Im Trainer- und Speaker-Markt gibt es sehr unterschiedliche Tages- bzw. Stundensätze. Einige verkaufen ihre Vorträge unter dem Marktwert, manche referieren kostenlos, andere bezahlen dafür, dass sie auftreten »dürfen«. Wieder andere cashen volle Länge ab. Dieser Artikel beleuchtet das Thema »Honorare« in den unterschiedlichsten Facetten.
»Das ist doch auch Werbung für Sie«, hören Speaker, wenn sie wieder einmal kostenlos referieren sollen. Und die Argumente »das Plenum setzt sich aus wichtigen Persönlichkeiten der Wirtschaft zusammen, aus Entscheidungsträgern, Geschäftsführern und HR-Managern. Vor diesem Publikum zu sprechen ist eine Ehre für Sie und Sie profitieren dann von den Folgeaufträgen« kennen Speaker bereits ebenfalls.
Häufig gelingt es auch, einen Speaker auf diese Art für sich und das Publikum zu gewinnen. Manchmal sogar mit Recht, doch dazu später mehr.
Versuchen Sie einmal Ähnliches bei Ihrem Handwerker. »Ach bitte streichen Sie mir doch die Hausfassade, kostenlos, das ist doch Werbung für Sie. Es sieht doch jeder, wie schön es ist und Sie bekommen zahlreiche Aufträge.« Der Malermeister wird Sie auslachen.
Warum nur ist das in der Speakerbranche so anders? Weil es eben funktioniert! Ganz einfach. Solange sich Speaker dafür hergeben, für »nichts« zu referieren, werden solche Anfragen kommen und der Markt wird demoliert. Manche Anfragen an Speaker sind sogar noch eine Spur dreister. Da wird von den Speakern sogar noch Geld verlangt, um auf der Bühne zu reden. Nach dem Motto »Sie zahlen uns 2.000,– €, dafür dürfen Sie sich 30 Minuten auf der Bühne präsentieren. Nur Eigenwerbung machen dürfen Sie natürlich nicht, denn die Zuhörer zahlen ja dafür und wollen Inhalte hören. Punkten Sie durch Ihr Können!« Was für ein unseriöses Geschäftsmodell.
Um all diesen seltsamen Geschäftsgebarungen entgegenzuwirken, wäre eine objektive Qualitätskontrolle von Speakern wichtig. Diese haben dann einen bestimmten Marktwert und »Mindestpreis« und müssen diesen auch immer verrechnen. So könnten sich professionelle Speaker von dubiosen Rednern absetzen.
Ein Flugzeug verdient Geld, wenn es in der Luft ist. Ein Speaker, wenn er auf der Bühne steht. So lassen sich manche Redner auch für eine niedrige Gage engagieren mit dem Hintergedanken: Besser das als gar nichts. Manchmal mag es ja sinnvoll sein, kostenlos aufzutreten. Manchmal sind auch wirklich Entscheider im Publikum. Doch eben nur manchmal. In einem Artikel der »ZEIT ONLINE« von 2010 wird dieses Argument beschrieben. Es wird der Trainer Werner Lauff zitiert: »Eine Rede bei einer Veranstaltung erspart hundert Dienstreisen und peinliches Antichambrieren beim potenziellen Geschäftspartner. Und ist man gut, kehrt man mit einem Bündel Visitenkarten zurück.«
Ein wichtiger Punkt ist auch: Wenn ein Speaker sich gratis »engagieren« lässt und dann nur halbherzig bei der Sache ist, oder sogar aggressiv von der Bühne aus DVDs oder Bücher verkauft, wird es vermutlich mit den Folgegeschäften auch nicht so gut laufen wie gedacht.
Reden ist Gold
Der Markt für Speaker wächst seit Jahren stetig an. In Amerika ist schon längst klar: Bei einem gelungenen Event muss ein guter Redner performen. Deutschland geht in diese Richtung und auch in Österreich entwickelt sich die Szene dementsprechend.
Es gibt eine breite Palette von Veranstaltungen, zu denen Speaker gebucht werden. Diese reicht von Firmenjubiläen über Kundenevents oder unternehmensinterne Veranstaltungen bis hin zu Messen oder Kongresse. Nur ganz wenige Speaker können in Österreich hauptberuflich »vom Reden« leben. Nebenbei veranstalten sie immer wieder Seminare und Trainings, weil auch bei Auftritten als Redner Folgeaufträge in Form von Seminaren lukriert werden.
