Der nachstehende Artikel behandelt die Möglichkeiten und Schranken bei der Reaktion von Arbeitgebern auf die deutlich gestiegenen Energiekosten.
Die aktuelle »Energiekrise« wirkt sich neben vielen anderen Bereichen auch auf das Arbeitsverhältnis aus und verursacht durch die eingetretenen Kostensteigerungen massive Mehrbelastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Einseitige Anpassung der Home-Office-Tage?
Während im Rahmen der Corona-Pandemie eine ganz rasante Steigerung des Anteils an Home-Office-Arbeit in vielen Arbeitsbereichen stattfand, die die Anwesenheit im Betrieb nicht zwingend erfordern, ist in der aktuellen Energiekrise und aufgrund der damit verbundenen Mehrkosten für Gas, Strom etc. auch ein gestiegenes Interesse der Arbeitnehmer an einer Ausweitung der Tätigkeit im Betrieb zu erkennen. Wurde mit den Arbeitnehmern (wie im AVRAG vorgeschrieben) eine Home-Office-Vereinbarung getroffen, wonach sie bloß eine bestimmte Anzahl an Tagen pro Woche im Office arbeiten dürfen, ist eine einseitige Ausweitung der Office-Tage nicht vorgesehen. Umgekehrt können auch Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nicht einfach vermehrt ins Home-Office schicken, um Heizkosten im Betrieb zu sparen. Eine Anpassung der Tage könnte mangels Änderungsvorbehalts nur einvernehmlich erfolgen. Abhängig von der getroffenen Vereinbarung könnten Arbeitnehmer eine Kündigung der Home-Office-Vereinbarung unter Einhaltung der vereinbarten Frist aussprechen. Ist die vereinbarte Kündigungsfrist zu lang oder eine Kündigungsmöglichkeit nicht vorgesehen, könnten Arbeitnehmer auch versuchen, gestützt auf die vom Gesetzgeber im AVRAG angeführten »wichtigen Gründe«, eine Beendigung der Home-Office-Arbeit unter Einhaltung der im Gesetz vorgesehenen einmonatigen Frist zu argumentieren. Laut den Gesetzesmaterialien sind als solche Gründe insbesondere wesentliche Änderungen der betrieblichen Erfordernisse beim Arbeitgeber oder wesentliche Änderungen der Wohnsituation der Arbeitnehmer angedacht gewesen, die die Erbringung der Arbeitsleistung im Home-Office nicht mehr erlauben. Ob gestiegene Gas-, Stromkosten o. ä. ebenfalls wichtige Gründe sein und zur außerordentlichen Beendigung berechtigen können, wird jedoch auch davon abhängen, inwieweit die Kosten im Home-Office im Rahmen der Energiekrise tatsächlich massiv ansteigen, ob nicht ohnehin auch für andere Familienmitglieder (tagsüber) geheizt werden müsste und ob damit für Arbeitnehmer tatsächlich eine nicht mehr bewältigbare Kostenbelastung verbunden wäre.
Änderungen der Raumtemperatur im Betrieb
Eine Maßnahme zur Kostenreduktion, auf die Arbeitgeber abhängig von der betrieblichen Struktur in den kommenden Monaten u. U. vermehrt zurückgreifen werden, und die in Deutschland jüngst u. a. für öffentliche Arbeitgeber und Arbeitsplätze in öffentlichen Gebäuden durch Verordnung fixiert wurde, ist die Absenkung der Raumtemperatur in den betrieblichen Räumlichkeiten.
