E-Learning, Webinare, Blended Learning, Mobile Learning etc. sind Schlagworte, die schon seit mehreren Jahren durch die Branche geistern. Wirklich durchgesetzt haben sich die modernen Lernformen bisher hauptsächlich für Fachthemen. Das scheint sich langsam zu ändern.
Die Idee, über Online-Kurse Geld zu verdienen, also als Trainer ein passives Einkommen zu generieren, gibt es schon lange. Das Angebot hat in den letzten Jahren stark zugenommen und ist auch von Trainerseite nachvollziehbar. Der Trainer investiert einmal Geld in ein gutes E-Learning-Produkt, adaptiert es gekonnt und hoffentlich einzigartig, lehnt sich zurück und scheffelt Geld. Auch aus Unternehmenssicht ist der Gedanke verständlich. Mit geringem Aufwand an Zeit und Geld können die Mitarbeiter gezielt geschult werden.
Doch die Realität sieht anders aus. Kaum ein Trainer kann bis dato ausschließlich davon leben. Die Ursachen dafür sind, dass die Lernsoftware nicht gut genug war, bzw. die potenziellen Kunden nicht bereit waren, Geld auszugeben, obwohl die Kosten überschaubar waren. Das ändert sich gerade. Blended Learning, also die Kombination von Präsenztrainings und Online-Modulen setzt sich mehr und mehr durch und wird auch von den Kunden stärker nachgefragt. Die Bandbreite der Themen ist gewachsen und reicht von Verkauf, BWL, EDV über NLP bis hin zu persönlichkeitsbildenden Seminaren. Meist wird vor dem Präsenztraining ein E-Learning-Teil angeboten, dann das Training vor Ort absolviert und im Anschluss daran gibt es noch weitere E-Learning-Einheiten, um das bereits Gelernte nachhaltig zu vertiefen.
Seit ca. 3 Jahren ist das Thema »Mobile Learning« (Lernen auf dem Handy) aktuell, immer mehr Anbieter streben auf den Markt. Bisher konnten die Teilnehmer nur schwer langfristig motiviert werden, mobil zu lernen. Mittlerweile sind gute Lösungen in Sicht und können für den Lernenden einen Mehrwert darstellen. So werden z. B. bei der App WIDD unter anderem täglich kurze Videos versandt, in denen jeweils in ein bis zwei Minuten ein Thema erklärt wird und eine Übung für den Tag gestellt wird. Andere »Player« in dem Bereich wie z. B. Qnnect oder blink.it punkten mit anderen Schwerpunkten z. B. dem spielerischen Lernen. Die App Skill Hero hilft Seminarteilnehmern dabei, das Wissen aus einem Präsenzseminar anzuwenden und nachhaltig zu verankern. Sie sorgt auch für eine Vernetzung der Teilnehmer untereinander. Ganz klarer Trend: Hier wächst ein neuer Markt.
Die LIMAK hat auch damit begonnen, in Inhouse-Programmen Blended-Learning-Elemente einzusetzen. Gerhard Leitner (Geschäftsführer LIMAK Austrian Business School): »E-Learning ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor in der Weiterbildung geworden. Es eignet sich durchaus für die Vermittlung von Managementwissen und lässt sich gut für internationale Projekte einsetzen. Wir sehen jedoch in der Kombination aus Präsenzphasen und E-Learning den Weg, den es weiter zu verfolgen gilt. Nach wie vor kann E-Learning die Vorteile der Präsenzphasen nicht völlig ersetzen. Denn in den Präsenzphasen geht es, neben der Wissensvermittlung, vor allem auch um den Austausch der Teilnehmer, die Interaktion untereinander, das voneinander Lernen und das Gewinnen neuer Perspektiven.«
Webinare haben sich in den USA schon längst durchgesetzt. In Deutschland funktionieren sie recht gut. In Österreich gibt es noch immer vorwiegend kostenlose Webinare. Richtig bezahlen für ein Webinar will hierzulande kaum jemand.
