Es gibt viele Wege, ein erfolgreicher HR-Manager zu werden. TRAiNiNG hat zu diesem Thema drei Lehrgangsleiterinnen von akademischen Ausbildungen interviewt.
HR-Ausbildungen auf akademischem Wege sind in Österreich relativ neu und boomen in den letzten Jahren. Immer mehr Anbieter von universitären Lehrgängen und ordentlichen Studien kommen auf den Markt und erfreuen die interessierten Studenten. Die Unterschiede zu erkennen, ist manchmal gar nicht so einfach.
Als erste Frage an drei Experten von akademischen HR-Ausbildungen wollten wir wissen, was heutzutage die wichtigsten Kompetenzen sind, die ein Personalmanager erwerben muss.
Gudrun Gaedke (Head of Study Programs an der FH Wien der WKW): »Um-die-Ecke-denken-Können, zielgruppenadäquate Kommunikation, Flexibilität in Bezug auf Maßnahmen und Entscheidungen sowie Offenheit und Neugier – das sind unerlässliche Kompetenzen für Personalisten. Eine gewisse IT-Affinität ist ebenfalls erforderlich, um den Digitalisierungserfordernissen in HR-Prozessen nachkommen zu können. Betrachtet man die Entwicklung alleine in Bezug auf das Anwendungspotenzial von virtueller und augmented Reality in Aus- und Weiterbildung, so ist erkennbar, dass sich Personen im HR auch mit den neuesten technologischen Entwicklungen intensiv auseinandersetzen sollten.«
Irmgard Fallmann (Lehrgangsleitung Personalmanagement und Kompetenzentwicklung mit Neuen Medien an der Donau-Universität Krems): »Die HR-Abteilung steht heute vor Herausforderungen wie z.B. dem Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel und Auswirkungen der Digitalisierung. Ein HR-Manager sollte mit Neugierde auf aktuelle Entwicklungen blicken und proaktiv bisher bewährte Prozesse kritisch reflektieren, um zeitgerecht mit innovativen Ansätzen zu agieren. Betrachten wir beispielsweise das Thema Recruiting: Während man vor einigen Jahren mit klassischen Printmedien noch gute Erfolge erzielen konnte, ist es heute undenkbar, auf digitale Jobplattformen zu verzichten. Ein innovativer HR-Manager sollte aber das Jobinserat an sich kritisch hinterfragen. Ein Posting eines zufriedenen Mitarbeiters in diversen Social-Media-Kanälen kann wesentlich mehr interessante Bewerber hervorrufen, als es ein klassisches Inserat schaffen würde – und das zu nahezu keinen Kosten. Erfolgreiche HR-Manager sollten daher viel breiter und ganzheitlicher denken, wie dieses Beispiel aus einer Kombination von Social-Media-Recruiting und Employer Branding eindeutig zeigt.«
Laura Dörfler (Fachbereichsleitung Arbeitsgestaltung & Lektorin an der FH des BFI Wien): »Neben einem fundierten Fachwissen im Bereich HR (und bezüglich der Funktionsweisen des Arbeitsmarkts) sollten Personalmanager heutzutage über sehr gute fachsprachliche und verhandlungssichere Englischkenntnisse verfügen. Aufgrund aktueller Veränderungen in der Arbeitswelt (Stichwort Flexibilisierung, Verdichtung der Arbeit) werden darüber hinaus Sozialkompetenzen immer wichtiger. Dabei sind insbesondere Stressresistenz, Flexibilität und Teamfähigkeit von großer Bedeutung. Vor dem Hintergrund eines immer wichtiger werdenden strategischen Beitrags von HR zum Management wird auch Kreativität im Sinne des Einbringens neuer Ideen und Durchsetzungsfähigkeit gefordert. Persönlichkeiten, die sich auch noch durch Selbstreflexionsvermögen und kritisches Hinterfragen ihres eigenen Tuns auszeichnen, runden die wichtigsten Kompetenzen ab.«
Wie könnte ein Ausbildungsweg für einen Maturanten aussehen, der ins HR-Management möchte?
