Holografie ist eine vielversprechende Technologie, die das Potenzial hat, den Markt für Keynote-Speaker zu revolutionieren. Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen abzuschätzen, aber es ist klar, dass Holografie ein wichtiger Bestandteil des Business-Speaker-Marktes sein wird.
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich der Markt für Business Speaker verändert. In den ersten Monaten nach Ausbruch des Virus hat sich die Nachfrage nach Online-Speakern deutlich erhöht, während die Nachfrage nach Live-Speakern stark zurückgegangen ist. Speaker, die rasch auf Online-Vorträge umgestiegen sind, konnten halbwegs gut durch die Krise kommen und die Beziehung zu ihren Kunden schärfen. Die Digitalisierung hat einen massiven Sprung gemacht und neue Technologien, auch für den Rednermarkt, entwickelt.
Professionelle Redner, die sich auf ein bestimmtes Thema spezialisiert und sich damit gut positioniert haben, waren, sind und werden auch in Zukunft sehr gefragt und nützlich für ein Unternehmen sein. Gerade weil es seit der Corona-Pandemie viel schwieriger geworden ist, Veranstaltungen zu organisieren und genügend Menschen zu motivieren, daran teilzunehmen, sind gute und bekannte Speaker noch wichtiger geworden. Interessant klingende und aktuelle Themen von namhaften Rednern motivieren durchaus noch viele Menschen, an einem Event teilzunehmen. Die Holografie-Technik, auf die wir später noch näher eingehen werden, ist ein weiterer USP für professionelle Redner und kann dazu führen, dass mehr Menschen zu einer Veranstaltung kommen.
Aktuelle Marktsituation
TRAiNiNG hat bei zwei professionellen Rednern1 nachgefragt, wie der aktuelle Markt aussieht, und welche Veränderungen in den letzten Jahren beobachtet werden konnten.
Siegfried Haider (experts4events Agentur-Inhaber) kennt den Markt ganz genau: »Der Markt des Speaking ist kleiner geworden. Vieles wurde bei Speaker-Events auf den Prüfstand gestellt und gestrichen. Teilnehmer sind zögerlicher geworden, zu Live-Events zu fahren. Teilweise wurden von Unternehmen dafür finanzielle und zeitlich enge Grenzen gezogen. Speaking ist digitaler geworden. Und dabei haben wir bemerkt, dass es für Speaker enorm schwierig ist, in Teams und Zoom ähnlich begeisternd zu wirken wie live. Teilnehmer haben wenig Lust, längeren Keynotes vor einem Bildschirm zu lauschen. Das digitale Speaking hat Grenzen, wenn wir es so oder so ähnlich ausliefern wie früher live. Grenzen auch bei der Bereitschaft, dafür die gleichen Honorare wie live zu bezahlen. Deshalb ist auch in digitalen Räumen wie Zoom & Co. geboten, holografische Szenen einzusetzen. Denn dann ist Speaking plötzlich wieder spannend und relevant. Es wirkt wie modernes Kino. Da bewegt sich was, da passiert was. Das fesselt. Was sich leider nicht groß verändert hat: Viele Speaker sind leider zu investitions- und innovationsarm geblieben und glauben, es würde noch ewig so weitergehen wie bisher. Das darf sich im Interesse dieses tollen und für die turbulente Zukunft so wichtigen Berufes ändern!«
Monika Herbstrith-Lappe (Trainer und Speaker) ist davon überzeugt, dass »nach den langen andauernden Einschränkungen wieder große Sehnsucht nach wirklichen Begegnungen mit Menschen herrscht«. Sie sieht zu den ganzen technischen Neuerungen auch einen Gegentrend: »Das Publikum will auf der Bühne Menschen erleben, die andere an ihren persönlichen Erfahrungsschätzen offenherzig teilhaben lassen. Eine Sättigung besteht hingegen an Heroe Sagas im Sinne von ›Schaut her, was ich für ein toller Hecht bin. Ich gebe euch Erfolgsgarantie. Alle, die es ab jetzt nicht auch so machen wie ich, sind einfältig.‹ Die unzähligen Online-Vorträge der letzten Jahre bieten dem Publikum Vergleichsmöglichkeiten. Der Qualitätsanspruch ist daher deutlich gestiegen. Das ist auch gut so.«
Technische Neuerungen
Von Keynote-Speakern wird erwartet, dass sie ihr Publikum mit innovativen und fesselnden Präsentationen begeistern. Um dies zu erreichen, müssen Speaker immer auf dem neuesten Stand der Technik sein.
Eine der bekanntesten Neuerungen ist die Verwendung von Virtual Reality (VR). VR ermöglicht es Keynote-Speakern, ihre Präsentationen auf eine völlig neue Weise zu gestalten und die Zuhörer in eine virtuelle Umgebung eintauchen zu lassen. Mit VR können Keynote-Speaker eine Erfahrung bieten, in der die Zuhörer das Gefühl haben, dass sie direkt in der Präsentation sind.
