Viele Unternehmen denken ihr Recruiting neu. Worauf dabei zu achten ist und welche Fehler immer noch oft begangen werden, lesen Sie in diesem Interview.
»Modernes Recruiting braucht zuallererst ein Umdenken«, sagt Florian Riehs. »Unternehmen müssten ganzheitlich denken, Synergieeffekte nutzen und digitale Anknüpfungspunkte schaffen, um fit für die Zukunft zu sein.«
TRAiNiNG hat Florian Riehs zum modernen Recruiting interviewt.
Wie sieht modernes, digitales Recruiting im Optimalfall aus?
Modernes Recruiting bedeutet, Arbeitgebermarketing, Personalmarketing und Produktmarketing in Balance zu bringen und Synergieeffekte zu nutzen – etwa, um begeisterte Kunden auch als Kandidaten zu gewinnen oder umgekehrt. Wer heute nur klassische Jobinserate als Sprachrohr zum Kandidatenmarkt nutzt, wird als Arbeitgeber unterdurchschnittlich wahrgenommen.
Hier gilt es, digitale Anknüpfungspunkte zu schaffen, um sowohl die Unternehmens- als auch die Arbeitgebermarke nach außen zu tragen und Informationen einfach zugänglich zu machen – ob für Kandidaten oder Kunden. Zudem müssen Recruiter sich aktiv um den passiven Kandidatenmarkt kümmern – indem sie ihre Sichtbarkeit auf Social Media und über Arbeitgeberprofile erhöhen oder auf Unterstützung von Personalberatungen zurückgreifen.
Weg also vom klassischen Bewerbungsprozess?
Optimales Recruiting nimmt Menschen den Bewerbungsaufwand ab. Wir können hier einiges aus der Entwicklung des Online-Shoppings lernen. Es ist skurril: Auf der Produktseite versuchen Unternehmen, es den Konsumenten so einfach wie möglich zu machen, auf »kaufen« zu klicken. Im Bewerbungsprozess hingegen verlangen wir alle möglichen Daten, damit jemand überhaupt seine Bewerbung abschicken kann. Diese »Conversion-Killer« müssen im Bewerbungsprozess verschwinden – auch wenn dies mehr Aufwand für das Recruiting bedeutet. Um den Aufwand zugleich minimieren zu können, ist auch hier die Personalberatung wieder hilfreich.
Was sind typische Fehler, die Kunden bei der Digitalisierung ihrer Personalarbeit machen?
Da sehe ich aktuell zwei Herausforderungen: Zum Ersten können Unternehmen auf sämtlichen Kanälen, die sie für Produktmarketing nutzen, ihre Employer Brand mittransportieren. Leider wird das noch viel zu selten genutzt. Es fehlt das Verständnis für den ganzheitlichen Auftritt des Unternehmens. So liegen beispielsweise Kundendaten für das Recruiting brach und werden nicht genutzt.
Und zum Zweiten sehe ich bei vielen Unternehmen eine gewisse Scheu, disruptive Ideen mit offenem Ergebnisausgang zu entwickeln. Zu viele verlassen sich auf Recruitingsysteme, die einen gewissen Weg vorgeben. Um für die Zukunft fit zu werden, braucht es aber Beratung und Lösungen, die das gesamte Spektrum des digitalen, modernen Recruitings im Blick haben.
Wie finden Unternehmen heraus, ob ihre Kandidaten für eine New-Work-Kultur geeignet sind?
Mit dem Buzzword von »New Work« schmücken sich viele Unternehmen. Die wenigsten setzen es aber auch wirklich im vollen Umfang um. Und das schreckt Kandidaten ab: Im Recruiting gehört Klarheit geschaffen, was der Begriff »New Work« im konkreten Unternehmenskontext bedeutet und wie er gelebt wird. Wer dabei flunkert, wird mit früher Fluktuation bei Neueinstellungen oder bereits im Bewerbungsprozess konfrontiert.