From Rules to Leadership

Die HR-Tagung des Forum Personal des ÖPWZ fand dieses Jahr erstmals bereits Ende Juni statt. Wie jedes Jahr war TRAiNiNG auch diesmal dabei.

Die Entscheidung, die Konferenz bereits vor dem Sommer abzuhalten, war eine gut durchdachte Aktion. Im Herbst finden zahlreiche HR-Tagungen statt, da kann es leicht zum Terminstau kommen. Gleich geblieben ist der Ort Salzburg und der Aufbau der Konferenz, nämlich ein gelungener Mix aus Keynotes und Workshops sowie Zeit zum Kennenlernen und auch für den persönlichen Austausch der Teilnehmer. Das Motto dieses Jahr lautete »From Rules & Regulations to Leadership«. Das trifft auch genau den Nagel auf den Kopf, denn HR erstickt im Paragrafendschungel und macht Leadership notwendiger denn je.
Der erste Tag ist vor allem den arbeitsrechtlichen Themen gewidmet, während am zweiten Tag der Leadershipexperte Reinhard K. Sprenger sein Wissen zum Besten gab.
Nach den Eröffnungsworten der Personaldirektorin der Stadt Wien, Martina Schmied, und der Personalleiterin der Robert Bosch AG, Johanna Hummelbrunner, beginnt der Arbeitsrechtsexperte Franz Marhold (Wirtschaftsuniversität Wien) den fachlichen Teil der Tagung mit einem Vortrag zum Thema »HR – mit einem Fuß im Kriminal«.
Dabei philosophiert er über den Sinn und Unsinn einiger arbeitsrechtlicher Gesetze. Als Beispiel bringt er den Kollektivvertrag der Informatiker. Marhold: »In der Lohngruppe 3 sind Mitarbeiter zuzuordnen, die ›Kenntnisse und Fähigkeiten in IT besitzen‹ während in Lohngruppe 4 ›BESONDERE Kenntnisse und Fähigkeiten in IT‹ gefordert werden. Wer sich hier in der Zuordnung irrt, ist bereits strafbar, obwohl es sehr unklar definiert ist.«
Auch über den Ungehorsamkeitsdelikt sinniert der Referent. Marhold: »Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer kontrollieren. Doch keine Maßnahme reicht vor Gericht aus, sollte etwas passieren, wie beispielsweise eine Überschreitung der Arbeitszeit. Denn die Kontrollmaßnahme kann laut Gericht nicht ausreichend gewesen sein, sonst wäre es zu keiner Überschreitung gekommen.«
Um den Ausführungen des Vortragenden zu folgen, sind gewisse arbeitsrechtliche Grundkenntnisse sinnvoll, aber auch Anfänger mit wenig Erfahrung erhalten Einblicke in die Skurrilitäten des Arbeitsrechts. Ein sehr spannender und witziger Vortrag.

Auch der zweite Vortragende des Tages ist eine Koryphäe im Bereich Arbeitsrecht. Franz Schrank konzentriert sich in seinem Vortrag auf Probleme und Lösungen in der Praxis und spricht dabei vor allem über das Lohn- und Sozialdumpinggesetz, die Angleichung von Arbeitern und Angestellten sowie über Reformvorhaben in der Gesetzgebung.
Schrank: »Das LSDP ist ein extrem kompliziertes Gesetz mit insgesamt 72 Paragrafen, das enormen bürokratischen Aufwand mit sich bringt. Ein wenig habe ich das Gefühl, dass sich Österreich dadurch abschotten will.«
Dabei können Irrtümer teuer werden. Der Referent präsentiert kurz mögliche Fehlerquellen und die dazugehörigen Strafen. So z.B. der häufige Irrglauben, dass jemand, der überkollektivvertraglich zahlt, kein LD-Risiko hat.
Das stimmt so leider nicht: »Überzahlungen werden auf allfällige Unterzahlungen grundsätzlich nur im jeweiligen Monat angerechnet, es gibt nach wie vor keinen generellen Jahresbezugsvergleich«, so Schrank.

