Jürgen Eisserer ist der Trainer des Jahres 2021. Der Kommunikationsexperte vereint fachliches Know-how mit einem gesellschaftlichen Auftrag.
Jedes Jahr vergibt das Magazin TRAiNiNG den Titel »Trainer des Jahres«. Für 2021 erhält Jürgen Eisserer, Trainer, Autor und Experte für Kommunikation in Führung und Verkauf, diese Auszeichnung von uns verliehen. Er überzeugte uns vor allem durch moderne Lernformate, ein frisches, junges und sympathisches Auftreten, seine Fachexpertise und das spürbare Verlangen, sich selbst und die Welt laufend etwas besser zu machen.
Was machten Sie vor Ihrer Trainerkarriere?
Dafür bräuchten wir eine extra Doppelseite (lacht). Es war eine Reise zu mehr als 15 Jobs in den letzten 20 Jahren. Nach meiner Lehre war ich sogar einmal Mountainbike-Guide und arbeitete nach dem Grundwehrdienst auch für ein paar Wochen am Bau. Was sich aber konstant durchgezogen hat, war die Liebe zu Büchern, Geschichten, Sprache und Kommunikation. Ich war Werbe- und Marketingberater, Texter, Journalist, Marketingleiter, freier Handelsvertreter, Verkäufer, Verkaufsleiter, Key Accounter und Moderator.
Warum sind Sie Trainer geworden?
Mit 16 hatte ich mein erstes Rhetorik-Diplom in Händen. Danach stand ich viele Jahre als Moderator auf großen Bühnen und war im Radio und im TV tätig. Als Sohn einer Gastro-Familie bin ich Dienstleister mit Herzblut. Unterhaltung alleine war mir deshalb irgendwann zu stumpfsinnig. Den Impuls zum Trainerdasein gab es vor etwa zwölf Jahren als Marketingmanager eines Fensterproduzenten. Dort hielt ich erste Inhouse-Trainings ab, wie sich Händler nach außen hin präsentieren können. Das war der Startschuss für erste Rhetorik-Trainings und Kommunikationsberatungen.
Was sind Ihre Themen als Trainer, und warum schlägt genau dafür Ihr Herz?
Geschichten erzählen liegt mir im Blut. Und das will ich weitergeben – also nicht mein Blut, sondern das andere. Es dreht sich alles um klare Kommunikation in Verkauf, Führung und auf der Bühne. Denn nur klare Botschaften, Worte und Geschichten erreichen die Menschen. Und Geschichten sind das, woran wir uns und andere Menschen wachsen lassen können.
Ich gehe der Frage nach, wie man Kunden und Mitarbeiter mit Worten heute noch bewegen kann. Denn ich finde es so schade, wenn Menschen sich schwertun, ihre Botschaften klar und überzeugend zu verkaufen – egal ob bei Firmen-Präsentationen, in Verkaufsgesprächen, beim TV-Interview oder ihrem Online-Auftritt. Meine Trainings und Beratungen setzen genau dort an, wo Worte, Wirkung oder Struktur in Gesprächen und Präsentationen fehlen. Es gehen so viel Innovationskraft und gute Ideen verloren, so viele Mitarbeiter, die wirklich etwas bewegen könnten, aber nicht erreicht werden. Und genau diesen Unternehmen, Führungskräften oder Verkäufern möchte ich eine Stimme geben, um Geschichten erzählen zu können. Als CEO meines zweiten Unternehmens, der »Menschen im Vertrieb Training GmbH«, verfolge ich diese Mission auch in vielen bekannten Vertriebsorganisationen. Hier ist die digitale Transformation im Vertrieb unser gemeinsamer Auftrag und mein persönliches Spezialgebiet neben der Weiterentwicklung der Lernkonzepte und unserer Trainer die (digitale) Kommunikation im Verkauf.
Was macht ein Training bei Ihnen besonders?
(nachdenklich) Ich schätze, es ist die Vernetzung und Erfahrung aus den vielen Kommunikations-Disziplinen die ich erleben durfte, vom Vertrieb bis hin zu Schauspiel- und Moderatoren-Ausbildungen, und die damit etwas unkonventionelle neue Herangehensweise an das Lernen. Vielleicht auch der Hintergrund meines aktuellen Studiums der Wirtschaftspsychologie und damit das tiefere Verständnis, wie Menschen heute lernen. Oder es ist meine persönliche Einstellung, als Dienstleister dieser Gesellschaft etwas zurückzugeben. Vielleicht auch weil mein Haarschnitt gefällt, oder etwas ganz anders. Aber da fragen Sie besser direkt meine Kunden (lacht)
Sie halten auch Keynotes. Was machen Sie lieber: trainieren oder Vorträge halten?
