« Vera Birkenbihl hat in diesem Sinne ihr Buch zur Gelotologie, der Wissenschaft des Lachens betitelt: »An Ihrem Lachen soll man Sie erkennen.« Es ist klug, mit Humor und Witz zu führen. Letzteres sollte man nicht mit plumpen Witzen verwechseln. Mit Wortwitz können wir Inhalte einprägsam vermitteln. Auch hier verraten die deutschen Begriffe weise Zusammenhänge: Merkwürdiges bewertet unser Hirn als würdig, es sich zu merken.

Viele Mitarbeiter und Führungskräfte haben in der Corona-Krise wenig zu lachen. Wie gelingt es dennoch, mit Humor zu führen?

Monika Herbstrith-Lappe: Humor ermöglicht beides: Sich-hinein-Steigern im positivem Flow und Sich-hinaus-Schütteln aus Angst und Lähmung. Evolutionspsychologen gehen davon aus, dass sich unsere Fähigkeit des Lachens auch bei den Menschenaffen als Stressventil bewährt hat. Humorvolle Sichtweisen helfen uns, zu Ärgernissen und Schrecklichem soweit auf Distanz zugehen, dass wir sie in anderem Kontext betrachten können. Auch in scheinbar ausweglosen Situationen zeigen sich dann Lösungsmöglichkeiten. Gescheites Blödeln macht so kreativ. Es ist der beste Nährboden für Innovation. Charles Dickens stellt die rhetorische Frage: »Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?« Und es braucht beides: Menschen empathisch mit ihren Sorgen und Nöten ernst nehmen UND in wertschätzend-humorvoller Weise kritische Situationen entkatastrophisieren.

Welche positiven Eigenschaften hat Humor?

Brigitte Schaden: Gerade in einer Zeit, in der viele – verständlicherweise – sehr angespannt sind, brauchen wir Anreize, um den Kopf zwischendurch wieder frei zubekommen. Eine Portion Humor ist eine der hilfreichsten und wichtigsten Kompetenzen zur Stressbewältigung. Denn er sorgt nachweislich für die persönliche »Entstressung« beziehungsweise für eine beruhigende Gelassenheit. Humor wirkt generell positiv auf das Gehirn: Er fördert die Konzentration und den Willen, etwas zu erreichen. Das belegen auch wissenschaftliche Studien zur Humor- und Lachforschung, etwa von Professor William Fry an der Stanford University und Professor Sven Svebak an der Universität Zürich. Und was derzeit besonders förderlich ist: Humor bringt Energie und Warmherzigkeit in eine Gruppe und erhöht die Kooperationsbereitschaft.

Ist Humor eine universelle Methode im Umgang mit Menschen?

Brigitte Schaden: Emotionen sind – wie Gefühle oder Stimmungen – Teil der menschlichen Natur und Gegenstand zahlreicher Forschungsgebiete. Sie können etwa Risikobereitschaft oder Entscheidungen beeinflussen, wie Ergebnisse aus der (Verhaltens-)Ökonomie zeigen. Positive Emotionen können zum Erfolg beitragen, daher ist Humor, wertschätzend und niveauvoll eingesetzt, niemals deplatziert. Humor ermöglicht zum Beispiel Interventionen, wenn eine Situation festgefahren erscheint. Humor ist erlernbar und muss immer wieder trainiert werden. Beispielsweise durch Schärfung der (Selbst-)Wahrnehmung. Denn Humor ist vor allem eine Lebenseinstellung, daher gilt es, die eigenen Werte und die Art des Denkens zu kennen und regelmäßig – durchaus auch mit externer Unterstützung – zu reflektieren. Auch die interkulturelle Dimension gilt es zu beachten. Humor funktioniert auch nach regionalen Regeln. Um diese Unterschiede innerhalb einer internationalen Gruppe festzustellen, bitte ich zum Beispiel bei Kick-off-Meetings jede Person, einen für ihr Land typischen Witz zu erzählen. Das wirkt nicht nur sehr auflockernd, sondern ist auch hilfreich beim Kennenlernen der Teammitglieder und ihres Humors.

Monika Herbstrith-Lappe: Humor und Heiterkeit sind Lebenseinstellung: nämlich die Bereitschaft, Dinge auch anders als gewohnt zu betrachten. Der Begründer der provokativen Psychotherapie Frank Farrelly sagte: »Wer erfolgreich mit Humor arbeitet, der ist in der Lage, im Leben das Tragische, Lustige und Absurde zu sehen und zu schätzen.« Aus Pferdemist wird Rosendünger. Allerdings nur, wenn man ihn zunächst lagert und Säure abbauen lässt. Pferdemist durch die rosarote Brille zu betrachten, ist hingegen kontraproduktive Realitätsverweigerung. Guter Humor wirkt wie ein Vergrößerungsspiegel, der uns in karikierender Überzeichnung Erkenntnisse vor Augen führt. Der Volksmund weiß: »Durch jeden Witz pfeift ein Hauch von Wahrheit.«

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Herbstrith

Monika Herbstrith-Lappe
»Es ist klug, mit Humor und Witz zu führen. Letzteres sollte man nicht mit plumpen Witzen verwechseln.«

www.MonikaHerbstrith-Lappe.com

 

schaden0716

Brigitte Schaden
»Humorvolle Führungskräfte zeichnet aus, dass sie auch über sich selbst lachen können.«
www.pma.at

 

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).