Die Honorare sind auf den ersten Blick bemerkenswert. Beginnen wir ganz oben bei den Honoraren für einen ca. einstündigen Vortrag. So bekommt Bill Clinton bis zu 200.000,– € und Gerhard Schröder bis 100.000,– €. Dagegen wirken die Honorare von unseren heimischen Politikern geradezu bescheiden, wenn etwa Wolfgang Schüssel »nur« 10.000,– € pro Vortrag erhält. Man könnte sogar meinen, das große Geldverdienen von mehr oder weniger erfolgreichen Politikern beginnt nach ihrer aktiven Karriere. Besonders gefragt sind auch Prominente wie Joey Kelly oder Reinhold Messner. Auch hier liegen die Honorare um die 10.000,– €. Wer daran natürlich noch richtig mitverdient, sind die vermittelnden Referenten-Agenturen. Zwischen 15 und 25 % des Honorars wird für die Vermittlung kassiert.
Diese Spitzenhonorare sind natürlich nicht für den allgemeinen Speaker-Markt repräsentativ. Die üblichen Honorare reichen von 2.000,– bis 7.000,– €. Nur wenige verdienen über 10.000,– €. Das sind die, die es über Jahre geschafft haben, zur Marke zu werden, wie z. B. der Zeitmanagement-experte Lothar Seiwert. Am »günstigsten« sind Trainer, die nebenbei als Redner auftreten, denn sie hoffen auf Folgeaufträge für Seminare. Diese teilweise sehr guten Vortragenden bekommt man schon ab ca. 1.000,– € oder sogar noch günstiger.
Monika Herbstrith-Lappe (GF impuls & wirkung, www.impuls.at) weiß, wie die Honorare zustande kommen: »Es gibt die Geschichte von Picasso, der auf Wunsch eines Kunden in kürzester Zeit ein Bild geschaffen hatte. Der Käufer war entsetzt über den hohen Preis des Bildes, das doch nur wenig Zeitaufwand erforderte. Picasso rechtfertigte sich: ›Du hast die letzte halbe Stunde erlebt. Tatsächlich beruht das Bild auf jahrzehntelanger disziplinierter Arbeit!‹ Bei guten Keynotes ist es ähnlich: Hinter dem, was die Zuhörer erleben, steckt einerseits fundierte Vorbereitung und vor allem auch jahrelanger Kompetenz- und Erfahrungsaufbau des Speakers. Ich halte es für fair, den Preis je Teilnehmer umzurechnen. Speaker tragen hohe Verantwortung für die Wirkung im Publikum. Stellen Sie doch das Honorar in Relation zum Wert der beruflichen Lebenszeit der Teilnehmer, indem Sie die Personalkosten der Anwesenden addieren und berücksichtigen, dass Mitarbeiter deutlich mehr leisten müssen, damit das Unternehmen profitabel ist.«
Ganz grob kann man davon ausgehen, dass für einen Speaker gilt: Eine Minute reden erfordert ca. einen Tag Vorbereitung. Es ist ähnlich wie bei Schauspielern, bei denen jeder Satz perfekt sitzt, aber nicht auswendig gelernt rüberkommen darf.
Vom Experten zum Speaker
Es gibt zwei grundlegende Arten, den SpeakerMarkt zu unterteilen: einerseits in Experten wie Politiker, Sportler oder Schauspieler, die nach ihrer Karriere bzw. nebenbei als Speaker arbeiten. Andererseits in Personen, die einfach umwerfend gut reden können, sich ein Thema aussuchen und mit diesem Thema durch ihre Speaker-Tätigkeit zum Experten werden. Das sind häufig Speaker für die Themen Kommunikation, Verkauf/Service oder Social Skills.
Der Karriereweg eines Speakers sollte vor einer Entscheidung zur Buchung unbedingt genau angeschaut werden. War er tatsächlich einige Jahre in dem Feld seines Vortrages tätig und kann er daher aus seinen Erfahrungen erzählen, oder hat er »einfach« viele Bücher gelesen und Seminare dazu besucht? Monika Herbstrith-Lappe kennt noch andere Unterscheidungsmerkmale zwischen einem durchschnittlichen und einem sehr guten Redner: »Viele Speaker präsentieren sich und ihre Konzepte – teilweise etwas abgehoben und belehrend. Damit ernten sie teils Bewunderung, teils Widerstand. Die Zuhörer bleiben passives Publikum. Top-Speakern hingegen gelingt es, Menschen abzuholen, wertschätzend wachzurütteln, Nachdenklichkeiten zu erzeugen und neue Sichtweisen zu erschließen. Sie verstehen es, auch in einem vollen Saal die einzelnen Menschen anzusprechen und sie zu ermutigen, weil sie sich verstanden fühlen. Top-Speakern geht es nicht darum, zu beeindrucken, sondern vielmehr darum, den Zuhörern einprägsame Lösungswege zu eröffnen und sie dafür mit leicht praktikablen Methoden auszustatten. Wenn dies mit plastischen Ankern untermauert wird, so entstehen tief greifende Erkenntnisse und nachhaltige Veränderungen.«
Vorteile von Speaker-Agenturen
Natürlich verdienen Speaker-Agenturen bei Vermittlungen mit. Dafür erbringen sie auch den entsprechenden Service. Sie beraten den -Speaker-Suchenden, kennen den Markt und kennen die Vortragenden (hoffentlich) persönlich. Sie fragen beim Referenten nach, ob er am gewünschten Tag Zeit und Interesse habe, diesen Auftrag anzunehmen. Wenn eine Agentur viele Anfragen hat, kann sie auch mehrere Aufträge eines Referenten zeitlich und örtlich nahe zusammenlegen und daher einen besseren Preis erzielen. Redner-Agenturen kennen meist auch gute Locations und wissen über wichtige Zusatzaspekte Bescheid.
