Führen im digitalen Zeitalter

In diesem Beitrag geht es um eine immer wichtiger werdende Kompetenz von Führungskräften: die Wellen der digitalen Transformation zu nutzen.

Die Welt, in der wir leben, unterlag in den vergangenen Jahren immer schneller werdenden Veränderungen. Sie treten so rasch auf, dass man kaum noch auf festem Grund bauen kann. Bei einer Metapher für die moderne Führungskraft sollten wir mit dem Untergrund beginnen. Heutzutage gleicht dieser viel mehr Wasser oder Luft als festem Boden. In Anknüpfung an diesen Gedanken dienen die Wellen im Meer auch als Metapher für die Wellen der Disruption. Und die Surferin stellt die agile Führungskraft dar.
Als eine Führungskraft in der digitalen Transformation tut man gut daran, die herannahenden Wellen der Veränderung im Auge zu behalten. Viele Unternehmen sind untergegangen, weil sie die Veränderungen, die oft von unerwarteter Seite kamen, ignoriert oder zu spät erkannt haben. In der Zwischenzeit haben andere die Chancen und das kreative Potenzial der Veränderungen erkannt und die ungeahnten Möglichkeiten, die sich ihnen plötzlich geboten haben, wahrgenommen.
Allerdings, nicht jeder Teil eines Geschäfts unterliegt ständigen Änderungen. Es besteht weiterhin Raum und Bedarf für »klassisches« Management, wie z. B. Planung, Definition von Prozessen, Überwachung etc.
In der Metapher der Disruptions-Surferin haben wir 3 Hauptkomponenten:
Das Wasser, das das sich schnell verändernde Geschäftsumfeld darstellt, ist das Warum.
Das Mindset des Surfers ist das Wie.
Das Surfboard, das die Tools der agilen Führung repräsentiert, ist das Was.
Zusammen zeigen sie eine Vorgehensweise, wie eine Führungskraft das Beste aus den Disruptionswellen herausholen kann. Nennen wir unsere Disruptionssurferin Maya.

»FLUENT« beschreibt die 6 grundsätzlichen Veränderungen der digitalen Disruption:

F – Flache Hierarchien
Organisatorische Hierarchien sind heutzutage flacher als je zuvor.
L – Luzide Transparenz
Informationen werden mit dem Internet der Dinge und all seinen Geräten transparenter. Mit unserem Fußabdruck in Sozialen Medien, der Nutzung des Smartphones etc. ist es überaus schwierig geworden, Dinge heimlich zu tun.

U – Unsicherheit und Komplexität
Eine Innovation oder ein unerwartetes Start-up taucht alle paar Wochen auf. Organisationen müssen oft die interne Komplexität steigern, um mit der externen Komplexität zurechtzukommen. Eine Einzelhandelskette muss z. B. einen Online-Shop aufbauen und die physische mit der Online-Welt vermischen, um einen Ausgleich zwischen klassischem Einzelhandelsmanagement und der agilen Welt der Online-Entwicklung zu finden.

E – Enabled Knowledge Workers
Durch die erhöhte Transparenz von Wissen, Zielen, Strukturen innerhalb von Unternehmen, die permanente Möglichkeit, Informationen zu »googlen« und höhere Bildungsabschlüsse sind Mitarbeiter befähigter, eigenständig Entscheidungen zu treffen.

N – Networking
Wir als Menschen und zusammen mit unseren Geräten sind vernetzter als je zuvor. Milliarden von Smartphone-Nutzern können ohne zeitliche Verzögerung miteinander interagieren. Experten bilden weltweite Forschungsnetzwerke, Crowdsourcing ermöglicht es, zahlreiche Ideen, finanzielle Ressourcen etc. mit geringem Zeit- und Kostenaufwand zu erhalten.

T – Technologischer Fortschritt
Von den internen Prozessen über die Customer Journey bis hin zum Management unserer Lieferkette: Digitale Technologie ist allgegenwärtig – sie zerstört und eröffnet Möglichkeiten in zunehmend hohem Tempo. Neben der Digitalisierung treiben auch beispielsweise Genomik, Nanotechnologie und alternative Energieformen den technologischen Fortschritt voran.

