Erfolgreich durch Fremdsprachen

Immer mehr Arbeitgeber verlangen von Mitarbeitern, dass sie eine Fremdsprache verhandlungssicher beherrschen. Welche das sind, und wie man diese am besten lernen kann, erfuhr TRAiNiNG von zwei Experten auf dem Gebiet des Sprachenlernens.

Das Erlernen einer (weiteren) Fremdsprache ist eine große Herausforderung und kann viel Zeit in Anspruch nehmen, aber auch sehr lohnend sein. Ob aus beruflichen oder privaten Gründen, eine neue Sprache zu erlernen, kann dazu beitragen, Verbindungen zu anderen Kulturen herzustellen und die Kommunikation zu verbessern. Egal, ob im Urlaub oder bei einer beruflichen Verhandlung – wer die Sprache des Gegenübers spricht, ist im Vorteil. Wenn die meisten Europäer an »gute Fremdsprachenkenntnisse« denken, fällt ihnen zuerst Englisch ein. Und das, obwohl Englisch »nur«, nach Mandarin-Chinesisch und Spanisch, die am dritthäufigsten gesprochene Sprache der Welt ist. Aber Englisch zu lernen, ergibt natürlich in Europa sehr viel Sinn. So wurden 2018 Personen befragt, die im Job Fremdsprachen benötigen, welche es denn seien. Die Antworten:
97,4 % Englisch
19,2 % Französisch
12,5 % Russisch
11,3 % Spanisch
8,5 % Türkisch
Von den Befragten wenden 64 % die Fremdsprache 2 bis 3 Mal pro Woche an.
In ihren Stellenausschreibungen suchen internationale Konzerne nicht nur nach Bewerbern mit Fachkenntnissen, sondern immer häufiger auch nach solchen mit Fremdsprachenkenntnissen.

Im Zeitraum von Januar bis August 2020 hat das Indeed Hiring Lab, ein internationales Team von Arbeitsmarktexperten und Datenanalysten, Trends und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt erforscht, indem es die auf dem Jobportal Indeed ausgeschriebenen Anzeigen untersucht hat. Die Analyse hat sich insbesondere auf die Häufigkeit von gefragten Fremdsprachenkenntnissen, die gefragten Fremdsprachen sowie das erforderliche sprachliche Niveau konzentriert.
Etwa 18,1 % der auf Indeed geschalteten Stellenanzeigen für den deutschen Markt fordern spezifische Fremdsprachenkenntnisse.
Wenn Arbeitgeber explizit nach Sprachkenntnissen in Fremdsprachen gefragt haben, dann haben sie verlangt, dass Bewerber diese auf einem gehobenen Niveau oder verhandlungssicher beherrschen.
Letztlich spielt das Thema Weiterbildung für viele Arbeitnehmer eine große Rolle. Trotzdem geben 58 % der Befragten an, bisher noch kein Seminar in diesem Bereich genossen zu haben. Sieben von zehn Arbeitnehmern würden sich aber genau das wünschen. Und von diesen sehen überraschenderweise 82 % den primären Bedarf in Englisch, obwohl hier der Grad der Selbsteinschätzung sehr hoch ist. Weniger hoch dagegen ist die Lernbereitschaft in anderen Sprachen, obwohl gerade hier die Unsicherheit am größten ist. Französisch-Fortbildungen wünschen sich etwa nur 29 %. Interessant: Fast ein Viertel der Weiterbildungswilligen (24 %) haben Interesse an einem Spanisch-Kurs und das, obwohl es nur 11 % im Job sprechen. ­(Quelle: Indeed.de)

Anforderungen an ein Sprachtraining

Aber nicht nur die Arbeitnehmer haben Anforderungen an ein professionelles Sprachtraining, auch die Einkäufer, also die Arbeitgeber, haben spezielle Wünsche, die sich seit Corona durchaus auch verändert haben.