Eine weitere Möglichkeit, die Präsentation zu verbessern, ist die Verwendung von Augmented Reality (AR). AR ermöglicht es Keynote-Speakern, virtuelle Elemente in die reale Welt zu projizieren. Diese Elemente können in Form von Animationen, Videos oder Bildern angezeigt werden und helfen den Zuhörern, das Thema besser zu verstehen.
Eine weitere Technologie, die professionelle Sprecher nutzen können, ist die Künstliche Intelligenz (KI). KI kann verwendet werden, um Präsentationen zu optimieren, z. B. um die Reaktionen des Publikums zu erfassen und zu analysieren. KI kann auch verwendet werden, um Präsentationen zu personalisieren, indem sie relevante Inhalte auf Basis des Wissensstands des Publikums anzeigt.
All diese neuen »Spielereien« machen es möglich, Präsentationen dynamischer und ansprechender zu gestalten. Sie helfen dabei, die Zuhörer zu beeindrucken und zu unterhalten. Denn: Die Welt hat sich verändert. Und wer nicht mit der Zeit geht, geht bekanntlich mit der Zeit.
Davon ist auch Siegfried Haider überzeugt: »Fachvorträge wird es weiter geben. Aber das Keynote-Speaking so wie bisher stirbt. Langsam, aber sicher. Denn niemand von der Generation Z und jünger hat noch die Fähigkeit oder Lust, einer Person, die im wesentlichen 45 Minuten monologisiert, aufmerksam zuzuhören. Und dabei still zu sitzen. An der Schule oder Uni müssen sie es – meist unter Qualen. Aber nicht im Tagungsraum. Natürlich gibt es ganz wenige Speaker, die es vielleicht schaffen, auch diese Zielgruppe länger zu unterhalten. Aber das sind absolute Ausnahmen. Nun könnten Vorträge ja immer kürzer werden, aber das ist selbst für die besten Speaker nicht einfacher. Schlimmer für Wie-bisher-Speaker aber ist, dass diese Generation dafür nicht mehr bereit ist, so viel Honorar zu bezahlen. Selbst, wenn es extrem unterhaltsam wäre. Denn Netflix kostet auch nur rund 10,– € im Monat. Auf Youtube & Co. ist es kostenlos – und dafür muss ich nicht anreisen. Die Lösung: Keynote-Speaking wie Netflix. Oder besser: Wie 3D-IMEX-Kinos. Und das bedeutet die Nutzung von Holografie oder ähnlichen 3D-Techniken als Übergangstechnik und ›Testwiese‹ zum Metaverse.«
Doch der Umgang mit der Technik muss beherrscht werden. Sonst machen sich Experten lächerlich.
Monika Herbstrith-Lappe: »Als Corona-bedingt plötzlich unglaublich vieles auf online umgestellt wurde, hat sich ein höchst wünschenswerter Nebeneffekt eingestellt: Menschen sind fehlertoleranter geworden. Das gemeinsame Meistern der Herausforderungen der Krise hat eine wunderbare Solidarität gefördert. So ist man technischen Pannen mit liebevoll-fürsorglichem Verständnis begegnet und Unzulänglichkeiten in Bild und Ton wurden großzügig toleriert. ›Kann man mich hören?‹ ist fast schon zur Begrüßungsformel geworden. Diese Schonfrist ist jetzt vorbei. Auftraggeber und Publikum wünschen sich bei Online-Vorträgen zurecht nicht nur inspirierenden Inhalt und begeisternde Performance, sondern auch professionelle Technik. Schließlich wird für Online-Vorträge auch meist das Gleiche wie für Präsenz-Vorträge bezahlt.«
Vorteile der Holografie-Technik
Kommen wir nun zum Einsatz von Holografie auf den Bühnen. Oft wird diese neue Technik als nächste große Revolution auf Redner-Bühnen bezeichnet. Welche Vorteile bietet Holografie?