Ein gutes Training ist weitaus tiefer in den Organisationen und näher an den wahren Problemen der Menschen dran, deshalb fühl ich mich bei dieser Frage als Dienstleister und Keynote Speaker etwas in der Zwickmühle. Ich erinnere mich an Veranstaltungen vor rund 5 000 Menschen, die mir heute noch Gänsehautmomente bescheren. Wenn ich also die Gelegenheit habe, so viele Menschen gleichzeitig mit meiner Botschaft zu erreichen, möchte ich sie nutzen. Ich liebe die Bühne, den Thrill, die zugeschnittene Präzision von Themen. Zudem steckt dahinter großes Vertrauen, das mir Menschen als Speaker entgegenbringen, um neue Perspektiven für ihr Unternehmen zu erhalten. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich also nicht nur auf Kongressen oder Events sprechen, sondern vor jedem größeren Trainingskonzept eine vorgelagerte Keynote halten, um die Teilnehmer auch wirklich emotional abzuholen. Dort, wo ich Keynotes vorlagern konnte, in denen nicht nur die Entscheiderebene zuhörte, sondern auch die anschließenden Seminarteilnehmer dabei waren (geht ja digital in TV-Qualität heute einfacher denn je), erlebten wir einen enormen Anstieg der Akzeptanz der Themen und damit auch in den Lernergebnissen.
Wie hat Corona für Sie den Beruf verändert?
Der sukzessive Umstieg auf digitale Kommunikation hat die gesamte Trainings- und Speaker-Branche wachgerüttelt. Es kam ja teilweise zu einem radikalen Umbau analoger Trainings- und Vortragskonzepte auf digitale oder hybride Modelle. Damit verbunden verändert sich auch die Sprache. Sie wird kürzer, die Aufmerksamkeit sinkt, Botschaften an Kunden und Mitarbeiter müssen pointierter sein. Für uns veränderte sich daher vor allem der Aufbau unserer Trainings. Noch mehr hin zu »Hilfe zur Selbsthilfe«. Also zum Lernen durch Erleben und Erfahren, statt langer Monologe durch Trainer. Wir sind vielmehr unterhaltende Lernbegleiter. Ja, unterhaltend, denn mit Humor und Witz, also einem Schmunzler, lassen sich Inhalte aufgrund der Informationsflut an »bad news« weitaus leichter verdauen. Was Lernen nicht mehr sein darf, ist die Erinnerung an Schule. Deshalb arbeiten wir weiter an modernen Formaten.
Welche Menschen inspirieren Sie persönlich?
Aus Sicht eines Unternehmers inspirieren mich vor allem jene, die mit wahrhaftiger Weisheit (ich meine damit mehr als Kalendersprüche) und tieferen Erkenntnissen eine Botschaft nach außen tragen können, statt primär kapitalistischen Strömen zu folgen. Klingt ein bisserl verträumt und spirituell. Aber genau das sind die Menschen, die diese Welt wirklich verändern und mitgestalten können. Aus privater Sicht reicht oft auch schon eine neue Erkenntnis eines guten Freundes. Also kann diese Rolle der Inspiration praktisch jeder Mensch in meinem Umfeld einnehmen, der offen gegenüber Veränderungen ist.
Wer ist Jürgen Eisserer privat?
Nicht viel anders als auf der Bühne. Tiefgründig, überlegt, selbstkritisch, eine Prise Humor und Ironie, unglaublich neugierig, denn ich will alles sehen und erkennen, was sich um mich auftut, manchmal ein wenig zu eitel. Aber durch meine Freunde und Familie zum Glück geerdet genug, dass mir auch so eine schöne Auszeichnung garantiert nicht zu Kopfe steigt.
Wie sieht Ihre Zukunft aus?
Ich hab noch keine Kinder, bin aber vor Kurzem erstmals Onkel geworden. Für Kinder und Menschen wie meinen Neffen Fabio habe ich Bilder einer Zukunft im Kopf, die ich gerne selbst mitgestalten will. Alle reden von Content, aber niemand von Bildung fürs Herz. Ich arbeite dafür, dass sich Menschen gerne wieder mit Büchern, Sprache und gedankenreicherer Kommunikation beschäftigen. Denn auch bei Selbstgesprächen braucht es eine gewisse Qualität des Gesprächspartners. Darin liegt für mich der Schlüssel zeitgemäßer Kommunikation und in modernem Storytelling. Und so sehe ich meine Zukunft, unermüdlich an diesem Auftrag zu arbeiten – für meinen Fabio.