Dubravka Granados (Projektleitung Sprachentraining/Vertrieb bei KERN CEF) sagt über die Erwartungen ihrer Kunden: »Die Anforderungen der Unternehmen an ein modernes Sprachentraining sind so individuell wie die verschiedenen Trainingsformen. Es ist ein Trend zu mehr Flexibilität und unterschiedlichen Trainingsformen zu erkennen, die nach persönlichen Wünschen und frei kombinierbar zusammengestellt werden können. Die Trainingsbedarfe decken die komplette Bandbreite ab – von klassischem, trainergesteuertem Unterricht, hybridem Lernen, Selbstlern-Formaten bis hin zu Microlearning. Je nach den individuellen Anforderungen der Teilnehmer können damit auch spezielle Bedürfnisse der Unternehmen erfüllt werden. Dabei ist es immer wichtig, die Trainingsinhalte mit maximaler Relevanz auf die Teilnehmer und deren Anwendungsbereiche zuzuschneiden.«

Nikola Grill (Geschäftsführung biz.talk) hat ähnliche Erfahrungen gemacht: »Unsere Kunden wünschen sich vor allem organisatorische und technische Flexibilität, inhaltliche Individualität und authentische Lehrinhalte, welche die Teilnehmer unmittelbar nach dem Training im Berufsalltag anwenden können. Nach den letzten beiden Jahren ist es zusätzlich wichtig, dass sich die Trainings gut an die Post-Pandemie-Arbeitswelt anpassen. Wir und unsere Trainer sind somit gefordert, einen geeigneten Mix aus Präsenz- und Online-Trainings zu finden, der sich den oft unterschiedlichen Home-Office-Arrangements der Teilnehmer anpasst. Was die Trainingsinhalte anbelangt, so wünschen sich unsere Kunden nach wie vor an den Arbeitsbereich angepasste Trainingsinhalte, die so gestaltet und präsentiert werden, dass die Wissensumsetzung rasch erfolgen kann. Dafür eignet sich das Konzept der ›Learning Journeys‹, also der Lernreisen, in denen sich Input- und Anwendungsphasen abwechseln. Dieses Konzept funktioniert sehr gut sowohl im Online- als auch im Präsenz-Training.«

Eine Fremdsprache zu lernen lohnt sich jedenfalls, es bringt viele Vorteile mit sich, wie zum Beispiel: erweiterte Karrieremöglichkeiten, verbesserte Kommunikation mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen, aber auch verbesserte kognitive Fähigkeiten wie z. B. Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeitsspanne und die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen. Außerdem kann das Erlernen einer Fremdsprache dazu beitragen, das Selbstvertrauen und die Unabhängigkeit zu stärken. Ein Fremdsprachentraining für Mitarbeiter trägt also durchaus zur Motivation bei, sofern es die Mitarbeiter selbst möchten.

Fremdsprachen lernen – aber wie?

Grundsätzlich gilt: Jeder Mensch lernt anders. Dasselbe gilt auch bei Fremdsprachen.

Dubravka Granados weiß, wie unterschiedlich das Sprachenlernen ist: »Es hängt immer davon ab, was für ein Lerntyp die Teilnehmer sind. Die unterschiedlichen Medien unterstützen den Lernprozess für die verschiedenen Fertigkeiten – Sprechen, Lesen, Schreiben und Hören. Oft ist eine Kombination der unterschiedlichen Lernmethoden am sinnvollsten, um die verschiedenen Lern- bzw. Kompetenzbereiche zu aktivieren.«

