Führen in schwierigen Zeiten

Brechen in einem Unternehmen plötzlich die Umsätze und Gewinne ein, wird dessen Führungsmannschaft auf eine harte Probe gestellt.

Immer wieder geraten Unternehmen in Situationen, in denen sie auf die Kostenbremse treten, ihre Organisation umbauen und im Extremfall sogar ihr Geschäftsmodell überdenken und Mitarbeiter entlassen müssen. Das ist aktuell im Gefolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges und der immer stärker spürbar werdenden Folgen des Klimawandels gehäuft der Fall.

In solchen Situationen zeigt sich, was die Führungsmannschaft eines Unternehmens wirklich taugt. Denn dann treten außer den Versäumnissen in der Vergangenheit oft auch die Fehleinschätzungen des Managements bei seinen strategischen Planungen deutlich zu Tage. Dessen ungeachtet erwarten die Mitarbeiter aber von ihren Vorgesetzten gerade in Krisen- oder Marktumbruchssituationen Orientierung und Halt.

Tipps für Führungskräfte

Folgende acht Regeln sollten Führungskräfte in schlechten bzw. unsicheren Zeiten beherzigen.

Regel 1:
Kommunizieren Sie offen und frühzeitig.
Ihre Mitarbeiter sind nicht dumm. Sie spüren es schnell, wenn es im Gebälk des Unternehmens anfängt zu knistern und zu lodern. Sei es, weil das Arbeits- oder Auftragsvolumen sinkt oder die Chefs zusehends nervöser werden und bisher selbstverständliche Privilegien in Frage stellen. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter deshalb früh, wenn Ihr Unternehmen in einer Krise steckt, denn nur dann können Sie diese als Mitstreiter beim Bewältigen der Krise gewinnen.

Regel 2:
Benennen Sie ehrlich die möglichen Folgen.
Informieren Sie Ihre Mitarbeiter auch über die möglichen Auswirkungen der Krise – jedoch ohne Horrorszenarien zu entwerfen. Denn nichts verunsichert die Mitarbeiter so sehr, wie wenn sie nicht einschätzen können:

  • Ist das Feuer ein Strohfeuer?
  • Ist es auf den Dachstuhl begrenzt oder wird es auch andere Teile des Hauses erfassen?
  • Hat es auch Auswirkungen auf meine Arbeitssituation?

Dann beginnt die Gerüchteküche zu brodeln, und das Feuer wird – in den Köpfen der Mitarbeiter – immer größer. Informieren Sie die Mitarbeiter auch darüber: Welche Maßnahmen werden bzw. wurden von Ihnen oder der Unternehmensleitung ergriffen, um das Feuer zu löschen?

Regel 3:
Zeigen Sie Rückgrat.
Stehen Sie in Mitarbeitergesprächen zu den Entscheidungen, die Sie in der Vergangenheit getroffen haben, denn im Rückblick sind alle schlauer. Und welche Manager oder Unternehmer bezogen in ihren strategischen Planungen schon solche »Schwarzen Schwäne« wie die Corona-Pandemie oder den Ukraine-Krieg sowie deren Folgen ein? Vermutlich keine! Stehen Sie zudem zu den Entscheidungen, die Sie getroffen haben, um die Krise zu meistern – selbst wenn diese für einige Mitarbeiter schmerzhaft sind. Tun Sie beispielsweise nicht so, als hätten die Banken Ihre Entscheidungen getroffen. Dies mindert Ihre Glaubwürdigkeit. Und so zeigen Sie keine Führungs-Kraft.

Regel 4:
Machen Sie Ihrem Team nichts vor.
Appellieren Sie, wenn es um das Bewältigen der Krise geht, möglichst selten an das kollektive »Wir-Gefühl«, um mehr Leistung aus den Mitarbeitern herauszupressen. Denn dann fühlen sich die Mitarbeiter – zum Beispiel, wenn Entlassungen erfolgen oder Gehälter und Boni gekürzt werden – zu Recht genarrt. Wecken Sie auch nicht die Illusion bei den Mitarbeitern, aus den nötigen Veränderungen gingen alle Beteiligten als Gewinner hervor: Bei jedem Veränderungsprozess gibt es auch Verlierer oder zumindest Mitarbeiter, die sich als solche empfinden.
Regel 5:
Seien und bleiben Sie konstruktiv.
Stimmen Sie zum Beispiel, wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern zusammensitzen, nicht in das allgemeine Krisen- oder Konjunkturgejammer ein. Zeigen Sie ihnen vielmehr Wege auf, wie sich die Krise voraussichtlich meistern lässt. Schildern Sie anhand konkreter Beispiele, wie Ihr Unternehmen oder andere schon ähnliche Krisen gemeistert haben, damit Ihre Mitarbeiter spüren: Ein Turnaround ist möglich und Erfolg ist machbar.

Regel 6:
Bieten Sie Halt durch klare Ziele.
Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitern messbare Ziele und konkrete Maßnahmen, was sie tun sollen, um ihren Beitrag zum Meistern der Krise zu leisten. Definieren Sie mit ihnen Meilensteine, die es auf dem Weg aus der Krise zu erreichen gilt; außerdem – sofern nötig – konkrete Aktivitäten, die sie ergreifen sollen, damit sie diese Meilensteine erreichen.

Regel 7:
Gehen Sie konsequent gegen Miesepeter vor.
Kontrollieren Sie zwischenzeitlich, ob die Mitarbeiter auf dem richtigen Weg sind, die Meilensteine zu erreichen. Und schreiten Sie sofort ein, wenn Sie registrieren, dass einzelne Mitarbeiter ihre Kollegen mit ihrem Krisengerede infizieren. Bitten Sie diese Mitarbeiter dann zu einem Vier-Augen-Gespräch und fragen Sie: »Wie beurteilen Sie unsere Erfolgsaussichten?« Wenn sie dann jammern, sagen Sie zu ihnen: »In dieser Situation haben wir zwei Möglichkeiten: entweder uns ins Schicksal zu ergeben und zuzuschauen, wie alles noch schlechter wird, oder dafür zu sorgen, dass alles besser wird. Welchen Weg bevorzugen Sie?« Mit Sicherheit bevorzugen die Mitarbeiter den zweiten Weg. Dann können Sie mit ihnen vereinbaren, was sie tun können, um ihren Beitrag zum Verbessern der Situation zu leisten. Tun sie dies nicht, ziehen Sie die nötigen Konsequenzen.

Regel 8:
Feiern Sie auch Teilerfolge.
Informieren Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig über (Teil-)Erfolge, die beim Bewältigen der Krise und beim Versuch, das Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu führen, erzielt wurden. Das spornt sie an und vermittelt ihnen das Gefühl: Wir sind auf dem richtigen Weg … und spendieren Sie in solchen Situationen auch mal Pizza oder ein, zwei Flaschen Sekt als spontane Anerkennung und Belohnung für das bisher Geleistete.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

kraus

Gastautor
Georg Kraus
ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner.
kraus-und-partner.de