Auf Krisen richtig vorbereiten

Menschen passen sich oft mittels »Trial and Error« an neue Umgebungen an. Was Sie aus diesem Verhalten über Krisen lernen können, lesen Sie in diesem Artikel.

Ich bin Evolutionsbiologe, der das Verhalten der Menschen analysiert und zu erklären versucht. Evolutionsbiologen denken in Jahrtausenden. Wir sehen das aktuelle Aussehen und Verhalten der Menschen als Ergebnis der Lebensumstände in den letzten Jahrtausenden bis Jahrmillionen. Das Verhalten kann man auch sehr gut als sichtbares Denken bezeichnen. Aktuelle Fragen, wie wir Menschen mit Krisen umgehen, wie wir uns in Krisen verhalten, sind natürlich auch für uns von Bedeutung. Covid, Krieg und eine sich ungünstig verändernde Umwelt sind keine neuen Phänomene. Ganz im Gegenteil, sie sind unsere begleitenden Faktoren seit Beginn der Menschheit an. Sie haben in der Vergangenheit unser aktuelles Verhalten geformt.

Eine wesentliche Eigenschaft von uns Menschen ist es, flexibel auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Wir passen uns rasch an. Wir passen uns an sich ändernde Klimabedingungen an und besiedeln dadurch den Planeten in einer Temperaturspanne von über 60 Grad Celsius. Wir fliehen vor Kriegen und verlassen unwirtlich gewordene Gegenden. Aber zeigen wir im unternehmerischen Alltag diese Kapazität? Manche mehr, manche weniger. Die normative Kraft des Faktischen hat unsere Kommunikation massiv ins Virtuelle verschoben. Remote Meetings, Calls, Webkonferenzen – wir haben uns rasch, womöglich widerwillig, daran gewöhnt. Selbst jene Führungskräfte, die mit Führung auf Distanz vor zwei Jahren in meinen Coachings um Unterstützung gebeten hatten, sind mittlerweile recht entspannt im Umgang mit ihrer neuen Rolle. 

Es ist spannend zu beobachten, wie schnell die Technologien auf neue Bedürfnisse reagieren. So werden Trainer-Avatare programmiert, die von echten Menschen nicht zu unterscheiden sind. Mit einer Prise Künstlicher Intelligenz und viel Trainings-Know-how werden diese womöglich die Weiterbildner der Zukunft. Die Pointe: Jetzt braucht es Verhaltensbiologen wie mich, die den Programmierern erklären, wie sich solche Avatare im virtuellen Raum verhalten müssen, um tatsächlich als wahrhaftige Menschen durchzugehen. 

Warum nicht gleich den echten Menschen? Spart Aufwand!

Nicht jede Reaktion auf sich ändernde Rahmenbedingungen, Katastrophen und Krisen ist zukunftsträchtig. Wir Menschen probieren einfach viel aus, sind eher Homo ludens (spielend) als Homo sapiens (weise). Und wer viel ausprobiert, fällt oft auf die Nase. Das gehört dazu. Unternehmen wollen exakt diese Kosten minimieren. Das »auf die Nase Fallen« kann sehr schnell sehr teuer werden. Und jetzt kommt, wie so oft, Konrad Lorenz ins Spiel: Er meint, dass sich der Mensch dadurch auszeichnet, dass er im vorgestellten Raum Handlungen vorwegnehmen kann. Mit einfacheren Worten – wir sind Strategen. Und Krisen sind vorhersehbar. Die Reaktionen darauf auch. 

Erst dieser Tage habe ich an einem Montagvormittag ein Unternehmen im Rahmen eines Medientrainings auf die Notwendigkeit einer standardisierten Krisenkommunikation hingewiesen. Am Dienstagabend schon rief mich das Unternehmen an und sagte, dass der Worst Case gerade eingetreten sei – eine bei ihrer Arbeit tödlich verunglückte Frau. Ich fuhr gleich an den Unglücksort und regelte die wesentlichen Abläufe. Wir konnten unnötigen Sekundärschaden durch richtiges Kommunizieren verhindern. Denn einem Unternehmen, das sich nicht auf Unglücksfälle, Katastrophen oder Krisen vorbereitet, entstehen unnötig hohe Kosten. Diese kann man verhindern, indem man im vorgestellten Raum Handlungen vorwegnimmt – und verschriftlicht. Ein weiterer Schritt vom Homo ludens in Richtung Homo sapiens.

Die Krise lehrt uns das.  

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Fauma

Gastautor Gregor Fauma

ist Verhaltensbiologe, Trainer und Keynote-Speaker.

www.gregorfauma.com

 

Zur sprachlichen Gleichbehandlung aller Menschen verwenden wir geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums.
Infos dazu unter www.generisches-neutrum.com