Die österreichischen Arbeitnehmerschutzbestimmungen sehen vor, dass während der kalten Saison die Lufttemperatur und Geschwindigkeit der Luft innerhalb bestimmter Bandbreiten zu liegen hat. Für Arbeiten mit geringer körperlicher Intensität hat die Temperatur zwischen 19 und 25 Grad, für solche mit normaler körperlicher Intensität zwischen 18 und 24 Grad sowie für Arbeiten mit hoher körperlicher Intensität bei mindestens 12 Grad zu liegen. In der warmen Saison darf die Temperatur 25 Grad nicht überschreiten, sofern eine Klimaanlage bzw. ein anderes Luftzirkulationssystem besteht. Andernfalls müssen andere Maßnahmen zur Reduktion der Temperatur so weit wie möglich getroffen werden. Innerhalb der genannten Bandbreiten kann daher der Arbeitgeber im Hinblick auf die gestiegenen Energiekosten seine Raumtemperaturen reduzieren. Arbeitnehmer können als Reaktion auf eine Absenkung der Raumtemperatur – auch wenn sie diese subjektiv als unangenehm empfinden – nicht einfach die Tätigkeit verweigern. Um vermehrte Krankenstände durch niedrigere Raumtemperaturen zu vermeiden, werden Arbeitgeber hier jedoch abwägen oder betroffene Arbeitnehmer etwa zum vermehrten Tragen von Pullovern etc. anleiten müssen. Zu beachten ist bei Abhilfemaßnahmen jedoch, dass im Rahmen der allgemeinen Arbeitnehmerschutzbestimmungen der Arbeitgeber auch dafür Vorsorge treffen muss, dass nicht etwa durch die Verwendung von privaten Heizstrahlern zur Erwärmung von als zu kalt empfundenen Räumen neben dem Kostenfaktor zusätzliche Gefahren für die Mitarbeiter und den Betrieb geschaffen werden. Die Verantwortung für damit verbundene Sach- und Personenschäden trifft primär den Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter.
Energiekosten Home-Office?
Laut der Neuregelung im AVRAG ist nur die Bereitstellung der erforderlichen digitalen Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber oder der Ersatz der angemessenen und erforderlichen Kosten für diese verpflichtend. Die Kosten können auch pauschaliert abgegolten werden. Die Bereitstellung aller sonstigen Betriebsmittel bzw. die Übernahme von deren Kosten kann vertraglich ausgeschlossen werden.
Viele Arbeitgeber haben daher in ihren Home-Office-Vereinbarungen Regelungen getroffen, wonach die Kosten betreffend Elektrizität, Gas, Wasser etc. im Zusammenhang mit der Home-Office-Arbeit nicht gesondert abgegolten werden, sondern von den Arbeitnehmern zu tragen sind bzw. durch eine Überzahlung gegenüber dem Mindestgehalt laut Kollektivvertrag abgedeckt sind. Ein solcher vertraglicher Ausschluss ist grundsätzlich möglich, sofern dieser nicht sittenwidrig ist und daher insbesondere dort denkbar, wo die Vorteile für die Arbeitnehmer überwiegen und Home-Office z. B. auf Wunsch der Arbeitnehmer ermöglicht wird, diese sich dadurch Wegzeit und -kosten ersparen, der Arbeitgeber aber auch weiterhin einen Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung stellt.
Inwieweit hier eine Änderung der bisherigen Rechtslage und vor allem der Beurteilung der Sittenwidrigkeit durch die Gerichte erfolgen wird, ist schwer absehbar. Zu erwarten ist jedoch, dass es durch entsprechende Anpassungen von Home-Office-Vereinbarungen zu einer vermehrten Aufteilung der gestiegenen Energiekosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen wird, um einseitige Beendigungen von Home-Office zu vermeiden. Dieses Vorgehen wird insbesondere auch in jenen Fällen genutzt werden (müssen), in denen Mitarbeiter im Rahmen flexibler Vereinbarungen vermehrt im Office tätig sein wollen, von Arbeitgebern aufgrund reduzierter Betriebsräumlichkeiten jedoch keine ausreichende Anzahl an Arbeitsplätzen vor Ort mehr zur Verfügung gestellt werden kann, obwohl die Mitarbeiter weiterhin benötigt werden.
