Attraktivität erhöhen, besonders in der Krise

Unternehmen, die von der Pandemie betroffen sind und gleichzeitig die besten Talente suchen, sind mehr denn je gefordert, an ihrer Employer Brand zu arbeiten.

Die Pandemie trifft Branchen in unterschiedlichem Ausmaß. Zu der am stärksten betroffenen zählt mitunter die Tourismus-Branche. Unternehmen wie Reiseveranstalter unterliegen einem massiven Umsatzausfall und kämpfen zudem mit der im Tourismus ungünstigen Gehaltsstruktur. Die unsicheren und damit unattraktiven Arbeitsbedingungen führen zu einem Branchen-Wechsel bisheriger Mitarbeiter und zu einem Rückgang an Bewerbungszahlen. Diese Unternehmen sind ganz besonders gefordert, Employer-Branding- und Personalmarketing-Maßnahmen zu entwickeln, die sie als authentische und attraktive Arbeitgeber positionieren. Die Entwicklung von Konzeptideen war Ziel eines Kooperationsprojektes des Masterstudiengangs Organisations- und Personalentwicklung der FHWien der WKW und TUI Austria, durchgeführt im Herbst/Winter 2021/22.

Employer Branding

Gemäß Kanning (2016) bezieht sich der Begriff Employer Branding auf alle Bemühungen eines Unternehmens, sich als besonders attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Davon erhofft man sich eine positive Wirkung nach innen und nach außen: Nach innen richten sich die Aktivitäten an bestehende Mitarbeiter. Diese sollen eine positive emotionale Beziehung zu ihrem Arbeitgeber aufbauen, was sich im Idealfall in der Arbeitsqualität, der Mitarbeiterbindung und in einem aktiven Engagement für ein gutes Arbeitgeberimage niederschlägt. Nach außen wirkt die Marke auf potenzielle Mitarbeiter, die sich bestenfalls von der Arbeitgebermarke angezogen fühlen und sich mit größerer Wahrscheinlichkeit bewerben.
Im Zuge des Praxisprojektes der FHWien der WKW und TUI Austria wurde ein Forschungsdesign konzipiert, das sowohl die interne, als auch die externe Analyse umfasste. Gearbeitet wurde in 6 Teilprojekten mit unterschiedlichen Zielgruppen – u. a. Mitarbeiter, Bewerber, Branchenvertreter, Mitbewerb und Best-Practices anderer Branchen. Im Zeitraum September bis Dezember 2021 wurden insgesamt 15 Experteninterviews, vier Fokusgruppen, sechs Benchmarking-, Website-, Social-Media sowie Dokumentenanalysen durchgeführt.

Studienergebnisse

Nachfolgend werden zusammenfassend sieben Kern-Ergebnisse dargestellt, die sich auch auf andere Branchen übertragen lassen:

Unternehmenskultur & Beziehungspflege
Eine starke Organisationskultur ist in Krisenzeiten eine wichtige Stütze, um Mitarbeiter zu halten. Interne Workshops und Maßnahmen zur Stärkung der gelebten Werte im Unternehmen und der Teamkultur können dazu beitragen. Besonders in Lockdown-Zeiten fehlt der gemeinsame Kontakt unter Mitarbeitern. Es gilt, diesen gezielt zu initiieren und über Abteilungsgrenzen hinweg Austauschmöglichkeiten zu schaffen.

Tue Gutes und rede darüber
Unternehmens-Assets, wie attraktive Benefits oder gelebte Werte, die von Mitarbeitern gerade in Krisenzeiten als besonders positiv wahrgenommen werden, gilt es zu ermitteln und publik zu machen, bevorzugt durch Mitarbeiter selbst. Ein Pool an sogenannten Botschaftern der Unternehmensmarke könnte gemeinsam abgestimmte Inhalte und Unternehmenswerte authentisch und glaubwürdig nach außen tragen.

Klarheit in Berufsbezeichnung und Tätigkeit
Berufsbezeichnungen werden nicht immer richtig interpretiert, besonders von jungen Menschen, die noch keine Arbeitserfahrung vorweisen können. Diese wünschen sich einen vertieften Einblick in Berufsbilder und eine positiv besetzte Berufsbezeichnung, die nach außen Anerkennung findet. Arbeitgeber sollten hier frühzeitig vermitteln, wie der Arbeitsalltag im Unternehmen aussehen kann. Dies ist insbesondere in Industrien wie der Reisebranche wichtig, da die Wahrnehmung von außen zunächst über die Dienstleistung, also das Reisen erfolgt, und der Aspekt des Unternehmens als Arbeitgeber zu kurz kommen kann. Hier gilt es, sich eindeutig zu positionieren.

Zielgruppen online finden und versorgen
Passendes Mittel, um Kontakt herzustellen, sind die sozialen Medien. Nach einer Zielgruppendefinition gilt es, schnell konsumierbare Inhalte in jenen Social-Media-Kanälen zu platzieren, in denen die Zielgruppe zu finden ist. Storytelling und Podcasts können dabei einen Benefit bieten.

Netzwerke initiieren, reaktivieren, nutzen
In Krisenzeiten zusammenzurücken kann auch innerhalb von Branchen-Verbänden hilfreich sein. Im Idealfall führt eine gemeinsame Informationskampagne zu einer breiteren Außenwirkung. Der Austausch mit dem Mitbewerb kann neue Lösungen entstehen lassen.

Mobile Endgeräte
Junge Generationen wünschen sich leicht zugängliche konkrete Informationen. Das Karriereportal eines Unternehmens sollte einfach zu finden, intuitiv bedienbar und nach den Bedürfnissen der Bewerbenden ausgerichtet sein. Zudem ist sicherzustellen, dass Bewerbungen mit allen mobilen Endgeräten möglich sind.

Gesellschaftliche Themen aufgreifen
Aufgrund der öffentlichen Wahrnehmung wird es immer wichtiger, im Zuge der Arbeit auch einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Insbesondere Initiativen zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in der Reisebranche, der Diversität der Belegschaft und der Work-Life-Balance sind für aktuelle und potenzielle Mitarbeiter wichtige Bereiche, die hier einbezogen werden sollten, nicht nur in der Tourismusbranche.

Fazit
Vor allem in Krisenzeiten kann es eine Herausforderung für Unternehmen werden, geeignetes Personal zu finden und zu halten. Ein positives Arbeitgeberimage wird essenziell. Die vorliegende Fallstudie zeigt die Notwendigkeit der authentischen Positionierung des Unternehmens, die Orientierung an den Bedürfnissen der Mitarbeiter und potenziellen Bewerbern, sowie das Berücksichtigen von gesellschaftlichen Entwicklungen auf. Abschließend eine Projektaussage: »Mitarbeiter wollen nicht gehalten oder gebunden, sondern fasziniert und beflügelt werden.« In diesem Sinne: Zeigen Sie Ihren (potenziellen) Mitarbeitern den Raum, in dem sie ihre Flügel ausbreiten und fliegen können. Viel Erfolg!

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Gastautor
Steffi Bärmann
Academic Expert &
Lecturer.
www.fh-wien.ac.at

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Gastautor
Sigrid Maxl-Studler
Academic Expert & Lecturer.
www.fh-wien.ac.at