Dieser Artikel befasst sich mit der aktuellen Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligung und Bonusmodellen im Arbeitsverhältnis.
Die Arbeitswelt befindet sich in einem bedeutenden Wandel. Die demografischen Änderungen und die große Zahl an »Baby-Boomern«, die demnächst in Pension gehen werden, haben soziale Folgen, weil das Nachwuchspotenzial für Unternehmen schrumpft. Dementsprechend werden zusätzliche Anreize, auch finanzieller Natur, beim Recruiting und ebenso bei der langfristigen Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen, immer wichtiger.
Formen der Mitarbeiterbeteiligungen
Neben der klassischen Entlohnung mittels Gehalts und der Gewährung anderer Benefits (wie z .B. der Zurverfügungstellung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung) erfolgt die zusätzliche finanzielle Vergütung und Motivation der Mitarbeiter vermehrt über Systeme, mit denen Arbeitnehmer am Kapital eines Unternehmens partizipieren. Die Mitarbeiter beteiligen sich z. B. über eine Einlage an der Gesellschaft des Arbeitgebers und sind sohin nicht nur (in weiten Teilen unabhängig vom erzielten Erfolg entlohnte) Arbeitnehmer, sondern auch Gesellschafter des Unternehmens; dabei sind abhängig von der Gestaltung auch gesellschaftsrechtliche Regelungen zu beachten. In der Praxis gibt es sowohl Systeme, bei denen Mitarbeiter »echt« am Unternehmen beteiligt sind, was wegen der Formvorschriften für die Übertragung von Anteilen an die Mitarbeiter eher unpraktisch und rechtlich komplex ist. Eine genaue Regelung der Stimm-, Auskunfts- und Kontrollrechte ist in diesen Fällen grundsätzlich ebenfalls erforderlich. Deswegen sind für die Beteiligung von Mitarbeitern sogenannte Phantom shares/stocks deutlich gebräuchlicher, bei denen die Arbeitnehmer keine echte, sondern bloß eine schuldrechtliche (und damit eine »virtuelle«) Beteiligung erhalten. Mitarbeiter werden dabei finanziell so gestellt, als hätten sie zu einem bestimmten Zeitpunkt und Basiswert Aktien des Unternehmens erworben und haben dementsprechend – abhängig von einem bestimmten »Exit-Event« (also z. B. dem Verkauf der Anteile am Unternehmen, einem Börsengang o. ä.) – den schuldrechtlichen Anspruch gegen das Unternehmen, wie ein Gesellschafter behandelt zu werden. Phantom shares/stocks sind in erster Linie wegen ihrer einfache(re)n rechtlichen Struktur und Flexibilität attraktiv; sie müssen nicht durch eine kosten- und zeitintensive Kapitalerhöhung geschaffen werden und erfordern weder die Eintragung im Firmenbuch noch die Einschaltung eines Notars.
Rahmenbedingungen
Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, kann, muss aber keine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs 1 Z 16 ArbVG zur Einführung und Gestaltung eines Systems der Gewinnbeteiligung bzw. von leistungs- sowie erfolgsbezogenen Entgeltzahlungen abgeschlossen werden, um hier einheitliche Regeln zu schaffen; diese können auch mittels Richtlinien o. ä. vorgesehen oder individuell vereinbart werden. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bestimmt, dass eine unsachliche Benachteiligung einer Minderheit gegenüber einer Mehrheit von Arbeitnehmern (u. a.) beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses nicht erlaubt ist, was auch für die oben erwähnten Beteiligungssysteme gilt. Wird einer bestimmten Gruppe von Mitarbeitern z. B. die Beteiligung am Gewinn des Unternehmens ermöglicht, und nimmt der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter ohne sachliche Begründung von der Beteiligung aus, haben diese Anspruch auf die gleiche Behandlung und sohin ebenfalls auf eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens. Die Höhe der Beteiligung kann innerhalb der Arbeitnehmer (oder Gruppen von Arbeitnehmern) nach objektiven Kriterien variieren, so z. B. anhand eines Prozentsatzes des Bruttobezugs. Zudem sind auch Stichtagsregelungen zulässig. Weiters darf die Möglichkeit bzw. eine tatsächlich gewährte Mitarbeiterbeteiligung nicht zur Folge haben, dass das kollektivvertragliche Mindestentgelt des betreffenden Mitarbeiters unterschritten wird. § 2a AVRAG normiert darüber hinaus, dass Vorteile aus Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers oder an mit diesem verbundenen Konzernunternehmen und Optionen auf den Erwerb von Arbeitgeberaktien nicht in die Bemessungsgrundlage für Entgeltfortzahlungsansprüche (z. B. bei Krankheit oder Urlaub) und Beendigungsansprüche (»Abfertigung alt«, Urlaubsersatzleistung oder Kündigungsentschädigung) einzubeziehen sind. Die Folge ist eine Senkung der Lohnnebenkosten. Besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf eine periodische Remuneration oder eine andere besondere Entlohnung, gebührt diese, wenngleich das Arbeitsverhältnis vor Fälligkeit des Anspruchs gelöst wird, in jener Höhe, die dem Verhältnis zwischen der Dienstperiode, für die die Entlohnung gewährt wird, und der zurückgelegten Dienstzeit entspricht, d. h. pro rata temporis (§ 16 AngG). Abweichend davon ist eine Bindung von Aktienoptionen, die den Arbeitnehmern am Unternehmen des Arbeitgebers gewährt werden, an eine 5-jährige Wartezeit laut Rechtsprechung auch dann zulässig, wenn die Arbeitnehmer aufgrund von personenbedingten Gründen durch den Arbeitgeber während dieser Zeit gekündigt werden und dadurch den Anspruch auf die Optionen (zur Gänze) verlieren; diese müssen sohin nicht aliquotiert werden. Bei Phantom shares/stocks wurde vom OGH bisher nicht abschließend geklärt, ob § 16 AngG auch auf diese anwendbar und daher bei Ausscheiden eine aliquote Gewährung geboten ist.
