Business-Coaching im Unternehmen

Coaching entwickelt sich aktuell – befeuert durch Corona – von einem reinen Personalentwicklungs- auch zu einem Organisationsentwicklungsinstrument.

In der aktuellen Studie »Bedeutung und Organisation des Business-Coaching in der Personalentwicklung« wollte die Managementberatung Machwürth Team International (MTI) unter anderem ermitteln,
inwieweit Coaching heute bereits ein integraler Bestandteil der Personalentwicklung in den Unternehmen ist,
welche Ziele die Unternehmen mit seinem Einsatz verfolgen,
welche Coachingformate sie präferieren und
wie und wo die Verantwortung für das Coachen in ihrer Organisation verankert ist.

Für die Studie wurden 492 Mitarbeiter von Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern befragt. Von den Befragten waren 74 % potenzielle Coachees, also Coaching-Teilnehmer und 26 % Verantwortliche im HR-Bereich. Die Befragung fand im Herbst 2020 statt. Deshalb flossen in die Studienergebnisse auch schon Erfahrungen aus der Corona-Zeit ein.

Bedeutung und Wahrnehmung

Die Studie ergab: Coaching ist inzwischen ein fester Bestandteil im Instrumentenkoffer der Personalentwicklung von Unternehmen. Dieser Aussage stimmten 49 % der befragten Personen zu und 31 % betonten, Coaching werde in ihrer Organisation immer wichtiger. Dabei fällt auf: Die Coaching-Entscheider sind weit häufiger davon überzeugt, dass das Coaching schon fest in der Personalentwicklung verankert ist (62 %) als die potenziellen Coachees (44 %). Hier divergieren die Wahrnehmung der PE- bzw. Coaching-Experten in den Unternehmen und die ihrer Klienten offensichtlich. Dieser Eindruck wird durch die Antworten auf die Frage bestätigt, welche Bedeutung das Coaching bereits in der Personal- und Organisationsentwicklung der Unternehmen hat. Hier antworten 75 % der Personalentwickler, das Coaching habe schon einen hohen Stellenwert (28 %) sowie seine Akzeptanz und Inanspruchnahme steigen (57 %). Bei den Coachees sind es nur 50 %.
Auch die Funktion der Coachings wird von den Personalentwicklern und den Coachees teils verschieden gesehen. So erachten 40 % der potenziellen Coachees das Coaching primär als individuelle Entwicklungsmaßnahme und 21 % als Problemlösungsmaßnahme. Doch nur 24 % schreiben dem Coaching beide Funktionen zu. Bei den Personalentwicklern sind dies fast doppelt so viele: 47 %.

Coachingzielgruppen, -formate und -themen

Auffallend ist, dass die Zielgruppen des Coachings in den meisten Unternehmen aktuell noch primär Führungskräfte sind. So werden von 94 % der Befragten als Zielgruppe (Mehrfachnennung möglich) die Führungskräfte der mittleren (50 %) und operativen Ebene (44 %) genannt. Zudem nennen 41 % die Geschäftsführung bzw. das Management-Board als Zielgruppe. Nur 34 % der Befragten betonen jedoch, Coachingangebote gebe es in ihrem Unternehmen für alle Mitarbeiter. Interessant sind auch die Befragungsergebnisse hinsichtlich der angebotenen Coaching-Formen. Hier fällt auf, dass Einzelcoachings nicht nur mit Abstand am häufigsten von den Unternehmen angeboten werden, sie werden aus Sicht der potenziellen Coachees auch am häufigsten genutzt (79 %). Anders sieht es beim Team- bzw. Kleingruppen- sowie Projektcoaching aus. Teamcoachings werden zwar in 47 % der Unternehmen angeboten, nur 33 % der Coachees signalisierten hierfür aber einen Bedarf. Der typische Coachinganlass sind Entwicklungs- und Fördermaßnahmen. Zudem sagen 23 %, die Coachings ergäben sich oft als Folgemaßnahmen nach Feedback- oder Zielvereinbarungsgesprächen mit Mitarbeitern. Diese Coachings dürften in der Regel Einzelcoachings sein. Weniger häufig werden hingegen Coachings in Konfliktsituationen (20 %) oder bei akuten Problemen durchgeführt (18 %). Diese Coachings dürften tendenziell eher Team-Coachings sein, da sie in der Regel auch die Zusammenarbeit betreffen.
Die Top-Coaching-Themen sind aus Entscheidersicht die Themen »Mitarbeiterführung« (75 %) sowie »Konfliktmanagement« (63 %). Erst auf Platz 3 (53 %) folgt bei den Entscheidern das absolute Top-Thema aus der Sicht der potenziellen Coachees (58 %): »Resilienz, Stressresistenz, Umgang mit belastenden Situationen«.

