Wie sich Unternehmen wie SAP und AXA durch Gaming die Talente der Zukunft sichern.
E-Sports, also der sportliche Wettkampf mit Computerspielen, hat sich in den vergangenen Jahren zu einer milliardenschweren globalen Industrie entwickelt und beeinflusst damit auch die Unternehmenswelt. Insbesondere in den Bereichen HR und Employer Branding werden Gaming und E-Sports immer häufiger eingesetzt, um Talente zu gewinnen und zu halten. Denn Gaming und E-Sports fordern und fördern eine Vielzahl von kognitiven, sozialen und technischen Fähigkeiten, die in vielen Branchen und Arbeitsbereichen relevant sind.
Innovationstreiber für HR
Um die jungen, digitalaffinen Generationen jetzt und in Zukunft anzusprechen, sind innovative HR-Ansätze gefragt. Unternehmen sind daher gut beraten, neue, kreative Wege zu finden, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und sich von der Konkurrenz abzuheben. Digitale Initiativen wie die Integration von Gaming und E-Sports in Rekrutierung und Teambuilding bieten eine spannende Möglichkeit, Bewerber zu gewinnen und bestehende Mitarbeiter zu binden.
Gamification-Techniken im Recruiting zielen darauf ab, das Interesse potenzieller Bewerber zu wecken und den Bewerbungsprozess attraktiver zu gestalten. Durch spielerische Elemente wie Quizzes, Rätsel oder Simulationen im Online-Bewerbungsprozess kann das Engagement der Kandidaten erhöht und wichtige Insights über sie gewonnen werden. Denn wie sie auf Herausforderungen und beispielsweise Rätsel reagieren, lässt Rückschlüsse auf ihre Problemlösungsfähigkeiten und ihren Charakter zu. Gleichzeitig bietet Gamification dem Unternehmen die Möglichkeit, sich als digitaler und modernen Arbeitgeber zu präsentieren.
E-Sportler als gefragte Arbeitnehmer
Unsere Arbeitswelt ist im Laufe der Jahre immer digitaler geworden und die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz werden noch tiefgreifendere Veränderungen mit sich bringen. Für Unternehmen ist es daher wichtig, Mitarbeiter zu haben, die mit dem technologischen Wandel umgehen und ihn vor allem begleiten können. Diese Menschen finden sich vermehrt unter E-Sportlern und Gamern. Denn sie sind digitalaffin und haben bereits Erfahrungen mit KI in Form von computergesteuerten Charakteren (sogenannten Nicht-Spieler-Charakteren oder NPCs) gemacht. Zudem kommunizieren sie online – oft auch auf Englisch – und schätzen Teamwork und Fairplay. Darüber hinaus können durch Gaming und E-Sports Fähigkeiten gefördert werden, die auch im Berufsleben gefragt sind. Dazu gehört beispielsweise, sich über längere Zeiträume zu konzentrieren und komplexe Handlungen präzise auszuführen. Ihre Affinität zu neuen Technologien macht sie zu wertvollen potenziellen Mitarbeitern.
Neben den technischen Fähigkeiten fördert Gaming auch Soft Skills wie emotionale Intelligenz, kritisches Denken und Kreativität. Unternehmen erkennen den Wert dieser Kompetenzen: So wollen laut einer Studie der ManpowerGroup 65 % der Arbeitgeber künftig Bewerber mit Gaming-Erfahrung im Bewerbungsprozess berücksichtigen. Das ist besonders im Hinblick auf die jüngere Generation von Vorteil, denn laut Statista spielen 91 % von ihnen zumindest hin und wieder Computerspiele.
Einsatz im Recruiting
E-Sports-Turniere können für potenzielle und bestehende Mitarbeiter einzigartige Möglichkeiten schaffen, um Teamdynamiken und individuelle Leistungen von Kandidaten unter Wettbewerbsbedingungen zu beobachten. Gamification ermöglicht es den Unternehmen, nicht nur die fachlichen Fähigkeiten der Bewerber zu beurteilen, sondern auch deren Soft Skills zu testen. Wie reagieren sie unter Stress? Bleiben sie respektvoll und fair und arbeiten sie gut im Team zusammen? Und vor allem: Passen sie zur Unternehmenskultur?
Die Integration von E-Sports in die Unternehmenskultur bietet dabei nicht nur Chancen im Recruiting, sondern trägt auch zur Förderung eines dynamischen und innovativen Arbeitsumfeldes bei. E-Sports ist mehr als eine Marketingplattform. Es ist ein strategisches Instrument, das Unternehmen dabei hilft, wichtige organisatorische und kulturelle Transformationen herbeizuführen. So ermöglicht es langfristig eine erfolgreiche Positionierung in einer zunehmend digitalisierten Welt. Dieser Ansatz fördert sowohl die Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern als auch die allgemeine Stärkung der Marke und der Innovationsfähigkeit des Unternehmens.
Praktische Umsetzung
Der Technologiekonzern SAP hat gemeinsam mit der E-Sports-Agentur BUILD A ROCKET eine Strategie entwickelt, um E-Sports sowohl als Sponsoring-Plattform als auch als integralen Bestandteil seiner Employer-Branding-Strategie zu nutzen. Ihr Ansatz ist es, durch ein Datentool, das speziell für E-Sports entwickelt wurde, einen Mehrwert für die E-Sports-Community und die gesamte Branche zu schaffen und so die relevanten Zielgruppen zu erreichen. Auch wenn es darum geht, potenzielle Bewerber mit Mitarbeitern in einem informellen Rahmen zu vernetzen, eignen sich Turniere gut. Denn sie schaffen eine lockere Atmosphäre, in der sich die Teilnehmer austauschen können. So setzte AXA E-Sports-Turniere gezielt im Rahmen ihrer Ausbildungsprogramme ein. Ziel war es, ein dynamisches und modernes Image zu vermitteln, um neue Talente zu gewinnen und bestehende Mitarbeiter zu binden. Die Turniere bieten nicht nur eine Plattform für Wettbewerb und Spaß, sondern dienen auch als innovative Form des Teambuildings und der Mitarbeiterförderung.
Das öffentliche Interesse und die Leidenschaft rund um E-Sports nutzte AXA auch, um das Unternehmen in den sozialen Medien und auf anderen Plattformen zu präsentieren. Dadurch wurde das Personalmarketing weiter gestärkt und das Image der Versicherungsgruppe als innovativer und fortschrittlicher Arbeitgeber positiv beeinflusst.
Konzerne wie Google, Deloitte oder die Telekom integrieren bereits spielbasierte Assessment Center in ihre Recruiting-Prozesse. Damit auch andere Unternehmen von diesem Instrument profitieren können, müssen zunächst Ziele klar definiert werden, die sich direkt auf die Anforderungen der zu besetzenden Stellen beziehen. Nur so ist eine strukturierte und sinnvolle Integration möglich. Nach dem Turnier oder Spiel sollten die Ergebnisse und Beobachtungen systematisch analysiert und in Bezug auf die Arbeitsplatzrelevanz interpretiert werden.