Um auch ältere Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, ist es wichtig, eine generationenübergreifende Kultur zu schaffen.
Im Zuge des demografischen Wandels wird der Kampf um die besten Köpfe immer stärker. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung einer Überalterung der Belegschaft bei gleichzeitigem Rückgang der (Führungs-)Nachwuchskräfte. Da der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern nicht alleine durch neue Kräfte ersetzt werden kann, ist es besonders wichtig, auch die älteren Mitarbeiter zu motivieren und länger an das Unternehmen zu binden. Hierfür ist es notwendig, eine generationenübergreifende, konfliktfreie, sogenannte »Employer-of-Choice«-Kultur zu schaffen. Das bedeutet, dass die Kultur die unterschiedlichen Interessen und Werte der verschiedenen Generationen bedienen kann und damit sowohl für potenzielle neue Bewerber als auch für bestehende Mitarbeiter attraktiv ist.
Lebensphasenorientierte
Personalpolitik
Personalwirtschaftliche Maßnahmen müssen daher gezielt auf die verschiedenen Altersgruppen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Werten abgestimmt sein – man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer »lebensphasenorientierten Personalpolitik«.
Jutta Rump (2014) beschreibt Lebensphasenorientierung als ein alle Phasen, also vom beruflichen Einstieg bis zum beruflichen Ausstieg, umfassendes Personalmanagement. Hierdurch wird einerseits berücksichtigt, dass nicht alle wichtigen privaten und beruflichen Entscheidungen in der Zeit zwischen 20. und 45. Lebensjahr getroffen werden müssen, wie dies im klassischen Personalmanagement vorgesehen ist. Andererseits berücksichtigt das lebensphasenorientierte Personalmanagement auch die unterschiedlichen privaten und beruflichen Hintergründe der jeweiligen Lebensphase wie beispielsweise Partnerschaft, Familie/Kinderbetreuung, Familie/Pflege, Um- und Neuorientierung, Krankheit, sowie Vorbereitung auf den 3. Lebensabschnitt.
Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Entwicklung und Erhaltung der nachhaltigen Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit aller Mitarbeiter, auf die Vereinbarkeit von Lebens- und Berufssituationen sowie den Umgang mit unterschiedlichen Erwartungs- und Wertehaltungen der Generationen.
Work-Life-Balance – Freizeit über alles? – Was wollen die Generationen?
Work-Life-Balance ist ein für alle Generationen zentrales Thema, allerdings nicht in derselben Ausprägung. Für die Generation Y (Geburtsjahre 1981 bis 1995) hat Freizeit einen hohen Stellenwert. Flexible Arbeitszeitmodelle und örtliche Unabhängigkeit sind sehr wichtig. Auch die Möglichkeit einer Bildungskarenz oder eines Sabbaticals z. B. für einen »All-around-the-World«-Trip, stellen für diese Generation eine besondere Motivation dar. Jungfamilien wünschen sich stattdessen lieber tatkräftige Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Gegensatz dazu präferieren »Silver Ager« (Generation Baby Boomer, Geburtsjahre 1956 bis 1970) wiederum die Möglichkeit, stufenweise die Arbeitszeit zu reduzieren, ohne dabei das Unternehmen zu verlassen (Cogin, 2014). In einer Studie des Instituts für Personal & Organisation der FHWien der WKW zum Thema »Das Neue Arbeiten«, die 2015 gemeinsam mit der Plattform »Das Neue Arbeiten DNA« durchgeführt wurde, stimmten bereits über 50 % der Befragten eher oder völlig zu, dass ihnen je nach Lebensphase flexible Beschäftigungsmöglichkeiten (z. B. Job Sharing, Teilzeit, Auszeit/Sabbatical, Karenz) im Unternehmen geboten werden.
Karrierestau?
Mit dem Wort Karriere wird nach wie vor häufig eine erfolgreiche Berufslaufbahn im Sinne eines hierarchischen Aufstiegs verbunden, also mehr Verantwortung, Gehalt und in weiterer Folge auch Status. Modelle, die für die Generation der Baby Boomer sehr attraktiv sind, da dieses Karriereverständnis auch deren Arbeitsalltag prägte. Vielfach geht mit diesem Modell jedoch auch das Verständnis einher, dass eine mögliche Karriere mit ca. 45 Jahren bereits zu Ende ist und ab Mitte 50 ein Rückzug aus der Berufstätigkeit beginnt. Die Unternehmensrealität bestätigt dieses Bild. Dies wird sich aber in den nächsten Jahren ändern (müssen). Einerseits müssen Mitarbeiter länger arbeiten und damit ist es wichtig, auch bei den Weiterbildungsmaßnahmen umzudenken. Wurden diese bisher vor allem für Mitarbeiter unter 45 Jahren konzipiert, wird es zunehmend notwendig sein, die Mitarbeiter bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen zu qualifizieren und darüber hinaus auch ihr Wissen zu sichern. Vielen Unternehmen beschäftigen bereits »ihre« Pensionisten wieder als Senior Experts oder Konsulenten, um das verloren gegangene Wissen ins Unternehmen zurückzuholen.
Andererseits sieht das Karrierestreben der jüngeren Generationen anders aus. So streben diese z. B. nicht im selben Ausmaß eine Führungslaufbahn an. Die Etablierung von Fach- und Projektlaufbahnen wird daher für Unternehmen immer wichtiger. Essenziell für die Etablierung unterschiedlicher Karrierewege ist es, eine Gleichwertigkeit zwischen Führungs-, Fach- und Projektlaufbahn zu gewährleisten. Karrierewege werden damit aber auch immer bunter, sie haben oft keinen roten Faden mehr, sondern setzen sich aus unterschiedlichen, teils bunt zusammengewürfelten Stationen zusammen. Dies entspricht der von der Generation Y präferierten Flexibilität und Vielfältigkeit. Die oben angeführte Studie zum Thema »Das Neue Arbeiten« zeigt, dass Unternehmen hier noch einen großen Handlungsbedarf haben. Nur 30 % stimmen eher oder völlig zu, dass ihr Unternehmen je nach Lebensphase und Interesse flexible Karrieremöglichkeiten (z. B. Führungskarriere, Expertenkarriere, Projektkarriere) anbietet.
Fazit für das Personalmanagement
Auch wenn die Grenzen zwischen Generationen und Lebensphasen fließend sind und nicht immer exakt abgegrenzt werden können, ist eines klar: mit einem »One-fits-all«-HR-Instrumentarium ist es nicht mehr getan. Nur wer sich der Komplexität der Altersstrukturen und der unterschiedlichen Lebensphasen stellt und individuell zugeschnittene Maßnahmen anbieten kann, wird letztlich auch im Wettbewerb um den besten Kandidaten oder Mitarbeiter die Nase ganz weit vorne haben.
Und um es mit Henry Ford zu sagen: »Zusammenkommen ist ein Beginn, zusammenbleiben ist ein Fortschritt, zusammenarbeiten ist ein Erfolg.«
Referenzen und Literaturempfehlungen
Cogin, Julie (2014): Are generational differences in work values fact or fiction? Multi-country evidence and implications, The International Journal of Human Resource Management, 23:11.
Rump, Jutta & Silke Eilers (2014): Lebensphasenorientierte Personalpolitik. Strategien, Konzepte und Praxisbeispiele zur Fachkräftesicherung, Verlag: Springer Gabler.