Welche der Erfolgsfaktoren für Teamarbeit lassen sich in Teamtrainings besonders gut trainieren? Mit welchen Methoden? Was braucht es generell, um Teamtrainings erfolgreich zu machen?
Auf den ersten Blick entscheiden einige wenige Faktoren darüber, ob ein Team erfolgreich ist:
Zusammensetzung: Sind die richtigen Personen im Team und passen sie auch zusammen? Haben sie das nötige Know-how für das Erreichen der Ziele?
Aufgaben des Teams: Ist es das richtige Team für die gestellten Aufgaben? Sind die Aufgaben klar definiert?
Führung: Wird das Team von der richtigen Person gut geführt?
Für Teamtrainings stellt sich nun die Frage, was davon man im Rahmen eines solchen Trainings verbessern kann. Die richtige Zusammensetzung des Teams liegt z. B. hauptsächlich im Recruiting bzw. im Teamerstellungs-Prozess. Da kann man mit Teamtrainings zwar Verbesserungen (Gruppendynamikprozesse, Zusammenhalt, gemeinsame Visionen usw.) erzielen, aber etwaig vorhandene, grundlegende Probleme nicht mehr lösen. Wenn 7 von 9 Teammitgliedern »Alphatiere« sind, wird das beste Training keine Harmonie erzeugen können. (Abgesehen davon, dass das natürlich sehr unwahrscheinlich ist – das soll ja auch nur ein Beispiel sein.) Für das nötige Know-how zur Erreichung der Ziele sind u. U. auch Fachtrainings wichtig – mehr als Teamtrainings. Um ein Team richtig zusammenzusetzen, bedarf es einiges an Know-how, Gespür und auch der richtigen Instrumente.
Und da merkt man schon: Es braucht weit mehr als nur einen ersten Blick. Teams erfolgreich machen, das ist etwas für Experten. Birgit Fischer-Sitzwohl ist Geschäftsführerin von Coverdale Österreich. Seit über 15 Jahren ist sie Teil des Coverdale-Teams und somit Teil einer Organisation, deren Gründer Ralph Coverdale es von Beginn an um die Art und Weise ging, wie Menschen erfolgreich zusammenarbeiten können. Sie beschreibt die Erfolgsfaktoren eines Teams so: »Ein Team muss ein gemeinsames Ziel haben, die Teammitglieder wollen dieses Ziel gemeinsam erreichen. Keiner kann es alleine, das heißt, nur durch die Bündelung aller Fähigkeiten ist es möglich, das gesetzte Ziel auch wirklich zu schaffen. Dazu brauchen die Teammitglieder komplementäre Fähigkeiten, müssen sich gut kennen und einander vertrauen. Die Grundvoraussetzung, dass das klappt, ist: Das Team muss eine klare Vision haben, wo es hinwill. Jeder weiß genau, welche Aufgabe er in diesem Team hat, und will und kann diese auch ausfüllen. Das Team hat sich auf eine systematische Arbeitsweise geeinigt, es gibt klar definierte Spielregeln, wie zusammengearbeitet wird. Rollen und etwaige Hierarchien sind klar und akzeptiert.«
Wie schon weiter oben beschrieben: Viele dieser Dinge – z. B. die komplementären Fähigkeiten – werden nicht durch Trainings, sondern bereits durch die richtige Zusammenstellung des Teams ermöglicht.
Birgit Fischer-Sitzwohl beschreibt das so: »Das Thema ›Das Ziel mittragen‹ ist nicht trainierbar, sondern es hat etwas mit meiner persönlichen Haltung zu tun, bzw. meinen eigenen Lebensumständen. Es kommt im Arbeitsumfeld vor, dass jemand in ein Projektteam delegiert wird, obwohl er weder die Zeit dafür hat, bzw. auch inhaltlich nicht wirklich der Richtige ist. Diese Person wird im Projektteam ein ›Störfaktor‹ sein. Das ist aber nicht ›wegtrainierbar‹, sondern das hat etwas mit Führung zu tun. Mit Zwang kann man einfach keine Performance erreichen. Ich denke, dass es für Führungskräfte immer wichtiger wird, einen Rahmen zu schaffen, der es den Mitarbeitern ermöglicht, sinnstiftend zu arbeiten. Wenn das möglich ist, ist Teamarbeit einen großen Schritt weiter.«
Und woran lässt sich in Teamtrainings besonders gut arbeiten?
