Genervt von Teambuilding?

Damit sind Sie nicht allein. Vielmehr geht es Ihnen wie vielen Personalentwicklern und Führungskräften, die davon ebenfalls nichts mehr hören wollen.

Klassische Teambuildings, bei denen Teammitglieder über 2 oder 3 Tage in unterschiedlichsten Settings aufeinander losgelassen werden, verlieren immer mehr ihre Wirkung. Gleichzeitig besteht aber kein Zweifel daran, dass in allen Organisationen Teams wichtiger werden und die Anzahl der Teams zunimmt. Ein Widerspruch? Nein, ist es nicht. Vielmehr ändert sich die Struktur der Teams. Die Zeiten, in denen Teams über längere Zeit in der gleichen Zusammensetzung gleichbleibende Aufgaben erledigten, ist in den meisten Organisationen wohl vorbei. Teams werden heute über Abteilungen und Standorte hinweg gebildet, sie sollen größere oder kleinere Projekte abwickeln, die Anforderungen an Teams ändern sich laufend und viele Mitarbeiter arbeiten gleichzeitig in mehreren Teams. Darüber hinaus ändert sich durch die steigende Fluktuation laufend die Zusammensetzung der Teams. Als langjährige Führungskraft weiß ich, was es bedeutet, ein Team für mehrere Tage aus der Organisation herauszuholen. Wenn dann die eingesetzten Ressourcen und die Ergebnisse in keinem Verhältnis zueinander stehen, ist es für alle Beteiligten frustrierend und für die weitere Entwicklung sogar kontraproduktiv.

Teams wachsen durch Übung

Angesichts ihrer wachsenden Bedeutung bestimmen Teams den Erfolg einer Organisation und erfolgreiche Teams sind auch eine wesentliche Basis für die Mitarbeitermotivation. Daher wäre es äußerst riskant, Teams sich selbst zu überlassen. Vielmehr zahlt es sich klar aus, in Teamentwicklung zu investieren. Experten auf dem Gebiet der Teamdynamiken wie Katzenbach und Smith oder Scott Tannenbaum weisen auf die Bedeutung des »Teamlernens« hin. Damit ist gemeint, dass kein Team am ersten Tag perfekt ist. Vielmehr sind die besten Teams jene, die sich selbst verbessern und laufend weiter entwickeln. So wie eine Persönlichkeit sich durch Training weiterentwickelt, lernen Teams durch Übung dazu. Diesen Effekt gilt es zu nutzen.

Teamentwicklung à la carte

Erfolgreiche Teamentwicklung passiert laufend und beginnt immer wieder von Neuem. Sie erfolgt in kleinen oder größeren Schritten und orientiert sich an den Anforderungen des Teams. Sie kann auch nicht von oben verordnet werden, sondern erfordert die Einbindung aller Teammitglieder. Damit steigen aber auch die Anforderungen an das Team. Die Teammitglieder müssen wissen, was für die Leistung des Teams entscheidend ist und Einigkeit darüber erzielen, woran das Team arbeiten sollte, um seine Leistung zu bessern. Für diesen Prozess brauchen die Beteiligten einen einfachen, leicht verständlichen Rahmen, der ihnen Orientierung und eine gemeinsame Sprache gibt.
Genau das liefert das Rocket Model. Es wurde vor einigen Jahren in den USA entwickelt und wird inzwischen in Hunderten Organisationen rund um den Globus angewandt. Gordon Curphy, der Vater des Rocket Model, hat sich jahrelang mit dem Thema »Teams« beschäftigt. Er hat dabei festgestellt, dass es auf dem Gebiet zwar sehr viele Modelle und Theorien gibt. Aber sie behandeln oft nur Teilaspekte oder sind so theoretisch, dass sie für eine einfache Führungskraft oder ein Teammitglied nur schwer verständlich sind. Sein Anliegen war es, in diese komplexe Welt Struktur und Klarheit zu bringen.

Was sollte ein Team also wissen, um leistungsfähiger zu sein? Zuallererst geht es darum, ob es sich überhaupt um ein Team handelt oder eher um eine Arbeitsgruppe. Ein Team im eigentlichen Sinne zeichnet sich durch folgende Charakteristiken aus:

  • Die Mitglieder haben ein gemeinsames Ziel.
  • Dieses Ziel ist nur gemeinsam erreichbar, d. h. ihre Leistungen sind verflochten.
  • Die Teammitglieder teilen ein gemeinsames Schicksal und …
  • … sie empfinden sich auch als Teil dieses Teams.

