Firmenrad statt Firmenwagen

Seit einiger Zeit gibt es für Unternehmen die Möglichkeit, kostengünstig Fahrräder für ihre Mitarbeiter zu leasen. TRAiNiNG im Gespräch mit Marc Gerhardinger.

Marc Gerhardinger ist begeisterter Fahrradfahrer und leitete selbst jahrelang ein eigenes Fahrradgeschäft. Jetzt ist er der Geschäftsleiter von »Firmenradl« und verfolgt eine Vision. Er möchte gemeinsam mit seinem Team Österreich zu einer Fahrradnation machen, ähnlich wie in Holland. Durch eine Änderung in den Lohnsteuerrichtlinien seit Dezember 2020 scheint dies tatsächlich auch möglich.
Die Preise für Fahrräder, besonders für E-Bikes, sind seit 2019 um bis zu 42 % angestiegen. Um sie dennoch für so viele Menschen wie möglich leistbar zu machen, gibt es die Möglichkeit für ein attraktives Finanzierungsmodell über den Arbeitgeber. Dabei sparen sich die Mitarbeiter bis zu 35 % der Kosten für ihr Fahrrad, und dem Arbeitgeber entstehen keine Kosten. Wie das genau abläuft, erfuhr TRAiNiNG im persönlichen Gespräch mit Marc Gerhardinger.

Wer steckt hinter »Firmenradl«?

Firmenradl gehört zu 100 % Intersport Österreich. Wir sind ein Start-up im Unternehmen und zu 100 % in unseren Entscheidungen frei. Der einzige, offensichtliche Anknüpfungspunkt ist die Nutzung der Firmenzentrale in Wels.

Wie funktioniert das Modell genau?

Firmenradl funktioniert relativ einfach, obwohl es hoch komplex ist (lacht). Tatsächlich übernehmen wir den komplexen Teil und überlassen den einfachen Teil unseren Kunden, den Unternehmen. Damit es attraktiv ist, muss es so einfach und so günstig wie möglich sein. Das haben wir beides erreicht. Die Kosten für Arbeitgeber sind tatsächlich Null, der zeitliche Aufwand sehr überschaubar.
Im ersten Schritt registriert sich das Unternehmen auf unserer Website, stellt die erforderlichen Informationen bereit und unterzeichnet eine vertragliche Vereinbarung. Nach der Überprüfung durch unser Team erfolgt die Freischaltung des Unternehmens, woraufhin es unverzüglich seine Mitarbeiter über die Benefits in Kenntnis setzen kann. Im zweiten Schritt steht es allen interessierten Mitarbeitern frei, sich ebenfalls zu registrieren. Die im Unternehmen dafür verantwortliche Person wird über die Registrierung informiert, überprüft den Vorgang und ist in der Lage, umgehend ein Budget für das Fahrrad bereitzustellen. Der gesamte Prozess nimmt lediglich 2 bis 3 Minuten in Anspruch.
Nun können die Mitarbeiter zu unseren Partner-Fahrradhändlern gehen und ihr persönliches Traumfahrrad auswählen. Mit einem stetig wachsenden Netzwerk von derzeit bereits über 600 Händlern österreichweit ist es mühelos möglich, einen geeigneten Partnerbetrieb zu finden. Nachdem der Mitarbeiter eine Entscheidung für ein Fahrrad getroffen hat, zeigt er dem Verkäufer lediglich den Code, den er während der Registrierung erhalten hat, und unterzeichnet die Rechnung. Diese wird dann vom Händler an uns weitergeleitet. Das Fahrrad kann ab sofort für alle Fahrten zur Arbeit oder privat genutzt werden.

Und wie läuft die Finanzierung weiter?

Die Leasing-Bank, mit der wir kooperieren, stellt dem Unternehmen monatlich die vereinbarte Leasingrate in Rechnung. Das Unternehmen begleicht die Rate und verrechnet den entsprechenden Betrag mit dem Bruttogehalt des betreffenden Mitarbeiters. Der einzige Aufwand, der im Unternehmen anfällt, besteht in der kurzen Einarbeitung der Lohnverrechnung, um diese mit den erforderlichen Schritten vertraut zu machen. Diese Einarbeitung stellt normalerweise einen einmaligen und zeitlich begrenzten Aufwand dar. Sobald die Lohnverrechnung mit dem Ablauf vertraut ist, beträgt der monatliche Aufwand lediglich einige wenige Sekunden pro Mitarbeiter.

Welchen Vorteil hat dieses Modell für die Arbeitnehmer?