Zum Befragungszeitraum gaben von allen Entscheidern 25 % an, in ihrem Unternehmen werde das Coaching mit digitalen Tools, wie zum Beispiel einer Lernplattform, unterstützt; bei den Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern liegt deren Anteil bei 34 %.
Ähnliches gilt für die Coaching-Formen Telefon- und Online-Coaching. Vom Telefon- und Online-Coaching sagten im Befragungszeitraum September/Oktober 2020 jeweils fast zwei Drittel der Entscheider, es werde in ihrer Organisation genutzt; von den Coachees stimmte nur ein Viertel dieser Aussage zu. Auch dies legt die Vermutung nahe, dass in vielen Unternehmen zwar, ausgelöst durch Corona, verstärkt Telefon- und Online-Coachings stattfinden, hiervon bisher aber nur ein Teil der Belegschaft erfasst wird – zum Beispiel, weil so manches Unternehmen zurzeit entsprechende Coaching-Angebote primär seinen Mitarbeitern im Home-Office unterbreitet.

Steuerung und Organisation

In den meisten Unternehmen geht die Coaching-Initiative noch eher selten von den Coachees selbst aus. So geben zum Beispiel 54 % der Befragten an, die Coaching würden anlassbezogen von der Personalentwicklung initiiert. Außerdem sagen 46 %, die jeweiligen Vorgesetzten beantragten die Coachings für ihre Mitarbeiter sowie 37 %, diese seien in der Regel ein Ergebnis des Feedbacks bzw. der Zielvereinbarung zum Beispiel in den Jahresgesprächen.
Die wichtigsten Kriterien für die Auswahl der Coaches sind für die Personalentwickler und die Coachees die Berufserfahrung (69 bzw. 67  %), die vorhandenen Referenzen (59 bzw. 46  %) und ob der Kandidat eine Coaching-Ausbildung durchlaufen hat (50 bzw. 51 %). Die Personalentwickler legen jedoch deutlich häufiger als die Coachees Wert auf eine Zertifizierung (41 bzw. 21 %). Fast 60 % der Entscheider sagen, in ihrem Unternehmen gebe es einen standardisierten Prozess für das Planen und Durchführen von Coachingmaßnahmen. Dieser Aussage stimmen weniger als 30 % der potenziellen Coachees zu – eventuell auch, weil sie den Prozess nicht kennen.

Fazit
Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Coaching ist ein etabliertes Instrument der Personalentwicklung in Unternehmen; eher selten wird es aber noch als ein Instrument der Organisationsentwicklung ver­standen. Deshalb wird es in der Regel eher anlassbezogen zum Beheben von Defiziten eingesetzt und wenig strategisch. Zudem erfolgt tendenziell eher selten eine systematische Evaluierung der Coachingmaßnahmen.
Damit einher geht, dass Coaching insbesondere von den Coachees noch primär als individuelle Entwicklungs- und Fördermaßnahme und weniger als Team- und Organisationsentwicklungsmaßnahme sowie als Tool zum ­Optimieren der Prozesse und Erreichen der Business-Ziele gesehen wird.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

Machwürth,Sabine0121

Gastautor
Sabine Machwürth
ist Geschäftsführer der international agierenden Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI).
www.mticonsultancy.com

Machwürth,Hans-Peter0121

Gastautor
Hans-Peter ­Machwürth
ist Geschäftsführer der international agierenden Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI).
www.mticonsultancy.com

 

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).