Doris Slach (LMI, Partnerin und selbstständige Trainerin): »Webinare vermitteln einen guten ersten Eindruck über ein Thema, es sind jedoch meist reine Verkaufsveranstaltungen. Idealerweise buchen die Teilnehmer im Anschluss das Training oder Coaching, wenn das Webinar überzeugend war. Die Möglichkeit ist großartig, viele Leute zu einem Zeitpunkt zu vereinen. Es bleibt aber anonym. Ich hatte kürzlich eine Teilnehmerin in einem Seminar, die üblicherweise nur über Videowall ihren Kollegen zugeschaltet war. Sie war überglücklich, die anderen auch mal wieder ›echt‹ zu erleben und profitierte viel mehr vom persönlichen Austausch und der Dynamik. Der Lerneffekt ist also ›einsam im eigenen Büro‹ immer reduziert und außerdem lässt man sich immer leicht vom Alltag, Anrufen, gerade einlangenden E-Mails usw. ablenken.«
Ein weiterer Trend im Bereich E-Learning sind sogenannte Erklärvideos. Diese Videos erklären komplexe Themen in wenigen Minuten, wie z. B. Change-Prozesse, Produktmerkmale, US-Wahlen oder eben auch Schulungsinhalte. Simpleshow, der weltweite Marktführer für Erklärvideos, hat jetzt die erste repräsentative Studie veröffentlicht, die die Wirkung von verschiedenen Video-Formaten vergleicht. Die Auswertung von 2 000 Testergebnissen aus Deutschland und den USA hat gezeigt: Erklärvideos erzielen einen signifikanten Lerneffekt. Dabei erreichen kurze Clips unter 3 Minuten besonders gute Ergebnisse.
Formate
E-Learning setzt sich nun richtig durch, Teilnehmer wollen zeitunabhängig lernen, und sich nicht mehr nur in einem klassischen 2-Tages-Seminar berieseln lassen. Auch die Lernforschung weiß schon seit vielen Jahren, dass das Format eines 2-Tages-Seminars für einen optimalen Lernerfolg völlig falsch ist.
Viel sinnvoller wären z. B. 4 Halbtage mit entsprechenden Selbstlerneinheiten zwischen den Präsenzmodulen. Aber das ist natürlich für alle Beteiligten, also Trainer, Teilnehmer, Unternehmen und Seminarhotel mühsam. Daher haben sich solche Formate kaum durchgesetzt.
Martin Röhsner (Geschäftsführer dieBerater®): »Im höher qualifizierten Bereich setzen sich die kurzen Lerneinheiten und die flexible Kombination an Lernmethoden eindeutig durch. Weiterbildung ja, aber nicht unbedingt in Blockveranstaltungen. In Teilbereichen hat sich E-Learning mehr durchgesetzt und das wird sich fortsetzen. Die dadurch erzielten Einsparungspotenziale und die Flexibilität für die Teilnehmer werden höher bewertet als zum Beispiel das fehlende Gruppenerlebnis. Manche Studien der Vergangenheit haben ein zu optimistisches Bild gezeigt, vor allem hinsichtlich der raschen Marktdurchdringung. In den letzten Jahren hat der Zug aber massiv Fahrt aufgenommen. Auch mobiles Lernen am Handy ist ein Trend, der aus meiner Sicht nicht mehr aufzuhalten ist. Auch wenn es den traditionellen Bildungsmarkt weiter geben wird – die Zuwachsraten liegen ganz sicher im digitalisierten Lernerlebnis.«
Trends
Die Halbwertszeit von Wissen sinkt immer schneller. Was heute trainiert wird, ist in wenigen Jahren oder sogar Monaten schon wieder veraltet. Das gilt nicht nur für Fachseminare, sondern auch für Soft Skills. Typische Verkäuferfloskeln, die noch vor wenigen Jahren State of the Art waren, werden heute kaum noch trainiert. Präsentationstechniken gehen weg von standardisierten »hier müssen deine Hände sein« hin zum authentischen Vortrag. Die neuen Kommunikationsformen müssen gelernt werden. Es entstehen so viele Missverständnisse, durch SMS, WhatsApp etc., weil die bis zum Jahr 2000 Geborenen nie gelernt haben, damit umzugehen. Wer im Beruf erfolgreich sein will, muss sich laufend weiterbilden. Lebenslanges lernen ist kein Nice-to-Have mehr. Es ist eine Grundvoraussetzung.