Monika Herbstrith-Lappe: »Die Dreidimensionalität kann das Miterleben des Publikums unglaublich fördern. Das Höhengefühl von Bergsteigern oder vom Fliegen kann mit Holografie wesentlich intensiver und hautnäher vermittelt werden. Von daher ist es für mich schon höchst reizvoll, mir mein Meer der Möglichkeiten, die vielfältigen Ökosysteme tropischer Riffe, die schwerelose Leichtigkeit des Schwebens unter Wasser, Begegnungen mit Mantas und Haien beim Tauchen dreidimensional mittels Holografie auf den Bühnen vorzustellen. Der große Vorzug der Dreidimensionalität besteht also darin, das Publikum noch sinnlicher in andere Welten eintauchen zu lassen. Dadurch lässt sich nicht nur die Dramaturgie durch Mitfiebern zwischen Hoffen und Bangen steigern, sondern es bietet auch viele kognitive und didaktische Möglichkeiten. Ein Neuroscience-Vortrag, bei dem man sich mittels Virtual Reality im menschlichen Gehirn orientieren kann, ist drastisch anschaulicher und einprägsamer als der beste Vortrag mit zweidimensionalen Bildern. Ähnliches wie für die Anatomie gilt für Vorträge bzgl. Architektur, technischer Anlagen oder physikalischer Prozesse.«
Trotz der Vorteile, die auf dem Tisch liegen, gibt es derzeit nur eine Handvoll deutschsprachiger Redner, die technisch in der Lage sind, holografische Vorträge anzubieten. Nur die wenigsten Kunden kennen es und sind auch bereit, einen höheren Preis dafür zu bezahlen.
Siegfried Haider: »Als die Overhead-Folien abgelöst wurden, dauerte es zehn und mehr Jahre, bis wir wirklich beeindruckende, wirkungsvolle PowerPoint-Präsentationen flächendeckend hatten. Das gilt mindestens auch für Holografie. Denn der Vorteil von Hologrammen ist auch gleichzeitig der Nachteil: Es ist fast alles möglich. Und noch nie waren sie so einfach zu erstellen, günstig und qualitativ brillant. Wir können selbst in Person auf der Bühne sein und uns mit allen 3D-Objekten umgeben. Wir können mit anderen 3D-Avataren interagieren. Wir können selbst als Avatar von überall auf die Bühne projiziert werden – denn warum müssen Speaker aus den USA tagelang reisen, um in Österreich auf der Bühne zu stehen? Das ist nicht nötig und nicht nachhaltig. Der größte Vorteil ist aber die Multiplizierbarkeit, denn ich kann parallel auf vielen Bühnen sprechen: live aus dem Studio oder vorher aus der Konserve. Insgesamt wirkt Holografie aber eben auf jede Generation mega begeisternd. Teilnehmer packen ihre Handys weg und sind mit voller Aufmerksamkeit wieder bei dem, was auf der Bühne filmisch abläuft und vermittelt wird. Das ist – ganz nach Vera F. Birkenbihl – gehirngerecht.«
Nachteile der Holografie-Technik
Die Verwendung von Holografie als Mittel der Visualisierung ist ein sehr aufregender und vielversprechender technologischer Fortschritt. Aber wie bei jeder Technologie gibt es auch Nachteile, die man berücksichtigen muss.
Siegfried Haider: »Kurz gesagt: Es ist mehr Aufwand, sie vorzubereiten, zu erstellen und auszuliefern. Keynote-Speaker können hier nicht einfach auf die Bühne gehen und spontanitätsgetrieben losreden. Gut so! Ein Holo-Vortrag bedarf genauer Vorbereitung und Übung. Das führt immer zu mehr Innovationen in der Art der Präsentation. Und genau das ist es, was ich von Profi-Speakern bei ansehnlichen Honoraren auch erwarten darf. Holografische Vorträge werden in den nächsten Jahren noch nicht die 2D-Vorträge ersetzen, sondern als Premium-Produkt ergänzen. Vor allem bei den größeren Events. Das darf dann auch mehr kosten. Weil es vielfach besser wirkt. Viele Keynote-Speaker, die reden können, sind verwöhnt vom ›einfachen‹ Geld verdienen. Es beginnt aber jetzt eine neue Ära von Bühnen, die in Metaversen sind, wo für Keynote-Speaker gut reden allein nicht mehr reicht. Event-Erfolg durch Keynote-Speaker wird es weiter geben, aber vor allem für die, die auch die neue Technik zu nutzen wissen.«
