Was Opel alles für die Sicherheit seiner Mitarbeiter unternimmt und andere interessante Antworten von der Personaldirektorin Barbara Schlosser, lesen Sie in diesem Interview.
Was baut Opel Wien?
Hier am Standort Wien bauen wir 5- und 6-Gang-Getriebe sowie den »kleinen« Motor, für die kompakteren Fahrzeuge wie Opel Corsa, Opel Astra etc. In Deutschland, Spanien oder England kommen von allen Zulieferungswerken die Einzelteile zusammen und werden zu einem vollständigen Auto zusammengebaut.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit?
Wir haben in Wien rund 1 600 Mitarbeiter, davon ca. 1 400 Arbeiter und 200 Angestellte. Zusätzlich haben wir für die Spitzenzeiten noch ein paar Zeitarbeitnehmer. Im HR-Management sind wir zurzeit 25 Mitarbeiter.
Was sind die aktuellen Herausforderungen im HR bei Opel Wien?
Sicherlich ein Hauptthema ist die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Besonders in der Produktion ist dieses Thema wichtig, um wettbewerbsfähig gegenüber Billiglohnländern zu bleiben.
Ein weiterer Punkt ist natürlich, dass unsere Mitarbeiter motiviert sind und gerne im Unternehmen bleiben. Wir haben eine durchschnittliche Firmenzugehörigkeit von 21,4 Jahren bei Arbeitern und von 18 Jahren bei Angestellten. Manche Kollegen sind bereits seit Werkseröffnung dabei. Wir wollen natürlich auch, dass diese Personen weiterhin gerne in die Arbeit kommen und ihre Tätigkeiten gerne verrichten und wir sie entsprechend auch weiterentwickeln können. Gerade bei der Arbeit am Fließband stellt uns das vor Herausforderungen. Auch Industrie 4.0 beschäftigt uns aktuell im HR.
Wie viele Mitarbeiter stellen Sie pro Jahr neu ein?
Jedes Jahr bekommen wir 20 neue Lehrlinge und durchschnittlich 10 Angestellte bzw. Arbeiter.
Die meisten Lehrlinge werden von uns übernommen.
Wird es schwieriger, Lehrlinge zu finden?
Gute Lehrlinge zu finden, wird meiner Meinung nach etwas schwieriger. Das liegt zu einem sicherlich daran, dass in den Köpfen vieler junger Menschen die Lehre nicht mehr so attraktiv ist. Sie wird zum Glück durch das Konzept Lehre mit Matura wieder etwas aufgewertet. Andererseits müssen wir leider auch feststellen, dass das Niveau in den Berufsschulen etwas sinkt.
Wie läuft das Onboarding bei Ihnen ab?
Wir haben einige »klassische Module« zur Einschulung wie z. B. das Thema Arbeitssicherheit. Danach geht es sehr schnell in die Fertigungshalle, wo ein Training on the Job stattfindet. Zuerst schauen neue Kollegen zu, danach probieren sie es selbst und werden dabei unterstützt. Im nächsten Schritt arbeiten sie selbstständig und werden nur noch selten begleitet. Und im 4. Schritt sind sie völlig fertig ausgebildet und selbst in der Lage, neue Kollegen am jeweiligen Arbeitsplatz einzuschulen. Auf den Arbeitsplätzen haben wir grafisch dargestellt, wer welchen Job ausüben darf, welche Sicherheits- und Qualitätsregeln gelten und wie die Arbeit ausgeführt werden soll. Auch diese Pläne lesen zu lernen, ist natürlich Teil der Einschulungsphase.
Was unternehmen Sie in Richtung Employer Branding?
Wir haben zum Beispiel seit einigen Jahren einen sogenannten »Brandroom« hier am Werk. Dort ist die komplette, über 100-jährige Geschichte von Opel dargestellt. Wir wollen so die Identifizierung mit dem Unternehmen erhöhen. Wir wollen auch, dass die Mitarbeiter wissen, wann und wo Opel entstanden ist, und welche Meilensteine es in der Geschichte gab.
Das geht natürlich vor allem ins interne Employer Branding. Alle zwei Jahre machen wir weltweit eine Mitarbeiterbefragung, seit heuer auch alle Arbeiter. Sie wird bei uns online und natürlich anonym durchgeführt. Dort fragen wir auch die Zufriedenheit und die Motivation der Mitarbeiter im Unternehmen ab.
Externes Employer Branding betreiben wir zurzeit vor allem für Lehrlinge durch Imagefilme, bei denen unsere aktiven Lehrlinge zu Wort kommen und den Job beschreiben. Also von Lehrling zu Lehrling.
Wollen Sie auch bewusst Frauen ansprechen? Wie tun Sie das?
