Attraktivität: Sonnen- und Schattenseiten in der Berufswelt

Haben es attraktive Menschen wirklich leichter im Job? Klettern sie die Karriereleiter tatsächlich schneller empor als ihr vermeintlich weniger gut aussehendes Kollegium? Im Berufsleben kann Attraktivität sowohl positiv als auch negativ sein. Welche Sonnen- und Schattenseiten gutes Aussehen im Job mit sich bringt, lesen Sie in diesem Artikel.

Halo-Effekt: Der erste Eindruck zählt

Wir fühlen uns von Schönheit angezogen und streben sie regelrecht an. Manche Menschen sind sogar dazu bereit, in eine professionelle Schönheitsbehandlung zu investieren, um ihre persönliche Attraktivität zu steigern.

Warum Schönheit als vorteilhaft empfunden wird, beschreibt der sogenannte Halo-Effekt (Heiligenschein-Effekt). Wird ein Mensch als attraktiv empfunden, werden ihm ausschließlich positive Charaktereigenschaften zugeschrieben, z. B.:

  • Kompetenz
  • Intelligenz
  • Kreativität
  • Kommunikationsfähigkeit

All diese Attribute haben etwas gemeinsam: Sie sind in der Berufswelt gerne gesehen.

Diesem psychologischen Effekt zufolge überstrahlt die wahrgenommene Attraktivität einer Person sämtliche ihrer individuellen Eigenschaften. Ohne den Menschen wirklich zu kennen, wird automatisch und völlig unbewusst davon ausgegangen, dass er sich z. B. durch die obigen Attribute auszeichnet.

Nicht umsonst heißt es im Volksmund, dass der erste Eindruck zählt – die Bedeutung des zweiten Eindrucks wird völlig außer Acht gelassen. Die Wirkung, die die attraktive Person hinterlässt, überschattet die Realität. Als dementsprechend schwierig erweist es sich, bewusst das bereits im Kopf verankerte Bild von der Person zu berichtigen.

Mit Attraktivität zum beruflichen Erfolg?

Attraktive Menschen werden überdurchschnittlich positiv wahrgenommen – insbesondere in der Berufswelt profitieren sie davon. Weil sie als äußerst kompetent eingeschätzt werden, sind ihre Anstellungschancen höher als die ihrer angeblich weniger ansehnlichen Mitbewerbenden. Vor allem in Führungspositionen und Unternehmen mit häufigem Kundenkontakt werden attraktive Menschen gern eingestellt.

Der Halo-Effekt bewirkt, dass der Vorgesetzte dem attraktiven Mitarbeiter von Anfang an sein Vertrauen schenkt und ihm besonders viel zutraut. Weil der Arbeitgeber davon überzeugt ist, dass der Arbeitnehmer alles zur vollsten Zufriedenheit des jeweiligen Unternehmens ausführen wird, ist er in manchen Fällen sogar dazu bereit, einen höheren Gehalt auszubezahlen.

Der Schein trügt: Die Kehrseite der Attraktivität

Es stimmt wohl, dass attraktive Menschen oftmals aus den Vorurteilen, die ihnen im Job entgegengebracht werden, einen persönlichen Nutzen ziehen können. Dennoch hat das gute Aussehen auch seine Schattenseiten.

Die Gefahren des Halo-Effekts

Der Halo-Effekt kann zum echten Risiko für den Arbeitgeber mit sich ziehen. Das attraktive Aussehen des Bewerbungskandidaten führt möglicherweise zu einer Fehleinschätzung der Kompetenzen und Qualifikationen. Der Arbeitgeber ist davon überzeugt, dass der attraktive Bewerber kompetent genug für die ausgeschriebene Stelle ist und stellt ihn kurzerhand ein.

Mit der Zeit kann sich herausstellen, dass der angeblich kompetente Mitarbeiter die Anforderungen des Unternehmens doch nicht so gut erfüllen kann wie erwartet. Das Ergebnis: Der Arbeitnehmer ist überfordert und der Arbeitgeber sieht sich dazu gezwungen, das Dienstverhältnis zu beenden. Der Halo-Effekt kann somit falsche Personalentscheidungen und einen hohen Mitarbeiterwechsel bewirken.

Der „Beauty Is Beastly“-Effekt

Attraktivität hat noch eine weitere Kehrseite. Laut dem „Beauty Is Beastly“-Effekt muss sich jemand, der gut aussieht, mit weitaus mehr geschlechtsspezifischen Vorurteilen auseinandersetzen.

Demzufolge werden einer besonders attraktiven Frau „typisch weibliche“ Eigenschaften (z. B. Einfühlungsvermögen und Selbstlosigkeit) zugeschrieben. Im Vergleich werden einem gutaussehenden Mann klischeehafte männliche Charakterzüge (z. B. Kampfgeist und Willensstärke) zugeschrieben. Je besser eine Person aussieht, desto mehr solcher Stereotype werden ihr entgegengebracht.

Die Leistungen der Betroffenen werden vor allem anfangs hart auf die Probe gestellt. Arbeiten Frauen in einer typischen Männerdomäne (z. B. Maschinenbauwesen), werden sie als wenig kompetent eingeschätzt. Grundsätzlich positive weibliche Eigenschaften können daher in einem männerdominierten Job zum Nachteil werden.

Genauso gestaltet es sich bei hochattraktiven Männern, die in einem weiblich konnotierten Berufsfeld (z. B. Erziehungswesen) Fuß fassen wollen. Das überwiegend weibliche Kollegium hält den männlichen Mitarbeiter beispielsweise oft für zu wenig einfühlsam. Auffällige männliche oder weibliche Attraktivität ist daher nicht in allen Jobs gern gesehen.

Attraktive Menschen haben es im Job vermeintlich leichter: Sie profitieren von dem oftmals falschen Bild, das andere von ihnen haben. Dennoch kann ihnen ihre Schönheit auch Steine in den beruflichen Weg legen. Die hohen Erwartungen, die an attraktive Arbeitnehmer gestellt werden, können diese nicht immer erfüllen. Es zeigt sich also ein weiteres Mal: Attraktivität ist nicht alles – auf längere Sicht entscheiden immer noch die persönlichen Qualifikationen, ob man in einem Job wirklich bestehen kann.

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