Wer braucht ein Trainerzertifikat?

Ist ein zertifizierter Trainer ein besserer Trainer? Kann man als Trainer mit einem Zertifikat mehr Aufträge und somit mehr Umsatz lukrieren? Können sich Unternehmen auf die Qualität von zertifizierten Trainern verlassen? Oder ist es einfach Geldmache? Diese und weitere Fragen behandelt dieser Artikel.

Trainerzertifikate sind in der Weiterbildungsbranche durchaus umstritten. Es ist nicht so, dass sich jeder neue Trainer sofort zertifizieren lässt, obwohl diese Möglichkeit bei den meisten Trainerausbildungen angeboten wird. Oft wird der Nutzen hinterfragt. Macht mich ein Zertifikat zu einem besseren Trainer? Bekomme ich dadurch mehr Kunden? Oder kostet es nur Zeit und Geld? Und auch die andere Seite, nämlich die Buchenden, ist unsicher über den Nutzen. Hab ich bei einem zertifizierten Trainer die Garantie, dass das Seminar für unser Unternehmen ein Erfolg wird? Welche Aussagen hat ein Zertifikat im Weiterbildungsbereich überhaupt? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben wir mit zwei Zertifizierern und mit einem Weiterbildungsinstitut genau über diese Themen gesprochen.

Zunächst soll ein Vergleich zu einer anderen Branche die Sinnhaftigkeit mancher Standardisierungen und Zertifizierungen klar machen.

Wenn Sie heute in ein Flugzeug steigen, erwarten Sie zu Recht, dass die Maschine in einem technisch einwandfreiem Zustand ist, und dass zumindest die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, z. B. was die maximale Flugzeit der Crew betrifft oder was die regelmäßige Wartung der Flugzeuge anlangt. Aber auch, dass die gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmenge an Kerosin im Flugzeug ist, können Sie erwarten. Sie freuen sich natürlich, wenn darüber hinaus noch weitere sicherheitsrelevante Aspekte bedacht werden. Das gibt den meisten Passagieren ein besseres Gefühl. Manche Billigfluglinien hingegen halten sich nur an die Mindestauflagen. Nun stellen Sie sich einmal vor, nicht einmal diese gäbe es. Es gäbe dann wahrscheinlich mehr Unfälle.

An diesem Beispiel erkennt man, dass es durchaus Sinn ergibt, gewisse Mindestkriterien zu definieren. So weiß der Kunde, was mindestens erfüllt wird. Im Falle einer Personenzertifizierung nach ISO 17024 weiß der Trainingseinkäufer zumindest, dass der Trainer eine Berufsausbildung hat, eine Trainerausbildung absolviert hat und mindestens 2 Jahre berufliche Praxis vorweisen kann. Der Umkehrschluss funktioniert allerdings nicht. Es stimmt nämlich einfach nicht, dass ein nicht zertifizierter Trainer ein schlechter Trainer ist. Bei manchen Kriterien muss man sich leider auch wirklich an den Kopf fassen und die Sinnhaftigkeit hinterfragen. So hatte z. B. ein großes österreichisches Weiterbildungsinstitut (Name der Redaktion bekannt) ein Problem, eine Zertifizierung zu bekommen, weil die Werbefolder und die Programmbeschreibungen nicht gegendert waren. Gleiches Institut engagiert sich allerdings stark für wohltätige Zwecke und bietet unter anderem auch kostenlose Sprachkurse für Flüchtlinge. Das allerdings ist (natürlich) kein Kriterium für das Zertifikat. Inwieweit ist es also möglich, tatsächlich die »Qualität« zu zertifizieren?

Uwe Hackl (Geschäftsführer SystemCERt Zertifizierungs GmbH): »Qualität im Sinne der ›Erfüllung von Erwartungshaltungen‹ kann man weder bei Trainern noch bei Instituten zertifizieren, da Qualität immer subjektiv (von den Kunden) wahrgenommen wird. Gegenstand der Personenzertifizierung gemäß ISO 17024 sind die Kenntnisse und Fertigkeiten von Menschen in einem bestimmten Kontext (z. B. Trainer). Die resultierenden Kompetenzen werden am Zertifikat eindeutig definiert, sodass es eine sehr hohe Transparenz gibt. Zertifiziert man z. B. ein Institut nach ISO 29990 (Qualitätsmanagement für Lerndienstleister), ist das System selbst der Mittelpunkt der Zertifizierung – nicht jedoch die Qualität der Lehrgänge, Seminare, Skripten usw. Man zertifiziert ein System, von dem man ausgeht, dass es bei Erfüllung die Qualität und Effizienz der Organisation insgesamt steigert.«

Zertifikate für Trainer und Institute

Zertifikate für Trainer und Institute sind grundlegend differenziert zu betrachten.

