HR im Umbruch

Österreich steht an der Spitze einer HR-Revolution, die nicht nur die Landschaft des Personalwesens neu gestaltet, sondern auch zeigt, wie Innovation und fortschrittliche Strategien Unternehmen transformieren und die Arbeitswelt modernisieren können.

In Österreichs dynamischem Arbeitsmarkt stehen HR-Manager vor der Herausforderung, nicht nur mit den globalen Entwicklungen Schritt zu halten, sondern auch innovative und effektive Weiterbildungsstrategien zu entwickeln. Der Fokus liegt hierbei auf der zukunftsorientierten Qualifikation von Mitarbeitern, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden. Weiterbildung wird als der Schlüssel gegen den Fachkräftemangel bezeichnet. Die fortschreitende Digitalisierung ist die treibende Kraft hinter vielen aktuellen Trends in der Mitarbeiterweiterbildung. Digitale Lernplattformen, Online-Kurse und virtuelle Workshops bieten flexible Möglichkeiten zur Wissensvermittlung. Sie ermöglichen es, individuelle Lernpfade zu erstellen und Fortbildungen effizient in den (Arbeits-)Alltag zu integrieren. Für HR-Manager in Österreich bedeutet dies eine kontinuierliche Anpassung und Erweiterung digitaler Angebote, um den Lernbedürfnissen der Mitarbeiter gerecht zu werden. Außerdem gewinnt die Individualisierung von Lerninhalten zunehmend an Bedeutung. Personalisierte Weiterbildungsprogramme, die auf die spezifischen Fähigkeiten und Karriereziele der Mitarbeiter zugeschnitten sind, fördern nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern auch die betriebliche Effektivität. In Österreich beobachten wir außerdem eine steigende Nachfrage nach individuellen Coaching-Programmen, die auf eine intensive und zielgerichtete Entwicklung abzielen. Die Förderung von Soft-Skills ist ein weiterer Trend, der die österreichische Arbeitswelt prägt. HR-Manager richten ihr Augenmerk verstärkt auf interpersonelle Fähigkeiten wie Teamarbeit, Konfliktlösung und Führungskompetenzen. In einer zunehmend vernetzten und interdisziplinären Arbeitsumgebung sind diese Soft-Skills entscheidend für den Unternehmenserfolg und werden daher in Weiterbildungsinitiativen besonders betont.

Ein weiterer Trend: Microlearning-Ansätze, die kurze, präzise Lerneinheiten umfassen, gewinnen an Beliebtheit. Sie passen hervorragend zum modernen, schnellen Arbeitsrhythmus und ermöglichen es den Mitarbeitern, sich kontinuierlich und ohne große Zeitinvestition weiterzubilden. Österreichische Unternehmen nutzen Microlearning zunehmend, um Wissenslücken schnell zu schließen und die Kompetenzentwicklung zu beschleunigen. Das hilft auch dabei, die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens zu erfüllen. Das ist eigentlich kein Trend mehr, sondern gelebter Alltag. Manche Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch schon vom lebensweiten Lernen und meinen damit, dass es nicht nur darum geht, sein Fachwissen aus der Ausbildung immer am Laufenden zu halten, sondern sich auch regelmäßig neues Fachwissen aus anderen Bereichen anzueignen.

Um noch weitere Trends im HR- und PE-Bereich in Österreich zu erfahren, hat TRAiNiNG für diesen Artikel Veronika Aumaier (Geschäftsführung Aumaier Consulting Training GmbH) interviewt.

Wie haben Sie 2023 im HR-Bereich erlebt?

Das Jahr 2023 hat vielfach aufgrund von Mitarbeiterausfällen durch Kündigung, Krankheit oder Urlaub die Weiterbildungsmöglichkeiten für Führungskräfte und Mitarbeiter gebremst. Manche Branchen haben im Herbst angesichts der neuerlichen Krisen im Nahen Osten und der Teuerungsraten auch noch einen Aufnahmestopp und ein »Learning-Budget-Freeze« erlassen.

Welche konkreten Bedarfe ergeben sich demnach für HR-Abteilungen im Jahr 2024?

