Intelligent sparen – flexibel agieren

Wie die HR-Strategie der OMV aussieht und wie sie in Zeiten von fallenden Ölkursen intelligent spart, ohne die Zukunft zu ruinieren, lesen Sie in diesem HR-Interview.

Wie viele Mitarbeiter hat die OMV und wie ist sie organisiert?

Wir haben weltweit rund 26 000 Mitarbeiter und sind derzeit in 30 Ländern aktiv. Davon arbeiten rund 3 600 Mitarbeiter in Österreich, davon 800 in der Raffinerie Schwechat und ca. 700 am Standort Gänserndorf. Die verbleibenden 2 200 Kollegen sind in der Zentrale im 2. Bezirk in Wien bzw. in Tochterunternehmen wie der GasConnect Austria. Die Personalabteilung besteht aus rund 70 Mitarbeitern. Unsere größte Tochter ist die rumänische Petrom, mit der wir 2005 fusioniert haben, dort haben wir derzeit rund 18 000 Mitarbeiter. Wir haben zwei große Geschäftsbereiche, Upstream und Downstream. Unter Upstream verstehen wir alles rund um die Öl- und Gasexploration und unter Downstream fallen die Raffinerien, das Tankstellengeschäft und das Vertriebs- und Logistikgeschäft für Gas und Strom.

Wie viele Mitarbeiter rekrutieren Sie jährlich?

In den letzten Jahren waren es weltweit in etwa 600 bis 800 Mitarbeiter pro Jahr. Das lag vor allem an der starken Wachstumsstrategie des Upstream-Bereichs. Nachdem in letzter Zeit der Ölpreis massiv verfallen ist, ist derzeit das Wachstum etwas gebremst worden. Das ist aktuell eine unserer größten Herausforderungen.

Und die anderen aktuellen Herausforderungen?

Derzeit haben wir zwei Themen, die uns beschäftigen. Einerseits, wie schon angesprochen, aufgrund des Ölpreisverfalls einen intelligenten Sparkurs zu fahren und andererseits Experten für den Upstream-Bereich zu finden, wie Geologen, Bohringenieure oder Instandhaltungsmitarbeiter. Zu diesem Thema gibt es keinen österreichischen Arbeitsmarkt, das ist ein globaler Markt. Es wird dafür international rekrutiert, vor allem in London, Rotterdam, Dubai und in den USA. Die Vorstellungsgespräche laufen hier teilweise über Videocalls ab. Mein Lieblingsinterview war vor einigen Jahren mit einem Raffinerieleiter, der im Dschungel von Malaysia saß. Beim Erstgespräch via Skype konnte ich im Hintergrund durch das Fenster im Dschungel Affen vorbeihüpfen sehen.

Wie überzeugen Sie solche gefragten Fachexperten, zur OMV zu kommen?

Die OMV ist am globalen Markt nicht groß, da gibt es wesentlich größere Mineralölkonzerne. Wir haben den Ruf, bei spezialisierten Stellen relativ viel Freiraum und Gestaltungsspielraum zu geben. Damit gelingt es uns, Leute zu rekrutieren, die von riesen Unternehmen mit bürokratischen Strukturen weg wollen und mehr Flexibilität haben möchten.

Wie sieht der angesprochene »intelligente Sparkurs« aus?

Unsere Challenge ist es, aus einem Wachstumsprogramm in ein Sparprogramm zu wechseln, gleichzeitig aber so intelligent zu sparen, dass wir auf einen steigenden Ölpreis wieder rasch reagieren können. Sparen, ohne die Zukunft zu ruinieren, ist die Herausforderung. Wir haben uns daher relativ flexibel aufgestellt, bestehend aus eigenen Mitarbeitern, die wir auch bei Bedarf ins Ausland entsenden. Wir haben aber auch andere Vertragslösungen wie Werkverträge oder Consultingverträge. So können wir die Experten flexibel einsetzen. Diese Mitarbeiter sind natürlich teurer, aber das ist der Preis, den wir für die Flexibilität zahlen.

Wie sieht eine intelligente HR-Strategie für Unternehmen aus?

Das ist eines meiner Lieblingsthemen und ich diskutiere darüber oft mit Kollegen im Forum Personal des ÖPWZ. Es gibt leider kein eindeutiges Bild, was eine HR-Strategie überhaupt ist. Wenn wir diskutieren, reicht die Bandbreite von einer HR-Strategie, die voll in die Unternehmensstrategie integriert ist, bis hin zu HR-Verantwortlichen, die mir erzählen, sie haben ein Budget und das nennen sie dann Strategie. Ich sehe es als etwas, aus dem konkrete Handlungen entstehen und das für etwa 3 bis 5 Jahre ausgelegt ist. Ohne Unternehmensstrategie ist keine vernünftige HR-Strategie möglich. Es ist ein häufiger Austausch mit der Unternehmensleitung und den Stakeholdern zu empfehlen, auch um das Thema der notwendigen Ressourcen abzusprechen.

Wie sieht die HR-Strategie konkret bei der OMV aus?