Martin Röhsner: »Der Druck auf Weiterbildung steigt durch den Umstand, dass die Arbeitsmarktlage sehr angespannt ist. Die Konkurrenz um einen Arbeitsplatz nimmt stetig zu und damit wird Weiterbildung immer stärker zur Grundvoraussetzung.«
Bis vor rund 10 Jahren gab es viele Großveranstaltungen mit mehreren Hundert, wenn nicht Tausend Teilnehmern. Dieser Trend ist abgeflaut, scheint aber nun zurückzukommen. Keynote-Speaker, die mehr unterhalten als Wissen vermitteln, organisieren Großveranstaltungen und schulen an einem Tag unterschiedliche Themen. Doch der Lerneffekt ist erwiesenermaßen gering.
Doris Slach: »Es sollen in kurzer Zeit möglichst viele Menschen erreicht werden und viel Inhalt vermittelt werden. Keine Frage, ich war auch schon öfter begeistert von der Eloquenz mancher Vortragenden auf Speaker-Veranstaltungen, doch was bleibt für mich als Teilnehmer übrig? Ich nehme vielleicht ein oder zwei Sätze für kurze Zeit mit, die ich aber schnell im Alltag wieder vergesse. Worum geht es denn in der Weiterbildung? Es geht doch vorrangig nicht um den Applaus für die Vortragenden. Die Teilnehmer, also die Mitarbeiter, von Lehrlingen bis zu Führungskräften, sollen Potenziale entdecken und Kompetenzen individuell weiterentwickeln. Sie brauchen den Mehrwert, nämlich Selbstvertrauen, Motivation und einen klaren Plan, wie sie ihr neu gewonnenes Wissen nachhaltig im Alltag umsetzen. Auf Großveranstaltungen ist dafür kein Platz.«
Gerhard Leitner sieht im Bereich akademischer Programme 3 klare Trends:
»Spezialisierung: Diesen Trend erkennen wir daran, dass verstärkt spezialisierte MBA-Programme, wie beispielsweise Sales Management Excellence, Business Law, Strategic Management and Entrepreneurship oder Quality, Project and Process Management, nachgefragt werden und weniger generalistische MBA-Programme.
Flexibilität: Wir haben in unseren Programmen immer mehr Teilnehmer, die nicht gleich einen gesamten MBA am Stück absolvieren, sondern kompakte Universitätslehrgänge (9 – 15 Tage) auf MBA-Niveau besuchen.
Individualisierung: Maßgeschneiderte Inhouse Programme, die zu 100 % auf die Bedürfnisse und Anforderungen des einzelnen Unternehmens angepasst sind, liegen unserer Erfahrung nach absolut im Trend. Gleichzeitig fordern immer mehr Unternehmen eine individuell für sie entwickelte Weiterbildungsmaßnahme auf akademischen Niveau, die auf ein MBA-Programm anrechenbar ist. Die Teilnehmer bekommen so das Beste aus beiden Welten vermittelt: Im maßgeschneiderten Teil werden ein gemeinsames Führungsverständnis und eine gemeinsame Sprache entwickelt sowie praxisnahes Wissen anhand unternehmensinterner Zahlen und unternehmensspezifischen Herausforderungen vermittelt. Im offenen MBA-Programm haben die Führungskräfte dann die Möglichkeit, ihren Horizont zu erweitern, von den Erfahrungen anderer Branchen zu profitieren und ihr Netzwerk auszubauen.«
Themen
Dauerbrenner wie Kommunikationsseminare in allen Varianten und Verkaufsschulungen dominieren nach wie vor den Weiterbildungsmarkt. Soft Skills sind in der Kommunikationsgesellschaft, in der wir leben, natürlich unerlässlich. Trotzdem sind bei den Themen der Weiterbildung neue Trends klar erkennbar. Diese zielen stark in den technischen Bereich. Mechatronikerausbildungen z. B. gewinnen an Bedeutung. Der gesamte Digitalisierungsprozess verlangt nach Menschen, die diese Kompetenzen besitzen (z. B. EDV, Datensicherheit, Robotertechnik etc.). Industrie 4.0 als großes Schlagwort braucht mehr Techniker.
Aber auch das Thema Führung verändert sich. Die Hierarchien werden flacher, »neue Arbeitswelten« etablieren sich und fordern ein Umdenken der Führungskräfte. »Führen in agilen Unternehmen« oder »Führen ohne Vorgesetztenfunktion« sind Themen, die Führungskräfte aktuell brauchen. Durch die nach wie vor steigende Internationalisierung sind auch interkulturelle Kompetenzen immer mehr gefragt, besonders für Führungskräfte multinationaler Teams.