Den besten Preis verhandeln
Mit einem Speaker oder Trainer ist es häufig wie mit einem Flugzeug. Fast jeder Passagier zahlt einen anderen Preis. Das ist einfach nachzuvollziehen: Der eine hat früher gebucht, der andere fliegt in einer anderen Klasse, der nächste ist Stammkunde und hat Meilen eingelöst, wieder ein anderer hat mehr Beinfreiheit etc. Genauso ist es bei Speakern. Daher ist es wichtig, einige Punkte zu beachten, wenn Sie als Buchender einen guten Preis erzielen wollen:
Je flexibler Sie sind, umso bessere Chancen haben Sie auf einen guten Preis. Wenn Sie einen ganz speziellen Speaker an einem ganz speziellen Tag haben wollen, so ist das meist die teuerste Variante.
Sprechen Sie beim Erstgespräch über mögliche Folgeaufträge und Gesamtpackages (natürlich nur, wenn Sie das ernsthaft planen).
Je individueller der Auftrag auf Ihr Unternehmen abgestimmt wird, umso größer ist der Aufwand für den Speaker, umso höher der Preis. Manchmal ist das jedoch gar nicht unbedingt nötig.
Akzeptieren Sie nicht gleich das erste Angebot! Machen Sie es wie bei Ihrem Handwerker: Fast jeder hat eine Preisspanne, auch wenn ein Fixpreis angegeben ist. Einige arbeiten sogar mit der Scheinrabattstrategie und überlegen sich dann rasch Gründe, warum gerade für Ihr Unternehmen ein geringerer Preis zu rechtfertigen ist.
Bedenken Sie, dass der Speaker für einen einstündigen Vortrag jahrelang gearbeitet hat. Vergessen Sie daher Argumente wie »Das ist doch für Sie kein Aufwand!« Dadurch fühlt sich der Speaker wenig wertgeschätzt und wird Ihnen eventuell nicht entgegen kommen.
Sollte es sich um eine Wohltätigkeitsveranstaltung handeln, erzählen Sie das unbedingt dem Speaker und vertrauen Sie auf seine Menschlichkeit. Vielleicht ist ihm das einen Rabatt wert.
Falls Sie ein internationales Unternehmen sind und Firmensitze in Deutschland und Österreich haben, verlangen Sie das Angebot unbedingt »unter österreichischer Flagge«. Meist sind die Honorare in Österreich günstiger.
Ein hoher Preis ist niemals ein Garant für einen guten Auftritt. Ein niedriger Preis muss ebenfalls noch lange kein Hinweis auf einen schlechten Speaker sein.
Monika Herbstrith-Lappe weiß vor allem, wie wichtig es ist, auf Qualität statt auf den Preis zu schauen: »Eines ist klar: Eine Trockenbeerenauslese ist teurer als ›normaler‹ Qualitätswein. Der Umkehrschluss, dass teuer automatisch besser bedeutet, ist hingegen nicht zulässig. Unerfahrene Weinkäufer kaufen teuer und verlassen sich auf den Namen. Weinkenner beurteilen hingegen die Qualität des Inhalts und der Aufbereitung – und kaufen dann zu einem wesentlich günstigeren Leistungs-/Preisverhältnis. Es gibt hervorragende Speaker auch in der Liga unter 3.000,– €. Ein entscheidendes Qualitätskriterium ist die Authentizität des Speakers. ›Lebt er das, was er auf der Bühne (ver-)spricht, auch selbst?‹, sollte eine wesentliche Frage bei den Besprechungen im Vorfeld sein. Der Speaker sollte sowohl Erfahrung im Bereich der angebotenen Lösungen haben als auch Kompetenz bezüglich der zugrunde liegenden Problemstellung aufweisen.«
Ein kompetenter und erfahrener Speaker kann mit einem mitreißenden Vortrag geniale Inputs setzen. Wie diese Inputs sich dann in dauerhaftes »Tun« verwandeln bzw. wie und ob das Gehörte auch vertieft wird, das obliegt dann gänzlich der Verantwortung des Einzelnen.
Gratuliere you dem sehr Guten Artikel!
Vielen Dank für den Artikel – das ermutigt mich, meinen Preis zu überdenken ….