Wie Agrana Mitarbeiter findet und entwickelt, was High Potentials geboten wird und wie Trainings durchgeführt werden, lesen Sie in diesem Interview.
Wie ist HR über so viele Länder hinweg organisiert, wie kommunizieren Sie miteinander?
Georg Nemeth: Der Hauptkontakt ist mit dem Businesspartner. Die Geschäftsbereiche sind personalmäßig gebündelt. Es gibt für jeden Geschäftsbereich einen HR-Business-Partner, der in der Matrix-Organisation an mich und an die jeweilige Division berichtet. Es werden alle Kommunikationswege genutzt, in erster Linie E-Mail, Telefon, unser internes LyncTool, Videokonferenzen und persönliche Treffen. Dass man sich persönlich kennt, ist wichtig, im täglichen Geschäft kann man dann einen sehr großen Anteil mit der modernen Technik bewältigen.
Bettina Grieshofer: Es gibt einmal im Jahr ein internationales HR-Treffen, bei dem sich HRler aus allen Ländern treffen, das in der Regel in Wien stattfindet. Daran nehmen ca. 20 Personen teil.
Wie finden Sie neue Mitarbeiter?
Bettina Grieshofer: Wir haben seit 2 Jahren ein Online-Recruiting-Tool, mit dem man sich direkt über die Website auf eine bestimmte Position bewerben kann. Jede Position, die wir ausschreiben, wird auch automatisch auf karriere.at publiziert.
Gilt das für alle Jobs oder gibt es auch Positionen, die Sie darüber hinaus am Stellenmarkt bewerben?
Georg Nemeth: Grundsätzlich nutzen wir alle Medien, sofern das Sinn macht. Wenn eine Stelle leicht übers Internet zu besetzen ist, dann ersparen wir uns zusätzliche Kosten. Printmedien werden dafür von uns kaum mehr genutzt.
Bei Neubesetzungen in den ausländischen Werken sind Sie inwieweit involviert?
Georg Nemeth: Wenn z. B. »Blue Collars« in den USA gesucht werden, sind wir überhaupt nicht involviert. Bei den Top-Positionen wirken wir mit. Solche Stellen müssen vom Headquarter genehmigt werden, das läuft über Corporate HR. Dadurch ist sehr transparent, welche Stellen gerade offen sind und wo wir z. B. einen Geschäftsführer oder eine Führungskraft benötigen. Österreich ist da keine Ausnahme, es ist ein Land wie die anderen 25 auch und wird genauso betreut.
Welches Arbeitgeber-Image streben Sie an?
Bettina Grieshofer: Ich glaube, wir haben bereits ein sehr gutes Arbeitgeber-Image. Wir merken das auch bei den Karrieremessen, wo wir präsent sind. Wir zielen aufgrund unserer Schwerpunkte auf eine gewisse Zielgruppe ab. Das sind vorwiegend BOKU-, Technik- und Wirtschaftsabsolventen.
Georg Nemeth: Wir sind mit diesen Universitäten in Kontakt, wir treten dort bei Jobmessen und Bewerberseminaren auf und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel hatten wir vor zwei Jahren ein Trainee-Programm für Top-Absolventen verschiedener Universitäten. Das Programm ist ein Jahr gelaufen und mittlerweile konnten wir weit mehr als die Hälfte dieser Trainees übernehmen.
Bettina Grieshofer: Es handelte sich dabei um ein Cross Divisional Trainee-Programm, d. h. die Kandidaten waren während des Programms weltweit in verschiedenen Standorten. Sie sind unterschiedliche Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen, begleitet durch einen internen Mentor.
Georg Nemeth: In Österreich ist Agrana als internationales und großes Unternehmen bekannt, da helfen auch unsere Aktivitäten abseits des Personalmarketings, wie z. B. im Kultursponsoring. International ist es etwas schwieriger, weil wir in manchen Ländern wie z. B. Brasilien relativ klein sind und uns dort kaum jemand kennt.
Bettina Grieshofer: Wir setzen auch viele interne Employer-Branding-Maßnahmen, wie z. B. unser »Agrana Fit Programm«, in dessen Rahmen wir u. a. mit stetig steigenden Teilnehmerzahlen am Wiener Business Run teilnehmen. Teil des Programms sind auch verschiedene Untersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen, die weit über das übliche Maß hinausgehen und die man direkt am Standort machen kann. Wir haben auch Kooperationen mit Fitnesscentern sowie einen eigenen Fitnessraum, indem wir Pilates- und Yogakurse anbieten. Es gibt auch ein Physiotherapie-, Osteopathie- und Massage-angebot. Es wird also wirklich viel im Gesundheitsbereich getan.