Irmgard Fallmann: »Im HR-Bereich finden sich viele Quereinsteiger, mit unterschiedlichen Qualifikationen und formalen wie auch informell erworbenen Kompetenzen. Gerade diese Vielfalt und ein transdisziplinärer Zugang machen erfolgreiches HR-Management aus. Aus meiner Sicht gibt es daher keinen eindeutig definierten Ausbildungsweg. Die notwendigen Kompetenzen für eine gute Arbeit im HR-Bereich müssen nicht unbedingt über formale Bildungswege erlangt werden. Manch guter HR-Mitarbeiter erarbeitet sich im Sinne eines stark selbst gesteuerten Prozesses das nötige Wissen völlig eigenständig – ich denke dabei z. B. an die Nutzung von MOOCs und anderen offenen, digitalen Bildungsressourcen. Dadurch werden Lernerfahrungen gesammelt, die für die Konzeption von individualisierten Kompetenzentwicklungsmaßnahmen in der Personalentwicklung wertvoll sein könnten. Dennoch gibt es vielfach den Wunsch, sowohl vonseiten der Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber nach einer anerkannten, formalen Qualifikation, die es ermöglicht, seine Praxiserfahrungen und durch unterschiedlichste Ressourcen informell erlangten Kenntnisse im Rahmen eines formalen Ausbildungsprogrammes nochmals zu ordnen und auf einer theoretischen Ebene zu reflektieren.«
Laura Dörfler: »Hier gibt es prinzipiell zwei Varianten: ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personal oder ein Fachhochschulstudium, welches in der Regel spezifischer auf den HR-Bereich zugeschnitten ist. Aufbauend auf ein allgemein gehaltenes, die zentralen Bereiche des HR-Managements ausgerichtetes Bachelorstudium, kann danach eine Master-Spezialisierung angestrebt werden.«
Gudrun Gaedke: »Maturanten sind angehalten, sich Praxiserfahrung zu sichern. Damit sie in Organisationen »einsetzbar« sind, ist ein Studium eine sehr gute Voraussetzung. Ob es sich um ein WU-Studium handelt, um Jus, Psychologie oder doch ein spezialisiertes HRM-Studium, hängt von der Klarheit der beruflichen Zielsetzung ab. Mindestens ebenso relevant wie das gewählte Fach ist das im Studium und in parallel erworbener Berufserfahrung gezeigte Engagement. Auch Komplementärerfahrungen (Freiwilligenarbeit, Einsatz im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten, nicht wirtschaftliche Ausbildungslehrgänge, etc.) können unterstützen.«
Wie viel Praxis muss eine Ausbildung zum HR-Manager beinhalten?
Laura Dörfler: »Der Praxisbezug bzw. die Umsetzung von Theorie in die Praxis sollte zentraler Aspekt einer HR-Ausbildung sein. Nur so lassen sich theoretische Modelle in ihrer Anwendung reflektieren. Im Bachelorstudium an der FH des BFI Wien ist daher ein Berufspraktikum im 6. Semester vorgesehen, welches sich über mehrere Wochen erstreckt und durch welches Studierende einen ersten Einblick in die berufliche Praxis des HR Managements erhalten. Der zeitliche Kontext des Praktikums im 6. und letzten Semester könnte jedoch verbesserungswürdig sein, z.B. durch kürzere Praxiswochen in jedem einzelnen Semester und an die jeweiligen Lehrinhalte angepasst (z.B. Personalauswahl, Personalentwicklung…).«
Gudrun Gaedke: »Das hängt davon ab, in welchem Stadium der Berufslaufbahn die Ausbildung stattfindet und wer die konkrete Zielgruppe ist. Bringt jemand jahrelange Berufserfahrung mit, macht es wohl Sinn, eine theoretisch fundierte Ausbildung nachzuziehen und sich einmal kritisch mit theoretischen Modellen auseinanderzusetzen bzw. den akademischen Diskurs zu führen. Falls jemand bereits ein Studium abgeschlossen hat, sich aber in Richtung HR entwickeln möchte, genügen kürzere, sehr praxisorientierte Lehrgänge, die den Sprung ins operative Tun erleichtern. Unsere FH Studiengänge »Personalmanagement« bzw. »Organisations- und Personalentwicklung« bieten – auch aus dem Praxisanspruch von Fachhochschulen heraus – einen guten Mix aus beidem.«
Irmgard Fallmann: »Eine akademische Ausbildung sollte die Vermittlung wesentlicher theoretischer Konzepte und deren Bedeutung für Fragestellungen aus der Praxis sicherstellen. Mit unserem didaktischen Konzept verfolgen wir in jedem Modul eine gezielte Vernetzung von Theorie und Praxis, indem wir zu jedem theoretischen Konstrukt zumindest eine komplexe Transferaufgabe stellen. Durch deren Bearbeitung erkennen die Studierenden die Bedeutung des theoretischen Konzeptes für praktische Fragestellungen. Ein Pflichtpraktikum in einem Unternehmen ist in unserem Curriculum bewusst nicht integriert. Das Durchschnittsalter unserer Studierenden liegt bei 39 Jahren, und der überwiegende Teil unserer Teilnehmer ist ohnehin bereits im HR-Bereich beruflich verankert.«
Danke für das Gespräch.