Nikola Grill: »Wenn eine mündliche Konversationssituation authentisch sein soll, dann kann diese nur mit einem tatsächlichen Gegenüber erfolgen, um flexibel auf das Gesagte einzugehen, d. h. für das Sprechen bieten sich eigentlich nur ein Kurs, ein Privattrainer oder ein Sprachpartner an. Sprachpartner haben möglicherweise den Nachteil, dass Fehler nicht korrigiert werden, die sich dann unweigerlich verfestigen. Das Schreiben kann eigentlich auch nur mittels eines Kurses oder mit Privattrainern geübt werden. Mit Büchern/TV/Serien und Apps lassen sich das Lese- und auch das Hörverständnis zwar gut ergänzend festigen, das Hörverständnis der Teilnehmer ist jedoch in einer tatsächlichen Sprechsituation, in der man vielleicht nervös ist und wo es bestimmte Hintergrundgeräusche gibt, mehr gefordert. Wie in so vielen anderen Bereichen gibt es auch im Trainingsbereich ausgezeichnete (elektronische) Hilfsmittel, die die bevorzugt formale Wissensvermittlung zwar bereichern, aber den Input durch geschulte Trainer nicht ersetzen können.«

Wir haben einige allgemeine Tipps und Strategien zusammengetragen, die dabei helfen können, eine Fremdsprache effektiv zu lernen:

  • Bevor Sie mit dem Lernen beginnen, sollten Sie sich klare Ziele setzen, was Sie bis wann erreichen möchten. Wollen Sie beispielsweise in der Lage sein, sich im Urlaub auf einfache Weise zu verständigen oder benötigen Sie die Sprache für Ihr Berufsleben?
  • Probieren Sie unterschiedliche Lernmethoden aus, um diejenige zu finden, die für Sie am besten funktioniert. Wirksame Methoden sind das Lesen von Büchern und Artikeln in der Zielsprache, das Ansehen von Filmen und Serien in dieser Sprache, der Besuch von Sprachkursen sowie die Nutzung von Sprachlern-Apps und Online-Plattformen.
  • Bevor Sie mit dem Lernen beginnen, sollten Sie sich mit der Sprache vertraut machen. Das bedeutet, sich mit Grammatik, Aussprache und Rechtschreibung der Sprache auseinanderzusetzen. Außerdem sollten Sie etwas über die Kultur und Geschichte des Landes/der Länder lernen, in dem/denen die Sprache gesprochen wird. So entwickeln Sie ein besseres Verständnis für Sprache und Menschen.
  • Durch regelmäßiges Üben werden Sie schneller Fortschritte machen und Sicherheit in der Sprache gewinnen.
  • Die Sprache zu sprechen ist der beste Weg, um fließender zu werden. Versuchen Sie, mit anderen Menschen zu sprechen, die die Sprache sprechen. Das Hören von Radiosendungen und Podcasts in Ihrer Zielsprache kann auch dazu beitragen, Ihr Hörverständnis und Ihre Aussprache zu verbessern.
  • Das Erlernen einer neuen Sprache braucht Zeit und Geduld. Es ist wichtig, realistische Erwartungen zu haben und sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen.

Online- vs. Offline-Sprachtrainings

Spätestens seit der Pandemie werden viele Sprachkurse online angeboten. Lernexperten sehen die beste Chance erfolgreichen Lernens in einer Kombination der beiden Wege.
Nikola Grill: »Grundsätzlich lässt sich jeder Mix aus Online- und Präsenz-Trainings erfolgreich umsetzen, sofern die Regelmäßigkeit gegeben ist. Optimalerweise startet ein neues Training mit dem einen oder anderen Präsenz-Termin, in dem die persönliche Beziehungsebene rasch aufgebaut werden kann. In weiterer Folge können sich Präsenz- und Online-Termine beliebig abwechseln. Versierte Trainer achten dabei auf die inhaltliche Komponente, da sich einige Themen/Aktivitäten mehr für einen Präsenz-Termin (Gruppendiskussionen, Rollenspiele) anbieten, andere wiederum besser in einem Online-Termin umgesetzt werden können (zum Beispiel die Präsentation eines neuen Grammatikkapitels und die Anwendung der neu erlernten Regel in Übungen, die nicht nur als Kopie an die Teilnehmer versendet, sondern auch über den Bildschirm geteilt werden).«