Kurzarbeit i. Z. m. Energiekrise
Die im Rahmen der Corona-Pandemie gegenüber den davor vorhandenen Regelungen deutlich erweiterte und flexibilisierte »Kurzarbeit« kann von Unternehmen grundsätzlich auch im Zusammenhang mit der aktuellen Energiekrise genutzt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass wie schon während der Corona-Pandemie die Vorgaben der Kurzarbeits-Richtlinie der aktuellen Phase (die seit 1. Juli 2022 – und vorerst bis 31. Dezember 2022 – läuft) erfüllt sind.
Mindestens drei Wochen vor Beginn der Kurzarbeit ist die zuständige Geschäftsstelle des AMS über die Absicht, in Kurzarbeit zu gehen, zu informieren und ein Beratungsverfahren zur plausiblen Begründung vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Unternehmens zu führen. Dabei sind alternative Lösungsmöglichkeiten (Abbau von Alturlauben, Zeitguthaben etc.) anstelle von Kurzarbeit zu evaluieren.
Nach positiver Absolvierung des Verfahrens ist die Sozialpartnervereinbarung mit den erforderlichen Unterschriften von Betriebsrat bzw. den einzelnen Arbeitnehmern abzuschließen. Die Begehrensstellung ist seit 1. Juli 2022, 0:00 Uhr, im eAMS-Konto möglich und muss immer vor Beginn der Kurzarbeit gestellt werden.
Dabei wurde für die Phase VI zunächst angenommen, dass Kurzarbeit in der jetzigen Wirtschaftslage nur mehr in ganz spezifischen Einzelfällen erforderlich sein wird. Nicht absehbar ist bisher, ob die aktuelle Energiekrise zu einem Ansteigen der Kurzarbeit führen bzw. eine neuerliche Verlängerung der Kurzarbeitsregelungen bewirken wird.
Gewährung von Teuerungsprämien
Vermehrt genutzt wird im Rahmen der aktuellen Energiekrise zudem die vom Gesetzgeber eingeführte Möglichkeit der Gewährung einer »Teuerungsprämie«. Demnach können Arbeitgeber eine (tatsächliche) zusätzliche Zahlung von bis zu 2.000,– € jährlich pro Arbeitnehmer unabhängig vom Ausmaß der Arbeitszeit für die Jahre 2022 und 2023 abgabenfrei gewähren. Zahlungen aufgrund von bereits bestehenden Leistungs-, Bonus- bzw. Prämienvereinbarungen sind dagegen nicht steuer- und beitragsfrei. Weitere 1.000,– € jährlich können dann steuerfrei gewährt werden, wenn die Zahlung aufgrund eines Kollektivvertrages oder einer Betriebsvereinbarung gewährt wird. Zur Vermeidung von Ansprüchen für Folgejahre ist jedenfalls zu empfehlen, dass die Einmaligkeit der Zahlung ausdrücklich schriftlich festgehalten wird. Entscheidet sich ein Arbeitgeber zur Gewährung entsprechender Teuerungsprämien, darf eine Differenzierung (aufgrund der Vorgaben des GlBG) ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgen. Werden dabei im Unternehmen bereits vorhandene Daten zur finanziellen Situation der Arbeitnehmer berücksichtigt (z. B. Kinder, sonstige Sorgepflichten, Gehaltsexekution etc.), sind auch datenschutzrechtliche Grundsätze bei der Verarbeitung entsprechender (sensibler) Daten zu berücksichtigen.
Fazit
Im Rahmen der aktuellen Energiekrise bestehen verschiedene Möglichkeiten für Arbeitgeber, die Kostensteigerungen abzufedern. Vor Alleingängen und einseitigen Änderungen (ohne Vorbehalt) sind sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zu warnen; vielmehr sollten die erwähnten Maßnahmen gemeinsam entsprechend den betrieblichen Notwendigkeiten zu optimieren versucht werden.