Die Corona-Krise verändert die Anforderungen an Trainer massiv. Damit einhergehend müssen sich auch die Trainerausbildner auf neue Umstände einstellen. TRAiNiNG sprach mit fünf Experten auf diesem Gebiet über aktuelle Ausbildungen zum Trainer.
Der Trainerberuf erfährt derzeit eine rasante Wandlung. Gute und seriöse Trainerausbildner haben ihre Train-the-Trainer-Lehrgänge entsprechend organisatorisch und inhaltlich an die neuen Anforderungen des Berufs angepasst. Denn: Alles ist anders. Zoom, Webex, Teams etc. sind Anwendungen, die Trainer vor der Krise nicht bzw. kaum kannten. Seit einem Jahr gehört die professionelle Anwendung vieler Konferenztools zum Traineralltag. Neue Übungen, die virtuell durchgeführt werden, mussten genauso erlernt werden, wie eine neue Didaktik und ein neues Zeitmanagement für die Durchführung der Lehreinheiten. TRAiNiNG hat mit einigen Experten und Trainerausbildnern über die neuen Umstände gesprochen.
Anna Langheiter (Experte für Trainingsdesign) kennt die Neuerungen gut: »Die Trainer-Basis-Ausbildung war bisher auf Präsenztrainings zugeschnitten, sie wurden als Präsenztraining für zukünftige Präsenztrainer durchgeführt. Jetzt stellt sich vorrangig die Frage: Werden die Trainer nur Präsenztrainings durchführen, Blended Learning oder digitale Lernstrecken? Und je nach Anforderung ändert sich auch die Trainer-Ausbildung. Unternehmen haben erkannt, dass vieles auch online geht. Gleichzeitig werden wir hoffentlich auch bald lernen, was unbedingt als Präsenztraining durchgeführt werden soll. Daher werden Trainer-Ausbildungen zukünftig für Präsenz und Online ausbilden (müssen).«
Es wird also komplexer. Die Zeiten, in denen Trainer ein 2-Tages-Seminar im schönen Seminarhotel mit Wellnessbereich angeboten haben, sind vorbei. Sie müssen umdenken und z. B. auch hybride Trainingsformate durchführen können. Dazu ist das entsprechende organisatorische und technische Know-how Grundvoraussetzung. Allerdings bietet das Neue natürlich auch große Chancen, beispielsweise bei internationalen Kunden.
Peter Dziergas (Geschäftsführer Dale Carnegie Training): »Als internationales Trainingsunternehmen mit eigener Methodik bilden wir Trainer zu 90 % nur für den eigenen Bedarf aus. Schon vor der Krise haben wir optional das eine oder andere Element in unserem Ausbildungspfad online angeboten. Besonders wichtig ist die Methodenvielfalt, etwa Interaktion auf einem White Board, Diskussionen in Kleingruppen usw. Die Dynamik ist zwar eine andere, doch ist es bisher gut gelungen, transformierende Erlebnisse auch online zu erzeugen. In den Online-Trainer-Ausbildungen können wir feststellen, dass Informationen zum Umgang mit den verschiedenen Plattformen thematisiert werden. Das reicht von technischen Fragen wie ›Wie gehe ich mit der Kamera um und wie soll das Licht sein?‹ bis zu ›Wie handhabe ich alle verfügbaren Werkzeuge für die Interaktivität richtig?‹ Es kommen dann weitere Formen der virtuellen Moderation dazu, z.B. hybride Meetings.«
Sabine Prohaska (Geschäftsführer seminar consult prohaska) über die neuen Kompetenzen: »Ohne eine solide zusätzliche Digitalkompetenz werden Trainer ihr Business nicht mehr ausüben können. Somit müssen Trainer-Basis-Ausbildungen unbedingt auch auf jene Kompetenzen fokussieren, die für zukünftige Lernsettings benötigt werden. Es ist wichtig, die Unterschiede von Online- und Präsenzveranstaltungen herauszuarbeiten und aufzuzeigen, was das konkret in der Arbeit als Trainer bedeutet. Außerdem braucht es in analogen und virtuellen Lernwelten unterschiedlichen Methodeneinsatz. Auch die Konzeption und Umsetzung von intelligenten Lernkonzepten, die beide Lernwelten miteinander verbindet, muss Platz in einer modernen Trainerausbildung finden.«
Derzeit muss es aber gegen den allgemeinen Glauben nicht immer nur digital sein. Trotz aller virtuellen Angebote gibt es auch im Lockdown, unter Einhaltung aller relevanten Sicherheitsmaßnahmen, die Möglichkeit, Seminare und auch Trainerausbildungen präsent anzubieten.
