Welche Ausprägungen und Reaktionen existieren bei Veränderungen? Mit welchen Herausforderungen sind Führungskräfte dabei konfrontiert?
Es gibt Menschen, die freuen sich über Veränderungen. Sie initiieren gerne Projekte, sind Treiber für neue Ideen und nehmen dazu teils enorme Anstrengungen in Kauf. Sie haben Lust am Wandel. Und dann gibt es Menschen, die Veränderungen geradezu scheuen. Digitalisierung, agile Strukturen, der Umgang mit neuen Prozessen oder das Erlernen anderer Fertigkeiten bedeuten für sie Stress, ihr Sicherheitsbedürfnis gerät außer Fugen. Wie wir uns gegenüber Veränderung verhalten, kann folglich ganz unterschiedlich ausfallen. Ein Umstand, der besonders im Unternehmenskontext Führungskräfte vor große Herausforderungen stellt.
Mitarbeiter-Typen
Je nach Grad der Veränderungsbereitschaft gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Wirtschaftswissenschaftler Dietmar Vahs hat in seiner Forschung 7 unterschiedliche Mitarbeiter-Typen in Veränderungsprozessen beschrieben. Am einen Ende stehen die »Innovatoren«, die Wandel initiieren und mit ihrer Energie andere überzeugen können. An zweiter und dritter Stelle folgen die »aktiven Gläubigen«, die früh als Multiplikatoren folgen sowie die »Opportunisten«. Sie stellen sich gegenüber Vorgesetzten engagiert dar, geben sich aber vor Kollegen und anderen Mitarbeitern skeptisch. Am anderen Ende der Skala stehen die Emigranten, die den Wandel ablehnen und das Unternehmen innerlich oder konkret verlassen. Ebenso abwehrend agieren die »Untergrundkämpfer« sowie die »offenen Gegner«. Zwischen diesen Polen befindet sich schließlich die größte Gruppe, nämlich die sogenannten »Abwartenden«. Nehmen diese den Verlauf der Veränderung positiv wahr, so engagieren sie sich sogar bei der Durchführung. Insgesamt hat man im Wandel mit allen sieben Typen zu rechnen.
Mechanismen für Widerstände
Menschen wehren sich insbesondere dann, wenn es heißt, gewandelt oder verändert zu werden, und das völlig unabhängig von der Hierarchie-Ebene. Dieser Widerstand kann aus unterschiedlichen Gründen entstehen:
- Veränderungen erzeugen eine Art von Spannung – das Neue ist mit Ungewissheit verbunden. Diese Ungewissheit erzeugt Angst.
- Teilweise können Betroffene Ziele und Hintergründe der Veränderung nicht verstehen. Eventuell wurden die Gründe auch nie erklärt.
- Andere Menschen haben wiederum verstanden, worum es geht, aber sie glauben nicht, was man ihnen sagt.
- Oder Betroffene haben es verstanden, versprechen sich aber von den vorgesehenen Änderungen negative Konsequenzen. Dieser Aspekt ist der häufigste und gleichzeitig schwierigste.
Eine Veränderung ohne Widerstand wäre aber genauso verkehrt. Bedenken und Befürchtungen können nämlich wichtige Aspekte für eine Veränderung beinhalten. Es ist also wichtig, dem Widerstand Raum zu geben – sei es beispielsweise durch das Zulassen von Diskussionen oder dem Nachgehen von Ursachen und Ängsten – sowie Miterarbeitende in Veränderungsprozesse mit einzubeziehen.
Führungskräfte als Schlüsselakteure
Vorstellungen und Konzepte, wie Veränderung abläuft, abzulaufen hat oder idealerweise ablaufen sollte, gibt es viele. Daraus resultiert auch eine große Anzahl an Aufgaben, die Führungskräfte übernehmen sollten. In der Literatur genießen folgende fünf, sehr breit definierte Kernfunktionen besondere Aufmerksamkeit. Führungskräfte sollten
- den Wandel aktiv mitgestalten,
- den Grad der Einbeziehung der Mitarbeiter steuern,
- interpretieren und motivieren,
- Entscheidungen fällen und revidieren sowie
- mit Widerstand umgehen.
Führungskräfte stehen daher vor ganz besonderen Herausforderungen, denn sie sind sowohl angehalten, die Veränderungen mitzutragen, als auch Vorbild bzw. Vorreiter im Unternehmen zu sein. Sie sind somit Schlüsselakteure – im Rahmen ihrer Mitarbeit bei Veränderungsinitiativen und durch ihre Führungsrolle im Alltag.
Capgemini beschrieb 2015 in einer Studie, in der 400 Unternehmen analysiert wurden, die Herausforderungen und Aufgaben an Führung im digitalen Zeitalter. Als Ergebnis wurden zentrale Aufgabenfelder für Führungskräfte entwickelt – drei davon beziehen sich auf Veränderungsprozesse:
1. Führungskräfte sollen Veränderungen vorantreiben: Mit ihrem Verhalten sollen Führungskräfte für die digitale Transformation im Unternehmen einstehen und eine Vorbildfunktion einnehmen, um ihre Mitarbeiter für den digitalen Wandel zu begeistern. Die Auseinandersetzung mit dieser Rolle verpflichtet zu einer eigenen Motivation und zu einer Affinität in Hinblick auf digitale Themen.
2. Führungskräfte sollen Mitarbeiter befähigen: Aufgrund der hohen Innovations- und Veränderungsgeschwindigkeit müssen Mitarbeiter kontinuierlich weiterentwickelt werden.
3. Führungskräfte sollen Orientierung geben: Durch die rasante Veränderung innerhalb der digitalen Welt können Führungskräfte zwar Trends verfolgen, werden aber aufgrund der hohen Komplexität kaum selbst für alle relevanten Themen Experte sein können. Umso mehr müssen Führungskräfte auf die Kompetenz ihrer Teammitglieder vertrauen. Dennoch soll den Mitarbeitern Orientierung gegeben werden. Dies können Leitlinien oder Unternehmensgrundsätze mit visionären Zielrichtungen sein.
Veränderung als Chance
Führungskräfte stehen letztlich vor einer Vielzahl an Ideen und Konzepten, was sie im Rahmen von Veränderungen tun sollen oder tun müssen. Was können sich aber Führungskräfte umgekehrt von der Organisation erwarten? Neben Verständnis und adäquaten Weiterentwicklungs- und Trainingsmaßnahmen zählt dazu auch die Antwort auf die Frage, wofür die geplante Veränderung überhaupt Chancen bieten kann. Viele Veränderungen scheitern im Grunde schon, bevor sie überhaupt richtig begonnen haben, weil die Ziele diffus bzw. abstrakt sind und die Notwendigkeit der Veränderung den Beteiligten nicht nachvollziehbar vermittelt wird.