Ja natürlich. Wir haben dafür extra im Imagefilm unsere beiden Lehrmädchen hervorgehoben. Automobil und Produktion sind nun mal zwei archetypisch männliche Bereiche. Wir haben derzeit in der Produktion 50 Frauen (von 1 400 Arbeitern) und ebenfalls rund 50 Frauen bei den Angestellten (von ca. 200). Wir freuen uns über jede Frau, die sich bei uns bewirbt.
Welche Maßnahmen setzen Sie, um diese langen Firmenzugehörigkeiten zu erreichen?
Ich denke, einer der Hauptgründe ist das Team. Wir arbeiten am Fließband in Teams und da entstehen natürlich über die Jahre echte Freundschaften. Wir unterliegen der Metallergewerkschaft, die ja bekanntlich sehr stark ist. Weiters bieten wir einen relativ sicheren Arbeitsplatz. Wir pflegen auch einen wertschätzenden Umgang untereinander, unabhängig von der Hierarchiestufe. In diese Richtung schulen wir auch regelmäßig unsere Führungskräfte und Schichtleiter.
Welche anderen Schulungen bieten Sie an?
Wir decken einige Themen durch interne Trainer ab, haben aber bei Spezialthemen natürlich auch Zugriff auf externe Trainer. Konstruktiver Umgang miteinander, Kommunikation und Coaching sind häufige Themen bei uns. Gerade bei Führungskräften höherer Hierarchiestufen machen wir diese Themen selbst. Besonders wichtig ist beim Thema Schulung auch die Arbeitssicherheit. Hier bieten wir regelmäßige Schulungen für alle Mitarbeiter an.
Wie schaut diese Schulung zur Arbeitssicherheit aus?
Uns ist dieses Thema ganz besonders wichtig. Wir haben nur wenige Arbeitsunfälle, und die wenigen sind meistens kleinere Schnitte und Verletzungen. Darauf sind wir natürlich stolz und wir wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Dafür haben wir extra unser »Safety Land« (Foto auf Seite 53 links oben) gebaut – eine Halle, in der wir Schulungen durchführen. Alle Mitarbeiter müssen dort jedes Jahr eine Schulung durchführen. Neue Mitarbeiter natürlich gleich in den ersten Wochen.
Wie können wir uns diese Halle vorstellen?
Im Safety Land sind unterschiedliche Übungen und Stationen aufgebaut. Über all den verschiedenen Lernerfahrungen steht ein Motto: »Ich bin selbst für die Sicherheit von mir und meinen Kollegen verantwortlich.«
Gleich wenn man das Safety Land betritt, steht ein alter, fahrunfähiger Stapler, in den sich die Mitarbeiter setzen dürfen. Dort lernen sie das Sichtfenster, das ein Fahrer hat, kennen. Es gibt einen großen toten Winkel, völlig anders als bei einem Auto. Wenn jeder in der Produktionshalle weiß, was die Staplerfahrer sehen (können) und was nicht, wird die Unfallgefahr reduziert.
Bei einer anderen Station demonstrieren wir, wie gefährlich es sein kann, beim Bohren Handschuhe zu tragen. Bei den meisten anderen Arbeitsschritten sind Schutzhandschuhe verpflichtend und gerade beim Bohren ist es verboten, sie zu tragen. Um diese Maßnahme zu verstehen, gibt es eine Metallhand mit Handschuh, die sich dem Bohrer nähert. Der Handschuh verfängt sich sofort im Gerät und hätte im Ernstfall einige Finger abgetrennt. Eine einfache Simulation dauert nur eine Minute, und niemand trägt mehr Schutzhandschuhe beim Bohren. Eine weitere – sehr beliebte – Station ist ein KFZ-Simulator. Dort kann man spielerisch die Ablenkung von Telefonieren am Steuer am eigenen Leib spüren. Wir haben viele Fahrten am Werksgelände und da wurde das auch hier geltende Gesetz nicht so oft beachtet. Hier lernt jeder, dass er nachweisbar langsamer reagiert. Auch für Umweltthemen haben wir hier Stationen, richtiges Entsorgen von Abfällen, richtiges Organisieren des Arbeitsplatzes, um Qualitätsmängel zu vermeiden etc.
Seit wir diese Schulungen regelmäßig durchführen, sind große Arbeitsunfälle nachweisbar weniger geworden.
Wie bereiten Sie sich auf Industrie 4.0 vor?
Wir haben jetzt schon sehr viel automatisiert und setzen viele Roboter ein. In Zukunft wird es vor allem darum gehen, diese Roboter zu bauen, zu programmieren und instand zu halten. Genau in diese Richtung bilden wir jetzt schon unsere Lehrlinge aus.
Danke für das Gespräch.