Die Themen der Weiterbildung in 2024 sind nicht neu, sondern bekommen diesmal eine ganz neue Brisanz.
1. Die erforderlichen Skills im digitalen und sozialen Bereich stellen sich nicht durch reines Learning by Doing ein. Einerseits, weil die Einschulung der Kollegen durch eigene Wissenslücken als zu wenig umfangreich und aktuell erlebt wird. Und andererseits, weil die erfahrenen Kollegen selbst am Limit sind, weil sie die Aufgaben der Ausgeschiedenen übernehmen müssen und für die Einschulung von Neuen nicht ausreichend Zeit und Geduld übrig haben.
2. Die Weiterbildungsbedarfe können nicht ausgesessen werden. Im Gegenteil, keine oder zu wenig Zeit für das Upskilling und die persönliche Weiterentwicklung vergrößern den Entwicklungs-Gap und das Risiko der Fluktuation. Dies wiederum erhöht das Risiko für den Unternehmenserfolg oder – je nach Branche – sogar den Unternehmensfortbestand.
3. Die jüngeren, neuen Kollegen legen Wert auf einen professionellen Arbeitsauftritt und -einsatz. Sie wollen weder unzureichende Arbeitsergebnisse liefern noch sich unzulänglich fühlen oder altes, nicht mehr zeitgemäßes Wissen und Tun erlernen und so ihren persönlichen (Karriere-)Erfolg riskieren. Unsere Gesellschaft wollte für sie immer das Beste – kein Wunder, dass sie diesen Anspruch für sich gepachtet haben und er sich in ihren Ansprüchen und Erwartungen auf ihre Unterstützung in der Arbeitswelt zeigt. Nichtbeachtung riskiert schlechte Bindung und setzt eine Fluktuationsspirale in Gang, die schwer zu unterbrechen ist, da das Image am Arbeitsmarkt rasch beschädigt ist.

Welche übergeordneten Trends prägen Ihrer Meinung nach die Weiterbildungslandschaft im Jahr 2024?

Die Unternehmen sind gut beraten, ihren Führungskräften und Mitarbeitern entsprechende fachliche, digitale, soziale und persönliche Ausbildungsinitiativen zu ermöglichen, weil sich durch die Technologisierung der Arbeitsplatz ständig verändert und durch die Diversität der Arbeitsgenerationen ein anderes Verhalten benötigt wird. Die strategische Steuerung und Ausrichtung umfasst neuerdings Organisation und Menschen. Die Ziele dafür werden immer weniger einschätzbar oder schwieriger zu benennen. Daher wird es für das Top-Management wichtig, sich nicht nur beraten zu lassen, sondern sich selbst intensiv zu klären – bezogen darauf, welche strategischen Zielsetzungen für die Gesamtunternehmensentwicklung anzustreben sind und was das in diesem Zusammenhang für die Weiterentwicklung der Mitarbeiter bedeutet. Mit sich selbst im Reinen ist das Briefing von externen Beratern und das Fokussieren der internen Mitarbeiter einfacher und zielführender. Einzel-Strategietage für ­Boardmitglieder werden deshalb auch zum regelmäßigen Setting werden.«

Angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen, welche digitalen Lernformate sehen Sie als wegweisend für die Weiterbildung im kommenden Jahr an?

Es ist an der Zeit, sich die privaten Gewohnheiten der Weiterbildung/-entwicklung zum Vorbild zu nehmen: wir schauen uns im privaten Bereich Tutorials und Videos an bzw. klicken uns durch Foren, wenn wir einen Putzroboter in Betrieb nehmen wollen oder wenn bestehende Haushaltsgeräte Fehlermeldungen bringen.  Wir lesen Online-Zeitungen und hören Podcasts zu Themen, die uns interessieren und bei denen wir am Laufenden sein wollen. Diesem privaten Verhalten auch in der Arbeitswelt zu entsprechen, ist der Erfolgsschlüssel: konsequent den Einsatz von Tools und digitalen Lernformaten an dieses von uns bereits praktizierte Verhalten angleichen. Fachlicher, digitaler, technischer Lernsupport in ansprechender digitaler Form wird zum Basisprogramm. Entwicklungsunterstützung von Mindset- und Behavior-Change wird zum Kürprogramm, das sich aber nur in Präsenz effektiv initiieren lässt und mit Übungen verankert werden kann. Feedback, Austausch, Reflexion sind hier dem digitalen Lernsetting im Ergebnis unerreichbar voraus, vorausgesetzt es wird erwartet, dass sich geänderter Mindset einstellt und geändert Verhalten zeigt. Reiner Wissenszuwachs ist auch hier sehr gut in digitaler Form möglich.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in der Zukunft der betrieblichen Weiterbildung?

Gut integrierter Support durch KI in unserem komplexen Alltag entlastet uns heute schon auf sehr angenehme Art und Weise – bspw. industrielle Fertigungsvorgänge – und hat gleichzeitig in manchen Branchen noch kaum Einzug gehalten – z. B. Hebehilfen im Pflegebereich. Daher gilt es hier in erster Linie, Menschen die Scheu zu nehmen, mit maschinellen Assistenten ihren Arbeitsalltag zu erleichtern. Wir überlassen bereits seit geraumer Zeit in der Steuerung von Alltagssituationen Maschinen immer mehr den Vortritt – zum Beispiel beim Fliegen, bei U-Bahn-Fahrten oder komplexen Steuerungen von Kraftwerken. Im betrieblichen Alltag gilt es derzeit jedoch noch immer, die generelle Scheu vor dem irrationalen Jobverlust zu nehmen bzw. die Veränderungsbereitschaft  zu erhöhen. Sie verhindern aktuell die Einführungen und das Ausschöpfen der Möglichkeiten vielfach zu stark. Da braucht es Support, um »Kollege Maschine« willkommen zu heißen, den Nutzen zu erkennen und den Umgang zu erlernen! Es gibt auch einen ganz besonderen Aspekt: Wenn wir die Häufigkeit der Updates von Tools (bzw. Apps) oder die Fülle an ganz neuen Angeboten betrachten, dann sollte sich der Mensch daran sogar ein Beispiel nehmen: Denn niemand möchte Autos, Computer, Handys etc. aus Vorzeiten – wir bevorzugen die neuesten Modelle und sind bereit, dafür viel Geld auszugeben. Warum sollten wir also Menschen mit beruflichem Mindset und Verhalten von gestern für gut genug erachten? Eine kritische Prüfung bei sich selbst könnte von alleine den dringenden Wunsch nach »neueren menschlichen Verhaltensversionen« reifen lassen, um es der KI gleichzutun.

