Corona hat jedes Unternehmen in Österreich betroffen. Was können wir nach über einem Jahr daraus lernen? Dazu gibt es eine spannende Initiative.
Was ist die Idee hinter der Initiative »#lernenausderkrise«?
Die Initiative #lernenausderkrise, die Katharina Sigl, Thomas Dorner und Margit Berner ins Leben gerufen haben, hat das Ziel, sich in unterschiedlichen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen einer Organisation die Wirkung der Krise anzusehen und daraus natürlich zu lernen. Die Idee dahinter ist also schnell erklärt: Wir wollten aus dem, was uns da passiert, dieser Pandemie, lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Wir wollten verstehen, was sich durch die Krise in den Unternehmen ver- und geändert hat, auch für die Zukunft.
Wie hat Corona die Unternehmen verändert?
Egal ob Home-Office organisiert oder Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden mussten, ob neue Geschäftszweige erarbeitet oder Unternehmensteile geschlossen werden mussten, alle Unternehmen waren plötzlich damit konfrontiert, dass nichts mehr so war wie zuvor und dass dies kein selbstgesteuerter Change-Prozess war, sondern von außen kam. Das hat in allererster Linie natürlich starken Druck ausgelöst, weil niemand eine Antwort parat hatte – alle waren gezwungen, sich aus der Komfortzone herauszubewegen – etwas, was wir, gerade wenn es um das Lernen geht, immer dringend empfehlen. Plötzlich gab es eben keine Komfortzone mehr und Unternehmen und die Menschen in den Unternehmen haben gelernt, mit der Situation umzugehen, sich neue Möglichkeiten einfallen zu lassen, wirtschaftlich voranzukommen. Sie haben gelernt, dass sie bewegungsfähig sind, ja, dass sogar der viel zitierte Unternehmenstanker sich in Bewegung setzen kann. Das ist eine Erfahrung, die den Menschen und den Organisationen nicht mehr genommen werden kann und gleichzeitig auch eine Gefahr. Wir haben gelernt: Wenn es notwendig ist, dann können wir uns bewegen und etwas verändern. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, ob es immer so eine Krise braucht, damit Veränderung passiert, denn Innovation ist für uns als Gesellschaft notwendig, und das muss auch ohne Pandemie funktionieren. Ein anderer Punkt, der mir noch wichtig scheint, ist die Frage zur Normalität. Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen und Unternehmen den Tag herbeisehnen, wo alles wieder normal ist. Normal wie vor der Krise – und dass wir dann dorthin zurückkehren können. Allerdings sehen wir, dass es keine Retourtaste gibt und die Fragen, die sich nun stellen, und die sich jeder von uns stellen sollte, sind:
Wollen wir denn wieder zum alten Normal zurück? Und geht das überhaupt?
Schaffen wir es, uns wirklich zu transformieren und dabei zu bleiben?
Verstehen wir Transformation und den Bedarf nach Change nun wirklich und können wir das in unseren Alltag integrieren?
Können wir unsere Komfortzone verlassen?
Wie hat Corona das HR-Management verändert?
Nun, es sind viele Themen, gerade im HR-Bereich, hinzugekommen. Denken wir nur an die Home-Office-Regelungen. Die Liste ist endlos weiterzuführen. Aber HR kommt in jedem Fall eine wichtige Rolle als Partner von Führungskräften und den Mitarbeitern in einer Organisation zu – heute umso mehr, denn die Distanz des Lockdowns müssen wir überbrücken!
Wie hat Corona die Führung verändert?
Von vielen Unternehmen und Führungskräften konnte man hören, wie wichtig die Mitarbeiter sind, ohne die es nicht zu schaffen gewesen wäre – ohne die eine Bewältigung der Krise nicht möglich war und ist. Wir haben wieder gelernt, was zählt – die Menschen in unseren Organisationen. Und wir haben auch wieder sehr traditionelle Werte aufgenommen oder als bedeutsam entdeckt. Der meistgenannte Wert ist dabei »Vertrauen«. Natürlich mussten auch die Führungskräfte viele neue Aspekte lernen: Wie führe ich auf Distanz? Wie führe ich in Krisenzeiten? Wie führe ich, wenn ich nur »Schönwetter« kenne und wie gebe ich Menschen wieder Hoffnung und Sicherheit? Ich habe viel Erfahrungen in unterschiedlichen Organisationen gesammelt. Ob Großkonzern, KMU, Non-Profit-Unternehmen oder Start-up. Da gibt es auf den ersten Blick viele Unterschiede, aber es kommt immer darauf an, wie die Menschen und Führungskräfte ticken. Damit gelingen Wandel und Lernen – oder eben nicht. Was mir auffällt, ist, dass noch sehr wenig auf Unternehmensebene (egal welcher Größenordnung) reflektiert und aus Fehlern gelernt wird.
Was können Unternehmen tun, um für die nächste Krise besser aufgestellt zu sein?
Ein Sprichwort sagt, nach der Krise ist vor der Krise und dementsprechend müssen Unternehmen auch vorbereitet sein. Unternehmen können sich unter anderem in folgenden Richtungen vorbereiten:
1. Szenarien planen – auch wenn wir die Zukunft nicht vorhersagen können, so können wir uns mit ihr beschäftigen. Wir können uns Szenarien vorstellen – positive und negative – und uns so zumindest gedanklich wappnen. Stellen wir uns vor, wir hätten uns auf Unternehmensebene ein Krisenszenario wie eine Pandemie überlegt – wir wären nicht so überrascht gewesen und hätten eventuell schon Vorsorgemaßnahmen treffen können.
2. Auf Resilienz überprüfen: Resilienz ist mittlerweile schon viel zitiert und angekommen – meist wird sie als wichtige Kompetenz für Führungskräfte angesehen. Jedoch sollte ein Unternehmen auch in anderen Bereichen resilient sein – in seinen Strukturen zum Beispiel. In der Krise haben wir gesehen, dass Strukturen, die gut und stabil sind, Halt geben können. Strukturen aber, die nur bei gutem Wind auch stabil sind, und beim ersten Lüftchen sich als nicht hilfreiche Stützen enttarnen – die lassen uns ineffizient, zu bürokratisch oder zu wenig entscheidungsfreudig sein.
Sie haben nun auch das Buch »Lernen aus der Krise« herausgebracht. Worum genau geht es in diesem Buch?
Das Buch ist eine Zusammenstellung der wichtigsten Erkenntnisse und Learnings aus der Pandemie. 25 Experten aus den jeweiligen Fachbereichen – von Logistik bis Leadership, Marketing, Innovation, Produktion, Finanzen und viele mehr – haben wiederum verschiedenste Fach- und Führungskräfte befragt und die Erkenntnisse und Erlebnisse eingeholt. Es ist ein Einblick, wie Unternehmen mit der Krise umgegangen sind und was gelernt wurde und so gesehen für jeden Fachbereich und jedes Unternehmen spannend. Es dient der Reflexion und dem Anstoß, dass Lernen und Weiterentwicklung unumgänglich sind.