Mind- und Skillset

Konzentrieren wir uns nun auf das Mindset und Skillset einer agilen Führungskraft und kommen zurück auf unsere Disruptionssurferin. Sie trägt den Namen Maya, in Bezug auf Maya Gabeira, die die größte, jemals von einer Frau gesurfte Welle, geritten ist. Diese außergewöhnliche Geschichte begann am 28. Oktober 2013. An diesem Tag verlor Gabeira beim Surfen einer massiven Welle in Praia do Norte, Nazaré, Portugal das Bewusstsein und wäre beinahe ertrunken. Sie wurde gerettet und landete im Krankenhaus. Nach einer langen Genesungsphase und viel Vorbereitung surfte Gabeira eine 21 Meter hohe Welle in Nazaré im Januar 2018, was ihr einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde brachte. Maya demonstrierte eine besondere Haltung: Sie schaffte es, ihre Ängste vor den riesigen Wellen, die sie fast getötet hätten, zu überwinden. Sie blieb hartnäckig und hat damit etwas geschafft, das bisher noch keiner Frau gelungen ist.
Mutiges Handeln und Beharrlichkeit sind wichtige Eigenschaften, die ein Unternehmer und eine Führungskraft entwickeln sollten, um in der digitalen Transformation erfolgreich zu sein.
Wir haben bei MDI einige Recherchen zu agiler Haltung angestellt und dabei die Prinzipien herausgefiltert, die hinter den am häufigst verwendeten agilen Tools wie SCRUM, Design Thinking, OKR etc. stehen. Insgesamt fanden wir 19 Prinzipien hinter diesen Tools, die wir anschließend in drei agile Hauptprinzipien aufgeschlüsselt haben: Transparenz, Iteration und Ermächtigung. Diese finden sich in allen bekannten agilen Tools wieder:

SCRUM: Ermächtigte Mitarbeiter treffen sich regelmäßig, um To-Dos sichtbar für das gesamte Team an einer Wand auszuhängen.
Design Thinking: Das Team wiederholt die 6 vorgegebenen Prozessschritte, baut verschiedene Prototypen und teilt sie transparent mit dem Kunden, um unmittelbares Feedback zu erhalten. Dasselbe gilt für OKR, Business Model Canvas usw.

Nachdem wir das relevante Mindset und die relevanten Kernkompetenzen einer agilen Führungskraft betrachtet haben, stellen wir jetzt die beliebtesten agilen Tools vor. Den 6 typischen Anwendungsbereichen ist immer ein agiles Tool zugeordnet.

Jeden Tag formen neue Ideen und Technologien den Markt um uns herum, einige von ihnen stellen möglicherweise das Geschäftsmodell unseres Unternehmens jetzt oder in der Zukunft in Frage. Mit dem Business Model Canvas kann eine agile Führungskraft das eigene Geschäftsmodell regelmäßig überprüfen und anpassen.
Traditionelle Unternehmen wenden MbO an, um die strategischen Ziele über die Hierarchiestufen abwärts zu kommunizieren und sie in operative Ziele aufzuspalten. Agile Führungskräfte benötigen kürzere Zyklen, stärkere Konzentration und mehr Ambition. Daher arbeiten die meisten Silicon-Valley-Unternehmen mit OKR (Objectives and Key Results).
Um Ziele in Maßnahmen zu verwandeln, verwenden agile Unternehmen SCRUM, um Projekte effektiv zu managen.
Design Thinking ist das empfohlene Tool für Innovation und Problemlösung.
Agile Führung als Toolset für People Leadership. Dies umfasst laterale Führung, integrative Führung und dienende Führung.
Das »Herzstück« der agilen Tools ist Motivation 3.0, ein Paradigmenwechsel von extrinsischer Motivation zum Verständnis der Hauptbeweggründe von kreativen Wissensarbeitern: Autonomie, Meisterschaft und Sinn.

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Fürstberger

Gastautor
Gunther Fürstberger
ist Geschäftsführer des MDI (Management Development Institut).
www.mdi-training.com