Uwe Hackl: »Bei Zertifizierungen für Institute liegt der Fokus auf einem (Qualitäts-)Management System, welches sich über die gesamte Organisation erstreckt. Die für die Zertifizierung maßgeblichen Kriterien sind z. B. in einer ISO 29990, einer ISO 9001 und/oder dem EFQM-Modell definiert. Der Nutzen eines Qualitätsmanagementsystems liegt in der zu erwartenden Steigerung der Qualität (Erfüllen von Kundenanforderungen) und der Steigerung der Effizienz auf gesamter Unternehmensebene. Der Nutzen der Zertifizierung liegt im objektiven Nachweis durch Dritte, einer Zertifizierungsstelle sowie in der weitreichenden Akzeptanz international gültiger Zertifikate auf Basis von ISO-Normen. Bei Zertifizierungen für Trainer, wie z. B. gemäß den Anforderungen der ISO 17024 (Personenzertifizierung) richtet man das Hauptaugenmerk auf die Kompetenz der Trainer. Mittels eines standardisierten Verfahrens werden im Zuge einer Zertifizierungsprüfung (gemäß ISO 17024) Kenntnisse und Fertigkeiten verifiziert und diese gegebenenfalls per Zertifikat bestätigt. Die Unparteilichkeit und Objektivität im Zuge des gesamten Zertifizierungsverfahrens erhöht das Vertrauen in die Zertifikate.«

Neben der ISO-Zertifizierung gibt es auch noch einige andere Zertifizierungen. Die Weiterbildungsakademie vergibt das wba-Zertifikat und darauf aufbauend das wba-Diplom. Auch das WIFI hat eine eigene Zertifizierungsstelle.

Dietmar Schönfuß (Leiter der WIFI-Zertifizierungsstelle): »Die WIFI-Ausbildung zum ›Zertifizierten Trainer in der Erwachsenenbildung‹ wurde nach dem international und wissenschaftlich anerkannten Erkenntnisstand zeitgemäßer Erwachsenbildung entwickelt. Dabei wird besonders viel Wert auf die spezifischen Bedürfnisse von Weiterbildungsinstituten der Wirtschaft und Unternehmen nach qualifizierten und zertifizierten Trainern gelegt. Der ›zertifizierte WIFI-Trainer‹ hat die Aufgabe, Trainingsleistungen in Trainings von Bildungsanbietern oder Unternehmen motivierend, flexibel, effizient und situationsbezogen einzusetzen, sodass bei Trainingsteilnehmern selbst gesteuerte Lernprozesse nach LENA (lebendig und nachhaltig) ausgelöst werden. Diese Inhalte sind natürlich auch Gegenstand der Zertifizierungsprüfung. Bei positivem Ergebnis erhalten die Kandidaten ein auf 5 Jahre gültiges Personenzertifikat, mit der Möglichkeit, dieses immer wieder verlängern zu lassen.«

Zertifizierungskriterien

Je nach Zertifikat werden unterschiedliche Kriterien geprüft. Uwe Hackl: »Grundsätzlich sind bei der Personenzertifizierung gemäß ISO 17024 die Kriterien zur Zertifizierung in sogenannten Zertifizierungsprogrammen definiert. Für Trainer gibt es hier beispielsweise das Zertifizierungsprogramm ›Fachtrainer‹, welches einem Curriculum sehr ähnlich ist. Definierte Kriterien sind neben diversen Qualifikationsnachweisen die erworbene Praxis als Trainer sowie die Absolvierung einer standardisierten Zertifizierungsprüfung bei dafür zugelassenen Prüfern.«

Um nach ISO 17024 zertifiziert zu werden, muss die Ausbildung mindestens aus 80 Unterrichtseinheiten bestehen und der Teilnehmer muss 75 % der Zeit anwesend gewesen sein. Die Prüfung besteht aus einem Multiple-Choice-Test, einer 7-seitigen Praxisarbeit sowie einer 20-minütigen Live-Präsentation vor einem Prüfer.

Dietmar Schönfuß erklärt den Weg zum -WIFi-Zertifikat: »Für ein WIFI-Zertifikat muss der Trainer einen Antrag bei der Zertifizierungsstelle stellen. Danach muss er eine Reihe von Nachweisen erbringen, wie Trainingserfahrung, Aus- und Weiterbildungen etc. Nach einer Zulassung durchläuft er ein Feststellungsverfahren. Neben der Ausarbeitung einer Praxisarbeit im Umfang von ca. 20 Seiten sowie der Bearbeitung einer Fallstudie ist ein Fachgespräch vor einer Expertenjury abzulegen und eine schriftliche Überprüfung der fachlichen Kenntnisse notwendig. Die Gesamtkosten für Prüfung und Zertifikat liegen bei uns derzeit bei 395,– €.«

Die Kosten für ein Zertifikat nach ISO 17024 liegen zwischen 200,– und 400,– €.

