Die normale Andersartigkeit

Die weltweite Corona-Pandemie führte in den vergangenen Monaten zu massiven Veränderungen bei Schulungen und Meetings. TRAiNiNG hat bei Experten nachgefragt, wie sich Corona auf interkulturelle Teams und Seminare ausgewirkt hat und weiterhin auswirken wird.

Das Führen interkultureller Teams war schon immer eine große Herausforderung. Die Unterschiede in den kulturellen Ausprägungen bezogen auf Kommunikationsverhalten, Feedbackverhalten etc. müssen stets beachtet werden. Interkulturelle Kompetenz ist angesagt. Darunter versteht man die Fähigkeit, mit Menschen aus völlig anderen Kulturkreisen erfolgreich zu interagieren. Bei der Arbeit mit interkulturellen Teams gibt es neben der möglichen Barriere der Sprache eben auch die große Gefahr von Missverständnissen jeglicher Art. Um zu erlernen, wie man mit dieser Vielfalt im Team umgehen kann, gibt es Seminare. Die Aufgabe von interkulturellen Seminaren ist nicht nur das Erlernen der zulässigen und unzulässigen Verhaltensweisen im ausländischen Kontext, sondern auch eigene Handlungen zu begründen sowie die verschiedensten Denk-, Führungs- und Arbeitsweisen den Teilnehmern näher zu bringen.

Andere Länder – andere Sitten

Besonders dann, wenn regelmäßig Teams aus verschiedenen Ländern zusammenarbeiten, sind interkulturelle Kompetenzen wichtig. Je unterschiedlicher der Kulturkreis (Asien, Afrika oder arabische Länder) desto relevanter wird es, sich damit auseinanderzusetzen. Aber selbst österreichische Verkäufer, die mit deutschen Kunden zu tun haben, merken sehr schnell, dass es hier Unterschiede in Wort und Tat gibt.
Ein häufiges Thema ist der Umgang mit Zeit. Wie wichtig ist Pünktlichkeit? Hier sind wir Österreicher im Großen und Ganzen recht korrekt. Wenn 13.00 Uhr ausgemacht ist, sind wir meistens 2 Minuten vorher beim vereinbarten Treffpunkt. Ganz anders ist das z. B. in Indien. Hier wird auf Termintreue weniger wert gelegt und es wird dort nicht als Zeichen von Respektlosigkeit interpretiert, wenn man 20 Minuten zu spät kommt. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Trennung von Beruf und Privat. Wie viel von meiner Person lege ich im beruflichen Kontext von mir offen. Besonders im arabischen Raum sind Menschen sehr personenorientiert. Sie möchten den Menschen kennenlernen, bevor sie Geschäfte machen. Hier ist Smalltalk bei Verhandlungen entsprechend viel Zeit zu widmen.
Die theoretischen Inhalte von interkulturellen Seminaren beinhalten meist die Analyse der beteiligten Kulturen, das Herausarbeiten von Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Arbeitsstil sowie den Umgang mit Zeit, Hierarchie und Regeln. Ziel dabei ist das Verständnis und die Akzeptanz der Andersartigkeit.

Self-Hugging

Die meisten Menschen stehen sich dem Phänomen gegenüber, dass Psychologen als »Self-Hugging« bezeichnen (wörtlich übersetzt: »selbst Umarmen«). Experten verstehen darunter, dass Menschen ihre eigenen Werte und Einstellung als die einzig richtigen ansehen und Menschen, die andere Werte vertreten, falsch liegen. Jeder hat meist die Tendenz, seine Mitmenschen zunächst einmal aus seiner eigenen Brille bzw. Perspektive zu betrachten. Und aus seiner eigenen »Normalität« zu beurteilen. Das ist schon im Umgang mit Menschen im gleichen Kulturkreis ein großes Thema, aber umso spannender, wenn die Werte verschieden sind und den Gesprächspartnern weitgehend unbekannt. Die Einstellungsänderung, die zu erlernen und zu erfahren ist, lautet stets: »Andersartigkeit ist normal.« Im interkulturellen Zusammenhang wird hier auch von Ethnozentrismus gesprochen. Hier wird die eigene Nationalität als Mittelpunkt gesehen und gegenüber anderen Völkern als überlegen empfunden. Das Ziel von interkulturellen Trainings ist es, hin zu einem Ethnorelativismus zu kommen, der Bereitschaft die eigenen Auffassungen gegenüber anderen Gruppen und Kulturen zu hinterfragen und zu relativieren.