Bonusmodelle
Abgesehen von den erwähnten Mitarbeiterbeteiligungen gewähren viele Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern neben dem monatlichen Gehalt variable Vergütungen, wie z. B. Provisionen abhängig von der Erreichung bestimmter Verkaufszahlen durch die Arbeitnehmer, oder Boni/Prämien, wenn die Arbeitnehmer bestimmte individuelle Ziele erreichen und/oder wenn Unternehmensziele erreicht werden. Die Interessen an bzw. die mögliche Gestaltung von Bonus- bzw. Prämiensystemen und die Zusammensetzung der individuellen sowie der team- oder unternehmensbezogenen Ziele sind vielfältig, wobei der Großteil der Modelle finanzieller Natur ist. Daneben gibt es kreative/nicht monetäre Prämien- oder Bonussysteme, bei denen den Arbeitnehmern andere Vorteile, wie z. B. zusätzliche Freizeit, für ihre Zielerreichung gewährt werden. Außerdem kann ein »Bonusplan« durch Wahlmöglichkeiten o. ä. individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Arbeitnehmer eingehen, um zusätzliche Leistungsanreize zu schaffen. Zu berücksichtigen sind jedoch auch hier die gleichbehandlungsrechtlichen Grenzen, etwa das Verbot der Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten.
Unverbindlichkeits- und Widerrufsvorbehalt
Durch die wiederholte Gewährung von zusätzlichen entgeltlichen Leistungen kann eine betriebliche Übung entstehen, durch die die am Anfang freiwillig gewährte zu einer rechtlich verbindlichen Leistung wird, die der Arbeitgeber nicht mehr einfach einseitig widerrufen kann. Ein Widerrufs- bzw. Änderungsvorbehalt ermöglicht es dem Arbeitgeber, eine von ihm an sich unbefristet zugesagte Leistung ganz oder teilweise einzustellen oder zu abgeänderten Bedingungen zu gewähren. Im Gegensatz zu einem rechtswirksamen Unverbindlichkeitsvorbehalt, der i.d.R. für einmalige Leistungen in Frage kommt, entsteht hier aber ein Anspruch des Arbeitnehmers, und der Widerruf unterliegt einer Billigkeitskontrolle (d. h., einer Angemessenheits- bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall). Es ist daher ratsam, bei wiederholt gewährten Leistungen (in veränderter Höhe und Zusammensetzung, wie z. B. bei Bonuszahlungen) entsprechende Vorbehaltsklauseln in Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verankern, die den Widerruf von angemessenen Kriterien (wie z. B. erheblichen wirtschaftlichen Einbußen o. ä.) abhängig machen. Die Betonung der Freiwilligkeit anlässlich einer wiederholt gewährten Leistung bedeutet, dass die Zuwendung auf die ursprünglich freiwillige Entscheidung des Arbeitgebers zurückgeht; damit wird nur die Abgrenzung zu gesetzlich oder kollektivvertraglich geschuldeten Leistungen zum Ausdruck gebracht, nicht aber der Vorbehalt der Unverbindlichkeit und Widerruflichkeit.
Begünstigung von Start-ups
Aktuell wird der Gesetzesentwurf zum »Start-up-Förderungsgesetz« im Nationalrat behandelt, der am 1. Jänner 2024 in Kraft treten soll und daher auf Anteile anzuwenden ist, die ab 1. Jänner 2024 an Mitarbeiter ausgegeben werden. Ziel dieses Entwurfs ist die Förderung der Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups, weil diese meist wegen mangelnder Liquidität nicht in der Lage sind, besondere Vergütungen an ihre Mitarbeiter zu leisten. Zurzeit sind Mitarbeitergewinnbeteiligungen nur bis zu 3.000,– € jährlich steuerfrei, darüber hinaus sind sie im Zeitpunkt der Gewährung steuerpflichtig. Durch die sofortige Besteuerung besteht allerdings erneut Bedarf an Liquidität beim Empfänger. Die Neuregelung sieht daher vor, dass bei Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen Abgabe von Kapitalanteilen (Beteiligungen) an die Mitarbeiter nicht bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile, sondern erst bei Veräußerung oder dem Eintritt sonstiger Umstände als zugeflossen gilt, womit erst dann die Steuerpflicht entsteht. Die neue gesetzliche Regelung in § 67a EStG sieht mehrere Voraussetzungen für das Vorliegen einer begünstigten Start-up-Mitarbeiterbeteiligung vor. So dürfen im Unternehmen z. B. im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden und der Umsatz darf nicht mehr als 40 Millionen € pro Jahr ausmachen.
Fazit: Die verstärkte Mitarbeiterbeteiligung und deren steuerliche Incentivierung sind wichtig, weil sie den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, über vorhandene Bonusmodelle hinaus aktiv am Erfolg des Unternehmens teilzuhaben. Dies soll zu einer größeren Arbeitszufriedenheit und in Zeiten des Fachkräftemangels zu einer höheren Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen führen. Mitarbeiter, die sich als Teilhaber fühlen, sind oft bereit, zusätzliche Anstrengungen im Sinne des Unternehmens zu tätigen, und nicht nur die individuellen Ziele zu erreichen. Sowohl bei Mitarbeiterbeteiligungen als auch bei Bonusmodellen und insbesondere bei möglichen Vorbehalten ist eine rechtlich geprüfte Gestaltung wesentlich, um eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schaffen und bei Änderungen der Wirtschaftslage keine bösen Überraschungen zu erleben.