Auf organisatorischer Ebene sieht es völlig anders aus. Für Aus- und Weiterbildungsanbieter wurde 2010 die ISO 29990 geschaffen. Der Standard richtet sich an alle Arten von Bildungseinrichtungen wie private Seminaranbieter, Organisationen mit Lehrgängen bis hin zu Hochschulen und Universitäten.

Was bedarf es für einen Weiterbildungsanbieter, um die ISO 29990 zu bekommen?

Uwe Hackl: »Die Organisation hat die Aufgabe, ein Qualitätsmanagementsystem konform mit den Anforderungen der ISO 29990 aufzubauen und zu implementieren. Oftmals bedarf es hier einer Beratung, um sämtliche Aspekte der ISO 29990 adäquat umzusetzen. Eine akkreditierte Zertifizierungsstelle kommt – da diese nicht beratend tätig sein darf – dann ins Spiel, wenn das Qualitätsmanagementsystem in die Organisation integriert wurde. Im Zuge eines Audits vor Ort verifizieren Auditoren die Einhaltung des Systems mit den Forderungen der ISO 29990 und es wird gegebenenfalls durch die Zertifizierungsstelle die Zertifizierung ausgesprochen bzw. das Zertifikat erstellt.«

Das Weiterbildungsinstitut dieBerater® ist im Besitz eines Ö-CERT, Wien-Cert und einer ISO-Zertifizierung nach 9001 (Qualitätsmanagement). Wir haben nachgefragt, ob sich das für das Institut auszahlt.

Martin Röhsner (Geschäftsführer dieBerater®): »Einerseits sind die Zertifizierungen immer wieder Grundvoraussetzung für bestimmte Ausschreibungen im öffentlichen Sektor und andererseits ist die externe Betrachtung auf die internen Prozesse und Abläufe ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung. Die beiden Zertifizierungen haben doch teilweise unterschiedliche Schwerpunkte und deshalb nutzen wir beide Systeme. Da wir österreichweit tätig sind, wäre Wien-CERT überregional auch nicht ausreichend.«

Welche Vorteile sehen Sie dadurch? Stehen diese im Verhältnis zu den Kosten?

Martin Röhsner: »Die Qualitätssicherung durch ISO 9001 ist uns sehr wichtig. Gerade in der Dienstleistung Schulung und Consulting ist es essenziell, nach qualitätssichernden Standards zu agieren und die wesentlichsten Kern- und Schlüsselprozesse abgebildet zu haben. Österreichweit führen wir laufend interne Audits durch. Das jährliche externe Audit ist ein wichtiger Gradmesser von außen für uns, ob wir uns innerhalb eines Jahres weiterentwickelt haben. Wir können jedes Jahr wertvolle Inputs mitnehmen und umsetzen. Die dafür aufgewendeten Kosten sind aus meiner Sicht jedenfalls gerechtfertigt. Wird es nur für Marketingzwecke angestrebt, ist es wohl vernünftiger, andere Formen zur Vermarktung zu wählen. Das wahre Asset liegt in der internen Anwendung und der Nachhaltigkeit der eigenen Prozesse und Wirkungen.«

Vorteile für Trainer

Für Trainer ist es teils mühsam sowie zeit- und geldaufwändig, eine Zertifizierung zu erhalten. Was sind nun die konkreten Vorteile daraus?

Dietmar Schönfuß: »Zielgruppe sind Trainer aus den unterschiedlichen Fachbereichen, die einen international anerkannten Kompetenznachweis anstreben. Personen mit informellen Qualifikationen haben so die Möglichkeit, einen formalen Nachweis für ihre Trainingskompetenz zu erlangen und sich von Mitbewerbern abzuheben. Es ist auch ein Logo in Vorbereitung, mit dem sich die Zertifikatsinhaber im WIFI-Kursbuch besonders präsentieren können.«

Uwe Hackl: »Ein Zettel macht noch keinen Trainer, und es gibt mit Sicherheit sehr gute und kompetente Trainer, welche über kein Zertifikat verfügen. Doch in der täglichen Überzeugungsarbeit am Kunden zählen neben Referenzen, dem persönlichen Eindruck und preislichen Aspekten mit Sicherheit auch Zertifikate zu den Verkaufsargumenten von Trainern. Oftmals werden von Auftraggebern auch einschlägige Zertifikate (bei Ausschreibungen) verlangt – hier verlagert man das Auswahlkriterium auf einen möglichst objektiven Kompetenznachweis – auf ein Zertifikat.«

Fazit: Es gibt einige schwarze Schafe am Trainermarkt, unter anderem auch deshalb, weil Training ein nicht reglementiertes Gewerbe ist. Um hier ein Mindestmaß an Qualität nachzuweisen, bieten sich Zertifikate durchaus gut an. Am persönlichen Kennenlernen und am Erstgespräch führt auch bei zertifizierten Trainern kein Weg vorbei.

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