Interkulturelle Seminare während und nach Corona

Genau um solche Unterschiede zu erkennen und zu erlernen, damit umzugehen, werden zahlreiche Seminare angeboten. Welche Auswirkungen hat nun Corona auf interkulturelle Seminare? Hier erging es den Trainern ähnlich, wie bei anderen Schulungen: Die Umstellung auf online musste schnell über die Bühne gebracht werden. Doch anders als bei Fachseminaren bringt das Thema der interkulturellen Kompetenzen weitere Herausforderungen mit sich.

Wolfgang Reis (Geschäftsführer biz.talk): »Corona hat das Kommunikationsverhalten gerade im internationalen Kontext bleibend verändert. Ein paar Stichworte:

  • Auslandsreisen werden weniger und durch Online-Meetings, Telefonate oder schriftlichen Austausch ersetzt. Face-to-Face wird tendenziell auf erfolgskritische Situationen oder auf Mitarbeiterbelohnungen reduziert.
  • Personen halten sich wieder vermehrt dort auf, wo sie ursprünglich hergekommen sind. Kulturelle Anpassungen reduzieren sich, interkulturelle Unterschiede steigen.
  • Online-Meetings dauern kürzer als Face-to-Face-Treffen. Es besteht die Gefahr zunehmender Oberflächlichkeit und das Verzichten auf Vertrauensaufbau – eine potenzielle Gefahr, der sich viele nicht bewusst sind.«

Christian Fuchs (Geschäftsführer KICK-OFF Consulting): »Während des Lockdowns hatte die HR in den meisten Unternehmen die Anweisung, alle Seminare und Meetings zu stoppen bzw. auf Online-Schulungen und -Meetings umzusteigen. Viele Unternehmen sind somit bei interkulturellen Seminaren und Meetings auf 2- bis 3-stündige digitale Formate umgestiegen.«

Karin Schreiner (Inhaberin Intercultural Know How – Training & Consulting): »Die Auswirkungen von Corona auf interkulturelle Seminare und Meetings sind nachhaltig, denn es wurde durch den Lockdown ein Digitalisierungsschub mit aller Wucht in Gang gesetzt. Nutzten im Dezember 2019 nur 10 Millionen die Online-Plattform Zoom, waren es im März 2020 bereits 200 Millionen. Es ist zu erwarten, dass der Trend zu Online-Seminaren und -Trainings weitergeht.«

Konrad Noé-Nordberg (Inhaber nnc noé-nordberg-consulting): »Viele HR-Verantwortliche tendieren aktuell zum verstärkten Einsatz von virtuellen Formaten. Allerdings bekommen sie speziell bei interkulturellen Seminaren seitens der Teilnehmenden meist den ausdrücklichen Wunsch geäußert, dass diese sich Präsenztrainings wünschen. Interkulturelle Meetings waren oft schon vor Corona online möglich oder konnten unmittelbar ins Web verlagert werden. Viele Menschen verbrachten im Home-Office fast den ganzen Tag in virtuellen Besprechungen. Sie stellten aber bald fest, welchen Einschränkungen diese unterliegen und dass sie sehr anstrengend sind. Auch die fehlenden persönlichen sozialen Kontakte wurden bemängelt. Dennoch meine ich, dass es speziell im internationalen Kontext sehr zweckmäßig ist, Meetings vermehrt virtuell abzuhalten.«

Das Thema interkulturelles Management könnte noch an Relevanz gewinnen, da viele Menschen zurück in ihr Heimatland gegangen sind, und nur noch virtuell arbeiten. Führen auf Distanz ist das Schlagwort der Stunde. Und das gepaart mit teils massiven kulturellen Unterschieden stellt Unternehmen durchaus vor Herausforderungen und Schulungsbedarf der Führungskräfte.