Die Vorteile für die Mitarbeiter liegen auf der Hand. Erstens müssen sie nicht den gesamten Betrag auf einmal aufbringen, und zweitens profitieren sie von drei steuerlichen Begünstigungen: Sollte das Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt sein, ergibt sich für die Mitarbeiter gleich eine Ersparnis von rund 20 %. Des Weiteren entfällt die Lohnsteuer auf die monatliche Rate. Zu guter Letzt werden seit Kurzem auch die Sozialversicherungsbeiträge auf die monatliche Rate eingespart. Dies hat keine Auswirkungen auf die Auszahlungen der Sonderzahlungen. Lediglich der Pensionsanspruch der Mitarbeiter wird geringfügig reduziert, wobei es sich hierbei monatlich um vernachlässigbare Cent-Beträge handelt.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Tatsächlich kann jedes Unternehmen mit einem Firmensitz in Österreich, unabhängig von der Mitarbeiterzahl, teilnehmen. Unser Ziel ist es, jeder angestellten Person die Möglichkeit zu bieten, ein vergünstigtes Firmenfahrrad zu erhalten. Bislang haben wir über Firmenradl bereits annähernd 6 000 Fahrräder verleast. Das typische Firmenradl ist ein E-Mountainbike mit einem durchschnittlichen Preis von 4.500,– €.

Wie finanzieren Sie sich?

Ganz einfach: Wir erhalten von den Händlern eine Provision für jedes verkaufte Fahrrad.

Fahrrad

Welche Laufzeit hat der Leasing-Vertrag?

Wir bieten äußerst flexible Laufzeiten zwischen 2 und 4 Jahren an. Man kann dies individuell nach den eigenen Präferenzen und der gewünschten monatlichen Rate festlegen. Auf unserer Website finden Interessierte einen Rechner, der es ermöglicht, die monatliche Belastung in Abhängigkeit von der Laufzeit unkompliziert zu berechnen. Dort erhält man auch eine detaillierte Auflistung des Einsparpotenzials. Nach Laufzeitende besteht die Möglichkeit, das Fahrrad entweder zurückzugeben oder herauszukaufen, ganz ähnlich wie beim Leasing von Firmenfahrzeugen.

Wie ist das Vorgehen, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen?

In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Das Fahrrad kann vorzeitig, also vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, zurückgegeben oder herausgekauft werden. Dies bedeutet, dass sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeiter kein Risiko besteht. Im Falle einer längeren Erkrankung oder Schwangerschaft handelt es sich um einen Versicherungsfall, sodass keine unvorhergesehenen Kosten entstehen.

Stichwort Versicherung. Wie ist das geregelt?

Jedes Fahrrad ist automatisch versichert. Jegliche Pannen, technische Defekte und sogar Verschleißteile sind abgedeckt und werden kostenfrei über die Händler abgewickelt.

Normalerweise ist Leasing in Summe teurer als ein Kauf. Das ist hier anders, richtig?

Richtig, die Ersparnisse resultieren aus den steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Begünstigungen. Auf diese Weise können bis zu 35 % des Listenpreises eingespart werden.

Dürfen die Nutzer trotzdem ein Firmenauto haben bzw. die Pendlerpauschale nutzen?

Ja, das bleibt davon vollkommen unberührt.

Welche Vorteile hat der Arbeitgeber?

Das Angebot eines Firmenfahrrads stellt einen attraktiven Mitarbeiter-Benefit dar und trägt somit zur Stärkung der Arbeitgebermarke bei. Zudem motiviert es zur Anschaffung und Nutzung eines Fahrrads, was wiederum positive Effekte auf die Gesundheit der Mitarbeiter haben kann. Im Optimalfall könnte dies sogar dazu führen, dass Unternehmen weniger Flächen für Parkplätze benötigen, wenn mehr Mitarbeiter mit dem Fahrrad zur Arbeit pendeln. Darüber hinaus wirkt sich die vermehrte Fahrradnutzung positiv auf die Umwelt aus. Und, wie bereits erwähnt, entstehen für das Unternehmen keinerlei Kosten.

Wenn man bei Ihrem Rechner auf der Website höhere Bruttogehälter eintippt, steigt die Ersparnis. Das bedeutet: Je mehr man verdient, desto weniger zahlt man für das Fahrrad. Ist das nicht seltsam und unlogisch?

Diese Situation ergibt sich (leider) aus dem österreichischen Steuersystem. Seitdem auch die Sozialversicherung berücksichtigt wird, ergibt das Modell auch für Geringverdiener einen gewissen Nutzen. Dennoch trifft es zu, dass, je höher die Lohnsteuer ist, desto größer die Ersparnis. Wer keine oder nur wenig Lohnsteuer zahlt, kann hier natürlich auch weniger sparen.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg weiterhin.

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Marc Gerhardinger
ist der ­Geschäftsleiter von Firmenradl.
www.firmenradl.at