Dafür muss jedoch einiges beachtet werden, wie Gabriel Schandl (Speaker und Trainerausbildner) weiß: »Mit einiger Kreativität und dem Einhalten aller Sicherheitsbestimmungen kann in großen Seminarräumen mit kleinen Gruppen auch derzeit präsent gearbeitet werden. Das haben wir letztes Jahr gemacht und wir machen das auch in diesem Jahr. Die Anforderungen an die Räume haben sich verändert: Wie gut sind sie lüftbar, wie groß sind sie, haben alle Teilnehmer genug Platz und können jeweils an einem eigenen Tisch arbeiten? Alles andere ist so gut wie gleich geblieben. Manche Trainerausbildungen werden zur Zeit rein online durchgeführt, aber davon halte ich nach 20 Jahren Erfahrung in der Branche nichts. Wir lernen Schwimmen auch nicht vor dem PC, sondern brauchen das Wasser dazu.«
Neue Voraussetzungen
Für die Durchführung von Seminaren und Ausbildungen, egal ob präsent oder online, gelten neue Voraussetzungen.
Auch Ina Biechl (institut ina biechl) schwört auf Weiterbildungen im Seminarraum: »Da ich nur Präsenzseminare mache und nicht virtuell unterrichte, hat sich für mich beim Umsetzen während der Ausbildung nicht viel verändert. Für mich sind Körpersprache, Gestik und Mimik ein wesentlicher Teil der Trainer-Ausbildung. Es geht doch immer um das eigene Selbstverständnis und die Art und Weise, wie ich die Teilnehmer erreichen kann. Der Erfolg im Training hängt nicht allein vom Wissen, Können und der Belastbarkeit ab, sondern vor allem auch von der Kommunikationsfähigkeit. Kenntnisse und Erfahrungen allein genügen nicht; entscheidend ist es, das Wissen für andere erfahr- und erfassbar zu machen. Was sich jedoch stark verändert hat, ist die Kontaktaufnahme mit den Interessierten. Prinzipiell finden immer ausführliche Erstgespräche statt. Das ist für mich sehr wichtig und derzeit gar nicht so einfach.«
Sabine Prohaska: »Trainerausbildungen sollten künftig immer aus Online- und Präsenzteilen bestehen. So können die Teilnehmer direkt den Unterschied beider Möglichkeiten in der angewandten Praxis spüren. Nur so können Kommunikation/Interaktion und Präsentations-Skills in den beiden Welten schon während der Ausbildung praktisch angewandt werden. Die Abwicklung der Ausbildung über eine Lernplattform mit Pre-Work- und Follow-up-Aufgaben ermöglicht darüber hinaus, sich auch mit den didaktischen Herausforderungen in diesem Bereich vertraut zu machen. Für Anbieter bedeutet das einen erhöhten Organisationsaufwand. Die Lernplattform aufzusetzen, eine laufende Betreuung auch in den asynchronen Selbstlern-Phasen zu gewährleisten, die Ausbildung mit Learning Nuggets, zum Beispiel Videos, anzureichern, um nur ein paar Aspekte zu nennen, braucht sowohl Know-how als auch Zeit.«
Nachfrage während der Krise
Die Zielgruppe von Trainerausbildungen war immer recht vielfältig. Von Personen, die sich einfach weiterbilden möchten, über Personen, die ganz klar als selbstständige Trainer arbeiten wollen bis hin zu firmeninternen Weiterbildungsverantwortlichen. Wer fragt aktuell diese Ausbildungen nach?
Sabine Prohaska: »Für firmeninterne Fachtrainer, zumeist berufserfahrene Spezialisten, die eine Trainerfunktion wahrnehmen, haben wir im letzten Jahr eine enorme Steigerung bei der Nachfrage nach Trainerausbildungen verzeichnet. Der Veränderungs- und somit Lern- und Entwicklungsbedarf ist in Unternehmen heute so groß, dass es Sinn macht, firmenintern eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern auszubilden, die die Veränderungsprozesse begleiten und Kollegen beim Ausbau neuer Kompetenzen unterstützen. Bei den offenen Trainerausbildungen sind es eher die etablierten Trainer, die sich zusätzlich für die Online-Welt qualifizieren wollen.«
Gabriel Schandl freut sich über hohe Nachfrage: »Menschen haben Zeit für und Lust auf Weiterbildung! Unser diesjähriger Trainerlehrgang findet wieder im Präsenzmodus statt. Unsere Teilnehmer kommen aus ganz Österreich, zum Teil haben wir auch Anfragen aus dem benachbarten Deutschland. Salzburg ist zentral gelegen, das hat viele Vorteile.«
Besonders beliebt sind derzeit Ausbildungen, die Trainern beim Umstieg auf Online-Trainings helfen.
