Führung muss sich verändern, um den Anforderungen der neuen Generationen zu entsprechen. TRAiNiNG hat dazu die neuen Führungskonzepte der Bosch-Gruppe betrachtet.
Desksharing, Job enrichment, Inspiring Working Conditions, Lean Management: Die Liste ist lange, wie Unternehmen seit rund 10 Jahren versuchen, sich und ihre Strukturen an eine neue Generation anzupassen. Aber ein Punkt bleibt nach wie vor häufig unangetastet: Führung. Dabei fordern die Arbeitnehmer von morgen einen neuen Umgang, dessen Implementierung bereits heute beginnen muss.
Arbeitszeit wird Lebenszeit
Dass die Generation Y kommt, ist lange bekannt. Dass sie veränderte Wertvorstellungen mitbringt, ebenso. Damit der Generationenwechsel mit wenig negativer Intensität vonstattengeht, müssen sich Unternehmen der neuen Erwartungen, Wünsche, Bedürfnisse, Motive und Ziele annehmen und diese aktiv zum Bestandteil der Unternehmenskultur integrieren: Da wären auf der einen Seite ein verstärkter Individualismus, das Recht, man selbst zu sein und sich nicht äußeren Zwängen hinzugeben, gepaart mit einer Rückwendung zu gemeinschaftlichen Netzwerken. Man findet sich in Communities und Peer Groups mit ähnlichen Interessen, gerade um diese als starke Einheit durchsetzungsfähig nach außen tragen zu können. Der technologische Fortschritt begünstigt diese Zusammenschlüsse durch entsprechende Plattformen und vergrößert ihre Reichweite. Er ist gleichzeitig auch Namensgeber für die Generation Y: Als »Digital Native« ist diese Generation als erste in einer digitalisierten Welt aufgewachsen, empfindet Technologie als selbstverständlich und passt sich wechselnden Anforderungen rasch an.
Diese veränderten Wertehaltungen implizieren neue Ansprüche: Die Generation Y strebt nach Eigenständigkeit, Selbstverwirklichung und Autonomie, entkoppelt Erfolg vom beruflichen Umfeld und misst ihn an der Entfaltungsmöglichkeit der eigenen Persönlichkeit und an gesellschaftlicher Anerkennung. Zu Großem beizutragen, eigene Ideen umsetzen zu können und kreative Arbeit gewinnen an Bedeutung gegenüber traditionellen Karrierewegen. Privatleben und Arbeit verschmelzen mehr und mehr, Arbeitszeit wird zunehmend zu Lebenszeit.
Zusätzlich sitzt die Generation Y in einer starken Verhandlungsposition – und ist sich dieser Stärke bewusst. Der demografische Wandel mit seinen reduzierten Geburtenjahrgängen bringt weniger Nachwuchs in Unternehmen, Top-Talente sind rar und heiß begehrt. Ein Grund mehr, sich den neuen Erwartungen und Ansprüchen anzupassen.
Führungsverständnis 2.0
Diesbezüglich erwartet sich die Generation Y viel: Führungskräfte sollen durch Visionen motivieren, die Mitarbeiter bei Entscheidungen aktiv einbinden, sowie ihren Führungsstil individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen abstimmen. Immer noch wird an Führungskräften geschätzt, wenn sie durch klare Entscheidungen Struktur geben, wertvolle Aufgaben zur selbstständigen Erledigung delegieren, sowie Feedback geben und gleichzeitig bereit sind, anzunehmen. Daneben bleibt Kommunikation ein zentraler Bestandteil: Ob zur Information über Geschäftsvorgänge, zur Würdigung von Leistung oder zur Schaffung eines angenehmen Arbeitsklimas. Flexible Arbeitsmöglichkeiten, Unterstützung in der persönlichen Weiterentwicklung und Offenheit für Neues sind ebenso essenziell in der Führung der Generation Y. In der Fachsprache hat dieses Führungsverständnis auch einen Namen: transformationaler Führungsstil. Die Kunst dabei: Das eigene Führungsverständnis an die Ansprüche der neuen Generation anzupassen, aber auch den Erwartungen bestehender zu entsprechen.
Führung bei Bosch
Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen. Bosch ist der weltweit größte KFZ-Zulieferer, Weltmarktführer im Bereich Elektrowerkzeuge und unter anderem führender Hersteller von Thermotechnik, Hausgeräten und Sicherheitssystemen. Das Unternehmen erzielte in Österreich im Jahr 2015 mit insgesamt 2 900 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 1,1 Milliarden Euro.
