Committed or not?

Dieser Artikel beschreibt die Auswirkungen von Desk-Sharing-Umgebungen auf das Commitment von Mitarbeitern.

Die Arbeitswelt verändert sich stetig und viele Unternehmen reagieren durch flexiblere Arbeitsumgebungen und Rahmenbedingungen, wie z. B. zeit- und ortsunabhängige Formen der Zusammenarbeit. Zunehmend wird von Unternehmen auf Desk-Sharing-Umgebungen gesetzt, die jedoch meist mit dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes einhergehen und negative Auswirkungen auf die Zufriedenheit von Mitarbeitern haben können. In einer komplexer werdenden Arbeitswelt, die von technisch-ökonomischen Entwicklungen, wie beispielsweise der Globalisierung und gesellschaftlichen Entwicklungen, wie der Individualisierung, geprägt ist, sind motivierte Mitarbeiter jedoch ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen. Jedes Unternehmen braucht Mitarbeiter, die gerne arbeiten und sich mit den Werten und Zielen des Unternehmens identifizieren, d. h. über affektives Commitment verfügen. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, welche Auswirkungen eine Desk-Sharing-Arbeitsumgebung auf das Commit­ment von Mitarbeitern haben kann.

Desk Sharing

arbeitsplatz

Der Begriff »Desk Sharing« bzw. »Hot Desking«, Zweiteres vor allem im angloamerikanischen Sprachraum verwendet, bedeutet, dass sich mehrere Personen einen Arbeitsplatz bzw. Bürotisch teilen. Arbeitsplätze sind hier nicht fix zugewiesen und werden jeden Tag neu gewählt. Das Konzept des Open Office hat seinen Ursprung bereits in den 1970ern, als IBM erstmals die Idee eines nicht-territorialen Büros entwickelte (Van Meel, 2011). Mit dem Aufkommen der Open Offices und der Entwicklung von Desk Sharing in den späten 1990ern begannen räumlich sichtbare hierarchische Differenzierungen, welche oft an eine Position geknüpft als Statussymbol galten, aus dem Büro zu verschwinden (Pitt and Bennett, 2008), vor allem begünstigt durch die Weiterentwicklung der Informationstechnologien. Flexibilität von Arbeitszeit und -ort, Digitalisierung der Kommunikation, eine veränderte Arbeitsorganisation, neue Führungsphilosophien sowie neue Ansprüche an die Unternehmenskultur sind Grundpfeiler dieser neuen Arbeitswelten.

Commitment

Das Modell von Meyer & Allen (1991) unterteilt Commitment in drei verschiedene Aspekte. Das affektive Commitment beschreibt die emotionale Bindung von Mitarbeitern ans Unternehmen und die Identifikation mit den Unternehmenswerten. Mitarbeiter, die hingegen über normatives Commitment verfügen, fühlen sich dem Unternehmen aufgrund sozialer Normen verpflichtet. Das kalkulatorische Commitment beschreibt schließlich eine Bindung ans Unternehmen aufgrund der Kosten bei Verlassen desselben bzw. aufgrund mangelnder Alternativen. Einzelne Studien zeigen nun, dass Desk Sharing zu einem abnehmenden Commitment von Mitarbeitern führen kann (Hirst, 2011). Als Argument hierfür wird u. a. angeführt, dass Mitarbeiter in Desk-Sharing-Umgebungen keine Möglichkeit mehr haben, ihren Arbeitsplatz zu personalisieren (Brown et al. 2005). Wichtig erscheint auch der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Arbeitsumgebung und dem Commitment. Eine Studie des Fraunhofer Instituts zeigt, dass Mitarbeiter mit geringer Zufriedenheit mit ihrer Arbeitsumgebung eine deutlich schwächere Bindung ans Unternehmen und ein niedrigeres Commitment aufweisen (Bauer, 2014). Darüber hinaus kann sich Desk Sharing negativ auf Teamarbeit bzw. -zusammenhalt auswirken. Millward (2007) hingegen zeigt in seiner Studie, dass Desk Sharing nicht zu einem Verlust der Identifikation von Mitarbeitern führt, es verändere lediglich den Fokus der Identifikation: Mitarbeiter mit eigenem Arbeitsplatz identifizierten sich stärker mit ihrem Team, jene ohne eigenen Arbeitsplatz stärker mit der Organisation als Ganzes.

Empirische Erhebung & Stichprobe: Die Erhebung, welche den folgenden Auswertungen zugrunde liegt, basiert auf einer geschichteten Zufallsstichprobe, bestehend aus Mitarbeitern aus Unternehmen mit und ohne Desk Sharing. Erhebungszeitraum: 5. November bis 5. Dezember 2016. Stichprobe: 105 vollständig ausgefüllte Fragebögen, davon 49 % von Männern und 51 % von Frauen.

Erkenntnisse & Implikationen
für die Praxis

Überraschenderweise zeigen Desk Sharer ein höheres affektives Commitment auf als die befragten Personen in herkömmlichen Büroumgebungen. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass die befragten Desk Sharer Wertschätzung durch das Unternehmen nicht an einem eigenen Arbeitsplatz festmachen. Außerdem gaben die Befragten mehrheitlich an, selbst fast immer den gewünschten Platz zu finden, auch für die Zusammenarbeit wichtige Kollegen seien leicht auffindbar. Dies spricht dafür, dass es nicht so sehr um die Frage »Desk Sharing – ja oder nein?«, sondern vielmehr um die Rahmenbedingungen von Desk Sharing geht, die wesentlich für das Commitment von Mitarbeitern sind.

Anhand der vorliegenden Stichprobe konnte auch eine negative Korrelation zwischen der Ausprägung von Desk Sharing und dem affektiven bzw. normativen Commitment nachgewiesen werden. Je »radikaler« Desk Sharing umgesetzt wird, umso niedriger sind die Commitment-Werte der befragten Mitarbeiter. Dies spricht ebenfalls dafür, dass Unternehmen bei der Gestaltung von Desk-Sharing-Umgebungen einen großen Spielraum haben, um gezielt auf das Commitment der Mitarbeiter einzuwirken.

»Walk the talk« oder
»Leading by example«

Insbesondere ist die Vorbildwirkung von Führungskräften nicht zu unterschätzen. Desk Sharer, deren Führungskraft kein Desk Sharing macht, weisen nämlich niedrigere affektive Commitment-Werte auf. Das affektive Commitment basiert auf einer Identifikation von Mitarbeitern mit den Unternehmenswerten. Eine Praxis wie Desk Sharing propagiert den Wert Gleichheit aller. Wird diese Gleichheit dann nicht gelebt, können die Glaubwürdigkeit und das affektive Commitment von Mitarbeitern abnehmen. Die Ergebnisse legen weiters nahe, dass Führungskräfte, die »Leading by example« auch wirklich praktizieren, im Implementierungsprozess als Multiplikatoren genutzt werden können, um Mitarbeiter ins Boot zu holen.

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Covarrubias

Gastautorin Barbara Covarrubias Venegas
ist Researcher im Studienbereich Personal & Organisation der
FHWien der WKW.
barbara.covarrubias@­fh-wien.ac.at

 

thuryGastautorin
Sonja Thury
ist HR-Generalist bei Axalta Coating Systems Austria GmbH.
www.axaltacs.com/at