Anna Langheiter: »Die größte Nachfrage gibt es derzeit nach dem Format ›Vom Präsenz- zum Onlinetrainer‹, und das betrifft interne wie externe Trainer. In den Unternehmen sind es oft Fachexperten, die das Wissen intern weitergeben und die jetzt die Online-Trainings-Kompetenz benötigen. Viele externe Trainer haben die Zeichen der Zeit erkannt und eignen sich digitale Skills an, einfach, weil sie wissen, dass ein gewisser Anteil beim Trainieren digital bleiben wird.«
Ina Biechl sieht einen Trend bei der Nachfrage, der sich vor allem auf die Zertifikate bezieht: »Ich nehme wahr, dass im Vordergrund vieler Teilnehmer der Abschluss wichtig ist und nicht so sehr die kommunikative Qualität. Das finde ich schade, aber das ist der neue Zeitgeist. Ich gebe gerne meine Erfahrungen weiter und freue mich über jedes Gespräch, auch wenn sich die Person nicht für meinen Lehrgang entscheidet.«
Neue Anforderungen an Trainer
Abschließend haben wir unsere Interviewpartner gebeten, einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Wir haben nachgefragt, welche Kompetenzen Trainer in Zukunft brauchen werden, zusätzlich zu den »altbekannten«.
Sabine Prohaska: »Meiner Meinung nach befindet sich die Rolle als Trainer in einem massiven Veränderungsprozess. Bisher war ein Trainer oft Hauptdarsteller, quasi der Star im Seminar. Beim neuen digitalen Lernen werden die Lernenden primär selbst aktiv. Die Rolle des Trainers ist in diesem Kontext verstärkt jene einer Lernprozessbegleitung. Ich könnte mir vorstellen, dass in Zukunft der Begriff ›Trainer‹ völlig verschwindet und durch andere Begrifflichkeiten zum Beispiel L&D-Experte (Learning & Development) ersetzt wird. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang für selbstständige Trainer stellt, ist, ob sie selber in den Ausbau einer entsprechenden Umgebung investieren wollen oder sich mit gleichgesinnten Kollegen zusammentun, um diese Dinge gemeinsam anzuschaffen und zu nutzen. Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass die One-Man-Show in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Die vielen unterschiedlichen Lern- und Lehrformen und die damit einhergehenden nötigen Fertigkeiten und Ressourcen sind in einer Person nicht mehr zu vereinen. In Zukunft sind also Expertenteams gefragt! Aber auch das Geschäftsmodell und damit verbunden die Verrechnung in der Branche ändern sich. Die bisher gewohnte und praktizierte Preisgestaltung kann beim E-Learning nicht mehr zur Anwendung kommen.«
Gabriel Schandl: »Zu den bestehenden relevanten Fähigkeiten rund um Didaktik kommen nun noch folgende Faktoren dazu: Online-Skills, Selbstorganisation, Kreativität, Flexibilität. Dass ich heute einen Kurs auch digital und/oder hybrid durchführen kann, sollte für Trainer eine Selbstverständlichkeit sein.«
Peter Dziergas: »Trainer müssen agiler werden und in der Lage sein, einen noch höheren Mehrwert zu bieten. Sei es im persönlichen Training, sei es über eine Online-Plattform oder einfach über die verschiedenen Kanäle wie Social Media, Podcast, Blogs usw. Das alles ist nicht neu, aber seit Corona noch wichtiger geworden. Die Nachfrage nach ›Blended Solutions‹ steigt und wenn man Untersuchungen Glauben schenkt, wird in Zukunft etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Weiterbildungen zumindest Online-Elemente beinhalten.«
Ina Biechl: »Es ändert sich ständig alles. Möglicherweise werden in Zukunft wieder ganz andere Formate entwickelt. Wir sind soziale Wesen. Unser individuelles Denken und Verhalten braucht die Gruppenzugehörigkeit. Diese Tatsache wird sich auch durch die fortschreitende Digitalisierung nicht ändern. Neben Inhalt und Methodik braucht es soziale Grundlagen für optimales Lernen.«
Fazit
Wer sich für eine Trainerausbildung entscheidet, sollte sich vorher gut über die Inhalte und die Methodik der Ausbildung informieren. Eine Ausbildung zum Trainer ist, so wie der Beruf, in den letzten Monaten um die digitale Komponente angewachsen. Der Beruf ist noch vielseitiger geworden und verlangt noch mehr Professionalität und Know-how ab. Wenn Sie eine Ausbildung andenken, fragen Sie einfach in der Redaktion nach, wir informieren Sie gerne.