Ich kann Ihnen dazu ein Beispiel nennen. Wir haben gewusst, dass wir einen Mangel an Experten haben werden. Daher war ein Punkt auf der Agenda, wie wir unseren Personalbedarf decken können. Unsere Strategie sagt dazu, dass ungefähr ein Drittel direkt von der Universität kommen kann und zwei Drittel schon einige Jahre Erfahrung haben müssen. Wir haben dann bei der Montanuniversität Leoben, die für uns relevante Mitarbeiter in Österreich ausbildet, gesehen, dass sie für uns zu wenig Absolventen haben. Eine strategische Maßnahme war, dafür zu sorgen, dass wir gemeinsam mit der Universität Leoben mehr Absolventen herausbringen können. Die Lösung war eine gemeinsame Werbekampagne, dadurch verdreifachte sich die Absolventenzahl. Natürlich war es auch Teil der Strategie, festzulegen, wie wir die neuen Mitarbeiter einschulen und integrieren.

Welche Rolle hat HR im Unternehmen?

HR muss der Unternehmensleitung aktiv aufzeigen, welche Leistungen es anbieten kann. Wenn das Management jedoch an diesen Themen kein Interesse hat, ist es schwer, zu gestalten. Viele Personalverantwortliche sind zu passiv und bringen Personalthemen nicht ans Management heran. Ich vergleiche es gerne mit einer Speisekarte, mit der HR zur Unternehmensleitung gehen kann. Es gibt bildlich gesprochen »Würstel mit Senf«, kostet wenig und macht satt. Oder es gibt ein volles Menü, dass die Mitarbeiter und das Unternehmen glücklich UND satt macht, das kostet etwas mehr. HR muss Empfehlungen aussprechen. Die Entscheidung liegt natürlich bei der Unternehmensleitung. HR darf sich also nicht als reiner »Service-Provider« verstehen. Wir sehen uns bei der OMV als 50 % Service und 50 % Governance. Governance bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir bestimmte Regeln aufstellen und durchsetzen. Der Sinn ist es, eine Gleichbehandlung über alle Bereiche sicherzustellen und auf die Kosten zu achten. Unter Service verstehe ich nicht, dass wir jedem Wunsch nachgeben, sondern dass wir bei einem Anliegen, z. B. nach einer Gehaltserhöhung, die Konsequenzen für das gesamte Team bedenken. Service für das Team, nicht für den Einzelnen.

Wie messen Sie den Erfolg der HR-Abteilung?

Ich bin kein großer Fan von unzähligen KPI (Key Performance Indicator) und umfangreichem Personalcontrolling. Wenn wir z. B. die Zahl der Gesamtfluktuation ansehen, sagt das über das Unternehmen fast nichts aus. Hier muss man intelligent mit den Zahlen umgehen und in die Tiefe gehen, um aussagekräftige Zahlen zu bekommen. Ich habe schon oft gute Zahlen gesehen, und mein Gefühl hat mir dennoch etwas anderes gesagt, und meistens hatte das Gefühl recht. Deshalb frage ich persönlich jedes Jahr Entscheidungsträger ab, wie zufrieden sie mit HR sind. Da bekommt man schon ein recht gutes Bild. Ich gehe auch gerne in die Abteilungen und schaue in die Gesichter der Belegschaft. Da erkennt man ein wenig die Stimmung im Unternehmen. Das ist natürlich nicht repräsentativ und nicht wissenschaftlich. Wenn ich unglückliche Gesichter sehe, frag ich nach und erfahre einiges für uns Relevantes.

Im Jahr 2005 haben Sie mit der Petrom in Rumänien fusioniert. Das war laut Ihren Aussagen das größte HR-Abenteuer Ihres Lebens. Was waren die größten Lernerfahrungen daraus?

Das Allerwichtigste ist eine gemeinsame Sprache. Da unsere Konzernsprache Englisch ist, war das nicht allzu schwer. Dennoch würde ich beim nächsten Mal noch mehr in Sprachschulungen investieren. Englisch ist eine neutrale Sprache für beide Länder, da hat niemand einen Heimvorteil. Außerdem hab ich gelernt, dass die Integration des Teams einfach eine gewisse Zeit braucht. Wir haben anfangs 70 Mitarbeiter nach Rumänien entsandt. Wichtig war hier die Auswahl dieser Menschen, das hat zum Glück gut funktioniert. Was ich noch besser machen würde, wäre die Nachfolgeplanung vor Ort. Wir hätten jeden dieser entsandten Kollegen noch mehr darauf hinweisen sollen, dass sie nach ihrer Zeit in Rumänien vor Ort einen Nachfolger aufgebaut haben müssen.

Danke für das Gespräch.

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Georg Horacek

Konzernpersonalleiter OMV AG

Präsident Forum Personal des ÖPWZ

Studium: Rechtswissenschaften (Dr.) und
Betriebswirtschaft (Mag.) in Wien

Universitätsassistent

Positionen im HR bei Unilever, Philips und Lafarge Perlmooser

seit 2000 Personalleiter bei der OMV AG

Über OMV AG

Mit einem Konzernumsatz von 36 Mrd. Euro und einem Mitarbeiterstand weltweit von rund 26 000 im Jahr 2014 ist die OMV Aktiengesellschaft eines der größten börsennotierten Industrieunternehmen Österreichs.

www.omv.at