Monika Herbstrith-Lappe erkennt noch weitere Nachteile: »Die Möglichkeiten von Holografie und Virtual Reality sind nur dann sinnvoll, wenn es der Botschaft dient. Kontraproduktiv wird es, wenn es ein effektheischendes Konkurrenzprogramm zum Inhalt wird. ›Die Dosis macht das Gift zur Medizin‹ gilt ganz besonders für wirkmächtige Technologien. Hier gilt auch: Weniger ist mehr. Zu den Grenzen in Richtung Kitsch, Banalität und Klischees sollte man ausreichend Abstand halten. Viele kennen es: Man liest einen genialen Roman und ist dann enttäuscht, wenn man ihn verfilmt sieht. Ansprechende Worte erzeugen Kopfkino und beflügeln die eigene Fantasie. Schade ist, wenn diese durch einengende vorgegebene Visualisierungen und Geräusche beschränkt werden. Ein absolutes No-Go ist es, wenn die virtuellen nonverbalen Botschaften die angestrebte und mit Worten behauptete Botschaft konterkarieren. Wenn es z. B. im Vortrag darum geht, wie wichtig persönliche Gespräche sind, um das Vertrauen von Menschen zu gewinnen und dies von täuschend ähnlichen Avataren gesprochen wird, ist dies in sich widersprüchlich. Intuitiv vertrauen Menschen den nonverbalen Botschaften mehr. Es schürt Misstrauen, wenn Botschaft und Form der Vermittlung nicht stimmig sind. Ein großer Nachteil ist es derzeit noch, dass die Speaker wie hinter einem durchscheinenden Vorhang stehen. Die meisten Objekte erscheinen auch nicht im Hintergrund, sondern vor dem Speaker. Beides erhöht die Distanz zum Publikum. Da stellt sich mir die Frage: Ist die erhöhte Wirkung durch die 3D-Möglichkeiten dieses Hemmnis wert. Für mich heißt das, dass ich das Meer der Möglichkeiten erst dann mittels Holografie dreidimensional auf die Bühnen bringen werde, wenn dies hybrid möglich ist: Starten im uneingeschränkten Kontakt zum Publikum, als Höhepunkt in 3D abtauchen, um die Botschaft einprägsam zu vertiefen, und dann wieder zu den Menschen aufzutauchen.«
Avatare auf mehreren Bühnen gleichzeitig
In der ABBA-Arena in London können wir heute schon sehen, wie großartig Avatare auf der Bühne zu wirken imstande sind. Wer ein Fan von modernen Technologien ist, sollte sich ein Konzert der schwedischen Band ABBA dort keinesfalls entgehen lassen. Dass die Band selbst nicht vor Ort ist, stört nicht. Eine großartige 3D-Animation macht das Konzerterlebnis perfekt. Könnte so etwas auch bei Keynote-Speakern funktionieren?
Monika Herbstrith-Lappe: »Ich kann mir gut Settings vorstellen, wo dies sinnvoll ist. Durch die Online-Konferenzen während der Pandemie hat die Reisebereitschaft zu Konferenzen abgenommen und der Druck auf Mitarbeiter, Reisespesen zu reduzieren, ist gestiegen. Veranstalter gehen deshalb auch dazu über, statt einer großen zentralen Konferenz ein Netzwerk von gleichzeitigen, regionalen Veranstaltungen zu organisieren. Hier die Speaker auf die unterschiedlichen Orte zu verteilen und jeweils an den anderen Orten als Avatare auftreten zu lassen, stelle ich mir als sehr sinnvoll vor. Ein wichtiger ethischer Grundsatz im Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist es, diese immer als solche erkennbar zu machen. Ziel der Gestaltung von Avataren sollte daher nicht verblüffende Ähnlichkeit mit der Realität sein, sondern vielmehr eine gute Karikatur, die die markanten Erkennungszeichen als künstliches Design und nicht als dreidimensionales filmisches Abbild widerspiegelt. Liebend gerne hätte ich einen Albert-Einstein- oder Max-Reinhardt-Avatar in Wien erlebt, während diese Herren zeitgleich in New York gesprochen haben.«
Siegfried Haider war selbst schon in London, um sich von der ABBA-Show begeistern zu lassen. Er erzählt: »Die Pandemie hat auch im -Keynote-Speaking eine neue Kompetenz entwickelt: vor einer Kamera zu reden und in digitale Räume übertragen zu werden. Profi-Speaker haben auch dazu neue Konzepte entwickeln müssen, um die Aufmerksamkeit zu halten. Holografie ist ›nur‹ die nächste Stufe dazu. Für Speaker ist es dabei wenig bedeutend, auf wie vielen Bühnen ihre Übertragungen zu sehen sind. Das gilt ebenso für ihre Avatare: Sie stehen im Studio vor einem Greenscreen und sprechen einmal ähnlich wie live auf der Bühne. Auf mehreren großen Bildschirmen sehen sie die Reaktionen der verschiedenen Teilnehmerschaften in den zahlreichen Tagungsräumen, wo sie gerade parallel als Avatare auftreten. Und beantworten danach über Mikro Fragen in jeden digitalen oder Live-Raum. Für die Teilnehmer vor Ort bedeutet es nur einen Unterschied: Die ersten Reihen sehen gerade noch, dass die Speaker nicht real vor Ort sind, sondern ›nur‹ ihre Avatare. Ab Reihe 10 erkennen die Teilnehmer selbst diesen Unterschied nicht mehr. Wer bei ABBA Voyage in London war, weiß, was ich meine: Du vergisst nach wenigen Minuten, dass ABBA gar nicht da ist.«
Schöne neue Speaker-Welt!