Nach einer kurzen Netzwerkpause kommt der Datenschutzexperte Max Schrems auf die Bühne. Schrems ist Jurist und konnte mit seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof das transnationale Safe-Harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA beenden, was als starkes Signal für den Grundrechtsschutz in Europa angesehen wird. Er hat zahlreiche Anzeigen gegen Facebook wegen Datenschutz- missbrauch eingebracht. Sein Vortrag trägt den Titel »Finger weg von meinen Daten«. Er lässt sich über die EU-DSGVO aus und spricht von schwammigen, unverständlichen Formulierungen. Durch die hohen Strafen sieht er eine Maßnahme, die zur Selbstregulierung führen sollte. Obwohl häufig in HR-Kreisen über die Strafen diskutiert wird, kommt für Schrems dem Thema »Schadenersatz« eine viel zu geringe Bedeutung zu. Neben den gesetzlichen Strafen können noch weitere hohe Forderungen auf die Unternehmen zukommen. Ein großes Problem ist außerdem die Durchsetzung des Datenschutzes, da Kunden (und Mitarbeiter) häufig gar nicht wüssten, was mit ihren Daten geschieht. »Die neue EU-DSGVO könnte zu einem Kulturwandel der Gesellschaft führen«, so Schrems. Später im Vortrag erzählt er noch aus persönlichen, eher negativen Erfahrungen mit Datenschutzbehörden während seiner Klagen gegen Facebook. In der anschließenden Fragerunde stellt sich Max Schrems auch persönlichen Fragen, wie »Nutzen Sie eigentlich Whats­App?« Ja, er tut es, vor allem aber aus Mangel an Alternativen.

Auch in den nächsten zwei Keynotes der Rechtsanwältin Judith Morgenstern und Anna Pablik (Konzern-Recht bei SPAR) geht es um das Thema »Datenschutz«. Die Teilnehmer erhalten zahlreiche konkrete Tipps aus der Praxis und können so von den Erfahrungen der Juristin und des Lebensmittelkonzerns profitieren.
Am Ende des ersten Konferenztages können die Teilnehmer noch zwei aus drei Workshops auswählen, um verschiedene Themen zu vertiefen.

Der komplette zweite Konferenztag ist dem Management-Guru und Führungsexperten Reinhard K. Sprenger gewidmet. Mit seinem Vortragsthema »Was richtige Führung ausmacht« polarisiert er unter anderem mit Aussagen zu variablen Vergütungen oder Frauenquoten im Management. Reinhard K. Sprenger vertritt die Auffassung, dass variable Vergütungssysteme der Karotte gleichen, die das Pferd von seinem Reiter vorgehalten bekommt. Eine reine extrinsische Motivationsmaßnahme. Die Prämie sei gewissermaßen ein »Misstrauensabschlag«, der als Ausdruck eines Verdachts gegenüber dem Mitarbeiter gilt, dass dieser ansonsten nicht voll leisten würde. Eine Motivation, die aus einer Vertriebsvergütung resultiert, habe damit langfristig negative Folgen für die Motivation der Mitarbeiter. Solche Aussagen gefallen natürlich nicht jedem der anwesenden HR-Manager und werden daher heiß diskutiert. Genau dafür ist Reinhard Sprenger bekannt: Durch provokante Meinungen die Teilnehmer zum Nachdenken zu bringen.

Fazit: Der Veranstalter schafft es jedes Jahr aufs Neue, wahre Koryphäen auf die Bühne zu bekommen. Viele der HR-Manager sind jedes Jahr dabei, und es ist immer eine Freude, sich zumindest einmal im Jahr fachlich und privat auszutauschen. Und die neuen Teilnehmer integrieren sich schnell in die HR-Community.
Wir freuen uns auf die nächste Tagung am
27. und 28. Juni 2019 in Salzburg.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

JF-20171012_0232