Georg Nemeth: Wir legen auch einen Fokus auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, z. B. mit Betriebskindergärten und Kinderbetreuung an Fenstertagen. Wir setzen auch Frauenförderungsmaßnahmen, gerade im Technikbereich gibt es leider wesentlich weniger Absolventinnen als Absolventen. So z. B. veranstalteten wir Töchtertage, die ein großer Erfolg waren. All das trägt natürlich positiv zu unserem Arbeitgeber-Image bei.
Wie entwickeln Sie Mitarbeiter?
Bettina Grieshofer: Wir haben ein weltweites Development-Stufen-Programm für unsere Mitarbeiter. Dabei zielen alle Maßnahmen auf die »Agrana Kompetenzen« ab.
Georg Nemeth: Dazu gibt es das »Agrana Competency Wheel« [Anm.: das während des Interviews als kreisrunde Grafik am Tisch liegt], in dessen Zentrum die drei Kernpunkte Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wandel stehen. Rund um diese Hauptthemen sind drei Prinzipien angesiedelt: »Take Responsibility«, »-Profitize« und »Act Consistently«. Auf diesen Prinzipien wiederum bauen unsere 7 Kompetenzen auf: Dazu gehören Dinge wie strategische Orientierung, Markt- und Kundenorientierung, eine offene Einstellung, Führungsqualität usw. Mit diesen Themen arbeiten wir auch in Trainings und Entwicklung.
Bettina Grieshofer: Der Mitarbeiter startet mit einem Welcome-Day, um seine und auch die anderen Organisationen besser kennenzulernen. Der Welcome-Day findet lokal statt, kann aber auch bis zu drei Tagen dauern. Dann geht es weiter mit dem »INCA«, unserem »Information and Communication at Agrana Training«, in das weltweit Mitarbeiter nach ca. einem Jahr Betriebszugehörigkeit nominiert werden. INCA ist ein dreitägiges Training hier am Standort Wien, in dem es darum geht, das crossdivisionale Denken zu forcieren und zu erweitern. Dazu kommt aus jeder Division ein Geschäftsführer, der einen zweistündigen Vortrag über Themen und Strategien hält.
Georg Nemeth: Das ist auch ein Vernetzungs-Meeting, weil man andere Geschäftsbereiche und neue Kollegen aus der ganzen Welt kennenlernt. Es wird sehr gut von den Teilnehmern angenommen und ist ein wichtiger Baustein in unseren Weiterbildungsmaßnahmen.
Bettina Grieshofer: Danach gibt es für Mitarbeiter die Möglichkeit, an Basic Management Trainings teilzunehmen. Inhalte sind Themen wie z. B. »Zeitmanagement«, »Erfolgreich kommunizieren«, »Leadership Skills« oder »Präsentation«. Diese werden bedarfsorientiert regional organisiert.
Georg Nemeth: Wir haben auch ein eineinhalbjähriges Talent Development Programm für High Potentials, das mittlerweile zum vierten Mal läuft und für das es alle zwei Jahre ein selektives Auswahlverfahren gibt. Das Programm ist eine Kombination aus Development Center und einem High-Level-Training mit mehreren Modulen und internationalen Keynote-Speakers, auch das Agrana Board tritt dort persönlich auf. Teil des Programms sind internationale Projekte, die von den Teilnehmern im Zuge dieser Ausbildung durchgeführt und zum Abschluss einer großen Runde von Senior Managern präsentiert werden. Das Programm ist natürlich keine Garantie oder Grundvoraussetzung dafür, in der Agrana Karriere zu machen, aber es gibt viele Beispiele von Mitarbeitern, die bis in Geschäftsführerfunktionen gekommen sind und Teil dieses Programms waren.
Werden Trainings intern durchgeführt oder greifen Sie dabei auf externe Anbieter zurück?
Georg Nemeth: Teils, teils. Der Trend geht in Richtung interner Schulungen. Diese werden von Führungskräften oder Senior Experts durchgeführt, was auch im Sinne des Wissensmanagements sehr lohnend sein kann. Wir greifen aber auch auf externe Anbieter zurück. Zum Teil kommen auch Mischformen zur Anwendung, d. h. es kommt ein externer Trainer zu uns, der dann bei firmenspezifischen Themen von einem internen Experten unterstützt wird.
Bettina Grieshofer: Viele Trainings finden hier in Wien statt, auch wenn die Teilnehmer aus anderen Ländern kommen. Diese Trainings werden sehr gut angenommen, die Mitarbeiter kommen gerne.
Georg Nemeth: Unsere Top-Priorität bei Trainings liegt auf der Qualität. Ein Training, das nicht höchsten Qualitätsansprüchen genügt, schadet uns mehr als es hilft. Daher gibt es einen intensiven Auswahlprozess, wir hören auf Empfehlungen und versuchen auch, Referenzen einzuholen und Trainings zu testen, bevor wir sie buchen. Und wir analysieren die Teilnehmer-Feedbacks sehr genau.
Vielen Dank für das Gespräch.