Je nachdem wie stark diese Merkmale zutreffen, ist der Teamcharakter ausgeprägt. Dabei gibt es kein Entweder/Oder und es ist auch keine Wertung, sondern man muss sich das eher als ein Kontinuum vorstellen.
Wenn eine Führungskraft einer Gruppe, etwa der CEO eines Managementsteams, den Teamcharakter stärken möchte, muss sie sich also überlegen: Was ist notwendig, um sich im Team-Gruppen-Kontinuum stärker in Richtung »Team« zu bewegen? Und umgekehrt: Wenn die Arbeitsanforderungen klar für eine Gruppe sprechen, ist es sinnvoller in diesem Rahmen zu bleiben, statt verzweifelt zu versuchen, ein Team zu bilden.

Erfolgreiche Teams

Um erfolgreich zu sein, sollten sich Teams mit folgenden 8 Themen beschäftigen, die ihre Leistung bestimmen:

  • Das Umfeld des Teams: Wer ist für uns wichtig und wie denken diese Stakeholder über uns?
  • Die Ziele: Was wollen wir erreichen?
  • Die Teammitglieder: Haben wir die richtige Anzahl, die richtigen Fähigkeiten, Funktionen etc. unter den Mitgliedern?
  • Die Normen im Team: Welche Regeln gelten für Meetings, die Kommunikation, Entscheidungen etc.?
  • Der Einsatz der Teammitglieder: Wie steht es mit ihrem Engagement und Commitment?
  • Die Ressourcen im Team: Haben wir an Budget, Ausstattung etc. was wir brauchen?
  • Die Moral im Team: Wie steht es mit der Konfliktfähigkeit unter den Teammitgliedern?
  • Die Ergebnisse: Erkennen wir unseren Erfolg? Sind wir besser als vergleichbare Teams?

Diese Komponenten treffen in unterschiedlicher Ausprägung sowohl für Teams als auch für Gruppen zu.

Der Teamentwicklungs-Prozess

Wirksame Teamentwicklung erfolgt in einer sich immer wieder erneuernden Schleife über folgende Schritte:

  • Teamanalyse: Wie sieht sich das Team in Bezug auf die dargestellten Teamkomponenten? Sehr oft haben selbst die beste Führungskraft und die Teammitglieder völlig unterschiedliche Wahrnehmungen dazu. Wenn nun der Prozess nur auf jenen der Führungskraft beruht, ist das Scheitern oft schon vorgegeben.
  • Feststellung der Themen, an denen das Team arbeiten sollte, um seine Leistung zu verbessern.
  • Auswahl und Umsetzung der Maßnahmen zur Leistungssteigerung.
  • Evaluierung des Erfolgs der gesetzten Schritte oder Neubeginn bei größeren Veränderungen.

    Wesentlich ist dabei, dass alle Teammitglieder in diesem Prozess beteiligt sind, damit sie hinter den Maßnahmen und Entscheidungen, die sich daraus ergeben, stehen. Welche Interventionen zu setzen sind und welches Ausmaß diese haben, d. h., ob sie im Rahmen eines Teammeetings bearbeitet werden oder ob es vielleicht doch ein längeres Teambuilding braucht, ist am Anfang völlig offen, ebenso das Ausmaß der externen Unterstützung.
    Diese Vorgangsweise sichert nicht nur die Wirksamkeit der Teamentwicklung. Sie ist auch kosteneffizient, weil sie sich auf die erforderlichen Schritte fokussiert sowie flexibel an geänderte Umstände angepasst werden kann. Das dargestellte Modell hat mit seiner Klarheit und Struktur schon Tausenden von Teams geholfen, wirksamer und erfolgreicher zu sein.

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Gastautor
Hans Fruhmann
war viele Jahre als Führungskraft in Unternehmen tätig. Er hat langjährige Erfahrung als Trainer und Berater im In- und Ausland mit einem klaren Schwerpunkt auf das Thema »Teams«.
www.fruhmann-ctc.at