Online-Meetings und -Seminare

Für die meisten Menschen sind Online-Meetings spätestens seit Corona zur Normalität geworden. Selbst im Privaten sind viele dazu übergegangen, sich virtuell über das Internet mit Freunden auszutauschen. Für solche Meetings gelten allerdings einige Regeln, damit sie nicht zu ineffizienten Zeitfressern werden.
Wolfgang Reis: »Wie alle Meetings wurden auch solche mit interkultureller Besetzung massiv ins Internet und in Videokonferenzen verlagert. Videomeetings funktionieren nach ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als persönliche Treffen. Dies gilt im interkulturellen Zusammenhang umso mehr. Viele zwischenmenschliche Kommunikationskanäle stehen bei Videokonferenzen nicht zur Verfügung, es werden im Wesentlichen nur ein bewegtes Porträtbild und die Stimme übertragen. Und der wohl bedeutendste Unterschied: Es gibt keinen Augenkontakt. Betrachtet wird nur eine Kamera. Die Möglichkeiten von Missverständnissen häufen sich bei eingeschränkter Kommunikation – insbesondere auch Missverständnisse auf Grund unterschiedlicher kultureller Zugänge der Teilnehmer.«

Die Signale der Körpersprache müssen auch bei Online-Meetings gekannt und erkannt werden, wie z. B. das berühmte Kopfnicken, das eben nicht überall auf der Welt Zustimmung bedeutet. Streckt man den Daumen und den kleinen Finger als Zeichen für »Ich ruf dich an«, so wird das in Italien als Frage »Gehen wir mal etwas zusammen trinken?« verstanden. Eine geballte Faust mit einem ausgestreckten Daumen nach oben bedeutet in Europa etwas wie »super«. In Australien gilt das als Beleidigung, in China als Zahl »5« und in Indonesien steht das für die Zahl »6«. Im Iran wird auch ein nach oben gestreckter Daumen als Beleidigung verstanden. Diese und weitere Missverständnisse können bei Online-Meetings noch viel leichter entstehen als bei physischen Treffen, da man hier die Reaktion des Gegenübers unmittelbar erlebt und Missverständnisse schneller aufklären kann.

Christian Fuchs über die Wichtigkeit des geschulten Moderators: »Der Moderator ist extrem gefordert, sich nicht zu scheuen, Personen mit Namen anzusprechen, klar zu moderieren, ein straffes Zeitmanagement einzuhalten, strukturiert vorzugehen, explizit zu kommunizieren und Dinge zu benennen. Die Zeiteinheiten sollten straff gehalten werden – max. 2 bis 4 Stunden und alle 45 bis 50 Minuten ist eine Pause dienlich. Ebenfalls gilt es, einen Methodenmix zu verwenden. Dies gilt vor allem bei interkulturellen Maßnahmen, denn die Lern- und Kommunikationskanäle sind kulturell sehr stark geprägt und der Fokus der Personen würde sonst verschwinden.«

Konrad Noé-Nordberg über den Unterschied von Online-Meetings zu Online-Trainings: »Für Meetings stellt sich die Frage des virtuellen Formats in ganz anderer Form als für Trainings. Hier kann von einer wirklichen Effizienzsteigerung gesprochen werden, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. Die Versuchung ist groß, online noch mehr Sitzungen einzuberufen, weil es einfach ist und weniger Zeit braucht. Durch eine gesteigerte Anzahl an Besprechungen konterkariert sich die scheinbare Effizienzsteigerung schnell. Spannend wird es auch durch einfaches Einbinden anderer digitaler Tools wie Trello, Etherpad oder loom, von Videos und Lernplattformen. Sowie alle Möglichkeiten des Instructional Design, von Online-Quizzes oder mehr Gamification, die einfach Spaß und Abwechslung bringen. Aus meiner Erfahrung eignen sich Online-Tools besonders gut für die Follow-up-Veranstaltungen von interkulturellen Trainings, wo es weniger um Verhaltensänderung an sich geht, sondern mehr um deren Evaluierung und Erfahrungsaustausch.«

Seminare oder Trainings, die früher in Präsenzform abgehalten wurden, einfach online durchzuführen, zeigt meistens wenig Erfolg. Das Lernen über das Netz funktioniert demnach nach anderen Kriterien.

Karin Schreiner: »Das bloße Übertragen von Schulungsinhalten auf Online-Formate greift zu kurz. Um digitale Weiterbildungsmöglichkeiten entsprechend zu nutzen, ist eine hohe Technik-Affinität von Seiten der Trainer nötig. Sie sollten sich mit den verschiedenen Online-Tools auskennen, um sie zielgerecht einzusetzen und deren Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein weiterer Aspekt liegt im Lernen: Es ist wichtig, noch genauer zu wissen, wie Erwachsene lernen und welches digitale Lernformat sich für die gegebenen Inhalte am besten eignet.«

Interkulturelle Teams

Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die gemeinsam etwas tun, bilden ein »interkulturelles Team«. Während bis vor einigen Jahren noch oft Führungskräfte in die jeweilige Auslandsniederlassung entsendet wurden, wird heutzutage oft auf diese aufwändige Option verzichtet und den Beteiligten eine virtuelle Zusammenarbeit an ihren jeweiligen Standorten ermöglicht. Immer öfter stehen Führungskräfte daher vor der Herausforderung, Teams zu führen, die an unterschiedlichen Standorten des Unternehmens weltweit arbeiten. Corona hat diesen Trend stark beschleunigt.

