Das PowerPoint- Missverständnis

Manch ein Präsentationstrainer verteufelt den Einsatz von PowerPoint. Wir haben bei einem der führenden Experten Österreichs nachgefragt: PowerPoint – ja oder nein?

Manche Rhetorik-Trainer sind Gegner von -PowerPoint. Wie sehen Sie das?

Es werden generell viel zu viele Präsentationen gehalten. Es werden viel zu oft Mitarbeiter dazu verdonnert, jemandem zuzuhören. Und ja, es werden eindeutig zu viele PowerPoint-Präsentationen gehalten.

Doch Sie meinen, der Einsatz von PowerPoint ergibt auch Sinn?

Ja, etwa wenn die Präsentation dokumentiert werden soll, komplexe Inhalte vermittelt werden, oder aber besonders emotionalisiert werden soll. Die wichtigste Frage lautet heute: »Wie verwendet man PowerPoint zeitgemäß?« Diese Frage können leider nur wenige richtig beantworten. Die einen verwenden PowerPoint noch immer zum »betreuten Lesen«, das ist eine Katastrophe. Die anderen propagieren nur noch die reine Bildsprache – pro Slide ein großes Bild. Businessteilnehmer eines Trainings kennen sich nicht aus. Wie präsentiert man einen Quartalsbericht nur mit Bildern? Es gilt, den Spagat zu meistern.

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Und wie meistert man nun diesen Spagat? Wie verwendet man PowerPoint zeitgemäß?

Im modernen Business gilt Folgendes:

Betreutes Lesen, also die Folien vor allen vorzulesen, ist ein No-Go.

Wenn primäres Ziel der Präsentation »informieren« ist, dann sind viele Informationen auf den Folien okay. Wichtig dabei: unbedingt portionieren und die Zuhörer nicht überfordern.

Wenn primäres Ziel aktiveren bzw. gewinnen der Zuhörer ist, dann ist es gut, die Story mit Bildern zu verknüpfen.

Wann eignen sich Alternativen wie Flipcharts oder Pinnwände? Oder auch Smartboards?

Es gibt viele Situationen, in denen diese Medien Sinn ergeben. Etwa dann, wenn man »spontan« visualisieren will, oder gemeinsam etwas erarbeitet. Nicht immer mit dem gleichen Medium zu arbeiten, sondern auch Medien zu wechseln, ergibt allgemein mehr Sinn. Prezi ist als PowerPoint-Alternative für Pitch-Situationen ebenfalls sehr interessant.

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen bei Präsentations- & Rhetoriktrainings allgemein?

Die Teilnehmer sollten im Training üben, üben, üben. Im Präsentations- bzw. Rhetoriktraining soll nicht der Trainer sprechen, die Teilnehmer müssen üben! Meine Faustregel lautet: Mindestens 3 Auftritte pro Tag pro Teilnehmer sollten es schon sein – sonst ist es kein Training.

Weiters wichtig ist der Businessbezug. Die Teilnehmer sind am Ende eines Seminars oft begeistert. Warum? Weil der Vortragende so gut präsentiert hat. Die meisten Vortragenden erzählen tolle Geschichten und haben viele schöne Beispiele. Das Problem dabei: Die Teilnehmer, die dann später in der Businessrealität ankommen, haben oftmals nicht so tolle Geschichten. Sie müssen knallharte Businessfakten präsentieren. Oft stellt sich für diese Teilnehmer dann die Frage, wie sie das Gelernte jetzt in den Alltag umsetzen.

Aber sind nicht gerade Geschichten wichtig für Präsentationen?

Ja, Storytelling und Storypresenting werden definitiv wichtiger, das ist eine gute Entwicklung. Das Publikum will – auch im Business – nicht nur Zahlen, Daten, Fakten, sondern auch die Zusammenhänge besser verstehen.

Doch auch hier gilt: Die Stimmung in einem Training ist eine andere. Manche Storys, die ich in Trainings höre, funktionieren im Businessalltag nicht. Die Zuhörer im Business sind, anders als Teilnehmer im Training, nicht auf »Geschichten hören« eingestellt, sondern wollen neben einer guten Story auch gute Fakten hören. Die Kombination macht es aus, aber wie man das verknüpft, lernt man viel zu selten! Hier braucht es konkrete Baupläne, die Teilnehmer später im Alltag 1:1 umsetzen können. Nur weil Sie im Training eine gute Geschichte gehört haben, heißt das nicht, dass Sie selbst eine gute Geschichte bauen können!

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Schien-Ninan

Ninan Schien

ist Trainer & Creative Director bei HPS –
Seminaranbieter für
Präsentations- & Rhetoriktrainings.

www.hps-training.com