»Im internationalen Verbund analysieren wir stetig die Anforderungen an Führung und Zusammenarbeit von außen«, so Johanna Hummelbrunner, Personalleiterin Bosch Österreich. Und weiter: »Neue Geschäftsmodelle, die zunehmende Integration von Start-ups und die veränderten Anforderungen der jungen Generation erfordern schnelle Entscheidungswege und neue Formen der Zusammenarbeit.« Die eigene Wettbewerbsfähigkeit in der globalen und digitalen Welt hängt laut Hummelbrunner dabei maßgeblich von einer neuen Führungs- und Zusammenarbeitskultur ab. Aus diesem Grund wurde bei Bosch nicht nur das interne Leitbild weiterentwickelt, sondern im letzten Jahr auch die Grundsätze für Führung: »We LEAD Bosch« ist die so geschaffene Basis für das gemeinsame Verständnis von guter Führung und Zusammenarbeit. Dabei ist eines zentral: Es gibt keinen Weg, der gleichermaßen für alle passt. »Wir leben Führung immer individuell, auf die jeweilige Situation bezogen und kontextorientiert«, so Hummelbrunner.
Um dies zu gewährleisten, hat Bosch zehn weltweit einheitliche Grundsätze definiert, die den Rahmen für die Anforderungen an Führung und Zusammenarbeit bilden. Das Kernelement daraus: Vertrauen steht über Kontrolle. »Wir wollen eine wertebasierte Kultur leben, geprägt von Sinnstiftung, Eigenverantwortung, Kreativität und Agilität, Partizipation und Wertschätzung«, führt Hummelbrunner aus. »Das hat uns natürlich vor eine Veränderung gestellt – alte Muster aufzubrechen und Neues zuzulassen, um das gesamte Potenzial unserer Mitarbeiter freizusetzen.« Dabei war ein essenzieller Bestandteil die Unterstützung von ganz oben. »Unsere Führungsgrundsätze wurden von unserer Geschäftsführung in einem iterativen Prozess unter aktivem Einbezug von Führungskräften und Mitarbeitern ausgestaltet«, ergänzt Lisa Marie Steinbach, Gruppenleiterin für internes und externes Personalmarketing. »Dies unterstützt den Aufbau einer Netzwerkstruktur, die wichtig ist, um komplexe Herausforderungen zu bewältigen.« Selbst organisierte Teams und ergebnisoffene Prozesse sind zentraler Bestandteil, wodurch der selbstbestimmte Mensch zum Dreh- und Angelpunkt in der Arbeitswelt von Bosch werden soll. In diesem Verständnis haben die Mitarbeiter auch eine aktive Rolle: Sie sind laufend aufgerufen, »We LEAD Bosch« als persönlichen Impuls zu sehen, selbst den Wandel im Unternehmen jeden Tag ein Stück mitzugestalten. Als Diskussionsplattform dient unter anderem das firmeninterne soziale Netzwerk »Bosch Connect«, auf das alle Mitarbeiter weltweit Zugriff haben und aktiv mitsprechen, Ideen einbringen und Gedanken austauschen. Der internationale Rollout wird durch die Veröffentlichung von Videos begleitet, die den neuen Führungsgedanken praxisnahe näherbringen sollen. Schließlich verfolgt jedes Land auch spezifische Initiativen, um seine Belegschaft individuell abzuholen. »In Österreich arbeiten wir eng mit der Abteilung für Organisationsentwicklung und der Kommunikationsabteilung zusammen, um unsere Mitarbeiter gut einzubinden und unser Führungsverständnis langfristig zu verankern«, so Alexandra Spernol, Gruppenleiterin des Bosch Training Centers. »Wir nutzen bestehende Plattformen, um Inhalte zu verbreiten und die Diskussion zu fördern und entwickeln neue Konzepte, um die Kreativität und den Ideenreichtum unserer Belegschaft anzukurbeln. Denn wichtig ist, dass sich alle als Bestandteil von Führungskultur sehen und die Möglichkeiten erkennen, darauf einzuwirken.« So möchte Bosch weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sowohl für bestehende als auch für neue Mitarbeiter bleiben und werden.
Es wird – bedauerlicher Weise immer wieder über die Fachausbildungen (um mit einem weit verbreiteten Irrtum auf zu räumen – auch die Kommunikation ist eine Fachausbildung und nicht der Persönlichkeitsentwicklung zuzuordnen)diskutiert und daran herum gefeilt. Notwendig? Natürlich. Allerdings eine verschwendete Ressource, wenn die Persönlichkeit der Führungskraft irgendwo in der Vergangenheit haften geblieben ist.
Schon der immer wieder stur verwendete Begriff der Führungs“kraft“ weisst auf das Problem hin – wir haben keine Führungs“persönlichkeiten“. Das führt dazu, dass die Machtbefugnis und die Verantwortung einer Führungsposition erheblich größer ist als die Persönlichkeit der Person, die sie bekleidet. Der Respekt – und später die Angst wird der Position entgegen gebracht und nicht der Person. Das registriert die Führungskraft unterbewusst und wandelt sich vom „König“ zum „Tyrannen“. Eine perfekte Burnoutfalle für die Führungskraft und Nährboden für einen Mangel an Produktivität, höhere Fehlerquoten und Fehlzeiten, höhere Personalfluktuation und mangelnde Loyalität zum Unternehmen – Employer Branding somit völlig umsonst.