Schien Ninan (Creative Director und Gesellschafter von HPS Training): »Interessanterweise zeigt unsere Erfahrung und die unserer zahlreichen internationalen Kunden eindeutig, dass interkulturelle Teams in Zeiten von Corona massiv zusammengerückt sind. Aus 2 Gründen:

  • Es macht für sie im Lockdown keinen Unterschied, ob die Kollegen im nächsten Bezirk, der nächsten Stadt, oder auf dem nächsten Kontinent sitzen. Sie konnten ohnehin mit allen nur per Webmeetings kommunizieren.
  • Alle, unabhängig ihrer Kultur, mussten die gleichen Probleme lösen. Lösungen wurden gerade in dieser Phase gemeinsam erarbeitet und untereinander ausgetauscht. Das schweißt zusammen!«

Wolfgang Reis: »In vielen Fällen haben sich physische interkulturelle Teams schlagartig aufgelöst. Viele haben sich während der Corona-Zeit in ihr Ursprungsland begeben. Teams mit interkultureller Besetzung wurden somit auf mehrere Länder oder Kontinente aufgeteilt. Die Koordination des Teams konnte nur noch digital erfolgen. Das ist insbesondere für den Teamleiter eine große Herausforderung – umso mehr, als damit zu rechnen ist, dass im Zuge des rasanten Digitalisierungsschubes viele Mitarbeiter oder Geschäftspartner weiterhin geografisch stark verteilt bleiben werden. Die Kunst wird sein, mit virtuellen Moderationstechniken gut umgehen zu können.«

Studienergebnisse zeigen, dass der größte positive Einfluss auf die Performance von virtuellen Teams durch verbesserte interkulturelle Kommunikationskompetenz, Führung, klare Ziele und Rollen sowie Beziehungsaufbau erwirkt werden kann. Wie kann es nun eine Führungskraft schaffen, eine Beziehung aufzubauen, wenn sie die Teamkollegen nur selten sieht?

  • Klare Regeln für die Art, Häufigkeit und den Kanal der Informationsweitergabe festlegen.
  • Arbeitsfortschritt sichtbar machen, beispielsweise durch virtuelle Plattformen, Zeitpläne etc. bzw. eine Balanced Scorecard, auf welche alle Teammitglieder Zugriff haben.
  • Rotierende Meetingzeiten, damit alle geografischen Zonen – sofern möglich – gleichmäßig berücksichtigt werden.
  • Virtuelle Meetings immer mit Beziehungspflege beginnen.
  • Während der Meetings bewusst alle Teammitglieder in das Gespräch miteinbeziehen.
  • Nach dem Meeting das Protokoll sowie Entscheidungen, bzw. nächste geplante Schritte zeitnah der digitalen Teamplattform hinzufügen.

Konrad Noé-Nordberg: »Ich habe in den vergangenen Wochen an einer Reihe virtueller Veranstaltungen zum Thema ›Die Welt im Lockdown‹ teilgenommen. Darin berichteten Experten aus aller Welt über ihre Erfahrungen und Beobachtungen in der Covid-19-Krise in ihren jeweiligen Ländern. Diese waren durchaus divers, aber es war kein kulturbedingtes Muster in der Wahrnehmung der Gefahr erkennbar. Rahmenbedingungen und Persönlichkeiten scheinen entscheidend dafür zu sein, wie die Herausforderung bewertet wurde. Anders sieht es aus, wenn die Disziplin und Einhaltung von Vorschriften betrachtet werden. Die Zusammenarbeit mit interkulturellen Teams ist in vielen Bereichen einfacher geworden, weil der digitale Boom dazu geführt hat, dass sich Einstellung und Voraussetzungen für virtuelle Methoden stark verbessert haben. Tools wie Jitsi, MS Teams, Skype, WebEx, GoToMeeting oder Zoom haben bekanntlich nicht nur einen Nachfrageschub erlebt, sondern auch deren technische Entwicklung ist unglaublich beschleunigt worden. Besonders oft wurde mir von Führungskräften die Frage nach der ›richtigen‹ virtuellen Führung gestellt. Selbst erfahrene Teamleiter sind mit dem Managen von virtuellen Teams häufig überfordert. Hier gilt es, Unsicherheiten und Ängste zu beachten, zu unterstützen und den Mut zu vermitteln, zugeben zu können, dass noch kein Meister virtueller Führung vom Himmel gefallen ist.«