»In Teamtrainings können sich die Teammitglieder gut kennenlernen, eine gemeinsame Arbeitssystematik und Spielregeln entwickeln. Auch die Erarbeitung einer Vision ist in Teamtrainings gut machbar.«
Und mit welchen Methoden?
»Durch Probehandeln, das gut vorbereitet wird, und in einer Reflexion aufgearbeitet wird. Das Team analysiert die Erfolge und Misserfolge und überlegt sich, was es beim nächsten Mal besser, anders oder gleich macht. Eine neuerliche Probehandlung hilft, die gemachten Erkenntnisse zu vertiefen.«
Können Sie uns dazu bitte auch ein ganz konkretes Beispiel nennen?
»Wenn es in einem Training darum geht, systematische Zusammenarbeit zu erlernen, geht das am Besten über Erfahrungslernen. Ein Team erhält am Anfang einen ganz offenen Auftrag. Meist herrscht wilder Aktionismus im ersten Auftrag. Fragen werden gestellt, aber nicht beantwortet. Der Auftrag wird ausgeführt, obwohl das Ziel nicht klar ist. Über die Reflexion lernen die Teilnehmer die Bedeutung der ›Wozu-Frage‹ kennen. In einem nächsten Auftrag werden die Erkenntnisse weiter umgesetzt, und als nächstes poppt die Frage nach der Messbarkeit von Zielen auf – das Thema Kriterien … Über mehrere Schritte lernen die Teilnehmer, was ein vollständig definiertes Ziel ausmacht. Der Teamfindungsprozess läuft parallel ab. Meist fangen die Teilnehmer an, sich zu organisieren, also Teilaufgaben zu verteilen, mit all den Schwierigkeiten wie unklaren Aufträgen und Zeitverlust bei der Zusammenführung. Im Laufe der Zeit lernen die Teilnehmer immer mehr, aufeinander zu hören und sich gegenseitig zu unterstützen, sodass am Ende einer dreitägigen Maßnahme Themen wie Zielklärung, systematisches Zusammenarbeiten, Zuhören, Feedback geben und nehmen sowie Gruppen steuern fast mühelos so erlernt werden können, dass die Teilnehmer das sowohl miteinander als auch in neuen Gruppensituationen anwenden können.«
Das Erreichen von Zielen als Team wird also durch das gemeinsame Erarbeiten von Aufgaben trainiert. Dass das nicht einfach irgendwelche Aufgabenstellungen sein sollten, liegt auf der Hand. Je besser die Aufgaben, desto größer sind Lernerfolg und Nachhaltigkeit. Eine Aufgabe ist dann gut, wenn sie zum Team und zur Zielsetzung passt. An dieser Stelle kommt das Know-how der Trainer zum Tragen. Mit einem gut gefüllten »Werkzeugkoffer« erprobter Instrumente und der dementsprechenden Erfahrung lassen sich die richtigen Aufgabenstellungen im richtigen Moment nicht nur zur Anwendung bringen, sondern auch im nötigen Maße adaptieren. Darüber hinaus muss sich der Trainer selbstverständlich stets auf das spezifische Team und die definierten Trainingsziele vorbereiten. Wir fragen Birgit Fischer-Sitzwohl:
Worauf müssen die Trainer in der Vorbereitung für Teamtrainings achten?
»Was ist das Ziel des Auftraggebers – und ist dieses über Training erreichbar? Zum Beispiel: Ein Teamtraining kann keinen akuten Konflikt auflösen. Da muss eine andere Intervention genutzt werden. Sind alle Mitglieder verfügbar? Gibt es Menschen im Team mit besonderen Bedürfnissen? Falls ja, was sind die Einschränkungen?«
Welche Informationen benötigen die Trainer sonst noch vorab?