Soft-Skills gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Arbeitswelt. Welche Fähigkeiten sollten im Fokus der Weiterbildung im Jahr 2024 stehen und warum?

Zum x-ten Jahr in Folge breche ich eine Lanze für sozial-kommunikative Soft-Skills und Persönlichkeitsentwicklung, was mittlerweile in vielen Unternehmen mit Kultur-Transformationsprozessen einherzugehen hat: Nicht nur Einzelne brauchen Weiterentwicklung im Soft-Skills-Bereich. Alle im Unternehmen – vom Topmanagement bis zu allen Mitarbeitern – benötigen diesbezügliche Fortschritte. Erstens, weil wir in Zeiten des vernetzten Denkens und Handelns ein lösungsorientiertes harmonisches Miteinander brauchen, zweitens, weil wir unsere Ressourcen für qualitative, smarte Ergebnisse brauchen und keine Zeit für Status- und Spannungskonflikte verschwenden sollten und drittens, weil wir generell zum Ausgleich für den rasanten Fortschritt eine balancierte, reife, gelassene Humangesellschaft brauchen, die sich die Technologie zu Nutze macht, sich aber nicht von ihr dominieren lässt. Die theoretischen Wissensquellen dazu haben wir in allen systemisch-lösungsorientiert fundierten Ausbildungsangeboten.

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Weiterbildungsprogramme auf die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters zugeschnitten sind?

Im Business Coaching würde man an dieser Stelle sagen: »Frag die Betroffenen und hör gut zu!« Die Antworten geben Hinweise auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Bereiche und ihrer Teams! Das Bildungsangebot sollte Diversität abbilden, die sich aus den aktuellen Jobanforderungen der unterschiedlichen Job-Families, den geänderten Markt-/Umfeldbedingungen, den Strategie- und Culture-Veränderungen und der Berücksichtigung der Employee-Life-Cycle-Bedürfnisse ergeben. Dieses Angebot ist in einem Basic-Teil und in einem Advanced-Teil zu definieren. Wobei der Advanced-Teil immer größeren, jährlichen Adaptierungen unterliegt. Der Basic-Teil ist eher »from the shelf« zu gestalten. Wirkliche Personalisierung kommt von individuellen Wünschen von Schlüsselpersonen, die eher den Charakter von Benefits haben und die sich eher weg von akademischen Lehrgängen hin zu speziellen Formen des Business Coachings entwickeln. Denn sehr gutes theoretisches Wissen ist vielfach in ausreichender Weise über jahrelange Ausbildungsinitiativen oder akademische Ausbildungen von den Betroffenen aufgebaut worden. Die effektive Anwendung dieses Wissens ist die Schlüsselherausforderung. Und das ist eigentlich nur in Kleingruppen und im Coachingsetting zu erreichen. Deshalb verstärkt sich bei den Betroffenen von Jahr zu Jahr der Wunsch nach Coachingsettings – sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Zielgruppen aller Levels. Die Vertraulichkeit, Fokussierung und Effektivität dieses Lernsettings ist derzeit ungeschlagen. Selbst Inhouse-Coaching-Centers, wenn sie in der Organisation ausreichend distanziert platziert werden können, sind der Renner in puncto Förderung der Lern- und Weiterentwicklung und der andauernden diesbezüglichen Bereitschaft dazu.

Fazit
Der österreichische Arbeitsmarkt ist dynamisch und von rasanten technologischen Entwicklungen geprägt, was HR-Manager vor neue Herausforderungen stellt. Der Schwerpunkt liegt auf der zukunftsorientierten Weiterbildung von Mitarbeitern, um den sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden. Digitale Lernplattformen und Online-Formate werden als flexible und effiziente Wege zur Wissensvermittlung geschätzt, mit einem zunehmenden Bedarf an individuellen Lernpfaden und personalisierten Weiterbildungsprogrammen.

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Aumaier

Veronika Aumaier
»Die Themen der Weiterbildung in 2024 sind nicht neu, sondern bekommen diesmal eine ganz neue Brisanz.«
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