Karin Schreiner: »Bei der Führung multikultureller Teams sind interkulturelle Kompetenzen besonders wichtig. Kulturelle Unterschiede im Risiko-Verhalten und Akzeptanz von Autorität konnte man deutlich erkennen. Deutsche oder Österreicher akzeptierten eher die neuen Corona-Regeln. Einhalten von Körperdistanz fiel in Schweden leichter, weil diese ohnehin groß ist. In Spanien stellten nur drakonische Strafen sicher, dass das Ausgangsverbot eingehalten wurde. Übernahme von Eigenverantwortung, womit in Schweden gearbeitet wurde, wurde in anderen kulturellen Kontexten als unzureichend erachtet.«

Was ist nun eigentlich interkulturelle Kompetenz ganz konkret? Grundsätzlich ist es die Fähigkeit, mit kulturellen Unterschieden erfolgreich umzugehen. Darunter fällt z. B. die Fähigkeit, Bedürfnisse, Werte und Erwartungen des Gegenübers richtig einzuschätzen. Weiters die Bereitschaft, das eigene Verhalten an das des Gegenübers anzupassen und Toleranz zu zeigen, wenn das Gegenüber sich ›anders‹ verhält.

Christian Fuchs: »Das Faktum, dass gerade jetzt interkulturelles Management ein extrem wichtiges Thema ist, wird unterschätzt. Denn durch die Krise sind viele Personen in ihre Grundarbeitsmuster zurückgefallen. Essenziell für alle Teams und insbesondere für interkulturelle Teams ist es, nun wieder ›hochzufahren‹. Das bedeutet: gemeinsame Ziele klären, klare To-Dos, die Regeln der Zusammenarbeit zu präzisieren, die Fähigkeiten und Fertigkeiten aller Mitglieder wieder darzustellen, die Ressourcen zu klären und transparent zu kommunizieren. Wichtig ist es, dass in interkulturellen Teams jeder das Verständnis für die unterschiedlichen Situationen hat, und dies geht meistens bzw. sollte von der Führungskraft ausgehen. Da durch die Krise und den Lockdown viele Menschen nach Hause gegangen sind, erstens wirklich physisch und zweitens auch psychosozial, sind die interkulturellen Arbeitsweisen nun wieder schärfer. Dies hat eine starke Auswirkung auf den Umgang mit Regeln, Vereinbarungen, Zeitmanagement und Führung. Es ist aus meiner Sicht essenziell, dass die Führungskraft jetzt empathisch, wertschätzend und auch klar ihre Erwartungen und die Erwartungen des Teams klärt. Die Gefahr ist, dass viele Teamleiter/Führungskräfte jetzt entweder ›Business as usual‹ machen oder als ›Team Cheerleader‹ agieren, was für den Teamprozess nicht förderlich ist. In interkulturellen Teams ist es nun ebenfalls wichtig, Sicherheit und Stabilität zu etablieren, um ein gemeinsames Tun zu ermöglichen und Synergieeffekte hochleben zu lassen. Durch die Digitalisierung der Arbeitsweise ist es wichtig geworden, das Thema Konflikte präventiv anzusprechen, da im virtuellen Raum stehende bzw. bestehende Konflikte sehr schwer zu bearbeiten sind – mit dem Hintergrund der Interkulturalität, der Persönlichkeiten und dem Faktum, ›sich hinter dem Bildschirm zu verstecken‹.«

Fazit
Seminare über interkulturelle Fähigkeiten können online stattfinden, wenn die Trainer entsprechend gut geschult sind. Für Online-Meetings mit inter­kulturellen Teams braucht es einen professionellen Moderator und klare Regeln. Das Führen interkultureller Teams ist ohnehin schon herausfordernd genug, durch das Führen auf Distanz wird das nochmals verschärft. Die richtige Einstellung der Führungskraft und gute Schulungen können dazu beitragen, in der Krise erfolgreich zu führen.

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