Schlechter hingegen geht es Anbietern von Team- und Outdoorseminaren. Obwohl der Nutzen von solchen Trainings oftmals hoch ist und Teams mitunter erst arbeitsfähig macht, ist der Outcome nicht monetär zu messen. Das schreckt natürlich Unternehmen ab.
Martin Röhsner: »Sämtliche Inhalte, die der Effizienzsteigerung dienen, stehen hoch im Kurs. Der direkt messbare Nutzen ist ausschlaggebend wie zum Beispiel im Verkauf. Andererseits haben die eher erlebnisorientierten Seminare durchaus noch ein hohes Image, aber sie werden oftmals aus Budgetgründen gestrichen und verlieren dadurch im Ranking.«
Die Nachfrage steigt auch bei Gesundheitsthemen und Weiterbildungen für Lehrlinge. Bei Letzteren geht es insbesondere um die Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen. Neben der Fachausbildung im Unternehmen und in den Berufsschulen wird verstärkt darauf gesetzt, auch die Persönlichkeit zu entwickeln. So schaffen sich die Unternehmen durch das gezielte Angebot an Weiterbildung einen Wettbewerbsvorteil, wenn es darum geht, gute, persönlichkeitsstarke Lehrlinge zu haben.
Finanzierung
Nach wie vor ist es in Österreich (in anderen EU-Ländern ist das anders) üblich, dass das Unternehmen für die Weiterbildung seiner Mitarbeiter verantwortlich ist. Seminare finden vorwiegend in der Arbeitszeit statt und werden vom Unternehmen bezahlt. Bei teuren Lehrgängen gibt es Rückzahlungsvereinbarungen.
Dennoch investieren immer mehr Menschen ihr privates Geld, um Karriere zu machen. Eigenverantwortliches Weiterbilden ist zum Glück ein anhaltender Trend. Tendenziell kann gesagt werden, je höher eine Führungskraft oder ein Angestellter in der Hierarchie des Unternehmens angesiedelt ist, umso mehr Weiterbildungstage konsumiert sie.
Eine Studie der PbEB (Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung) zeigt, dass immerhin 38 % der Geschäftsführer und 42 % der leitenden Angestellten mehr als fünf Weiterbildungstage pro Jahr zugestanden werden, dagegen nur 29 % der nicht leitenden Angestellten.
Martin Röhsner: »Insgesamt gesehen bleiben die Investitionen der Unternehmen in Weiterbildung vergleichbar mit dem letzten Jahr, aber sie verteilen sich auf mehr Teilnehmer. Pro Kopf wird weniger investiert, von einigen Branchen und Spezialgebieten abgesehen.«
Laut einer Studie, die anlässlich des Tags der Weiterbildung im Sommer 2016 präsentiert wurde, haben 19 % der heimischen Betriebe mehr in Weiterbildung investiert als im Jahr davor. 65 % der Unternehmen haben gleich viel investiert. Vorbei sind die Zeiten, wo nach dem Gießkannenprinzip Seminare gebucht wurden. Es geht heute viel mehr um Lernkonzepte. Auch Unternehmen haben erkannt, dass eine einmalige Investition in ein Zweitagesseminar meist nur geringen Nutzen bringt.
Nachgefragt werden langfristige Lernkonzepte, die einen nachweisbaren Nutzen für den Mitarbeiter und somit für das Unternehmen bringen. Demnach sind auch die Themen Lerntransfer und Bildungscontrolling hoch im Kurs. Wie viel bekomme ich als Unternehmen pro eingesetztem Euro in Weiterbildung zurück? Das ist die Frage, die sich viele Personalentwickler zwangsläufig stellen (müssen). Weiterbildungsinstitute tun gut daran, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Dafür gibt es auch schon richtig gute Konzepte, wie z.B. das Kirkpatrick-Modell (TRAiNiNG berichtete darüber ausführlich in den Ausgaben 2/16 und 3/16).
Fazit
Moderne Lernformen sind besser geworden und beginnen sich durchzusetzen. Aufgrund des gestiegenen Lernbedarfs treffen elektronische Formen der Wissensvermittlung den Geschmack vieler Lernwilligen. Ganz ersetzen werden diese Lehrmethoden Präsenztrainings in den nächsten Jahren sicher nicht. Wer noch nie auf seinem Handy gelernt hat, sollte es unbedingt ausprobieren, die Möglichkeiten dazu sind großartig.