»Die Themen, die bearbeitet werden sollen und die aktuelle Situation des Teams. Oft tauchen während eines Teamtrainings aktuelle Fragestellungen auf. Falls ja, dürfen diese bearbeitet werden? Und natürlich auch Fakten wie die Anzahl der Teilnehmer.«
In den 2015er-Ausgaben dieses Magazins beschrieben wir in mehreren Artikeln immer wieder die Vor- und Nachteile mehrtägiger Trainings an externen Locations. Dabei zeigten wir auf, dass bei der Entscheidung für oder gegen solche Seminare die Inhalte ebendieser Seminare eine entscheidende Rolle spielen. Teamtrainings waren dabei stets Beispiele für Trainings, die bevorzugt außerhalb des eigenen Unternehmens stattfinden sollten. Birgit Fischer-Sitzwohl sieht das genau so: »Es ist für Teamtrainings unbedingt besser, sie an externen Locations abzuhalten. Es geht vor allem auch darum, wenn möglich einen Abend miteinander zu verbringen, weil die Themen des Tages weiterwirken.«
Outdoor-Trainings-Elemente?
Bei vielen Teamtrainings werden Outdoor-Trainings-Elemente zum Einsatz gebracht. Nach dem großen Boom der Outdoor-Trainings-Branche in den 90er-Jahren bis ca. 2005 gab es so etwas wie eine Gegenbewegung. Manche sinnvollen Instrumente und Übungen haben sich gehalten, andere (z. B. der Feuerlauf) sind aus dem Business-Kontext verschwunden. Seit einiger Zeit beobachten wir wieder ein gesteigertes Interesse an Outdoor-Trainings. Das schlägt sich auch in Buchungszahlen und neu eröffneten Seminarhotels mit Outdoor-Trainingsanlagen oder zumindest Outdoor-Bereichen nieder.
Birgit Fischer-Sitzwohl beschreibt diese Entwicklung so: »Die Outdoor-Elemente waren eine Zeit lang sehr modern, um ein gemeinsames Erlebnis zu ermöglichen. Je nachdem, um welche Outdoor-Elemente es sich handelt, halte ich das auch nach wie vor für sinnvoll. Outdoor-Elemente müssen für uns so gestaltet sein, dass die ganze Gruppe ›beobachtet‹ werden kann, und dass man danach eine ausführliche Reflexion machen kann.«
Was können Outdoor-Elemente für Teamtrainings leisten?
»Meiner Ansicht nach schaffen sie einen gemeinsamen Erlebnisraum. Sie können einerseits dazu dienen, sich gegenseitig gut kennenzulernen, andererseits helfen sie auch, echte ›Knackpunkte‹ in einem Team aufzuzeigen. Wenn zum Beispiel ein ›vermeintliches‹ Team draufkommen soll, dass es aus einer Summe von Einzelkämpfern besteht, eignen sich Aufgaben, die nur gemeinsam bewältigt werden können. Wir haben zum Beispiel das Bewegen einer Pferdeherde als Element in ein Teamtraining eingebaut, und es hat sehr eindrücklich gezeigt, wie Zusammenarbeit funktioniert. Hätte das Team wirklich gemeinsam gearbeitet, hätten sie für die Aufgabe rund 10 Minuten gebraucht. Das besagte Team hat nach 25 Minuten aufgegeben und konnte erst mit Hilfe des Pferdetrainers einen Weg finden, die Herde in Bewegung zu setzen. Die anschließende Reflexion hat das Thema des Einzelkämpfertums sehr klar auf den Tisch gebracht.«
Fazit
Teamtrainings können Teams besser machen, indem sie einerseits diesen gemeinsame Ziele und Visionen geben und andererseits das Lösen von Aufgabenstellungen mit all den dazugehörigen Abläufen erproben lassen. Grundvoraussetzung ist aber, dass ein Team richtig zusammengesetzt ist, also aus Personen besteht, die einander ergänzen – fachlich und auch in ihrer Persönlichkeit. Sowohl für die Zusammensetzung (= Führungsaufgabe) als auch für die Trainings (= Job des Trainers) braucht es viel Know-how und Erfahrung.