Dubravka Granados: »Online- und Offline-Sprachentrainings können gut kombiniert werden und ergänzen einander. Ein fließender Übergang der beiden Trainingsformen kann durch Online-Selbstlern-Module oder Lern-Apps zusammen mit einem trainergestützten Unterricht durchgeführt werden. Die Online-Optionen bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, das Training spontan und flexibel zu planen und umzusetzen; der Unterricht mit Trainern vor Ort bietet die Möglichkeit, die praktische Anwendung der Sprache zu trainieren.«

»Mit nur 10 Minuten täglich zur neuen Fremdsprache …«

… mit diesen oder ähnlichen Versprechen werben manche Anbieter von kostengünstigen Online-Kursen. Ob das wirklich möglich ist, bezweifeln unsere Interviewpartner jedoch.
Dubravka Granados: »Sprachen lernen ist wie ein Sport – natürlich komme ich voran, wenn ich jeden Tag ein bisschen was mache. Um jedoch eine Sprache fließend und souverän zu sprechen, erfordert es Spontanität und die Fähigkeit, auf unterschiedliche Menschen zu antworten und zu reagieren, d. h. die freie und aktive Nutzung der Sprache. Hierfür ist es notwendig, mit anderen zu üben, sei es mit einer Lehrkraft, mit Kollegen oder in einer Gruppe. Um in wenigen Wochen zum Sprachexperten zu werden, werden also zehn Minuten täglich nicht reichen.«

Nikola Grill: »Wenn man sich auf den Urlaub vorbereiten will und in entspannter Atmosphäre in der Sprache der jeweiligen Destination Essen bestellen oder nach dem Weg fragen möchte, dann wird dieses Konzept vielleicht, je nach Zielsprache, funktionieren. Wenn sich Teilnehmer jedoch auf berufliche Situationen vorbereiten möchten, in denen sie nervlich sicher angespannter sind als im Urlaub, dann wird diese Strategie nicht den gewünschten Erfolg bringen, ganz egal, mit welchen Sprachkenntnissen die Teilnehmer einsteigen. Individuelle und auf die jeweilige Industrie angepasste Lehrinhalte können auch nur in individuell zugeschnittenen Trainings vermittelt werden, in denen die Trainer die Termine jederzeit auf sich abstimmen und anpassen können.«

Sprachenlern-Apps

Abschließend wollte TRAiNiNG noch wissen, welchen Beitrag zum Sprachenlernen Apps wirklich leisten können.

Nikola Grill: »Sprachenlern-Apps können natürlich eine gute Ergänzung zum jeweiligen Sprachtraining darstellen, da sie 24/7 zur Verfügung stehen und die Teilnehmer damit jederzeit, also zum Beispiel auf dem Weg ins Büro, üben können. Es gibt auch tolle Podcasts, die zur Schulung des Hörverständnisses geeignet sind, und die dann eventuell im Präsenztraining weiterführend diskutiert oder als Grundlage für Vokabel- und Grammatikübungen verwendet werden können.«

Dubravka Granados: »Sprachenlern-Apps sind super als Microlearning-Ergänzung. Sie bieten die Möglichkeit, die Lerninhalte in unterschiedlichen Übungen zu wiederholen, und sorgen so für die Festigung der Sprachfähigkeiten durch kurze Lerneinheiten.«

Fazit
Es ist immer sinnvoll, eine weitere Sprache zu erlernen. Das fördert die Hirnleistung und bietet auf lange Sicht erhöhte Karrierechancen. Je nachdem, welcher Lerntyp man ist, bieten sich unterschiedliche Lernmethoden an. Filme und Serien in der Fremdsprache zu konsumieren, erhöhen das Hörverständnis, während Bücher das Leseverständnis fördern. Sollen die Kommunikationsfähigkeiten verbessert werden, kommt man an einem Sprachkurs bzw. an Sprachtrainern nicht vorbei – trotz aller technischen Spielereien in dem Bereich. Regelmäßigkeit ist wohl der wichtigste Baustein zum Erfolg. ¡Te deseo éxito!

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